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Erfüllte Sexualität nach Traumatisierung möglich?

E
Benutzer203678  (52) Öfter im Forum
  • #1
Bitte nicht zitieren. Ich möchte evl. später ein paar Details wieder rausnehmen. Danke!
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Ich weiß gerade nicht wohin mit meinen Gedanken und kann momentan mit niemandem darüber reden. Schreiben geht besser. Ich lasse es einfach mal hier. Vielleicht liest es ja jemand. Und wenn nicht, dann hilft es mir vielleicht beim Gedanken sortieren.
Vorab schon mal sorry: Das wird lang. Und wahrscheinlich ziemlich durcheinander. So wie meine Gedanken.

Ich bin seit mehr als 25 Jahren mit meinem Mann zusammen und wir haben zwei Kinder (inzwischen Teenager). Wir haben seit mehreren Jahren keinen Sex mehr, weil ich mich nicht mehr darauf einlassen kann. Also wirklich keinerlei gemeinsame sexuelle Aktivität.

Abgesehen davon läuft die Beziehung (wieder) gut. Es gibt im Alltag durchaus Körperkontakt in Form von „unsexuellen" Berührungen, Küsschen auf den Mund, (kurze) Umarmungen, Händchenhalten wenn wir gemeinsam unterwegs sind. Längeren Körperkontakt ertrage ich nicht mehr.

Angefangen hat es nach der Geburt unseres zweiten Kindes. Die ersten Jahre mit den zwei kleinen Kindern + jeweils Vollzeitjob waren extrem anstrengend und wir sind beide dermaßen am Limit gelaufen, dass Sex überhaupt kein Thema war.

Als die Kinder größer wurden, kam bei meinem Mann das Bedürfnis wieder. Ich habe mich anfangs trotz Unlust überreden lassen, nach dem Motto „der Appetit kommt beim Essen" und auch mit einer guten Portion Pflichtgefühl. Obwohl ich dann auch körperlich erregt war und zum Orgasmus kam, war der Sex für mich nicht erfüllend. Ich war nur froh, dass es „erledigt ist" und in den nächsten Tagen keine sexuellen Annäherungsversuche erfolgen werden.

Ich hatte auch zunehmend mehr Schmerzen beim Sex. An sich nicht neu, traten sie aber immer häufiger und stärker auf – auch in Positionen, bei denen es früher kein Problem gab.

Es folgten Wochen und Monate mit Gefälligkeitssex meinerseits, wenn er die Initiative ergriff. Wobei die Abstände immer größer wurden. Mein Mann war frustriert, weil von mir nie eine Initiative kam, ich auch beim Sex selbst immer passiver wurde und mich seinen Avancen immer öfter entzog.

Antworten auf seine Fragen hatte ich nicht, weil ich mich selbst nicht verstand. Dass allein der Gedanke an Sex mit meinem Mann, inzwischen ungute Gefühle und Widerwillen auslöste, konnte ich ihm nicht sagen, weil ich ihn nicht verletzen wollte. Ich wusste ja auch nicht, warum das so ist.

Ich liebe ihn und finde ihn nach wie vor attraktiv. Aber beim Gedanken an Sex mit ihm oder wenn er sich mit eindeutiger Absicht körperlich annäherte, zog sich in mir alles zusammen. Wir einigten uns schließlich drauf, dass er keine Annäherungsversuche mehr unternimmt, um mich nicht unter Druck zu setzen.

Es folgte dann eine Phase, in der es mir gesundheitlich (physisch und psychisch) sehr schlecht ging. Die Ursache der Schmerzen wurde endlich gefunden, mit den folgenden OPs ging es mir körperlich und später auch psychisch besser. Ich ging davon aus, dass die Ursache für den Widerwillen gegen Sex, die Angst vor Schmerzen gewesen wäre. Meine Libido erwachte auch tatsächlich wieder, als ich mich erholt hatte. Was jedoch nicht wieder kam, war die Lust auf Paar-Sex. Das Gefühl des Widerwillens beim Gedanken an Sex mit (m)einem Partner, blieb.

