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Krebs ist ein Dreckssack-Thread

Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #1
Guten Abend,
Ich möchte für das Thema nun einen eigenen Thread aufmachen.

Bei meiner Mutter wurde vor 2 Wochen Krebs festgestellt. Eierstöcke, Gebärmutter, Metastasen im Bauchfell. Aufgefallen ist es, weil sie immer dünner wurde, ihr Bauch wurde aber immer größer. Sie konnte nichts mehr essen.

Pfingsten ging es ins Krankenhaus, eigentlich für eine Darmspiegelung. Es wurde aber erst ein Ultraschall gemacht und dann wurden schon Schatten gesehen. Sie war dann eine Woche im Krankenhaus. Erst wurden insgesamt 7 Liter Wasser aus dem Bauch geholt, da ahnte ich schon, dass das kein guter Befund werden kann. Es wurde ein MRT und ein CT gemacht und dann eine Laparaskopie. Danach hieß es erst, ja, es sei Krebs, aber ein typischer Befund, behandelbar. Letzten Freitag dann die Besprechung aller Ergebnisse, Stufe IV, wir reden nicht mehr von Heilung, sondern von 5 bis 10 Jahren. Sie braucht eine große OP und voraussichtlich auch Chemo, wenn sie fit genug dafür ist. Der Krebs sitzt auch am Darm, daher hat sie so wenig Appetit. Sie ist eh nur 1,50, daher macht der Krebs alles sehr eng und drückt auf alle Organe.

Seit einer Woche stehe ich nun völlig neben mir. Wir mussten den gemeinsam geplanten Urlaub Ende Juli umplanen. Mein Mann wurde vorgestern am Knie operiert. Daneben wohnen hier zwei Kinder, 3 Katzen und ich arbeite 35 Stunden. Jeder Tag fühlt sich so zäh und lang an, ich trauere um meine Kindheit, träume jede Nacht von ihr, quetsche verschiedene KIs zu den Befunden aus und komme kaum noch runter.

Sie hat zusätzlich MS und kann kaum noch laufen, ist mega geschwächt und redet nur sehr schleppend. Sie ist erst 69, ihr ganzes Leben immer quietschfidel gewesen, laut, wild, mobil und aktiv. Die MS hat uns schon so viel genommen, sie ist am Rollator und wird vermutlich bald einen Rollstuhl brauchen. Meine Eltern haben vor einigen Jahren neu gebaut, aber das Haus ist nicht barrierefrei und sie kommt kaum noch in den 1. Stock.

Aktuell ist sie wieder im Krankenhaus für weitere Tests, heute wurde Flüssigkeit aus der Lunge geholt und in zwei Wochen ist die OP. In einer anderen Stadt, die ohne Berufsverkehr 1,5 Stunden weit weg ist und sie wird dann auch zwei Tage auf intensiv liegen.

Ich bin so überfordert. Ich telefoniere fast täglich mit meinem Vater, die Anrufe bei meiner Mutter fallen mir schwer, weil sie total schleppend spricht, ganz wenig versteht, was die Ärzte ihr erklären. Das Gespräch mit dem Prof vor letzte Woche war aber sehr gut und da mein Vater dabei war, haben wir da nun genauere Infos. Er sagte, 80 Prozent der Patientinnen mit diesem Befund wären in dem Stadium, in dem sie ist (oder eins davor), weil man es oft eben erst so spät merkt. Und es eben auch normal ist, dass man es auf andere, bekannte Krankheiten schiebt, z.B. wenn man eben auch MS hat. Ich versuche, meinem Vater den Druck zu nehmen, da er sich seit Jahren aufopferungsvoll um meine Mutter kümmert und auch mehr Vorsorge vermutlich nicht geholfen hätte, weil man den Krebs auch jetzt erst gefunden hat, als man ihn gesucht hat.

Heute erzählte mir mein Vater dann, dass man in der Klinik die neurologischen Befunde nochmal durchgesehen hätte und darin steht, dass im Rahmen der humangenetischen Untersuchung auch das Gen gefunden wurde, das für Gebärmutterkrebs verantwortlich ist und dass man dazu rät, Eierstöcke und Gebärmutter zu entfernen. Mein Vater war total perplex, es stand nun also seit 3 Jahren in den Befunden, aber wir haben es alle nicht richtig gelesen oder haben es gelesen, aber dann ist es untergegangen, weil die MS soviel Raum genommen hat.

