Nightdreamers Nachtlied

nightdreamer
Benutzer121902  (50) Verbringt hier viel Zeit
  • #1
Und was geschieht mit einem Traum
der auseinanderbricht?
Worin sieht sich der Träumende,
erwacht,
gefangen?

Du stehst im Dunkeln
und erwartest voller Angst das Licht
Denn klarer Blick zeigt Dir,
Du wirst das Eiland nie erlangen.

Mir träumte, Deine Hand sei
irgendwo mir nah und voller Güte
Im Traum, da konnte ich
im Takte Deines Atems wehen

Doch auch im Traume schon
erahnte ich den leisen Tod,
und sah doch Deine Füße,
lachend noch,
schon gehen.

Und eiseskalt ist Wissen, und
der Hoffnung Ende
Ich bin umschlungen,
atme noch,
doch voller Not

Ich reiche leeren Schatten
meine Hände
und totenglockengleich bestreicht mich
hartes Morgenrot

Und was geschieht mit Träumenden,
wenn sie erwachen?
Und sehen sich
im Spiegeldiamant

von ferne, immer leiser
klingen ihre Lieder
Sie ziehen fort, für stets
aus ihrem Traum verbannt.

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #2
Im kleinsten Garten

Wogt die schönste Blütenpracht

So blüht auch mein Herz

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #3
Du stolze Königin der Nacht

Dein Blick geht einmal noch zum Horizont

Du weißt, das Tageslicht erwacht

Du weißt, was dann von Osten kommt



Und dennoch wagst Du nicht,

den Blick von jener Linie abzuwenden

die erst entsteht, ersteht das Licht

und wenn es aufsteigt, wirst Du enden



Ich ahne wohl, warum Dein Herz so bebt

Und höre auch Dein ungesagtes Flehn

Und sehe, wie sich erstes Leben regt

Und werde schließlich mit Dir gehen

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #4
Ich stehe vor und rede mit

Dem alten Weidenbaum

Die langen Zweige weben sich

Zu einem Teppich wunderlich

Den Stamm, den sieht man kaum



Ich frage ihn auf feine Art

Nach seinem Wohlbefinden

Und ob das Wetter ihm gefällt

Und was er auch ansonsten hält

Vom Wahlkampf unter Linden



Dann klag ich ihm mein Altersweh

Und ob ich’s wohl noch bringe

Da hält er mir sein Astwerk hin

Damit ich endlich leise bin

Und zeigt mir seine Ringe.

* * * * *
 
nightdreamer
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  • #5
Ich lausche leise

Ob wohl der Sommer noch schläft

Doch da, es raschelt.

* * * * *
 
nightdreamer
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  • #6
Es ist nun Herbst, und jeden Abend

Geht mir die Sonne früher unter

Ich winke noch das letzte Stück,

doch sie schaut nicht zu mir zurück



Sie nimmt ihr rotes Gold von mir

Es ist, als zög sie Luft und Leben

Und alle Hoffnung zu sich her

Und mir, mir fällt das Atmen schwer.



Der Horizont ist nun durchschritten

Mir frieren alle Tränen ein

Zwar gibt’s im Weltall viele Sonnen

Doch sie wird niemals wiederkommen



Und neben mir, da liegen Steine,

sind noch lebendiger als ich

und nun, bei Nacht, im Mondenschein

werd‘ einer ich von ihnen sein.

* * * * *
 
nightdreamer
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  • #7
9.jpg

Kein echtes Ikebana - aber es atmet den Geist.
 
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  • #8
BuTaWa

Ein Plakat hängt am Wegesrand

Drängt sich in den Blick

Und abgebildet: Nichts!



Es ist wohl ein Mensch darauf

Er guckt irgendwohin

Sieht aber: Nichts!



Steht da ein Satz? Jedenfalls

Sind Buchstaben zu sehen

Sie bedeuten mir: Nichts!



Ich gähne im Hinterkopf

Denn genau das soll

man hier denken: Nichts!

