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Benutzer203327 (47)
Ist noch neu hier
- #1
Ich muss mich gerade einfach nur mal ausheulen und was los werden. Bin seit 14 Jahren verheiratet, nicht immer einfach, aber insgesamt doch glücklich. Und bis vor einer Woche hätte ich gesagt, dass ich meine Frau aus vollstem Herzen liebe.
Was ist vor einer Woche passiert? Wir waren auf einer Party bei Freunden in unserer alten Heimat, wo wir beide studiert haben (wir haben uns allerdings erst nach dem Studium kennen gelernt). Anderes Bundesland, also weiter weg. Wir haben noch eine Menge freundschaftliche Beziehungen in die Stadt, weil viele unserer ehemaligen Kommilitonen dort geblieben sind. Mit einigen hat man mehr Kontakt, andere hat man über die Jahre aus den Augen verloren. Wie das so ist. Und dann taucht da auch eine ehemalige Freundin auf, mit der ich damals viel Zeit verbracht habe. Seit knapp 15 Jahren hatte ich sie allerdings nicht mehr gesehen. Damals haben wir uns super verstanden. So richtig klischeemäßig: Dicke Kumpels auf einer Wellenlänge, eine Frau mit der man Pferde stehlen konnte – wirklich wie Arsch auf Eimer. Ich bin sehr gerne auch mal allein, aber in ihrer Nähe habe ich mich einfach immer zufrieden, wohl und angekommen gefühlt. Von außen betrachtet: das perfekte Paar. Ironischerweise ist aus uns nie etwas geworden. In vier Jahren Studium haben wir nur ein einziges Mal rumgeknutscht, ziemlich zu Beginn unserer Freundschaft. Das war's.
In der Rückschau muss ich sagen: Weil ich vermutlich zu dämlich / egozentrisch / verbohrt / unreif war, um zu erkennen, was ich an ihr hatte. Natürlich weiß ich nicht, ob von ihrer Seite aus jemals Interesse bestand, aber die Wahrscheinlichkeit schätze ich mal als sehr hoch ein.
Und dann steht sie da letzte Woche auf der Party, wir sehen uns das erste Mal nach dieser langen Zeit wieder – und es zieht mir in einem einzigen Augenblick komplett den Boden unter den Füßen weg. Ich gucke sie nur an und denke „Ach Du Scheiße!" Ich habe so etwas noch nie erlebt, nicht mal für möglich gehalten! Ich werde überschwemmt von einer so unglaublich intensiven Sehnsucht und Zuneigung zu dieser Frau, dass mir fast schlecht wird und ich von einem zum nächsten Moment mein gesamtes bisheriges Leben inklusive aller wichtigen Entscheidungen - Wohnort, Job, Ehe - in Frage stelle. Weil mich plötzlich die Erkenntnis überrollt: „Sie wäre die eine gewesen!"
Seitdem ist eine Woche vergangen und ich bin fix und fertig. Glücklicherweise mache ich viel Home Office, bin also alleine zu Hause. D.h. ich renne täglich etwa eine Stunde im Schlafzimmer auf und ab, führe imaginäre Gespräche mit besagter Freundin, anderen Freunden, meiner Frau und mir selbst und heule eine ganz Menge. Zum einen aus Reue und Trauer. Weil ich es damals einfach nicht auf die Kette bekommen habe. Mit Anfang 20 wollte man ja keine Beziehung – da wollte man sich ausleben und Spaß haben.
Gleichzeitig bin ich noch immer so geschockt von dieser urplötzlichen, überwältigenden und fast greifbaren Intensität meiner Gefühle. Von denen ich auch gar nicht weiß, woher die auf einmal kommen. Ich habe in den vergangenen 14 Jahren vielleicht ein, zwei mal an diese Frau gedacht. Dass sie in meinem Herzen so dermaßen präsent ist, war mir nicht bewusst. Als wäre ich mein gesamtes Leben mit geschlossenen Augen durch die Gegend gerannt, mit nur einer vage theoretischen Vorstellung davon, was Liebe ist. Und auf einmal hätte ich die Augen geöffnet und realisiert: „Aha, so fühlt sich das an!"
