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Benutzer132792
Verbringt hier viel Zeit
- #1
Hallo Leute,
ich melde mich mal wieder mit einem familiären Problem zurück. Ich bin nun schon einige Jahre auf dieser Plattform unterwegs, begonnen hatte meine Reise hier mit einem Thread über meine Schwester. Zu dieser Zeit war ich noch sehr jung und habe eine schwierige Phase durchgemacht, aber ich glaubte diese Phase hinter mir gelassen zu haben. Aber hier bin ich wieder...
DIESER THREAD IST SEHR LANG, ich bin jedem dankbar, der vielleicht auch nur einen Teil liest und mir zuhört. Danke im Voraus.
Meine Schwester werde ich im Folgenden Steffi nennen, mich selber Marie.
Dass diese besagte Phase wieder zum Vorschein kam in mir, liegt vermutlich hauptsächlich daran, dass meine Schwester circa. Mitte letztes Jahr einen jungen Mann kennengelernt hat, ich nenne ihn im Folgen Kai. Kai hatte ernste Absichten mit Steffi und bald lag das Thema Hochzeit und der ganze Trubel in der Luft. Ich freute mich sehr für meine Schwester, sie war so glücklich, wie lange nicht mehr. Allerdings zogen schneller als man glaubt die Gewitterwolken über dem Paradies auf. Alles verkomplizierte sich, und Steffi bekam Halt bei meinen Eltern und mir. Seit Monaten redeten wir als Familie nur noch über Steffi, Hochzeit, Kai, Steffi, Hochzeit, deren gemeinsame Zukunft...ihr versteht schon.
Und das war völlig okay! Bis zu einem gewissen Punkt! Wie das im Leben halt so ist, bekommen wir alle irgendwann Probleme, über die wir gerne reden möchten. Aber für mich war niemand da, als ich Prüfungsangst hatte (hatte ich früher nie), als ich enttäuscht in meinen Notenspiegel schaute und sah, dass ich mehrere Prüfungen verhauen hatte. Ich möchte mich nicht rausreden, aber dieses Steffi und Kai-Thema hat dazu wohl seinen Teil beigetragen. Natürlich ist eine verhauene Klausur nicht das selbe wie eine bevorstehende Hochzeitsplanung, aber dennoch war es belastend für mich, hat mich traurig gestimmt und ich hätte gerne mit Jemandem über diesen Prüfungsdruck gesprochen. Aber es war niemand für mich da. Wenn ich das Thema ansprechen wollte, kam entweder immer Steffi dazwischen weil Kai dies und das geschrieben hatte, oder aber - was mich an der ganzen Sache noch viel mehr gestört hat- meine Mutter fiel mir nach 3 Sekunden, ohne überhaupt zu wissen was ich eigentlich erzählen wollte,ins Wort und sagte "Ja vergiss das mal Marie. Steffi, was hat der Kai denn geschrieben? Ich bin neugierig"
AUTSCH. Dass ich also unter Prüfungsdruck oder halt wer weiß was anderes litt war also unwichtiger, als was der Kai zu sagen hatte. Leider habe ich diese Antworten in den letzten Monaten fiel zu oft gehört. Ich habe aufgehört zu versuchen, über meine Probleme zu reden.
Mein Vater war in dieser Hinsicht nicht viel besser. Als Flashback muss ich dazu sagen, dass mein Vater und ich schon zu Kindtagen kein gesundes Vater-Tochter-Verhältnis hatten. Ich nenne mal 2 Beispiele:
Früher gab es bei uns Weckchen (Weißbrot) zum Frühstück. Bei uns war es üblich, dass der Papa das Brot schnitt. Und kennt ihr das, wenn ihr ein Brot von gestern wieder anschneidet? Diese erste Scheibe ist immer ein bisschen härter, weniger lecker als die Scheiben danach. Immer habe ich diese erste Scheibe von meinem Vater bekommen. Dabei hatte ich mir so sehr gewünscht, er würde diese Scheibe auch mal Steffi geben.
Vielleicht klingt das jetzt, als würde ich aus einer Mücke einen Elefanten machen, aber gilt das gleiche Prinzip nicht mit Geschwistern und dem berühmten Beifahrersitz? Da wird sich abgewechselt, nicht eines der Kinder muss immer hinten sitzen und das andere immer vorne. Oder was meint ihr?