Im letzten Jahr ging es mir dann psychisch wieder zunehmend schlechter. Ich wurde von Ereignissen aus meiner Vergangenheit eingeholt und merkte, dass ich das allein nicht mehr bewältigen kann. Meine Kindheit war geprägt von emotionaler Vernachlässigung. Körperliche und psychische Gewalt spielten auch eine Rolle. Außerdem wurde ich als Jugendliche Opfer eines sexuellen Übergriffs (außerhalb der Familie) und bei der Geburt unseres zweiten Kindes wurde ich traumatisiert.

Ich habe mir therapeutische Hilfe gesucht und durch die bisherige Therapie ist mir einiges klar geworden:

-Ich kann niemandem vollends vertrauen – egal, wie nahe er mir steht.
-Ich kann kaum Gefühle zeigen und nicht darüber reden.
-Ich dissoziiere (wahrscheinlich seit frühester Kindheit) bei (emotionaler) Überforderung (beame mich geistig aus der Situation und bekomme nicht mehr wirklich mit, was passiert, habe auch Gedächtnislücken).
-Ich kann mich in intimen Situationen nicht "fallen lassen", weil ich Angst vor Zurückweisung und Kontrollverlust habe.
-Ich kann kaum Wünsche äußern und mir fällt es schwer zu sagen, wenn ich etwas nicht möchte.
-Ich habe eine Abneigung gegen Stellungen beim Sex, bei denen ich den Partner nicht anschauen kann.
-Beim Geruch von Sperma wird mir übel.

Zudem hat mein Mann wahrscheinlich auch einen Anteil daran, dass ich Paar-Sex gar nicht mehr zulassen kann. Er hat oft versucht, mich zu etwas zu überreden, was ich nicht wollte und sich teilweise beim Sex auch grenzüberschreitend verhalten (z.B. beim Sex immer wieder an meinem Anus herumgefingert, obwohl er wusste, dass ich das nicht will).

Mein Mann steht total auf Doggy. Ich habe mich hin und wieder dazu überreden lassen und die dabei aufkommenden negativen Gefühle verdrängt, bzw. bin ich wahrscheinlich jedes Mal dissoziiert.

Mein Mann weiß nichts von dem sexuellen Übergriff und nur wenig aus meiner Kindheit. Momentan weiß er nur, dass ich wegen Depression und PTBS eine Therapie mache.

Über die negativen Erlebnisse kann ich überhaupt nicht reden, ohne sofort emotional überwältigt zu werden und zu dissoziieren. Den sex. Übergriff habe ich lange verdrängt und noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Ich mache aktuell eine Traumatherapie und auch bei meiner Therapeutin konnte ich bisher nur grobe Andeutungen machen.

Im Moment kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, jemals wieder Sex mit (m)einem Partner zu haben - es von mir aus wollen, mich drauf einlassen und wirklich genießen zu können, obwohl ich es mir sehr wünsche.

Wird das je (wieder) möglich sein? Oder bleiben immer Ängste, Tabus und die Gefahr einer erneuten Traumatisierung?

Gibt es hier Menschen, die nach mehrfacher Traumatisierung (wieder) zu einem erfüllten Sexualleben gefunden haben?

Ich würde mich sehr freuen, wenn Betroffene oder PartnerInnen von ihren Erfahrungen berichten – egal, ob positiv oder negativ.

Fragen beantworte ich gerne, soweit es mir möglich ist.

Lieben Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, meinen Text zu lesen.

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Nochmal zur Erinnerung: Bitte nicht zitieren. Danke.
 
J27
Benutzer175612  (56) Meistens hier zu finden
  • #2
Liebe E Enigma. , eine bewegende Geschichte, danke für den Einblick in dein Leben und deine Erlebnisse. Ich hoffe, du musst nicht zu viel aus deinem Beitrag löschen, weil er für viele andere User in der Zukunft interessant sein wird. Alles Gute!
 
MoniBonboni
Benutzer223196  Sorgt für Gesprächsstoff
  • #3
Wird das je (wieder) möglich sein, kann dir leider keiner beantworten.
Meine Traumatisierung bewirkte, dass ich nichts gespürt habe, keine Erregung und kein Orgasmus, jahrelang.
In meinem Fall half die Therapie, Scheidung und gnadenloses Ausmisten meines Lebens.
Es ist gut, dass du endlich nicht mehr unter Druck stehst, sexuell funktionieren zu müssen, ich wünsche dir viel Erfolg mit der Therapie und das du bald wieder zu dir findest.♥️
 
Lysia
Benutzer189136  (44) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #4
Dein Beitrag hat mich sehr bewegt.
Und er ist alles andere als leicht zu beantworten. Ich schreibe einfach mal mehr oder weniger unsortiert...