* * * * *
 
nightdreamer
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  • #9
Wie ein Ritter alter Zeiten

Sich aufs Roß trug, um zu streiten

Sitze ich an meinem Tisch

Und ich will der Minna winken

Doch es will mir nicht gelinken

Denn mein Arm schmerzt fürchterlisch




Und es ist der Sternenhimmel

Schwarz, kein nächtliches Gewimmel

Und ich kann nicht, wie ich will

Weil im Dunkel, ach und weh

Ich ja niemanden mehr seh‘

All mein Winken bleibt ganz still




Deine Schritte beben leise

Auf der allerletzten Reise

Winken darf ich Dir nicht mehr

Meinen sehnsuchtsvollen Blicken

Wendest Du den kalten Rücken

Und siehst nimmer zu mir her

* * * * *
 
nightdreamer
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  • #10
11.jpg

Blumen mit Philosophie
 
nightdreamer
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  • #11
Wie sich Äste biegen können

Wie die Zweige wütend tanzen

Wie die Blätter in den Himmel

Und mir in den Kragen springen



Welch ein Sturm in meinen Haaren

Will er mich denn wohl skalpieren?

Will die Häuser er rasieren, will er

Reißen aus die Türen?



Fliegt ein Mensch an mir vorbei,

fliegen ganze Straßenbahnen

breit ich meine Schwingen aus

kannst Du mich am Elbstrand finden.

* * * * *
 
nightdreamer
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  • #12
Ja, faß mich an,

so sag ich Deinem Blicke

laß Deine Finger

gleiten über meine Haut

mach, daß ich meinem

Hier und Jetzt entrücke

Und daß sich alles mir

an Deiner Nagelspitze staut



Dein Atem schlägt so

wunderbare Wellen

ich schwebe sacht

und zwischen Deinen Händen

auf und nieder

und spüre meine Sinne

wachsen, quellen

und süßer Tod umbrandet

meine Glieder



und so gestorben liege ich

in Deinen zarten Armen

und nach dem Sturm

setzt sanfter Regen ein.

Und eins mit Dir, in

Deinen warmen

Herzschlag fließt auch

mein Atem ein

* * * * *
 
nightdreamer
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  • #13
IMG_4830D.JPG

Liebhaberkunst - dieser Mund, diese Lippen. Wen haben sie vor 2000 Jahren geküßt?
 
nightdreamer
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  • #14
Wer spann das Gold,

welch märchenhafte

Müllerstochter

Flocht es in alle Bäume drein?



Es ist ein Abschiedsgold,

denn morgen ziehn

die Kraniche schon

in den Süden ein.



Doch leuchtet herbstengold

Der stille Gang der Dinge

Wer legte Silber dann

Auf beide Schläfen mir?



Ich seh im dunklen Fenster

Eine krumme Silhouette,

sie löscht das Licht so leise

und geht und schließt die Stubentür.



* * * * *
 
nightdreamer
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  • #15
Wenn so eine Spinne selbst sich

ansieht in dem Spiegelglas

denkt sie sich wohl ‚Was

bin ich denn für ein tolles Tier

Beine hab ich,

zwei mal vier

und diese vielen schönen Augen

könnten glatt den Atem rauben

Komm' her, Du sexy Schmetterling

damit ich Dir mein Schlaflied sing'


Wenn ich die Spinne anseh', wie

sie vor dem Glase kniet, dann

denk ich: ihh,

nur hinfort, Du greulich Vieh!

Was weiß ich denn,

was sie denkt,

wenn sie so vor

dem Spiegel hängt



Sieht die Spinne mich dann stehen

achtmal Schatten auf den Augen

wird sie es wohl selbst kaum glauben

daß dieser Berg ein Ich auch ist

allerhöchstens denkt sie ‚Mist,

warum steht der mir im Licht?

Kann er nicht zur Seite gehen

Eingeschränkt ist mir die Sicht.



Und so sehen wir uns dann

einander unverstanden an

nimmer noch wird es uns glücken

durch fremdes Aug' auf uns zu blicken.