Selbiges galt für Zeugnisnoten. Wir haben die selbe Klasse besucht, bei der Zeugnisvergabe hatte Steffi beispielsweise von 10 Fächern, 8 Einsen bekommen. Ich hingegen hatte vielleicht nur 3 oder 4. Mein Vater sagte dann Dinge wie "Für jede Eins bekommt du (Beispiel) ein Ü-Ei." oder 10€. was auch immer.
Und er hat nach genau diesem Muster uns zu jedem Zeugnis etwas geschenkt. Ich habe, das Kind das ich nunmal war, versucht, diese Sache so erwachsen wie möglich zu sehen und mir selbst zu sagen "Ja, was mein Vater da tut ist richtig. Steffi hat mehr Einsen als ich" so sehr ich auch versuchte mir das einzureden, früher oder später schrien alle meine Gedanken nur noch: Nein! So sehr wie Steffi sich für diese 8 Einsen bemüht hatte, so sehr hatte ich mich doch für meine 3-4 Einsen bemüht!
Und auch meine Mutter war dieser Ansicht. Später gab sie mir heimlich die Differenz dazu, die Steffi von meinem Vater extra bekommen hatte als ich. Auch meine Mutter litt darunter, dass ich unter diesem Fehlverhalten meines Vaters litt. Ich kann mich daran erinnern,wie meine Eltern nächtelang gestritten haben deswegen, aber mein Vater wurde nie einsichtig.
Jetzt zur Verbindung von heute, warum ich diese Beispiele gab: Als Kai und seine Eltern gerade bei uns zu Besuch waren, kam es zu einem großen Streit zwischen seinen und meinen Eltern. Seine Mutter sagte so etwas wie "Ja wenn Kai die Steffi nicht heiratet, dann heiratet er eben eine Bessere/Andere." Mein Vater ist komplett ausgerastet, hat dann aber zu der Frau gesagt "Steffi ist ein wunderschönes, fleißiges, ehrgeiziges junges Mädchen. Bei Elternsprechtagen haben die Lehrer mir gesagt, dass sie im Unterricht unterfordert sei. Eigentlich wollten wir sie damals schon auf eine Schule für Hochbegabte schickten, aber meine Frau hat das verhindert, da die Marie sonst alleine gewesen wäre."
AUTSCH. Ich war also meiner Schwester der Klotz am Bein, der es ihr verhinderte, auf eine Schule für Hochbegabte zu gehen? Das war natürlich maßlos übertrieben,dass Lehrer manchmal so etwas sagten stimmte schon, aber das sagten sie über uns beide -nicht nur über Steffi. Und von einer Schule für Hochbegabte kann gar nicht die Rede sein. Ich verstehe, dass mein Vater meine Schwester nach so einem Satz von Kais Mutter in den Himmel loben wollte, aber warum auf meine Kosten? Und warum vor fremden Leuten? Ich war wie gelähmt.All diese bösen Erinnerungen, von denen ich dachte, ich hätte sie begraben und hinter mir gelassen aus Kindheits- und Schul-Tagen, alles kam wieder hoch in mir. Alle starrten mich an. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Kais Vater hat wahrscheinlich bemerkt wie verletzend dieser Satz für mich war und sagte "aber Marie ist doch auch sehr erfolgreich"
Jetzt musste also schon ein für mich wildfremder Mann mein Fünkchen Ehre retten, wie bedauernswert. Meine Mutter sagte darauf "Ja die Marie ist doch auch gut" und darauf sagte mein Vater dann wieder "Ja stimmt. Wenn Steffi eine Eins geschrieben hat, hat Marie eine 2+ geschrieben."
Das wars, ich konnte das nicht länger mit anhören. Ich bin gegangen und auch nachdem der Besuch dann weg war, kam keiner zu mir, um über diesen Vorfall zu sprechen. Später beim Abendessen sprach ich meine Mutter darauf an, alles was sie dazu zu sagen hatte, war: "Ach Marie, das war doch nicht so schlimm."
WIE BITTE? Nicht so schlimm? Mein Vater stellt mich vor fremden Leuten bloß und stampft mich in den Keller, um meine Schwester besser aussehen zu lassen, und das soll nicht so schlimm gewesen sein?