Meine Oma hatte den identischen Krebs selbst vor 20 Jahren, noch weiter fortgeschritten und sie hat überlebt und gilt als geheilt. Dennoch muss das natürlich für meine Mama nichts heißen.

Für mich heißt das nun aber auch, dass ich mir überlegen muss, Gebärmutter und Eierstöcke entfernen zu lassen und mich genetisch untersuchen zu lassen. Für meine Töchter heißt das ggf auch, dass sie diese Entscheidung später treffen müssen.

Diese neue Info macht mir nun zusätzlich zu schaffen, zum einen, dass uns das alles vielleicht erspart geblieben wäre, hätte man meiner Mutter alles rausgenommen, zum anderen aber auch, dass ich nun auch für mich diese Entscheidung werde treffen müssen.

Es fühlt sich gerade alles nach soviel an. Ich bin geplagt vom schlechten Gewissen, weil ich nicht dauernd hinfahren kann, weil wir den Urlaub Ende Juli nun mit den Schwiegereltern machen wollen, alleine auch für die Kinder, die sich schon so freuen. Ich bin eben nicht nur Tochter, sondern auch selbst Mama. Gleichzeitig denke ich an meinen Papa, der gesund durchs leere Haus tigert und am Telefon so traurig und erschöpft wirkt. Er ist kein Mann großer Worte, ein 'Das ist alles ein riesengroßer Scheiß' von ihm will was heißen.

Ich kann mich einfach überhaupt nicht auf meine Arbeit konzentrieren, sehe echt auch bescheiden aus und ich könnte jeden Nachmittag einfach nur schlafen. Abends schlafe ich nicht ein, weil ich dran denke, morgens ist es wieder da. Ich träume von ihr, wie sie normal mit mir redet, wieder gesund ist und sagt: "Gut, dass das nun hinter uns liegt". Heute Nacht habe ich davon geträumt, dass sie mir erzählt, wie sie beerdigt werden möchte, davon bin ich wachgeworden und konnte nicht mehr einschlafen.

Ich weiß aktuell gar nicht, was ich machen soll und wie ich jeden Tag weitermachen soll. Die Kinder sind nunmal auch keine, die pflegeleicht mitlaufen, ich rotiere mit Terminen, Schule usw. und keine Woche ist einfach nur ruhig. Ich habe das Gefühl, bei meinem Vater sein zu müssen, aber dann ist ein Kindergeburtstag, ein Musikschulfest, für das geübt wird und unter der Woche ist die Straße immer dicht in alle Richtungen. Und dann habe ich das Gefühl, dass ich auch nicht wirklich will, dass ich eben auch den Abstand hier brauche, die Abgrenzung, nicht jeden Tag dort zu sein und zuzuschauen, wie immer weniger da ist.

Und dann denke ich, dass wir erst am Anfang stehen, die Diagnose ist erst eine Woche alt, es ist behandelbar, der Arzt war zuversichtlich - und 5 bis 10 Jahre ist für jemanden von Ende 60 ja auch schon keine katastrophale Lebenserwartung. Es hat niemand gesagt, 'machen sie sich noch ein paar schöne Wochen', sondern es ist eben schon die Rede von Jahren. Da muss mein Hirn nicht gleich Beerdigungsszenarien fahren, aber teilweise kommt so eine Panik hoch, dass das alles eben nun echt ist, nie wieder weg geht, für immer Teil dieser Familie sein wird, obwohl es niemand bestellt hat.

Daher mache ich einen Thread auf - ich weiß, viele Leute haben mit dem Thema Erfahrungen, im Freundeskreis sind es immer mehr Eltern, die Krebs bekommen und es ist ja eben auch nicht selten. Aber trotzdem zieht es einem so den Boden unter den Füßen weg. Es soll auch nicht nur um meine Mutter gehen, es soll ein Sammelthread werden.
 
Elvira.Madigan
Benutzer147917  (35) Verbringt hier viel Zeit
  • #2
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, wünsche euch allen aber viel Kraft für die bevorstehende Zeit und einen möglichst guten Verlauf der OP für deine Mama.