Zu deiner Frage fiel mir spontan ein: es könnte vielleicht wieder möglich sein, aber eventuell nicht mit diesem, deinen Partner und wahrscheinlich auch nicht unter diesen Umständen; ein Minimum an Kommunikation.
Aber damit kann ich auch absolut falsch liegen, letztlich wirst nur du dir die Frage beantworten können.

Kannst du ihm die Grenzüberschreitungen denn auch tatsächlich verzeihen?
Du hast bereits Probleme mit dem Vertrauen, ich kann mir vorstellen, dass das Verhalten deines Partners für dich ebenfalls nicht fördernd war.
Du kennst deinen Partner am Besten: Meinst du, er hätte die Chance ergriffen sich anders, rücksichtsvoller zu verhalten, wenn er zwar nicht mit jedem Detail, sondern an der Oberfläche von dem Missbrauch gewusst hätte?
Kannst du dir vorstellen, mit ihm zusammen an eurer Beziehung zu arbeiten, ihn einzuweihen?

Es ist so ein sensibles Thema. Es ist gut, dass du die Kraft gefunden hast, eine Therapie zu beginnen und du das alles nicht mehr verdrängst.

An deiner Liste ist mir aufgefallen, dass mir dort fehlt was du gut kannst, was du schaffst, was du bereits erreicht hast - das ist schon Großes!

Ich habe auch eine Geschichte hinter mir. Ich habe mich eine zeitlang sehr schuldig gefühlt, weil ich trotz dem, was ich erlebt habe, Sex dennoch sehr genieße. Menschen sind eben alle unterschiedlich.

Ich wünsche dir viel Kraft auf deinem Weg!
 
micha43
Benutzer192508  (46) Öfter im Forum
  • #5
Hallo Enigma.

Ich habe lange überlegt ob ich hierzu überhaupt etwas schreibe, denn es hat mich schon etwas aufgewühlt.
Es tut mir sehr leid daß du in einer Situation festzusitzen scheinst die dich bzw. euch sehr belastet. Ich empfinde deinen Beitrag jedoch sehr hilfreich auch für andere User und Userinnen. Ich habe vermutlich die Sichtweise aus der gegenüberliegenden Perspektive und es gibt mir wieder neue Gedankenanstöße. Ich kann deine Gedanken und Empfindungen nachvollziehen bzw. gibst du eine gewisser Erklärung sodass ich es versuchen kann nachzuvollziehen. Schade das dein Mann diese Möglichkeit in dem Detail noch nicht hat. Ich hoffe das ihr zukünftig offener miteinander umgehen könnt, denn ihr habt beide einen Leidensdruck mit dieser Situation der nicht unerheblich ist. Ich wünsche dir und euch alles erdenklich Gute und das ihr zukünftig eine vertrauensvolleren offene kommunikative Basis aufbauen könnt. Das könnte vielleicht einen langsamen Neubeginn ermöglichen der euch beiden gut täte denke ich.
 
E
Benutzer203678  (52) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #6
Vielen Dank für Eure lieben Zeilen und guten Wünsche. :rose:

Ich hätte nicht erwartet, dass mein Beitrag für andere hilfreich sein könnte. Das freut mich ehrlich.

Und ja, jeder ist anders und muss seinen eigenen Weg finden. Es hilft mir aber schon sehr zu lesen, dass andere ihren Weg gefunden haben. Dass es möglich ist.

Lysia Lysia , Dein Beitrag berührt mich sehr. Ich sitze hier und weine. Und das ist gut! Ich fühle. Ich kann es zulassen.

Ich stimme Dir und auch micha43 micha43 zu, ohne offene Kommunikation wird es nicht gehen. Der Punkt ist auch eines meiner Therapieziele.