Danach habe ich mir das Versprechen geben, meine Probleme für mich zu behalten. Es hatte ja keinen Zweck, entweder konnte oder wollte mir keiner zuhören, oder es wurde einfach abgeblockt.
Einige Tage danach ging es dann für meine Mutter, Steffi und mich in den Urlaub. Die Sache mit Steffi und Kai war kurz vor dem Ende.Ich freute mich auf den Urlaub- endlich 3 Wochen Ruhe vor diesem Steffi-Kai-Drama. Steffi hatte sich nämlich darauf geeinigt, das Thema Kai im Urlaub nicht aufkommen zu lassen, damit sie auch zur Ruhe kommen kann. Naja, ich würde ja jetzt sagen, gesagt getan, aber Fehlanzeige. Das Thema ging weiter. Dann war es wirklich so gut wie vorbei zwischen den beiden, und wir 3 hatten in der Zwischenzeit unsere Wohnung bezogen. Diese Wohnung hatten wir bereits letztes Jahr gekauft, und der Immobilienhändler war auch recht schön anzuschauen, wenn ihr versteht was ich meine.
Wie das Schicksal eben so ist, haben wir den Immobilienhändler (ich nenne ihn jetzt Daniel) über den Urlaub hinweg häufig gesehen und als Gruppe, gemeinsam mit meiner Mutter und Daniels Tante, die Stadt erkundigt. Meine Mutter hat den zwei mit dem Steffi-Kai-Drama jeden Tag die Ohren abgequatscht. Ich konnte es nicht mehr hören.Wie konnte meine Mutter denn aber auch jeden Tag darüber reden? Obwohl wir uns darauf geeinigt hatten, das Thema im Urlaub ruhen zu lassen.
Ich hatte natürlich immer noch Gefallen an Daniel, zwar nicht weil ich mir etwas ernstes mit ihm hätte vorstellen können, aber einfach weil seine ruhige Art und seine Sichtweise auf alltägliche Dinge mich fasziniert hat. Leider hat er dieses Interesse nicht mir gegenüber erwidert, sondern Steffi gegenüber. Wieder so ein Knacks in meinem Selbstwertgefühl. Die beiden sind ausgegangen, haben gegessen, sind am Meer entlang spaziert,und was habe ich gemacht? Zuerst wollte ich schmollen, und es kamen Gedanken in mir hoch wie "Warum mag er die Steffi, und nicht mich?" Das hat mich innerlich kaputt gemacht. Die beiden haben Nummern getauscht und die letzte Woche Urlaub habe ich dann von meiner Mutter und Steffi nur noch gehört Daniel hier, Daniel da. Als Steffi mich dann fragte "Daniel und ich fahren jetzt in die Stadt, sollen wir dich mitnehmen?" war für mir das Fass voll. Ich habe versucht, nicht eifersüchtig zu sein, habe versucht, mein heimliches Interesse für Daniel unter Kontrolle zu bekommen, aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich bin danach in totale Angriffshaltung übergegangen, habe meine Mutter und Steffi ständig angepampt. Die letzten Tage bin ich aus Protest einfach alleine bis spät abends in die Stadt gefahren,damit ich wenigstens dann mal die Gedanken meiner Mutter kreuzte. Sie fragte mich später "Was ist denn los? Seit Daniel sein Interesse für Steffi geäußert hat, bist du so komisch" "Achja Mama, findest du?" sagte ich.
Zuerst sagte sie Dinge wie "Nur weil du keinen Freund hast, musst Steffi ja auch nicht keinen haben" oder "während in Steffis Leben solch schwierige Entscheidungen bevorstehen, werde ich mir doch nicht deine Probleme anhören". Eigentlich ist es mir peinlich, sowas im Internet zu veröffentlichen. Natürlich war ich eifersüchtig, ich bin schließlich auch ein junges Mädchen, das sich was vom Leben erhofft. Und der Junge, an dem ich interessiert war, wollte nicht mich sondern meine Schwester. Obwohl ich diesen Umstand meiner Mutter und Steffi mitteilte, ging sie am Abend trotzdem wieder mit ihm Essen. Meine Mutter wollte mich auf andere Gedanken bringen und wir fuhren in ein Café, gegen Abend kreuzten dann dort Steffi und Daniel auf. Als ob es nicht genug gewesen wäre, dass ich jeden Tag von den zwei "lovebirds" hören musste. Ich wollte nur noch kotzen. Ehrlich.