Das führt dann zum zweiten – fast noch größeren – Problem: Ich schäme mich so unglaublich meiner jetzigen Frau gegenüber (der ich davon natürlich nichts erzählt habe). Wenn das, was ich dieser anderen Frau gegenüber empfinde, Liebe ist – was habe ich denn dann die ganze Zeit während meiner Ehe empfunden? War das auch Liebe? Oder habe ich meiner Frau – und mir – nur was vorgespielt? Ich kann das gerade überhaupt nicht mehr einschätzen, weil mein emotionales Koordinatensystem komplett auseinander gefallen ist und ich keinerlei Orientierung mehr habe. Wie kann ich denn so was rechtfertigen? Ich empfinde das unserer gemeinsamen Zeit gegenüber als wahnsinnig unfair und schäbig. In meinen Augen werte ich damit die vergangenen 14 Jahre Ehe total ab.
Mir ist auch klar, dass ich diese andere Frau idealisiere und die Vergangenheit nostalgisch verklärt betrachte. War ja auch alles einfacher damals. Sie hat mittlerweile natürlich Familie und Kinder und denkt vermutlich nicht mehr an mich (hab sie nicht gefragt, ich bin ja nicht bescheuert). Wir haben ein wenig Small Talk gemacht, uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht – was, wer, wie, wo – und es war sehr nett, aber dabei ist es dann auch geblieben.
Ob es mit uns geklappt hätte, bleibt ja auch reine Spekulation. Vielleicht wären wir zusammen gekommen, hätten uns nur gefetzt und nach einem halben Jahr wieder getrennt. Aber dann WÜSSTE ich es wenigstens. So aber kann ich nur mutmaßen, und male mir das Ganze natürlich in den schönsten Bildern aus. Um den Film „Sonnenallee" zu zitieren: „Da haste mal so richtig schön Pech gehabt, Keule!"
Hätte, hätte, Fahrradkette …
Sorry, das musste nur gerade mal raus. Ich bin nicht auf Absolution aus oder Patentlösungen. Ich brauchte nur mal ein Ventil. Wie ich das verarbeite, werden wir sehen.
Was ist vor einer Woche passiert? Wir waren auf einer Party bei Freunden in unserer alten Heimat, wo wir beide studiert haben (wir haben uns allerdings erst nach dem Studium kennen gelernt). Anderes Bundesland, also weiter weg. Wir haben noch eine Menge freundschaftliche Beziehungen in die Stadt, weil viele unserer ehemaligen Kommilitonen dort geblieben sind. Mit einigen hat man mehr Kontakt, andere hat man über die Jahre aus den Augen verloren. Wie das so ist. Und dann taucht da auch eine ehemalige Freundin auf, mit der ich damals viel Zeit verbracht habe. Seit knapp 15 Jahren hatte ich sie allerdings nicht mehr gesehen. Damals haben wir uns super verstanden. So richtig klischeemäßig: Dicke Kumpels auf einer Wellenlänge, eine Frau mit der man Pferde stehlen konnte – wirklich wie Arsch auf Eimer. Ich bin sehr gerne auch mal allein, aber in ihrer Nähe habe ich mich einfach immer zufrieden, wohl und angekommen gefühlt. Von außen betrachtet: das perfekte Paar. Ironischerweise ist aus uns nie etwas geworden. In vier Jahren Studium haben wir nur ein einziges Mal rumgeknutscht, ziemlich zu Beginn unserer Freundschaft. Das war's.
In der Rückschau muss ich sagen: Weil ich vermutlich zu dämlich / egozentrisch / verbohrt / unreif war, um zu erkennen, was ich an ihr hatte. Natürlich weiß ich nicht, ob von ihrer Seite aus jemals Interesse bestand, aber die Wahrscheinlichkeit schätze ich mal als sehr hoch ein.