Spinne rennt auf Beinen acht

Mein Pantoffel hinterher

Dunkel kommt herbei die Nacht

Und die Augen werden schwer

Träume kommen angeflogen

Zwei mal vier, verwebt, verwoben

Sind ihre Augen,

sind mein Blick


Unsre Fessel heißt Gewohnheit

Ist dem Ich ein Strick

Im Betrachten liegt die Schönheit

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #19
Wenn ein unglücklicher mensch

Einem glücklichen Menschen

Beim Glücklichsein zusieht


Kann er dann das Glücklichsein

Lernen oder wird er dadurch

Noch mehr an sein Unglück gekettet


Wenn ein Schatten stärker wird

Je mehr Licht ihn umgibt

Warum schwindet er dann völlig

Wenn das Licht auf ihn fällt


Wenn ein einsamer mensch

Durch die Straßen geht

Und wird von niemanden gesehen



Ist er dann frei von allen Sorgen

Die das Miteinander inneträgt

Oder ewig gefangen im größten Nichts

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #21
Ein Jüngling sieht ein Mädchen

Und ist alsogleich verliebt

Und fortan gilt sein Sorgen

Daß sie ihn ja auch sieht


Er kann nur eines denken

Denkt sie denn auch ihn?

Will alle ihre Blicke

Zu sich hinüberziehn


Ist ganz von ihr erfüllet

Ihr Lächeln wird sein Ziel

Das Herz droht ihm zu reißen

Bei dem so ungleichen Spiel


Da senkt sie ihre Blicke tief

In sein nachtschwarzes Haar

Sein Spiegel wird zum Fenster

Wird ihrer nun gewahr


Die Liebe wird sich offenbar

Und gibt ihm zu verstehen

Wo vorher er sich selbst nur sah

Beginnt er sie zu sehen

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #23
Wowser, ist das schön !!!
Klingt fatal nach erster GROSSER Liebe :herz:
Ach, ich glaube, das kann auch in jeder anderen Lebensphase sein. Der Schritt vom „Ich bin verliebt“, bei dem man sich selbst in den Mittelpunkt stellt, zu dem „Ich liebe Dich“, bei dem der Fokus dann auf den anderen übergeht. Aber ich kann meine eigenen ärmlichen Reime schlecht selbst interpretieren.

Danke 😌
 
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nightdreamer
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  • #24
Ein Schritt nach vorn
ein paar zur Seite

darüber und davor nur Luft


ein ehern Rahmen

grüne Gräser

und rauschend-süßer Lindenduft


Mein kleiner Käfig

namens Freiheit

mein Ausblick auf die ferne Welt


dort ferne, wo die

Menschen lachen

wo Herz und Herz zusammenfällt


Ich darf nicht, kann nicht

mag nicht wollen

hab nicht am Spiel des Lebens teil


Dort, wo geliebt wird,

bin ich fremd

und dennoch nicht von Sehnsucht frei


Ein Schritt nach vorn

und weiter nicht

dann suchen meine Hände Halt


Und alles Glück

bescheint die Sonne

doch mir ist nur unendlich kalt.

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #25
Ich seh von ferne nur Dein Atmen

Das kühn die schweren Berge hebt

Und unter meinen Fingern Seide

Die zittert, weil Dein Herzschlag lebt


So sanfte Felder, feingeschwungen

Aus Schnee, aus Alabastersamt

Und meine Finger klopfen, springen

Und wellenfern kämpft Deine Hand


Du spürst noch brennend meine Bisse

Und matt glänzt meiner Küsse Weg

Und alles an Dir ist mein Kissen

Auf das ich mein Begehren leg



Und in die süßeste der Früchte

Tauch ich mit allem, was ich habe, ein

Und Wellenschlag, und wieder einer

Und Du schließt alle meine Worte ein.


* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #56
DSC07106.JPG

Der Himmel - so nebenher wie allumfassend, so gewohnt selbstverständlich wie auch immer besonders. Wie oft nimmt man ihn wahr, wie oft lebt man unter ihm dahin? Für Jahrtausende war er Kulminationspunkt von Sehnsüchten, war er Grenze der Wahrnehmung und Startrampe für die Träume ins Weite. Wer wußte, daß er nachts an Tiefe gewann, daß man nachts und tags das Gleiche sah, nur anders beleuchtet?
Heute nur noch eine Hülle, die es zu durchstoßen gilt, seitdem die Welt ihre kosmische Jungfräulichkeit verlor. Doch einst eine gewaltige Bühne, die üppigen Wolkenhaufen barocker Kirchendecken ebenso wie die träumerischen Farben eines Caspar David Friedrich.
Und nie wird eine Wolke der anderen gleichen, stets so individuell wie ein Fingerabdruck, das Muster, welches auf die blaue Leinwand geworfen wurde.
Menschlein, stehe und staune, werde gewahr, was Dich umhüllt und schützt und am Leben hält.
 
nightdreamer
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  • #62
Dort, wo er herkommt, gibt's noch Schnee
und knirscht der Boden unter seinen Füßen
dort tut die Kälte richtig weh
wenn nachts die Sterne sich begrüßen

Und Gott der Herr schickt ihn auf Reisen
um Lichter durch die Nacht zu tragen
sein Schlitten gleitet durch den leisen
Schneehimmel, wie die Wichtel sagen

Die Menschen sehnen Licht und Frieden
von Hoffnung sagen alle Lieder
daß nichts die Liebe kann besiegen
ist uns versprochen, alle Jahre wieder

Ein kleines Kind, es zu bezeugen
ein Zeichen für den reinen Neubeginn
wenn sich die Tage nordwärts neigen
wenn Ochs' und Esel müde sind

Dann kommt aus Waldesdunkel er und Wind
wir bitten ihn in unser Licht hinein
so reiche Gaben bringt er für das Kind
und darum soll die Nacht uns heilig sein.

* * * * *​
 
nightdreamer
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  • #79
Grau ist er wohl geworden, unser Fluss,
Und liebevoll umspielt er meine Zehen
er spürt wohl, dass er heute leise fließen muß
Und ich, ich musste einfach zu ihm gehen

Zu andern Tagen, da wir nicht viel kannten
Da schwamm darin ein Lindenblatt, von dir zu mir
Sein Wasser einte uns, die wir ihm nahe standen
Du dort, so unbekannt, und ich unwissend hier

Ein kurzer Lichtblick war die Zeit, als wir uns fanden
Doch nun liegt Deine Hand für ewiglich mir auf
Uns reichte nur ein Wort, daß wir erkannten
Getrennte Wege führten auf denselben Berg hinauf

Ich sende Dir, mein Bruder, einen letzten Gruß
Hier scheint die Sonne, doch Dein Auge ruht
Sag unserm Vater, daß er nun nicht mehr allein sein muß
Bis ich Euch schließlich find' - Mach's gut!

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #84
Hallo, Du Straße voller Dinge,
die man will und gar nicht braucht
mit denen sich das Selbstbild schmückt
die man mit weher Wollust kauft

Du bunte Gasse voller Lichter
nachts enger als am hellen Tag
Läden rücken immer dichter
an mich, wissen, was ich mag

Du Weg von einer Stadt zur selben
Du eig'ne Welt im Kartenfeld
auch wenn ich einfach Dich durchmesse
am Ende hast Du stets mein Geld

Und bin ich heute Dir entkommen
schon morgen bin ich wieder Dein
da stehen Deine Fallen wieder
und bieten Äpfel, Kuchen, Wein

* * * * *
 
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nightdreamer
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  • #89
Der gute, alte Nikolaus
packt vor dem Haus den Schlitten aus

er mußte ihn nicht selber ziehn
und hat ein Rentier ausgelieh'n.

Erst schaut er noch auf seine Liste
wo drauf steht, ob er was vermißte

noch vor dem Auf-die-Straße gehen
hat er nach links und rechts gesehen

und guckt schließlich aufs Klingelschild
Man will ja nicht, daß er sich irrt.

Die grüne Zauberrute hier
sie öffnet heimlich ihm die Tür.

Schleicht leise in das Haus am Hafen
in welchem friedlich alle schlafen

fällt über Stiefel, ist empört:
Nur stille, daß Dich niemand hört!