Zuhause wieder angekommen, habe ich meiner Mutter alles an den Kopf geworfen. Alles was mich bedrückt, geärgert, traurig gestimmt hat. Mein Job wurde nicht verlängert, und das konnte ich meiner Mutter nicht einmal erzählen, weil sie zu sehr mit Steffi beschäftigt war. Dass mir auf den sozialen Netzwerken ständig junge Männer schreiben und ich nach wenigen Nachrichten feststellen muss, dass sie mich nur als Wingman für meine Schwester sehen, dass wir seit Monaten nur noch über Steffi reden und niemanden sieht, wie sehr ich mit meinen Problemen zu kämpfen habe und keiner mir zuhören will,dass jetzt auch noch diese Sache mit Daniel dazu gekommen ist,was mein Vater vor dem Urlaub neben Kais Familie gesagt hatte, alles..ich wusste nicht mehr weiter. Alles sprudelte aus mir heraus. Und ich heulte Rotz und Wasser. Ich wollte nicht mehr und ich konnte auch nicht mehr. Im Urlaub wollte ich nicht mehr bleiben, und nach Deutschland zurück konnte ich auch nicht, weil ich meinem Vater noch immer nicht vergeben habe.
Ich glaube dann hat meine Mutter erst wirklich verstanden, was in mir vorging. Sie fing zu weinen an und sagte "bitte vergib mir, du hast ja vollkommen Recht" und ich sagte "wenn ich Unrecht hätte, hätte ich all das zu dir gesagt?" danach habe ich mich etwas beruhigt. Ich bin jetzt wieder aus dem Urlaub zurück, aber die Wunden klaffen noch immer. Ich möchte meiner Mutter so gerne verzeihen, aber sie hat mir so weh getan. Vor allem diese letzten Unterhaltungen, die ich hier mal dick unterlegt habe, kleben an mir wie Teer auf der Haut.
Auch meine Schwester blieb von meinem Wutausbruch nicht verschont, ich habe sie angeschrien und gesagt "ich habe dir gesagt, dass ich den Daniel mochte. Und du bist trotzdem mit dem Essen gegangen! Du hast den einen Typen noch nicht abgeschossen, da hast du den nächsten schon am Start. Was für eine Schwester bist du?"
Ich bin krankhaft eifersüchtig, das weiß ich. Steffi kann ja nicht dafür, dass der Daniel sie mag. Dessen bin ich mir auch bewusst, und ich bin mir auch bewusst, dass nicht Steffi die Ursache für meine Wut und Wunden ist, aber ich habe sie wohl schon von klein auf, einfach als Spiegelbild dieser Ursachen benutzt.
Ich dachte ich hätte diese Phase hinter mir gelassen, aber ich fühle mich schrecklich. Ich habe keinen Appetit mehr, ich schlafe kaum, liege bis 3 Uhr nachts wach und werde zwei Stunden später wieder wach, weil ich einfach nicht schlafen kann.. ich habe über den Urlaub mehr als 4 Kilo verloren ohne es zu merken, ich fühle mich einsam.
Ich spiele mit dem Gedanken, mir eine eigene Wohnung zu mieten, aber wie soll ich meinen Unterhalt alleine stemmen, mit einem Aushilfsjob neben dem Studium? Ich habe sogar überlegt, mir professionelle Hilfe zu holen, also in Sachen Psychiater..ich gehe an dieser Sache nicht nur selber zu Grunde, ich reiße auch meine Familie mit in die Tiefe. Ich tue jetzt so,als hätte ich allen vergeben, aber immer wenn ich meine Familie sehe, denke ich daran was sie mir angetan haben. Warum ist verzeihen so schwer? Was mache ich falsch? Ständig habe ich das weinende Gesicht meiner Mutter vor Augen, wie sie sagte "vergib mir" aber kann ich Monate der Trauer und Einsamkeit, mit einem "Vergib Mir" vergessen?
