Ehefrau hat als Prostituierte gearbeitet, kein Problem für mich aber...

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C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • #1
Hallo Leute,
ich bin neu im Forum und würde mich über echten und tiefsinnigen Austausch freuen. Ich bin seit fast 10 Jahren mit einer Frau verheiratet, die als Kind schwer misshandelt wurde (durch Vernachlässigung und einen oder mehrere sexuelle Übergriffe, die wir im Rahmen einer Therapie herauszufinden versuchen). Das Problem ist, dass sie offensichtlich stark religiös eingefärbtem Verhalten ihr gegenüber - als Kind - ausgesetzt war und deshalb ein frommes Leben führen wollte! Sie wurde als Kind als Hurenkind stigmatisiert, weil ihre Mutter sie unehelich geboren hatte. Bedeutete für sie - weil sie die Ablehnung und die Herabsetzung durch die Nachbarn mitbekam, dass sie ein tadelloses, moralisches Leben leben wollte. Davon ist sie bis heute nicht frei geworden, das Kindheitstrauma sitzt! Ich habe am Anfang unserer Beziehung schnell gemerkt, dass bei ihr Wunschdenken und erlebte Realität weit auseinander klaffen, auch weil sie deutlich spürbar dissoziierte und wir suchen seit mindestens 9 Jahren nach ihren Erinnerungen, auch wenn diese - speziell an die Kindheit - nicht abrufbar sind für sie. Aber es kamen andere Erinnerungen hoch und zusammen mit den Gedichten, die sie zu der Zeit geschrieben hat, wird klar, dass sie aus Gründen der Perspektivlosigkeit irgendwann mit etwa 22 Jahren einen Bruch mit ihrer Erziehung hingenommen hat und sich prostituierte. Als Traumaperson kann man ihr ja ohnehin schon verzeihen, ihr eher helfend zur Seite stehen und versuchen, ihr eine Stütze zu sein! Unser Problem ist, dass sie unter der Last der wieder auftauchenden Erinnerungen mental zusammengebrochen ist. Und nichts war gefakt! Ich war dabei, wenn sie wieder einen "Mann" in ihrer Vergangenheit entdeckte. Sie fällt dann fast ihn Ohnmacht und alles in ihr kämpft. Trauma und erlebte Wirklichkeit vertragen sich nicht in ihr. Wenn man ihre Gedichte, die sehr deutlich aussagen, dass es eine Phase der Prostitution in ihrem Leben gegeben hat, durchliest, dann könnte man ja sagen: "Na siehst Du, es ist doch jetzt bewiesen! Du weißt doch, dass ich das erwartet habe und es ist kein Problem für mich!" So einfach ist das aber nicht! Es zerreist sie förmlich, der Gedanke, sich mal für Geld verkauft zu haben. War übrigens in einem anderen EU-Land, in dem wirtschaftlich gesehen absolute Perspektivlosigkeit herrschte! Die Psychotherapie, die helfen könnte, dauert mir mittlerweile einfach zu lang. Alle 14 Tage eine Stunde Gespräch und bei dem Tempo kann es noch Jahre dauern, bis sie sich ihrer Vergangenheit öffnet. Und ich - jetzt kommt es - bin nicht mehr der Gesündeste, aber ich will unbedingt miterleben, wie sie aus ihrem Schatten tritt. Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht? Tipps? Tricks? Ich würde mich über jeden ernstgemeinten und durchdachten Kommentar freuen. PS: Sie ist übrigens eine lyrisch begabte Frau, die wundervolle Kurzgeschichten und Gedichte schreibt, die Malen kann und Musik liebt. Trotzdem war sie es mal - was sie ja auch zumindest ahnt - eine Prostituierte, kommt aber nicht gegen das Kindheitstrauma an, welches ihr befiehlt, eine sittsame Frau gewesen sein zu müssen. Klingt kompliziert? Japp, ist es auch.
 
Kokiri
Benutzer157013  Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #2
Dir geht's zu langsam. Empfindet sie das auch so oder ist das Tempo für sie passend.
Es ist schön, dass du sie unterstützen willst, aber deine Interessen zählen hier nicht.
Gerade hochtraumatische Erlebnisse benötigen in der Aufarbeitung halt Zeit.
 
Anna1309
Benutzer166007  Sehr bekannt hier
  • #3
bei dem Tempo kann es noch Jahre dauern, bis sie sich ihrer Vergangenheit öffnet
Wow, mach mal halblang. Es hat seine Gründe, dass ihre Psyche das verdrängt hat und nach wie vor nicht in ihr Bewusstsein lassen will.