Im Moment sehe ich noch eine Zukunft für mich und meinen Mann. Er hat sich falsch verhalten, aber er ist nicht bösartig, sondern ein wirklich lieber Kerl. Manchmal ist er ein grober Holzklotz und ihm fehlt es zuweilen an Empathie. Wenn man aber Klartext redet, ist er verständnisvoll und rücksichtsvoll.

Ich denke, wenn er von dem Übergriff gewusst hätte, wäre es nicht zu den Grenzüberschreitungen gekommen. Sein Verhalten war natürlich nicht förderlich und auch ohne Missbrauchsvergangenheit nicht in Ordnung. Ich werfe es ihm trotzdem nicht vor. Er macht sich schon selbst Vorwürfe, obwohl er eigentlich nichts weiß. Seine erste Reaktion auf meine PTBS-Diagnose war: "Hoffentlich bin ich nicht schuld."

Wenn ich soweit bin, möchte ich meinem Mann von dem Übergriff erzählen. Keine Details, nur das, was er wissen muss. Ich hoffe, dass wir uns dann mit klaren Absprachen auch körperlich wieder näher kommen können. Es wird viel Geduld von uns beiden brauchen.

Erst mal wird es ein weiter und harter Weg für mich. Aber ich bin fest entschlossen, ihn bis zum Ende zu gehen. Aufgeben ist für mich keine Option mehr. Das habe ich viel zu lange getan.
 
fox79
Benutzer204515  (46) Verbringt hier viel Zeit
  • #7
Zunächst einmal muss klar sein, dass die Situation für euch beide schwierig ist.

Dein Mann hat zudem essentielle Informationen nicht, das macht es ihm irgendwie unmöglich dich wirklich zu verstehen, daher mein Ratschlag die Karten auf den Tisch zu legen, falls du konstruktiv mit ihm an eurer Zukunft arbeiten willst.

Nach meinem Dafürhalten kann man immer eine Lösung finden, wenn die Kompromissbereitschaft bei beiden groß genug ist.

In einem anders gelagerten Fall hat er beschlossen, dass für ihn das Thema Sex beendet ist. Er ist weiter seiner Frau zugetan, die beiden verstehen sich gut, kümmern sich gemeinsam um den Nachwuchs, leben zusammen, nur das Thema Sex ist zwischen den beiden beendet.

Die Lösung der beiden war "einfach", dass sie wenn sie Sex möchte, sich diesen woanders holen "darf". Das hat viel Druck aus der Beziehung genommen, weil sie dann ihre Bedürfnisse erfüllen konnte und gleichzeitig er nicht mehr ständig unter Druck war ihre Bedürfnisse diesbezüglich zu erfüllen.

So wie ich dich verstanden habe, harmoniert ihr, eben außer beim Sex, ziemlich gut, wäre sowas für dich eine denkbare Lösung?
 
E
Benutzer203678  (52) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #8
Natürlich ist die Situation für uns beide schwierig. Das ist mir völlig klar.
Ich bin meinem Mann auch unendlich dankbar, dass er das Thema komplett ruhen lässt, obwohl er keine Gründe kennt.
Die Karten auf den Tisch legen, kann ich leider im Moment nicht. Das wird noch dauern.

Ich mache seit gut einem halben Jahr die Therapie und fange gerade erst an, mich vorsichtig an die Trauma-Themen ranzutasten. Das ist jedes Mal ein ziemlicher Balance-Akt, weil es jederzeit, ohne Vorwarnung, von einer Sekunde auf die andere passieren kann, dass ich mental "aussteige" (dissoziiere). Dafür reicht ein falsches Wort, eine falsche Frage oder ich habe nicht gemerkt, dass ich über meine Grenze gehe... Dann ist die Therapiestunde gelaufen, weil die Therapeutin den Rest der Stunde damit beschäftigt ist, mich wieder "straßentauglich" zu bekommen. Beim nächsten Mal fangen wir wieder da an, wo wir in der letzten Stunde angefangen haben - aber noch vorsichtiger, noch langsamer.

Ich würde liebend gern meinem Mann alles erklären. Aber ich kann es nicht. Noch nicht. Mir tut es auch unendlich leid, ihn da so im Regen stehen zu lassen. Bis auf den Sex ist unsere Beziehung wirklich harmonisch.