Und, dass du für dich die richtige Entscheidung bzgl. einer evtl. OP triffst. :herz: :herz::rose::rose:

Wenn deine Töchter später mal diese Entscheidung treffen müssen, mag es vielleicht neue Erkenntnisse und Behandlungsmöglichkeiten geben.
 
Rory
Benutzer65998  Sehr bekannt hier
  • #3
Alles Gute, Dreizehn Dreizehn ! 🌷 Ich würde unbedingt bald bei deinen Töchtern und dir die genetische Untersuchung anstoßen.

Hier kam die Krebsdiagnose meiner Mutter zeitgleich mit der Geburt meiner Tochter letztes Jahr, das war alleine logistisch auch nicht so einfach. Denn meine Mutter lebt alleine und wir Kinder alle weit weg, das ist richtig schwierig, wenn kein Partner vorhanden ist, der begleitet, aber eben auch die Logistik koordiniert und in der Regel schlicht übernimmt. Tatsächlich ist das Thema "Die Eltern werden alt/krank" aufgrund der ähnlichen Altersstruktur nun im sozialen Umfeld allgemein sehr angekommen.
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • Themenstarter
  • #4
Hier kam die Krebsdiagnose meiner Mutter zeitgleich mit der Geburt meiner Tochter letztes Jahr, das war alleine logistisch auch nicht so einfach.
Und wie geht es ihr aktuell und euch damit? Einfach auch mal für eine Perspektive, da ich aktuell sehr im Alarmmodus gefangen bin.
 
Federleicht
Benutzer169922  Meistens hier zu finden
  • #5
Dreizehn Dreizehn
Ich wünsche deiner Mama, dass sie geheilt werden kann und sich vieles zum Guten wendet 🍀
Ich hoffe du kannst den Alarmmodus bald verlassen und ein Stück weit Normalität walten lassen.

Bzgl der Genetik:
Ich hab von meiner Mama ja auch den Gendefekt geerbt, daher auch die beidseitige subkutane Mastektomie. Und mit 40 wird mir empfohlen die Eierstöcke zu entfernen.
Bzgl der Kinder: mir sagte man in Heidelberg, dass man die Kinder vor 18 Jahren nicht testen kann, da es keine Vorsorgeuntersuchung gibt, die vor dem 18 Lebensjahr gemacht wird.
Das zumindest bei dem Gen, welches ich geerbt habe.

Alles Liebe 🌸
 
Rory
Benutzer65998  Sehr bekannt hier
  • #6
Und wie geht es ihr aktuell und euch damit?
Hier hat es sich um ein sehr frühes Stadium (I würde ich tippen, ich weiß es aber nicht 100%ig) und dazu einen sehr gut behandelbaren, oberflächlichen Krebs gehandelt, sodass die ganze Sache nach einer Verödung und einem leichten chirurgischen Eingriff zum Glück (vorerst) erledigt war. Bereits in der Folgebiopsie waren keine Krebszellen mehr nachweisbar. Also großes Glück gehabt. Die Ursprungserkrankung, die dann eben stellenweise entartet ist, wird laufend behandelt und beobachtet, sodass wir hoffen, dass nichts wiederkommt.

Also gar nicht vergleichbar mit eurem Fall. 😕

Es hat uns aber trotzdem alle wachgerüttelt. Meine Mutter kann sich nur schwer trennen, aber ich hoffe, das sie trotzdem zeitnah zu meinen Geschwistern und mir zieht. Denn zurück in die Heimat gehen wird niemand mehr von uns.
 
M
Benutzer181426  (43) Verbringt hier viel Zeit
  • #7
Es fühlt sich gerade alles nach soviel an.
Es IST gerade alles so viel!!!
Ist dir bewusst, dass psychoonkologische Angebote auch für Angehörige da sind?
Vielleicht würde ein Gespräch mit so einer Fachkraft dir beim Sortieren und Verarbeiten helfen.

Ich habe auch einen Gendefekt. Meine Große wird nächstes Jahr 18, dann muss ich also mal mit ihr sprechen, ob sie sich testen lassen möchte.
Als ich letztes Jahr von meinem Krebs erzählt habe, war ihre erste Frage, da sie ja wusste, dass meine Mutter und Großmutter das auch hatten: "Bekomme ich das dann auch?"