Ich kann dir nur den Ratschlag geben, nicht in ihrer Psyche laienhaft rumzustochern. Auch ein Therapeut durchdringt nicht kopflos psychische Widerstände und hebelt mal Abwehrmechanismen aus.

Das passiert in kleinen und für den Klienten gut vertraglichen Schritten, so dass er nicht instabil wird und dann ggf. Suizidalität auf der Tagesordnung steht.

Wenn sie bereit dazu ist, werden sich Erinnerungen wieder melden.

Sie ist übrigens eine lyrisch begabte Frau, die wundervolle Kurzgeschichten und Gedichte schreibt, die Malen kann und Musik liebt.
Ja, das ist oft eine Folge von komplexen Traumata. Den Menschen ist nichts anderes übrig geblieben, als sich in eine Fantasiewelt zu flüchten, um die Realität überleben zu können.
 
Sorceress Apprentice
Benutzer89539  Team-Alumni
  • #4
Puh. Also, wenn sie schon in Psychotherapie ist und dort kaum voran kommt (bzw. du daa Gefühl hast), fürchte ich nicht dass gerade wir als Fremde aus dem Internet da jetzt einen entscheidenden Durchbruch bewirken können.

Sie arbeitet es auf, therapeutisch und künstlerisch. Das ist sehr gut. Aber manche Dinge brauchen Zeit. Mitunter sehr viel Zeit. Und sie bestimmt selbst das Tempo, in dem sie das tun kann, wie es für sie gut geht.

Dein Wunsch sie aufblühen zu sehen ist verständlich, muss da aber hintenan stehen. Ich hoffe, du gibst ihr nicht das Gefühl da irgendwie "zu langsam" zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
Redakteur
  • #5
Ziel einer Traumatherapie ist es gar nicht immer das Trauma zu verarbeiten (sprich alles rauszuhalten und neu zu sortieren). Manchmal ist es auch nur das Ziel zu akzeptieren, dass das Vergangenheit war und man jetzt in der Gegenwart lebt. Gerade hochkomplexe Trauma wie religiöser Missbrauch oder Kriegsjahre, jahrelange Misshandlungen in Kindesalter sind nicht immer therapierbar.
Therapie ist kein Antibiotikum, das man eine Zeitlang nimmt und dann ist man geheilt.
 
O
Benutzer227925  (25) dauerhaft gesperrt
  • #6
Find ich mega, das du trotz dieser langen Zeit zu ihr hälst, in euren up und down - Phasen. Ist auch nicht immer selbstverständlich.


Jeder verarbeitet sein Trauma ganz anders. Bei einigen geht es schneller, bei anderen langsamer.
Beide Seiten könnte auch wieder ein "Rückfall" bekommen und ich denke mal, wer einmal ein Trauma erlebt,
(je nach Trauma Stufe)
sitzt dieser Trauma ja auch für immer im kopf fest


Hier will ich dich erinnern, belass es auf ihr Tempo. Sie allein entscheidet das Tempo an, du würdest sie mit dieser Aussage, nur kränken und (unwissend) vielleicht sogar verschlimmern

aber ich will unbedingt miterleben, wie sie aus ihrem Schatten tritt.

Dazu kann dir hier glaub, keiner etwas sagen. Es liegt allein bei deiner Frau.
Wie sie es weiterhin verarbeitet und welche Fortschritte die Therapie mit sich bringt

Wir können ja nicht in ihr sehen, auf welchem Level sie grade steht
 
ugga
Benutzer172492  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #7
Die Psychotherapie, die helfen könnte, dauert mir mittlerweile einfach zu lang. Alle 14 Tage eine Stunde Gespräch und bei dem Tempo kann es noch Jahre dauern, bis sie sich ihrer Vergangenheit öffnet. Und ich - jetzt kommt es - bin nicht mehr der Gesündeste, aber ich will unbedingt miterleben, wie sie aus ihrem Schatten tritt.
Darf ich fragen warum du das miterleben willst? Merkst du, dass du ihr Leid nicht mehr mittragen kannst oder willst?

Bei den Eckdaten ihrer Vergangenheit, die du nennst, sind jahrzehntelange ambulante Therapie mit dazwischen mehreren (stationären oder Tages-) Klinikaufenthalten durchaus üblich.

Ich stimme dir zu, dass Therapie alle zwei Wochen vermutlich nicht ausreicht. Tatsächlich sehe ich aber eher, dass sie ziemlich instabil zu sein scheint und noch mehr Konfrontation gar keine gute Idee ist.
Wie schon gesagt wurde kann das zu einer Verschlimmerung bis Suizidalität führen. Mehr Therapiestunden wären mM nach also zur Stabilisierung hilfreich.