Früher hätte ich es strikt abgelehnt, meinen Mann sexuell zu "teilen". Unter den jetzigen Voraussetzungen könnte ich mir allerdings tatsächlich vorstellen, ihn diesbezüglich "freizugeben", wenn er es wollen würde. Bisher hat er diesen Wunsch nicht geäußert.

Damit hätte er (vielleicht) Entlastung und Sex. Aber wenn er fremdvögelt, ist das leider keine Lösung für mein Problem. Das Thema Sex ist für mich nicht beendet. Meine Libido ist nicht tot. Die ist ziemlich präsent. Und darunter leide ich, denn ich möchte wieder Sex mit meinem Mann haben - aber ich kann nicht.

Deswegen suche ich nach Erfahrungen ob und wie andere sexuell traumatisierte Menschen es geschafft haben, selbst wieder sexuell aktiv und glücklich dabei zu sein.
 
R
Benutzer193222  (40) Verbringt hier viel Zeit
  • #9
Also bei mir hat das tatsächlich länger gedauert. Mein Trauma ist jetzt 8 Jahre her und die ersten Jahre war ich wie hinter Scheuklappen, ich hab aber auch eine Anzeige und 2 Verhandlungen durchgemacht. Ich habe zwischenzeitlich echt viel Mist gemacht. Viel Hass auf Männer und niemanden richtig an mich ranlassen können. Viele Menschen hab ich vor den Kopf gestoßen. Aber nach 5 Jahren konnte ich mich wieder gut fallenlassen, aber in einer Gib-Acht-Stellung war ich trotzdem immer noch. Ich habe aber auch keinen Ehemann, der von nichts weiß und irgendwo trotzdem Sex erwartet. Geholfen hat mir die Therapie und mir meine Kontrolle zurückzuholen. Also ich entscheide wann und wie und was. Du könntest deinem Mann auch erst mal nur auf Zeit Sex von außen erlauben und sobald du wieder soweit bist, nähert ihr euch Schritt für Schritt an. Du musst ihm nicht alles erzählen, aber wenigstens das dich alles extrem aufwühlt und du zumindest sexuell und körperlich Freiraum brauchst. Es entlastet dich ja auch, wenn er nicht doch unbewusst Druck aufbaut. Eine erfüllende Sexualität ist möglich, aber das kann noch lange dauern.
 
Milk&Apple
Benutzer200985  Öfter im Forum
  • #10
Ich habe keine Erfahrung mit Traumatisierung, zumindest nicht in dem Bereich, es gab aber schon Themen, über die ich einfach nicht sprechen konnte. Ich habe diese dann schriftlich in einem Brief formuliert. Vielleicht wäre das ja eine Möglichkeit. Wenn nicht jetzt, dann vielleicht in ein paar Wochen oder Monaten.
 
E
Benutzer203678  (52) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #11
Lieben Dank auch an Euch beide. :rose:

Es gibt mir wirklich Hoffnung, dass andere ihren Weg zu erfüllter Sexualität gefunden haben. Ich erwarte auch gar nicht, dass das von heute auf morgen passiert.

Ich bewundere jede/n Betroffene/n die/der es geschafft hat, Anzeige zu erstatten und die Vernehmungen bei der Polizei und vor Gericht durchzustehen. Ich weiß, wie die ablaufen. Die sind extrem hart. Für viele eine unüberwindbare Hürde. Auch für mich damals.

Für mich war allein der Gedanke, dass MIR das passiert ist so unvorstellbar, dass ich alles verdrängt habe. Das war 25 Jahre lang komplett weg. Danach kam erst eine Ahnung, später ganz langsam einzelne Erinnerungsfetzen und irgendwann die Erkenntnis, dass ES wirklich passiert ist. MIR passiert ist. Darüber sprechen konnte ich nicht. War für mich erst Mal nur ein weiterer negativer Fakt in meiner Biographie, den ich zu den anderen gepackt habe. Deckel drauf und fertig.

Im letzten Jahr hats dann den Deckel weggesprengt und seitdem läuft das Fass sintflutartig über, sobald man drantippt. Selbst wenn ich nur dran denke, über den ganzen Mist zu reden, kommen alle Gefühle von damals mit Wucht wieder hoch, ohne dass ich was dagegen machen kann.