Die Ärztin hat bei mir sehr betont, dass alle Angehörigen ein Recht auf Nichtwissen haben, und ich soll mir am besten schriftlich geben lassen, ob jemand mein Testergebnis wissen möchte. Sie hatte wohl mal den Fall, dass eine Patientin von ihrer Nichte verklagt wurde, weil diese psychisch mit dem Wissen um den Gendefekt der Tante nicht zurecht kam.

Es geht jeder anders damit um. Meine Mutter hat ihre Erkrankung möglichst diskret behandelt, hat die Bestrahlung abgelehnt und ich kriege nicht mit, dass sie regelmäßig bei Vorsorgeuntersuchungen wäre.

Mein Vater hat total offen über seinen Krebs gesprochen und Gott und die Welt aufgefordert, zur Vorsorge zu gehen.

Ich habe auch kein Geheimnis um meine Erkrankung gemacht und nehme alles mit was geht an Therapien, Studien, Nachsorge und Vorsorge. Ich möchte meine Enkel und meine Rente noch erleben, und ich glaube, ich könnte nicht damit umgehen, wenn ich mich später fragen müsste, ob eine neue Erkrankung vielleicht besser heilbar gewesen wäre, wenn ich nur dies oder jenes gemacht hätte. Ich mache alles was geht, wenn ich trotzdem nochmal erkranke, habe ich mir diesbezüglich nichts vorzuwerfen.

Ich wünsche dir und euch viel Kraft. Es ist einfach ein riesen Haufen Mist.
 
Katzenauge123
Benutzer202690  (40) Öfter im Forum
  • #8
Könntest du dich nicht erstmal krankschreiben lassen?
Du klingst echt überlastet…
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • Themenstarter
  • #9
Könntest du dich nicht erstmal krankschreiben lassen?
Du klingst echt überlastet…
Im Moment bin ich eigentlich auch froh um die Arbeit. Ich gehe davon aus, dass das hier alles noch langen Atem erfordert und wenn ich mich "jetzt schon" krankschreiben lasse, habe ich auch mehr Zeit, um zu grübeln, zu kreisen und zu überlegen, was man machen muss. Ich bin mir nicht sicher, ob das sinnvoll ist. Mit pflegebedürftigem Kind und den übrigen Schwierigkeiten unseres Alltags bin ich schon seit 8 Jahren überlastet, da könnte ich nie mehr arbeiten, wenn man es so drastisch sagen möchte. :X3: Ich behalte es mir aber vor und habe es im Hinterkopf, gerade für den Tag der OP.

Es IST gerade alles so viel!!!
Ist dir bewusst, dass psychoonkologische Angebote auch für Angehörige da sind?
Vielleicht würde ein Gespräch mit so einer Fachkraft dir beim Sortieren und Verarbeiten helfen.
Ja, da denke ich auch drüber nach. Ich habe allerdings auch eine sehr gute Therapeutin, bei der ich heute wieder war. Wir sind viel in meine Kindheit gegangen und in mein Gefühl, verantwortlich für meine Mutter zu sein, dort alles "reparieren" zu müssen, obwohl ich auch zu Hause genug zu tun habe. Das hat mir sehr beim Sortieren geholfen. Sicher wäre aber auch eine onkologische Beratung nochmal gut, da sie vertiefter für das Thema sensibilisiert sind und da einfach auch mehr Wissen haben, was uns erwartet.

Gestern war ja die Lungenpunktion und danach hatte meine Mutter wohl erstmal einen epileptischen Anfall, weil man ihr ein Medikament am Morgen nicht gegeben hatte und sie aufgrund ihrer MS ein erhöhtes Risiko dafür hat. Ganz toll. Jetzt liegt sie erstmal auf die Neurologie und die Neurologin geht über alle Medikamente und schaut sich die Einstellung an. Immerhin.