Wenn du dich unbedingt zeitnah als der Ritter auf dem weißen Pferd sehen möchtest, dann tust du ihr und dir den größeren Gefallen, dich zu trennen und ihr bei der Suche nach einer stabilen Einkommenssituation (Teilzeit, Sozialbezüge) und Wohnung zu suchen (Sozialwohnung, etc.).

Druck, auch welcher den du nur verspürst und nicht aussprichst, wird ihr nicht helfen, im Gegenteil.
 
Zauberschnitte
Benutzer189381  Sehr bekannt hier
  • #8
Dann bleibt noch die Möglichkeit eines Klinikaufenthalts.

Aber die Frage ist ob sie das überhaupt möchte.

Ich empfinde dich als sehr drängend. Und vielleicht ist es dir gar nicht bewusst aber es besteht die Möglichkeit das sie vieles nur tut um dir zu gefallen.

Man muss auch keine Traumas bis auf das letzte Detail offenlegen. Erstens gibt es nach so einer langen Zeit "false memory" und zweitens bringt es meist auch nix.

Es sollte nur darum gehen das man einen Weg findet mit den Erinnerungen klar zu kommen.

Nicht mit Gewalt alles wieder hoch zu holen.
 
MoniBonboni
Benutzer223196  Sorgt für Gesprächsstoff
  • #9
Was erhoffst du dir danach, wenn es dir zu langsam geht? Was passiert deiner Meinung nach, wenn sie austherapiert ist?
Geht es ihr auch zu langsam?
Oder ist sie durch aufgewühlte Themen noch schlimmer dran als vorher? Falls ja und nur falls sie das will, könnte eine Klinik oder spezielle Reha, viel Ruhe und Dauer von einigen Monaten sie wieder stabilisieren.
Ich glaube, dass du aktuell eher hinderlich bist.
 
Theoderich
Benutzer107327  (40) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #10
wir suchen seit mindestens 9 Jahren nach ihren Erinnerungen, auch wenn diese - speziell an die Kindheit - nicht abrufbar sind für sie. Aber es kamen andere Erinnerungen hoch und zusammen mit den Gedichten, die sie zu der Zeit geschrieben hat,
Vorsicht: Dieses Vorgehen birgt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass man SCheinerinnerungen produziert, die nicht real und nicht tatsachenbasiert sind, aber sich so anfühlen. Das konstruiert diese "aufdeckende" Traumaarbeit, bei der gezielt gesucht wird - nach dem Motto "da muss doch was sein". Seriös ist sowas nicht.

Dadurch, dass du unbedingt ihr Retter auf dem weißen Pferd sein willst (und zwar schnell!) machst du selbst auch ziemlich Druck und erzeugst selbst eine stark suggestive Bedingung. Das sehe ich wirklich kritisch. Jetzt lest ihr etwas in ihre jahrealten Gedichte rein (bei anderen werden z.B. Zeichnungen krass überinterpretiert) und auf einmal fühlt sie eine Gewissheit, die man auf dieser "Wissensbasis" doch überhaupt nicht seriös annehmen kann und die sie sehr stark belastet! Damit solltest du m. E. dringend aufhören.
Ich habe die Befürchtung, dass du gar nicht merkst, wie du deinen Bedürfnissen und deinem Gefühl eigentlich damit Priorität gegenüber ihrem einräumst. Wenn es mehr darum geht, dass DU sie gerettet hast, dass DU miterlebst, was du dir wünschst, als was für SIE eigentlich das Beste ist, dann läuft das in keine gute Richtung.

Anmerkung: Im Gegensatz zu der Idee von "verdrängten Erinnerungen", die man durch aufdeckendes gezieltes Suchen wieder finden könne gibt es für Scheinerinnerungen wissenschaftliche Belege.
 
Zuletzt bearbeitet:
Topfrose
Benutzer215713  (41) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #11
Trotzdem war sie es mal - was sie ja auch zumindest ahnt - eine Prostituierte,
Wie meinst du "trotzdem"? Die Formulierung finde ich problematisch. Deine Ausdrucksweise gegenüber Prostitution klingt -auch wenn es wahrscheinlich nicht bewusst und gewollt ist-abwertend und damit gießt du Öl ins Feuer. Es gibt da nichts "zu verzeihen", weil sie dir nichts angetan hat.
Zur Stabilisierung gibt es z.B. noch Tagesklinik oder Akutklinik. Aber Traumaaufarbeitung braucht einfach Zeit. Das muss jeder im Rahmen seiner Kapazität machen.
 