Bitte helft mir, sagt mir, dass ich mir Hilfe holen soll. Ich kann so nicht weitermachen..
ich melde mich mal wieder mit einem familiären Problem zurück. Ich bin nun schon einige Jahre auf dieser Plattform unterwegs, begonnen hatte meine Reise hier mit einem Thread über meine Schwester. Zu dieser Zeit war ich noch sehr jung und habe eine schwierige Phase durchgemacht, aber ich glaubte diese Phase hinter mir gelassen zu haben. Aber hier bin ich wieder...
DIESER THREAD IST SEHR LANG, ich bin jedem dankbar, der vielleicht auch nur einen Teil liest und mir zuhört. Danke im Voraus.
Meine Schwester werde ich im Folgenden Steffi nennen, mich selber Marie.
Dass diese besagte Phase wieder zum Vorschein kam in mir, liegt vermutlich hauptsächlich daran, dass meine Schwester circa. Mitte letztes Jahr einen jungen Mann kennengelernt hat, ich nenne ihn im Folgen Kai. Kai hatte ernste Absichten mit Steffi und bald lag das Thema Hochzeit und der ganze Trubel in der Luft. Ich freute mich sehr für meine Schwester, sie war so glücklich, wie lange nicht mehr. Allerdings zogen schneller als man glaubt die Gewitterwolken über dem Paradies auf. Alles verkomplizierte sich, und Steffi bekam Halt bei meinen Eltern und mir. Seit Monaten redeten wir als Familie nur noch über Steffi, Hochzeit, Kai, Steffi, Hochzeit, deren gemeinsame Zukunft...ihr versteht schon.
Und das war völlig okay! Bis zu einem gewissen Punkt! Wie das im Leben halt so ist, bekommen wir alle irgendwann Probleme, über die wir gerne reden möchten. Aber für mich war niemand da, als ich Prüfungsangst hatte (hatte ich früher nie), als ich enttäuscht in meinen Notenspiegel schaute und sah, dass ich mehrere Prüfungen verhauen hatte. Ich möchte mich nicht rausreden, aber dieses Steffi und Kai-Thema hat dazu wohl seinen Teil beigetragen. Natürlich ist eine verhauene Klausur nicht das selbe wie eine bevorstehende Hochzeitsplanung, aber dennoch war es belastend für mich, hat mich traurig gestimmt und ich hätte gerne mit Jemandem über diesen Prüfungsdruck gesprochen. Aber es war niemand für mich da. Wenn ich das Thema ansprechen wollte, kam entweder immer Steffi dazwischen weil Kai dies und das geschrieben hatte, oder aber - was mich an der ganzen Sache noch viel mehr gestört hat- meine Mutter fiel mir nach 3 Sekunden, ohne überhaupt zu wissen was ich eigentlich erzählen wollte,ins Wort und sagte "Ja vergiss das mal Marie. Steffi, was hat der Kai denn geschrieben? Ich bin neugierig"
AUTSCH. Dass ich also unter Prüfungsdruck oder halt wer weiß was anderes litt war also unwichtiger, als was der Kai zu sagen hatte. Leider habe ich diese Antworten in den letzten Monaten fiel zu oft gehört. Ich habe aufgehört zu versuchen, über meine Probleme zu reden.
Mein Vater war in dieser Hinsicht nicht viel besser. Als Flashback muss ich dazu sagen, dass mein Vater und ich schon zu Kindtagen kein gesundes Vater-Tochter-Verhältnis hatten. Ich nenne mal 2 Beispiele:
Früher gab es bei uns Weckchen (Weißbrot) zum Frühstück. Bei uns war es üblich, dass der Papa das Brot schnitt. Und kennt ihr das, wenn ihr ein Brot von gestern wieder anschneidet? Diese erste Scheibe ist immer ein bisschen härter, weniger lecker als die Scheiben danach. Immer habe ich diese erste Scheibe von meinem Vater bekommen. Dabei hatte ich mir so sehr gewünscht, er würde diese Scheibe auch mal Steffi geben.
Vielleicht klingt das jetzt, als würde ich aus einer Mücke einen Elefanten machen, aber gilt das gleiche Prinzip nicht mit Geschwistern und dem berühmten Beifahrersitz? Da wird sich abgewechselt, nicht eines der Kinder muss immer hinten sitzen und das andere immer vorne. Oder was meint ihr?