Endlich versteckt er all die Sachen
die in der Früh' wohl Freude machen.

Kopfhörer bringt er für die Kinder
den Papa freut ein Bier nicht minder

auch Mama kriegt, was ihr gefällt,
denn sie hat's selber sich bestellt.

Und dann verschwindet er verstohlen
mit Klopapier unter den Sohlen

fährt eilig weiter, und von fern
sein Rücklicht wird zu einem Stern.


***
 
nightdreamer
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  • #98
Diesmal mit Erläuterung: Ein altes Gedicht, das ich wiederfand. Eine Angst vor vergangenen, dunklen Zeiten. Wir fürchten, daß ähnliche Zeiten wieder kommen könnten. Für viele Menschen an anderen Orten sind sie immer noch aktuelle Realität.




Schritte schallen
Rufe hallen
in der Nacht
aufgewacht

Stiefel treten
Tür zerbricht
Kinderweinen
stört sie nicht

Aus dem Bett
und auf den Wagen
bange Blicke
keine Fragen

Lange Zeit
Unsicherheit
kein Brief, kein Wort
vom fremden Ort

Kerkerhaft
bricht die Kraft
kein Sonnenlicht
das Dunkel bricht

Jeden Tag
einen Schlag
Folterkeller
immer schneller

In der Nacht
aufgewacht
rausgebracht
Prügelmacht

Gewehre knallen
Schüsse fallen
Menschen tot
im Morgenrot

*
 
nightdreamer
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  • #99
Ja, es ist wahr, daß wir uns lieben
Daß wir im Bett beisammenliegen
Auf unsrer Haut spielt das Laternenlicht
Doch warum geht das draußen nicht

Nur unsre Augen, die sich finden
Die Hände bleiben sittlich und getrennt
Auf Deiner Haut der Duft von Linden
Ein roter Fleck versteckt auf meinem Hemd

Das Glück ist offen uns verwehrt
Du hast mich gegen allen Rat begehrt
Dem Makel, den die Menge so verachtet
Hast Du ganz nah zu sein getrachtet

Doch jähe geht der Sommer nun zu Ende
Du gehst die Straßen, ich die Gassen
Zu schwarz, zu weiß sind unsre Hände
Die Welt hat sich, wir haben uns verlassen

***
 
nightdreamer
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  • #100
Ich hatte so viele Bücher genossen
Und dann die Tür einfach aufgeschlossen
Und ging hinein ins Heim
Da die Gedichte wohnen
Würd' es wohl lohnen, hier zu verweilen?

Doch bald schon wurde klar
Ich mußte gehn, da ich kein Dichter war.

Und als ich saß da so in einer Tonne
Und dachte mir mit Muße und mit Wonne
Ein paar Gedanken munter
Da kam einer und sah auf mich hinunter
Und stand mir lange in der Sonne

Da war es klar, ich war zu doof
Für eine Antwort, war kein Philosoph.

Und so verkroch ich mich im gesterndunkel
Mit altem Staub und ähnlichem Gerumpel
Und stieg ins reiche Grab
Bis zu den Knien tief hinab
Um irgendniemanden zu suchen

Klar kann ich jedenfalls verkünden
Mich kann man im Museum finden.

***
 
nightdreamer
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  • #101
Ich atme jeden Deiner Schritte
Und wenn Du lachst, dann kitzelts mich
Ich bin, wenn Du Dich teilst, die Mitte
Bei jedem Bogen streck ich Dich

Dein Haar und ich sind eng verwoben
Wir fliegen über Berg und Jahr
Und wie die Wolken weit da oben
Lieg ich als Deine Brücke da.

Dein Herz ruht sanft in meinen Tränen
Die ich vor Glück vergossen hab
So ziehen wir bald mit den Schwänen
Du weiches Moos, ich Wanderstab.

***
 
nightdreamer
Benutzer121902  (50) Verbringt hier viel Zeit
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  • #102
Jedesmal
wenn ich Dich sehe
und vor Sehnsucht
fast vergehe
Denk ich mir:
„Ach wärst Du mein"

Doch dann seh ich
Deine Blicke
und sie reißen mich
in Stücke
Was sein könnte,
kann nicht sein

*
 
nightdreamer
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  • #103
Aber nein, warum denn?

