In den letzten zehn Jahren gab es einen gesellschaftlichen Wandel im Hinblick auf Beziehungen. Immer häufiger wird das Thema der offenen Beziehung auch offen kommuniziert. Wie kam es zu dieser Änderung und handelt es sich hierbei tatsächlich um ein mögliches Beziehungskonzept? Beziehungen unterliegen keinem festen Konzept, sie sind frei und entfaltbar, die moderne Vielfalt macht viele Arten der Bindung möglich.

Die offene Beziehung – warum sie so interessant ist​

Eine Bindung eingehen bedeutete bis vor wenigen Jahren noch, sich monogam an einen Menschen zu binden. Ein natürlicher Effekt des Menschen ist, dass sich durch Routine Gewohnheit einstellt. Der Wunsch, etwas neues zu erleben, wird dann schnell übermächtig. Die Folge? Ein Partner geht fremd, weil ihm das Abenteuer, die Lust, die Abwechslung fehlt. Mangelnde Liebe? Nicht immer! Selbst Psychologen sind der Ansicht, dass ein Seitensprung die Beziehung zwar zerstören kann, aber nicht muss. Im Gegenteil, er kann auch der Anlass für Veränderung sein.

Die offene Beziehung aber macht den Seitensprung nicht möglich. Fremdgehen oder betrügen spielt in diesem Beziehungsmodell keine Rolle, denn Sex mit anderen ist offiziell erlaubt. Bei den außerhäuslichen Aktivitäten geht es in der Regel ausschließlich um erotischen Austausch, während die Partnerschaft weiter bestehen bleibt. Man erzählt einander von seinen Abenteuern, tauscht sich darüber aus, liebt einander dennoch genauso innig wie zuvor.

Der Unterschied zwischen Polyamorie und offener Beziehung​

Auch das Beziehungskonzept der Polyamorie ist immer wieder Thema von Verhaltensforschern und wird von immer mehr Menschen offen gelebt. Der Unterschied zur klassischen offenen Beziehung ist, dass bei der Polyamorie nicht nur Sex außer Haus stattfindet, sondern auch die Liebe auf mehrere Personen verteilt wird. Hier gibt es vollkommen unterschiedliche Konstellationen. Von der Partnerschaft zu dritt, bei der sich alle Partner untereinander lieben, bis hin zur mehrfachen Zweierbeziehung.

Warum offene Beziehungen funktionieren können​

Für einen eifersüchtigen Menschen ist das Konzept der offenen Beziehung oft undenkbar. Schon allein die Vorstellung, dass der geliebte Partner auf sinnliche Art mit einem anderen Menschen intim wird, regt Wut, Zorn und Verletzung an. Über diese Gefühle sind offene Beziehungen längst hinweg. Es setzt Vertrauen voraus, innige Liebe, Zusammengehörigkeit, Eifersucht, die ein natürliches Phänomen ist, auszusetzen. Denn natürlich droht die Gefahr, dass aus der Sexgespielin des Partners plötzlich doch mehr wird und dann die Beziehung in Gefahr gerät.

Dieses Risiko allerdings betrifft auch monogame Bindungen. Eine Garantie für ein dauerhaftes Liebesglück gibt es weder bei Zweierbeziehungen noch bei einer offenen Beziehung. Das Konzept funktioniert immer dann, wenn alle beteiligten Personen davon wirklich überzeugt sind. Wenn nur einer sein Einverständnis gibt, aber nicht mit vollem Herzen hinter der Entscheidung steht, ist das Konzept bereits gescheitert.

Anerkennung für die offene Beziehung​

Das Modell der offenen Beziehung findet in der Gesellschaft noch nicht viel Anerkennung, denn das gesellschaftliche Bild ist vom Zwang der Monogamie geprägt. Blicken wir über den Tellerrand in andere Länder zeigt sich, dass dort durchaus mehrfache Bindungen eingegangen werden und auch offene Beziehungen normal sein können. Vieles, was wir als normal und unnormal einschätzen, ist nur das Resultat einer gesellschaftlichen Prägung.

Doch wir alle wünschen uns Akzeptanz, ob in einer Beziehung zu zweit oder in einer offenen Beziehung. Verständnis, Toleranz, Akzeptanz, diese Punkte sind wichtig, um jedem Menschen mit seinem ganz individuellen Beziehungsmodell einen Raum zu geben, in dem er sich wohlfühlt. Und selbst für traditionsbewusste und konservative Paare besteht keine Einschränkung, wenn andere Paare sich ihr Lebensglück mit einer offenen Beziehung erfüllen.

Nicht für jeden ist das Konzept geeignet, doch jeder sollte bereit sein anzuerkennen, dass offene Beziehungen durchaus funktionieren können. Entscheidend ist, dass sich die Offenheit eben nicht nur auf die sexuelle Komponente der Beziehung bezieht, sondern auch auf das offene Miteinander des Paars.

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