Für die, die sich das nicht vorstellen können: Ich bin dann emotional voll drin. Fühle alles genau so wie damals - als würde es gerade jetzt in dem Moment geschehen. Das sind emotionale Flashbacks. Keine Bilder oder andere Erinnerungen, sondern ein Tsunami an Gefühlen, die mich von einer Sekunde auf die andere überfluten. Mein Hirn macht dann das, was es von Kindheit an gelernt hat: Es drückt den Sicherheitsschalter, um sich zu schützen - bevor die Sicherungen durchbrennen, weil die Gefühle zu heftig sind, um sie auszuhalten. Das knipst meine Wahrnehmung komplett aus. Ich fühle dann nichts mehr. Keine Angst, keinen Schmerz, keine Kälte, keine Wärme... - nichts. Höre nichts mehr, sehe nichts mehr. Bin mental total weg - "funktioniere" aber nach außen weiter. Ich weiß hinterher auch nicht, was in der Zeit geschehen ist, als ich weggetreten war.

Vielleicht bekommen Nichtbetroffene so eine Vorstellung davon, was "ich kann da nicht drüber reden" für mich tatsächlich bedeutet. Das ist kein "nicht wollen" oder "ich heule dann los und das ist mir peinlich". Es. Geht. Nicht.

Und jetzt weiß ich auch, was mich an dem Beitrag von Fox von Anfang an gestört hat:
Ich habe hier geschrieben, weil ich aufgrund meiner Traumatisierung(en) Probleme mit meiner Sexualität habe und gerade ziemlich hoffnungslos bin. Und schon in der 6. Antwort geht es ausschließlich darum, dass mein Mann auch leidet und gleich noch mit Ratschlägen dazu, was ich tun könnte, damit mein Mann nicht mehr leiden muss. Sorry Fox, du hast es bestimmt nicht böse gemeint, aber das ist komplett am Thema vorbei. Es fühlt sich total falsch an, aber auch irgendwie "typisch". Ich beschreibe meine Probleme als Frau, die mit den Folgen eines sexuellen Übergriffs kämpft und dann kommt ein Beitrag á la "Der arme Mann. Du musst jetzt aber was tun, damit er nicht mehr leiden muss." ...

Nein! Ich muss mich jetzt nicht um das Leiden meines Mannes kümmern und nach Lösungen für ihn suchen. Jetzt muss ich mich um mich kümmern. Damit habe ich mehr als genug zu tun.

Mein Mann wird Erklärungen bekommen. Wenn die Zeit dafür gekommen ist. Wie er die Erklärungen bekommt, wird sich zeigen. Ich könnte mir z.B. auch vorstellen, das in einem Gespräch zu dritt mit meiner Therapeutin zu machen. Damit ich einen sicheren Rahmen habe und weiß, es ist jemand da, der mich wieder "zurückholen" kann, falls mich das Gespräch emotional überfordert.
 
Zuletzt bearbeitet:
MoniBonboni
Benutzer223196  Sorgt für Gesprächsstoff
  • #12
Wenn es dir besser geht und du nicht weißt wie das Gespräch mit deinem man beginnen, könnte eine Möglichkeit sein, dieses Thema zu zeigen. Denn wie du sagst, mit jedem Erzählen kommt etwas hoch.
.
 
R
Benutzer193222  (40) Verbringt hier viel Zeit
  • #13
Ja, das ist genau das Problem mit dem Verdrängen, es kommt immer doller zurück. Das tut mir Mega leid. Ich habe mich tatsächlich zu der Zeit auch komplett rausgenommen, eine Art Sabattjahr. Ich hatte zusätzlich Ergotherapie um Methoden zu lernen, mich selbst zu regulieren. Ich bin froh, dass ich keinen Mann hatte, für den ich funktionieren musste. Man will ja auch nicht zu sehr zeigen was los ist, denn dann muss man reden. Andererseits könnte er auch eine Stütze sein. Geholfen haben mir auch andere Betroffene. Denn es ist wichtig, dass man verstanden wird. Manchmal können kleine Situationen, die nichts damit zu tun haben, einen ganz plötzlich triggern und man verhält sich für Außenstehende unverständlich.
 
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