Vier so wichtige Worte:

Aber - es gibt immer eine andere Sichtweise, einen noch unbekannten Aspekt, eine Alternative zum bisher Gedachten. Aber ist der Schutz gegen Absolutismus.

Nein – die Möglichkeit, sich zu entziehen, nicht zu folgen, umso kraftvoller und wichtiger, je einsamer es ist. Nein ist der Schutz vor der Tyrannei.

Warum – Gedanken haben Konsequenzen, ins Wasser geworfene Steine bringen Wellen hervor, Aufklärung bricht den blinden Glauben. Warum ist der Schutz vor Willkür.

Denn – jede Wirkung hat ihre Ursache, jedes Ding seinen Ursprung, nichts kommt aus dem Einfach-so, jedes Gesetz braucht Rechtfertigung. Denn ist der Schutz vor der Beliebigkeit.

hjw
 
nightdreamer
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  • #104
Die Menschen saßen immer schon
Ein jeder feist auf seinem Thron
Und wenn auch ihre Sonne scheint
Sie gehn noch immer angeleint
Und kommen sicher geradeaus
Und bleiben stets in ihrem Haus

Doch wenn die Fenster einmal blind
Vom Staub der vielen Schritte sind
Und wenn es in den Balken knarrt
Und Angst sich um die Herzen schart
Dann reißen sie an ihren Ketten
Weil sie was zu verlieren hätten

Bis einer anfängt loszurennen
Um erster irgendwo zu sein
Ein zweiter, dritter, alle drängen
Um mitzukommen, hinterdrein

Ein jeder sucht sein Gegenüber
Noch etwas mehr zu überschrei'n
sie sehen in den Abgrund nieder
Und stürzen nur aus Angst hinein.

*
 
nightdreamer
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  • #105
Der krieg geht durch die straßen
von berlin
wer hat ihn hergeschickt?

man hat ihn in die taschen anderer
gesteckt, als sie
nicht hingeblickt

nun hängt er lautlos über
allen dächern
wird nicht ausgesprochen

denn in den köpfen drunter
ist die angst
halb ausgebrochen

* * *
 
nightdreamer
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  • #106
Ganz gleich auch, welche Fahne ich mir hisse,
Du urteilst stets nach folgender Prämisse
‚Das kann ich mir nicht denken, nein'
Und was du dir nicht vorstellen kannst, das darf nicht sein.

Du bist der Richter, den ich nie verlangt
Der Maßstab, den ich nie ernannt
Dein Urteilsspruch kommt durch die Hintertür
Woher auch immer Dein Mandat kommt, nicht von mir.

Du kannst mir meinen Weg in Frieden lassen
Man muß ja nicht, was anders, auch gleich hassen
Und ist mein Denken Dir ein Stolperstein
Auch gut, ich lad' Dich gern dort zum Verweilen ein.

* * *
 
nightdreamer
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  • #107
Ein winzigster Steinsplitter, der mitgerissen wird von einem Funken, dieser selbst in einem wehenden Staubkorn fliegend im endlosen All.
Auf diesem Krumen, Wimpernschlag und Nichtigkeit, ist eine Schicht wie ein Hauch, Millimeter, in dem es sich regt und Leben nennt.
Dort gibt es, für die Dauer einer schmelzenden Schneeflocke, Dichtung und Musik, Architektur und Malerei, Erkenntnis und Kreation. Lachen.
Und Liebe.
Und Haß.
Nichts treibt die winzigen Leblinge in dieser schieren Unwahrscheinlichkeit mehr, als sich gegenseitig umzubringen.
Inmitten dieser beispiellosen Schönheit.
Auf diesem kleinen Flecken Zufall, einen Herzschlag lang sichtbar, dann verschluckt von Raum und Zeit.
 
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nightdreamer
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  • #108
Die Haare weiß
der Bart zerzaust
die Hände ausgestreckt,

Die Zeit hat mich
dem Volk zugut
mit Schatten längst bedeckt.