Im Moment ist echt jeden Tag eine neue Katastrophe, ich hoffe, es stabilisiert sich bald.
 
micha43
Benutzer192508  (46) Öfter im Forum
  • #10
Hallo Dreizehn,

es tut mir sehr leid daß ihr diese Diagnose bekommen habt, denn ich kann den Moment und das was danach kommt sehr gut nachempfinden. Ich habe diese Situation die letzten Jahre mit meinem Vater auch durchgestanden. Es war eine sehr schwere Zeit und gerade der Zeitpunkt der Diagnose legt einen Zeitpunkt fest. Es gibt eine Zeit davor und eine Zeit danach. Es ändert alles und man befindet sich in Schockstarre. Ich hatte mich auch krankschreiben lassen, denn es ging nichts mehr... So viele Gedanken im Kopf von früher und von Morgen.... Ängste und Erinnerungen an eine bessere Zeit schießen durch den Kopf und die allgegenwärtige Frage.... Haben wir die Zeit richtig genutzt. Ja habt ihr aber das wird dir erst später im Leben bewusst. Mir habe die Gespräche und das da sein absolut geholfen. Auch wenn Gespräche schwer fallen und es Situationen gibt, in denen man nicht weiß was man sagen soll ... sie sind wichtig für euch. Seid für einander da. Egal wie schwer die Aufgaben und Situationen auch erscheinen mögen, ihr schafft das. Ich habe auch nicht für möglich gehalten was ich am Ende dann doch alles geschafft habe. Und es hat mir einen inneren Frieden geschenkt. Ich drücke euch ganz fest die Daumen, das ihr dieses Schicksal gemeinsam durchsteht und das der Nebel und die Wolken der Furcht und der Traurigkeit schon bald wieder von den ersten Sonnenstrahlen durchbrochen werden. Bleibt stark 💪💚
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • Themenstarter
  • #11
micha43 micha43 Ja, so fühlt es sich an, es ist ab jetzt eingebrannt, diese Tage der Diagnose, die Anrufe und die Infos, die sich immer mehr verdichten. Und es macht mich wütend und hilflos, zu wissen, dass das jetzt für immer mit dabei ist, obwohl man sich dafür gar nicht "gemeldet" hat. Wie bei uns schon vor 8 Jahren, als wir unfreiwillig Mitglieder im Club der Eltern mit herzkrankem Kind wurden und man sich dachte: "Hallo, habe ich mich hierfür beworben? Ich glaube nicht!"

Darf ich fragen, wann du dich hast krankschreiben lassen? Ich weiß, dass meine Hausärztin mich rauszieht, sobald ich hingehe, aber aktuell ist auf der Arbeit viel zu tun und es macht mir noch Spaß - dazu lässt mir mein Chef viele Freiheiten und ich kann auch mal eine Weile durchatmen, ohne dass das im Home Office direkt auffällt. Ich arbeite an Gesetzen und wir haben eine neue Bundesregierung die täglich mit neuen Fristen um sich wirft - das tut halt nichts Böses, lässt sich gut "wegarbeiten", ist sinnvoll - also eigentlich ein schöner Kontrast zu dem, was ich bezüglich meiner kranken Mutter machen kann.

Ich sehe halt im Umfeld, dass es bei vielen Leuten dann eben doch einige Jahre so weiter geht -ein ständiges Auf und Ab, bis am Ende jemand stirbt. Das macht mir einerseits nackte Panik, andererseits zeigt es aber auch, dass ich nicht in der Woche der Diagnose direkt alles absagen muss, sondern auch weitermachen "darf". Morgen ist ein Kindergeburtstag, Sonntag singt und tanzt die 4jährige beim Musikschulfest. Mein Vater möchte auch gar nicht, dass wir das absagen oder zu ihm fahren. Er möchte auch, dass wir in den Urlaub fahren. Wenn dann aber sowas ist, wie gestern mit der Lungenbiopsie, frage ich mich, wie sie die OP überstehen soll, wenn schon so "kleine" Eingriffe zu so großen Problemen führen. Und dann fühlt es sich auf einmal so an, als hätten wir keine Zeit mehr und müssten sofort alle Zelte abbrechen, um bei ihr zu sein.

Durch die MS haben wir in den letzten Jahren aber schon gelernt, als Familie mit Erkrankungen umzugehen, das mitzumachen, was geht, das anzupassen, was nicht geht und haben viele und gute Gespräche gehabt. Wir sind alle sehr eng und ich muss zum Glück keine unausgesprochenen Dinge jetzt noch dringend klären. Wir haben Friede in der Familie, gerade auch mit Fehlern aus der Vergangenheit oder Konflikten, die wir früher hatten und mittlerweile beigelegt haben. Das tut mir ganz gut, es ist jetzt nicht so, dass ich denke, es sind 100 Dinge offen. Ich möchte sie halt einfach behalten und zwar idealerweise in einem besseren Zustand, als jetzt gerade.