Selbiges galt für Zeugnisnoten. Wir haben die selbe Klasse besucht, bei der Zeugnisvergabe hatte Steffi beispielsweise von 10 Fächern, 8 Einsen bekommen. Ich hingegen hatte vielleicht nur 3 oder 4. Mein Vater sagte dann Dinge wie "Für jede Eins bekommt du (Beispiel) ein Ü-Ei." oder 10€. was auch immer.
Und er hat nach genau diesem Muster uns zu jedem Zeugnis etwas geschenkt. Ich habe, das Kind das ich nunmal war, versucht, diese Sache so erwachsen wie möglich zu sehen und mir selbst zu sagen "Ja, was mein Vater da tut ist richtig. Steffi hat mehr Einsen als ich" so sehr ich auch versuchte mir das einzureden, früher oder später schrien alle meine Gedanken nur noch: Nein! So sehr wie Steffi sich für diese 8 Einsen bemüht hatte, so sehr hatte ich mich doch für meine 3-4 Einsen bemüht!
Und auch meine Mutter war dieser Ansicht. Später gab sie mir heimlich die Differenz dazu, die Steffi von meinem Vater extra bekommen hatte als ich. Auch meine Mutter litt darunter, dass ich unter diesem Fehlverhalten meines Vaters litt. Ich kann mich daran erinnern,wie meine Eltern nächtelang gestritten haben deswegen, aber mein Vater wurde nie einsichtig.
Jetzt zur Verbindung von heute, warum ich diese Beispiele gab: Als Kai und seine Eltern gerade bei uns zu Besuch waren, kam es zu einem großen Streit zwischen seinen und meinen Eltern. Seine Mutter sagte so etwas wie "Ja wenn Kai die Steffi nicht heiratet, dann heiratet er eben eine Bessere/Andere." Mein Vater ist komplett ausgerastet, hat dann aber zu der Frau gesagt "Steffi ist ein wunderschönes, fleißiges, ehrgeiziges junges Mädchen. Bei Elternsprechtagen haben die Lehrer mir gesagt, dass sie im Unterricht unterfordert sei. Eigentlich wollten wir sie damals schon auf eine Schule für Hochbegabte schickten, aber meine Frau hat das verhindert, da die Marie sonst alleine gewesen wäre."
AUTSCH. Ich war also meiner Schwester der Klotz am Bein, der es ihr verhinderte, auf eine Schule für Hochbegabte zu gehen? Das war natürlich maßlos übertrieben,dass Lehrer manchmal so etwas sagten stimmte schon, aber das sagten sie über uns beide -nicht nur über Steffi. Und von einer Schule für Hochbegabte kann gar nicht die Rede sein. Ich verstehe, dass mein Vater meine Schwester nach so einem Satz von Kais Mutter in den Himmel loben wollte, aber warum auf meine Kosten? Und warum vor fremden Leuten? Ich war wie gelähmt.All diese bösen Erinnerungen, von denen ich dachte, ich hätte sie begraben und hinter mir gelassen aus Kindheits- und Schul-Tagen, alles kam wieder hoch in mir. Alle starrten mich an. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Kais Vater hat wahrscheinlich bemerkt wie verletzend dieser Satz für mich war und sagte "aber Marie ist doch auch sehr erfolgreich"
Jetzt musste also schon ein für mich wildfremder Mann mein Fünkchen Ehre retten, wie bedauernswert. Meine Mutter sagte darauf "Ja die Marie ist doch auch gut" und darauf sagte mein Vater dann wieder "Ja stimmt. Wenn Steffi eine Eins geschrieben hat, hat Marie eine 2+ geschrieben."
Das wars, ich konnte das nicht länger mit anhören. Ich bin gegangen und auch nachdem der Besuch dann weg war, kam keiner zu mir, um über diesen Vorfall zu sprechen. Später beim Abendessen sprach ich meine Mutter darauf an, alles was sie dazu zu sagen hatte, war: "Ach Marie, das war doch nicht so schlimm."
WIE BITTE? Nicht so schlimm? Mein Vater stellt mich vor fremden Leuten bloß und stampft mich in den Keller, um meine Schwester besser aussehen zu lassen, und das soll nicht so schlimm gewesen sein?