Buenosaurus
Benutzer186761  (52) Öfter im Forum
  • #12
Und ich - jetzt kommt es - bin nicht mehr der Gesündeste, aber ich will unbedingt miterleben, wie sie aus ihrem Schatten tritt. [Hervorhebung von mir, B.]
Während alle Beiträge hier zu Recht hervorheben, dass deine wachsende Ungeduld dem Aufarbeitungsprozess deiner Frau nicht förderlich ist, wüsste ich jetzt noch gerne von dir, ob es eine aus deiner Gesundheit heraus begründete Ursache für deine Ungeduld gibt.

Wie steht es um deine Gesundheit, Christian D?

[Edit: "einn" zu "eine."]
 
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Duracellhäschen
Benutzer211462  (44) Verbringt hier viel Zeit
  • #13
Ich hab Erfahrung in streng religiöser Erziehung und körperlicher Gewalt, nicht aber mit Missbrauch oder Prostitution.

Zuerst mal: du vermischst da ein paar Sachen.
"Na siehst Du, es ist doch jetzt bewiesen! Du weißt doch, dass ich das erwartet habe und es ist kein Problem für mich!"
Mag sein, dass es für dich kein Problem ist. Für sie ist es sehr wohl ein Problem. Und zwar ganz unabhängig davon, was du denkst, siehe hier:
Es zerreist sie förmlich, der Gedanke, sich mal für Geld verkauft zu haben.
Das widerspricht halt allem, was sie glaubt und anstrebt.

Was man in einer streng religiösen und damit einhergehend oft auch autoritären Umgebung groß geworden ist, lernt man sich selber nicht wirklich kennen. Man lernt, in dieser Umgebung bestmöglich zu funktionieren um möglichst wenig Schaden abzukriegen. Daraus resultieren dann solchen Glaubenssätze:
dass sie ein tadelloses, moralisches Leben leben wollte. Davon ist sie bis heute nicht frei geworden,

Die Psychotherapie, die helfen könnte, dauert mir mittlerweile einfach zu lang. Alle 14 Tage eine Stunde Gespräch und bei dem Tempo kann es noch Jahre dauern, bis sie sich ihrer Vergangenheit öffnet.
Hier schließe ich mich den anderen an. Dass dir das zu lange dauert, ist ausschließlich dein Problem. Sie muss einen Weg finden, in ihrem Leben glücklich zu werden. Und dazu muss keineswegs gehören, sich an jedes hässliche Detail aus ihrer Vergangenheit zu erinnern.
ich will unbedingt miterleben, wie sie aus ihrem Schatten tritt.
Das ist ein bisschen egoistisch, sorry. Ich weiß, du willst das Beste für sie, aber damit packst du nur zusätzlich Druck drauf und erschwerst es ihr, zu ihr selber und einem glücklichen Leben zu finden. Am meisten hilfst du ihr, wenn du sie vollständig und rückhaltlos genauso annimmst und liebst, wie sie jetzt gerade ist. Ohne, dass sie irgendwas ändern muss, dir zuliebe.

Ich erzähl dir mal ein bisschen was von meinem Hintergrund um klarer zu machen, was da überhaupt passiert.
Ich bin mit 19 vom Glauben abgefallen, eine völlig harmlose, aber ernst gemeinte Frage eines Kollegen hat mich raus gebracht. Ich wollte noch an alles glauben, konnte aber nicht mehr, weil es mit meiner Logik kollidiert ist.
Menschen bauen ihr ganzes Leben auf Werte und Überzeugungen. Die Werte deiner Frau haben sich laut deinen Aussagen nie geändert. Sie möchte immer noch ein moralisch tadelloses Leben führen. Dass das eine Zeitlang mal nicht geklappt hat, ist ja kein Grund, das Ziel aufzugeben. Gilt ja auch für ganz viele andere Dinge im Leben.
Mich hat es förmlich aus meinem Glauben rausgekickt, und damit sind auch alle meine Werte und Überzeugung zu Bruch gegangen. Ich wusste gar nicht mehr, was ich denn jetzt glauben soll. Was ist wahr? Was richtig? Was ist gut? Und was ist falsch? Wie soll ich mein Leben leben? Was ist mir überhaupt wichtig in meinem Leben, wenn es nicht ein gottgefälliges Leben ist? Was soll der Sinn meines Lebens sein?
Das sind tiefgreifende Fragen, und wenn man die für sich nicht beantwortet, kommt man aus den alten Überzeugungen auch nicht raus. Das ist aber verdammt schwierig und hart, es ist eine unfassbar große Aufgabe. Das macht kein Mensch freiwillig, deswegen behalten auch die allermeisten Menschen die Religion ihrer Eltern bei.
Ich bin erst mal ein Jahr in ein tiefes Loch gefallen, heute würde man es depressive Phase nennen. Dann hab ich mir über viele Jahre meine Werte neu aufgebaut.
An den Glaubenssätzen, dass ich nein sagen darf, dass ich nicht gefallen muss, dass ich mich nicht anpassen muss, und dass ich gut so bin wie ich bin, und sein darf wie ich bin, daran arbeite ich bis heute. 25 Jahre später.
Ob und wann ich jetzt "aufgeblüht" bin, kann ich gar nicht sagen. Die ersten Jahre war es viel Kampf. Da gab es gar keinen speziellen Moment, es ist eher so, dass ich ständig ein Stückchen mehr zu mir finde. Mittlerweile ist es ein schöner Prozess, aber, wie gesagt, 25 Jahre später.