Ein Clown im Licht
gekonnt gespielt
ihm fliegen Münzen zu,

Doch ich hier hinten
kann nichts mehr
mich lassen sie in Ruh'.

Vom Regen blieb
ein Handvoll Rest
gebeugt steh ich davor,

Ich suche meinen
letzten Blick, ein
alter dummer Tor.

Was soll ich sagen
da mein Wort
doch niemanden mehr gilt?

Ich rede, wenn
mich keiner hört
mit meinem Spiegelbild

*
 
nightdreamer
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  • #109
Es ist der Himmel so unsagbar blau
Die Wolken sind so watteleicht

Die Stimmen vom See wie ein schwebender Chor
Der Sommer hat uns erreicht

Die Stille zum Mittag, ein reines Gedicht
Die Luft webt ein seidiges Kleid

Von allem, was heut noch getan werden muß
Hat der Sommer uns schwitzend befreit

Und wenn am Abend die Dämmerung glüht
Und nur langsam, so langsam verglimmt

Dann sitzen wir beide die Nacht lang am Strand
Vom Sommer zur Liebe bestimmt.

***
 
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  • #110
Sie war so schön, so schön, doch ihre Augen,
eiskalt wie Diamantenfeuer, und ihr Herz, ein kalter Stein,
dass jeder sich für sie entleiben würde,
das wusste sie, und forderte es täglich ein

Sie konnte sich in ihren Hüften wiegen
und ließ das Kleid ein Schulterstück hinab
und tauchte lustlos ein in mein Verlangen
und schnitt mir jeden Tag ein Stückchen davon ab

Und wenn sie kam, dann durfte ich nicht bleiben
und wenn sie badete, dann hatte ich zu gehen
sie ließ mich täglich viele Stunden leiden
nur um minutenlang nach mir zu sehen

Mit ihren Fingern konnte aufs Papier sie malen
Buchstabenfeuer, brennend, Wort für Wort
allein ihr Flüstern war so menschenlebenteuer
ein Augenblick nur, und schon wieder fort.

Warum war ich vergiftet? Warum herzenskrank?
nur im Vorbeiwehn hatte sie mein Blut geritzt
Ich sollte, hätte einfach weitergehen wollen
doch selbst die Flucht ins Meer, die hätte nichts genützt

So schließlich war ich eine Statue mehr in ihrer Sammlung
nur ab und an zapft sie ein Glas von meinem Schmerz
und vom Vampyr zum Engel geht die Wandlung
drauf steigt zu neuem, roten Beuteflug sie himmelwärts.

*

 
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nightdreamer
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  • #111
So, wie ein Pferd, das bockt,
so galoppiert Dein Busen
und meine Hände baden noch
in Deiner Glut
es brauchte einen Schrei,
Dich zu erlösen
nun lachst Du Tränen
und es tut Dir gut

Zwei Stunden haben wir
im Bett mit uns geschlafen
Ich schluckte Deine Haut
und streifte durch Dein Haar
Du nahmst mich auf
wie eine See aus Seide
Wir waren ganz verschluckt
und trunken ganz und gar

Nun liegen wir erlöst
Mein Mund auf Deinen Brüsten
und uns're Herzen
rasen nochmals umeinand
Jedoch ich ahne schon
was Deine Lippen flüstern
und gierig suchst Du weiter
meine Lust in Deiner Hand

***
 
nightdreamer
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  • #112
Ich küsse deinen nackten Hals
Madame
sein blanker Glanz zieht mich so an
Madame
Ich setze meine Lippen an
und dann
zieht meine Zunge dich zu mir
heran

Dein Busen ist so strahlend weiß
und weich
und meine Finger wollen mehr
sogleich
Wenn über Rosenknospen
ich streich
verspricht dein Blick mir gar das
Himmelreich

Ja deine Augen werden licht
und groß
denn ungestüm bricht nun mein
Widder los
er liebt das Bad in feuchtem
Moos
und purple rain erzittert schwül
dein Schoß

***

PS. Es funktioniert am besten, wenn man es leicht vor sich hin singt :zwinker:
 
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