Danach habe ich mir das Versprechen geben, meine Probleme für mich zu behalten. Es hatte ja keinen Zweck, entweder konnte oder wollte mir keiner zuhören, oder es wurde einfach abgeblockt.
Einige Tage danach ging es dann für meine Mutter, Steffi und mich in den Urlaub. Die Sache mit Steffi und Kai war kurz vor dem Ende.Ich freute mich auf den Urlaub- endlich 3 Wochen Ruhe vor diesem Steffi-Kai-Drama. Steffi hatte sich nämlich darauf geeinigt, das Thema Kai im Urlaub nicht aufkommen zu lassen, damit sie auch zur Ruhe kommen kann. Naja, ich würde ja jetzt sagen, gesagt getan, aber Fehlanzeige. Das Thema ging weiter. Dann war es wirklich so gut wie vorbei zwischen den beiden, und wir 3 hatten in der Zwischenzeit unsere Wohnung bezogen. Diese Wohnung hatten wir bereits letztes Jahr gekauft, und der Immobilienhändler war auch recht schön anzuschauen, wenn ihr versteht was ich meine.
Wie das Schicksal eben so ist, haben wir den Immobilienhändler (ich nenne ihn jetzt Daniel) über den Urlaub hinweg häufig gesehen und als Gruppe, gemeinsam mit meiner Mutter und Daniels Tante, die Stadt erkundigt. Meine Mutter hat den zwei mit dem Steffi-Kai-Drama jeden Tag die Ohren abgequatscht. Ich konnte es nicht mehr hören.Wie konnte meine Mutter denn aber auch jeden Tag darüber reden? Obwohl wir uns darauf geeinigt hatten, das Thema im Urlaub ruhen zu lassen.
Ich hatte natürlich immer noch Gefallen an Daniel, zwar nicht weil ich mir etwas ernstes mit ihm hätte vorstellen können, aber einfach weil seine ruhige Art und seine Sichtweise auf alltägliche Dinge mich fasziniert hat. Leider hat er dieses Interesse nicht mir gegenüber erwidert, sondern Steffi gegenüber. Wieder so ein Knacks in meinem Selbstwertgefühl. Die beiden sind ausgegangen, haben gegessen, sind am Meer entlang spaziert,und was habe ich gemacht? Zuerst wollte ich schmollen, und es kamen Gedanken in mir hoch wie "Warum mag er die Steffi, und nicht mich?" Das hat mich innerlich kaputt gemacht. Die beiden haben Nummern getauscht und die letzte Woche Urlaub habe ich dann von meiner Mutter und Steffi nur noch gehört Daniel hier, Daniel da. Als Steffi mich dann fragte "Daniel und ich fahren jetzt in die Stadt, sollen wir dich mitnehmen?" war für mir das Fass voll. Ich habe versucht, nicht eifersüchtig zu sein, habe versucht, mein heimliches Interesse für Daniel unter Kontrolle zu bekommen, aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich bin danach in totale Angriffshaltung übergegangen, habe meine Mutter und Steffi ständig angepampt. Die letzten Tage bin ich aus Protest einfach alleine bis spät abends in die Stadt gefahren,damit ich wenigstens dann mal die Gedanken meiner Mutter kreuzte. Sie fragte mich später "Was ist denn los? Seit Daniel sein Interesse für Steffi geäußert hat, bist du so komisch" "Achja Mama, findest du?" sagte ich.
Zuerst sagte sie Dinge wie "Nur weil du keinen Freund hast, musst Steffi ja auch nicht keinen haben" oder "während in Steffis Leben solch schwierige Entscheidungen bevorstehen, werde ich mir doch nicht deine Probleme anhören". Eigentlich ist es mir peinlich, sowas im Internet zu veröffentlichen. Natürlich war ich eifersüchtig, ich bin schließlich auch ein junges Mädchen, das sich was vom Leben erhofft. Und der Junge, an dem ich interessiert war, wollte nicht mich sondern meine Schwester. Obwohl ich diesen Umstand meiner Mutter und Steffi mitteilte, ging sie am Abend trotzdem wieder mit ihm Essen. Meine Mutter wollte mich auf andere Gedanken bringen und wir fuhren in ein Café, gegen Abend kreuzten dann dort Steffi und Daniel auf. Als ob es nicht genug gewesen wäre, dass ich jeden Tag von den zwei "lovebirds" hören musste. Ich wollte nur noch kotzen. Ehrlich.