Es gibt natürlich auch die Hoffnung, dass die OP gut verläuft, ihr die Behandlung Lebensqualität zurückgibt und am Ende die MS in der letzten Zeit weniger schlimm war, als erwartet, da es vom Krebs überlagert war. Es gibt da durchaus Studien zu, dass man mit MS dazu neigt, Symptome dort zu suchen - und wenn dann ein Krebs dazu kommt und dieser behandelt wird, geht es dem Patienten insgesamt besser und es war doch nicht "nur" die MS. Darauf hoffe ich ein bisschen, was ihre Müdigkeit, Antriebslosigkeit und ihren körperlichen Abbau angeht. Meine Oma war ja mit Ende 60 auch schon "abgeschrieben" von allen Ärzten und springt mit 89 nun munter rum. Es ist vermutlich nicht realistisch, dass es sich so wiederholt, aber es ist ein Anker, dass es zumindest im Rahmen des Möglichen ist. Mit vernünftiger Einstellung könnte sie ja auch palliativ noch einige Jahre gut leben, vielleicht sogar besser, als im letzten halben Jahr. Das wäre schön.
 
micha43
Benutzer192508  (46) Öfter im Forum
  • #12
Darf ich fragen, wann du dich hast krankschreiben lassen?
Nunja der erste Schock war die erstdiagnose. Dann sollte er operiert werden und wurde davor noch richtig durchgecheckt. Dann kam das Ergebnis der Untersuchung während ich im Homeoffice war. Ich hab aufgrund dessen alles ausgeschaltet und hab meinen Arzt angerufen und gebeten mich eine Woche raus zu nehmen. Bin dann raus in die Natur und hab Zeit für mich gebraucht ...


der Arbeit viel zu tun und es macht mir noch Spaß - dazu lässt mir mein Chef viele Freiheiten und ich kann auch mal eine Weile durchatmen, ohne dass das im Home Office direkt auffällt.
Das ist doch gut. Bei mir war damals die Arbeit keine Ablenkung, denn ich konnte gar nicht mehr arbeiten. Ich war total überlastet und überfordert von allem.


Das macht mir einerseits nackte Panik, andererseits zeigt es aber auch, dass ich nicht in der Woche der Diagnose direkt alles absagen muss, sondern auch weitermachen "darf"
Ja und du solltest das positive sehen selbst wenn das hier gewiss doch sehr schwer fällt. Diagnose ist ja auch nicht immer gleich ein Urteil.


Und dann fühlt es sich auf einmal so an, als hätten wir keine Zeit mehr und müssten sofort alle Zelte abbrechen, um bei ihr zu sein.
Ich glaube diese Zweifel werden immer wieder aufkommen und man wird hin und her gerissen sein. Ich gehe davon aus und wenn du in dich gehst weißt du sicher auch, das deine Mama genau weiß wie ihr fühlt und das ihr da wärt wenn sie es braucht.



Wir haben Friede in der Familie, gerade auch mit Fehlern aus der Vergangenheit oder Konflikten, die wir früher hatten und mittlerweile beigelegt haben. Das tut mir ganz gut, es ist jetzt nicht so, dass ich denke, es sind 100 Dinge offen. Ich möchte sie halt einfach behalten und zwar idealerweise in einem besseren Zustand, als jetzt gerade.
Das ist so viel wert. Wir haben auch Frieden in der Familie und wir haben alles gemeinsam gemeistert und darauf bin ich stolz.


Ich möchte sie halt einfach behalten und zwar idealerweise in einem besseren Zustand, als jetzt gerade.
Das kann ich gut verstehen und die Hoffnung besteht ja Gott sei Dank auch noch.


Meine Oma war ja mit Ende 60 auch schon "abgeschrieben" von allen Ärzten und springt mit 89 nun munter rum.
Aber das macht doch mut. Also die Hoffnung nicht verlieren und Positiv denken um die Zeit nicht zu vergiften. Wenn es schlecht werden würde kommt es auch alleine da müsst ihr nicht auch noch dran denken. Schiebt lieber die positiven Erkenntnisse in den Fokus wie z.b. die Erfahrung mit deiner Oma.
Ich wünsche euch von Herzen, das ihr noch schöne Stunden zusammen habt und sie auch genießen könnt.
 
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