Und dann steht sie da letzte Woche auf der Party, wir sehen uns das erste Mal nach dieser langen Zeit wieder – und es zieht mir in einem einzigen Augenblick komplett den Boden unter den Füßen weg. Ich gucke sie nur an und denke „Ach Du Scheiße!" Ich habe so etwas noch nie erlebt, nicht mal für möglich gehalten! Ich werde überschwemmt von einer so unglaublich intensiven Sehnsucht und Zuneigung zu dieser Frau, dass mir fast schlecht wird und ich von einem zum nächsten Moment mein gesamtes bisheriges Leben inklusive aller wichtigen Entscheidungen - Wohnort, Job, Ehe - in Frage stelle. Weil mich plötzlich die Erkenntnis überrollt: „Sie wäre die eine gewesen!"
Seitdem ist eine Woche vergangen und ich bin fix und fertig. Glücklicherweise mache ich viel Home Office, bin also alleine zu Hause. D.h. ich renne täglich etwa eine Stunde im Schlafzimmer auf und ab, führe imaginäre Gespräche mit besagter Freundin, anderen Freunden, meiner Frau und mir selbst und heule eine ganz Menge. Zum einen aus Reue und Trauer. Weil ich es damals einfach nicht auf die Kette bekommen habe. Mit Anfang 20 wollte man ja keine Beziehung – da wollte man sich ausleben und Spaß haben.
Gleichzeitig bin ich noch immer so geschockt von dieser urplötzlichen, überwältigenden und fast greifbaren Intensität meiner Gefühle. Von denen ich auch gar nicht weiß, woher die auf einmal kommen. Ich habe in den vergangenen 14 Jahren vielleicht ein, zwei mal an diese Frau gedacht. Dass sie in meinem Herzen so dermaßen präsent ist, war mir nicht bewusst. Als wäre ich mein gesamtes Leben mit geschlossenen Augen durch die Gegend gerannt, mit nur einer vage theoretischen Vorstellung davon, was Liebe ist. Und auf einmal hätte ich die Augen geöffnet und realisiert: „Aha, so fühlt sich das an!"
Das führt dann zum zweiten – fast noch größeren – Problem: Ich schäme mich so unglaublich meiner jetzigen Frau gegenüber (der ich davon natürlich nichts erzählt habe). Wenn das, was ich dieser anderen Frau gegenüber empfinde, Liebe ist – was habe ich denn dann die ganze Zeit während meiner Ehe empfunden? War das auch Liebe? Oder habe ich meiner Frau – und mir – nur was vorgespielt? Ich kann das gerade überhaupt nicht mehr einschätzen, weil mein emotionales Koordinatensystem komplett auseinander gefallen ist und ich keinerlei Orientierung mehr habe. Wie kann ich denn so was rechtfertigen? Ich empfinde das unserer gemeinsamen Zeit gegenüber als wahnsinnig unfair und schäbig. In meinen Augen werte ich damit die vergangenen 14 Jahre Ehe total ab.
Mir ist auch klar, dass ich diese andere Frau idealisiere und die Vergangenheit nostalgisch verklärt betrachte. War ja auch alles einfacher damals. Sie hat mittlerweile natürlich Familie und Kinder und denkt vermutlich nicht mehr an mich (hab sie nicht gefragt, ich bin ja nicht bescheuert). Wir haben ein wenig Small Talk gemacht, uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht – was, wer, wie, wo – und es war sehr nett, aber dabei ist es dann auch geblieben.
Ob es mit uns geklappt hätte, bleibt ja auch reine Spekulation. Vielleicht wären wir zusammen gekommen, hätten uns nur gefetzt und nach einem halben Jahr wieder getrennt. Aber dann WÜSSTE ich es wenigstens. So aber kann ich nur mutmaßen, und male mir das Ganze natürlich in den schönsten Bildern aus. Um den Film „Sonnenallee" zu zitieren: „Da haste mal so richtig schön Pech gehabt, Keule!"
Hätte, hätte, Fahrradkette …
Sorry, das musste nur gerade mal raus. Ich bin nicht auf Absolution aus oder Patentlösungen. Ich brauchte nur mal ein Ventil. Wie ich das verarbeite, werden wir sehen.
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