Zuhause wieder angekommen, habe ich meiner Mutter alles an den Kopf geworfen. Alles was mich bedrückt, geärgert, traurig gestimmt hat. Mein Job wurde nicht verlängert, und das konnte ich meiner Mutter nicht einmal erzählen, weil sie zu sehr mit Steffi beschäftigt war. Dass mir auf den sozialen Netzwerken ständig junge Männer schreiben und ich nach wenigen Nachrichten feststellen muss, dass sie mich nur als Wingman für meine Schwester sehen, dass wir seit Monaten nur noch über Steffi reden und niemanden sieht, wie sehr ich mit meinen Problemen zu kämpfen habe und keiner mir zuhören will,dass jetzt auch noch diese Sache mit Daniel dazu gekommen ist,was mein Vater vor dem Urlaub neben Kais Familie gesagt hatte, alles..ich wusste nicht mehr weiter. Alles sprudelte aus mir heraus. Und ich heulte Rotz und Wasser. Ich wollte nicht mehr und ich konnte auch nicht mehr. Im Urlaub wollte ich nicht mehr bleiben, und nach Deutschland zurück konnte ich auch nicht, weil ich meinem Vater noch immer nicht vergeben habe.
Ich glaube dann hat meine Mutter erst wirklich verstanden, was in mir vorging. Sie fing zu weinen an und sagte "bitte vergib mir, du hast ja vollkommen Recht" und ich sagte "wenn ich Unrecht hätte, hätte ich all das zu dir gesagt?" danach habe ich mich etwas beruhigt. Ich bin jetzt wieder aus dem Urlaub zurück, aber die Wunden klaffen noch immer. Ich möchte meiner Mutter so gerne verzeihen, aber sie hat mir so weh getan. Vor allem diese letzten Unterhaltungen, die ich hier mal dick unterlegt habe, kleben an mir wie Teer auf der Haut.
Auch meine Schwester blieb von meinem Wutausbruch nicht verschont, ich habe sie angeschrien und gesagt "ich habe dir gesagt, dass ich den Daniel mochte. Und du bist trotzdem mit dem Essen gegangen! Du hast den einen Typen noch nicht abgeschossen, da hast du den nächsten schon am Start. Was für eine Schwester bist du?"
Ich bin krankhaft eifersüchtig, das weiß ich. Steffi kann ja nicht dafür, dass der Daniel sie mag. Dessen bin ich mir auch bewusst, und ich bin mir auch bewusst, dass nicht Steffi die Ursache für meine Wut und Wunden ist, aber ich habe sie wohl schon von klein auf, einfach als Spiegelbild dieser Ursachen benutzt.
Ich dachte ich hätte diese Phase hinter mir gelassen, aber ich fühle mich schrecklich. Ich habe keinen Appetit mehr, ich schlafe kaum, liege bis 3 Uhr nachts wach und werde zwei Stunden später wieder wach, weil ich einfach nicht schlafen kann.. ich habe über den Urlaub mehr als 4 Kilo verloren ohne es zu merken, ich fühle mich einsam.
Ich spiele mit dem Gedanken, mir eine eigene Wohnung zu mieten, aber wie soll ich meinen Unterhalt alleine stemmen, mit einem Aushilfsjob neben dem Studium? Ich habe sogar überlegt, mir professionelle Hilfe zu holen, also in Sachen Psychiater..ich gehe an dieser Sache nicht nur selber zu Grunde, ich reiße auch meine Familie mit in die Tiefe. Ich tue jetzt so,als hätte ich allen vergeben, aber immer wenn ich meine Familie sehe, denke ich daran was sie mir angetan haben. Warum ist verzeihen so schwer? Was mache ich falsch? Ständig habe ich das weinende Gesicht meiner Mutter vor Augen, wie sie sagte "vergib mir" aber kann ich Monate der Trauer und Einsamkeit, mit einem "Vergib Mir" vergessen?
Bitte helft mir, sagt mir, dass ich mir Hilfe holen soll. Ich kann so nicht weitermachen..