Ich hab auch ne Traumatherapie gemacht. Zuerst wird man stabilisiert und kriegt hilfreiche Tools an die Hand, um den hässlichen Momenten überhaupt ins Gesicht sehen zu können ohne direkt zusammenzuklappen. Und dann wird nur das bearbeitet, was auch von selbst erinnert wird. Meine Therapeutin hat nicht versucht, "neue" alte Traumata zu finden.

Ich glaube du bist da einem Fehlschluss aufgesessen. Du gehst davon aus, wenn sie sich nur an alles erinnert und akzeptiert, dass das so passiert ist, "blüht" sie auf, richtig? Kennst du das Konzept der Retraumatisierung? Das ist der Grund, warum Laien keinesfalls in Psychen und insbesondere negativen Erlebnissen anderer herumstochern sollten. Wird sich dann an etwas erinnert, oder muss man etwas detailliert erzählen, an das man sich gar nicht mehr so genau erinnern möchte, dann ist das so, als würde man dieses schlimme Erlebnis noch einmal erleben. Wenn du sie also erzählen lässt, wie sie missbraucht wurde, dann ist das für sie so, als würde sie mitten im Gespräch mit dir nochmal missbraucht werden. Mit all den negativen Folgen, die das hat.
Gilt übrigens auch für Erinnerungen, die so gar nicht stattgefunden haben, weil ihr was suggeriert würde.

Selbst bei der Traumatherapie hab ich nichts laut erzählen müssen, was ich nicht aus Eigenantrieb wollte. Da gibt es spezielle Methoden, die auch wissenschaftlich erwiesen helfen und die traumatischen Verknüpfungen im Gehirn lösen. Aber wie gesagt, sowas wird erst nach ner sehr gründlichen Aufbauphase gemacht, und auch immer nur soweit, wie die traumatisierte Person das kann.

Sich all der Hässlichkeit zu stellen, kostet einen einiges. Verdrängen ist in mancherlei Hinsicht einfacher. Mir ist jeden Tag klar, dass ich teils ne gewaltvolle Kindheit hatte, und deswegen bis heute Nachteile habe. Das ist schmerzhaft. Auch heute noch.

Wie gesagt, wenn du ihr wirklich helfen willst, dann liebe sie so wie sie jetzt ist.
 
S
Benutzer190912  (50) Verbringt hier viel Zeit
  • #14
Wie geht es ihr denn mit dem Alltag, ist da stark beeinträchtigt mit Leidensdruck? Wie geht es ihr mit der Therapie, ist sie denn zufrieden mit dem Therapeuthen, mit dem Tempo und ihren eigenen Fortschritten?
Wenn ich meine laienhafte Meinung äußere, eigentlich wäre es doch ein Ziel dass sie ihre Vergangenheit als abgeschlossen sieht und das gewünschte tadellose Leben jetzt in ihrer Gegenwart gestalten kann.
Ich denke der TE hat eine großartige Leistung vollbracht in der Begleitung und Unterstützung seiner Frau und dass er da auch viel zurückgesteckt hat (Vielleicht wäre er hier ein guter Ansprechpartner für Omar aus dem anderen Thread), aber er sollte seine Leistung jetzt nicht durch Ungeduld und nachlassende Kraft beschädigen und seiner Frau indirekt schaden.

Klar, eine stationäre Therapie oder eine Tagesklinik wären intensiver, das muss die Ehefrau aber auch wollen und aushalten können
 
Enigma.
Benutzer203678  (52) Öfter im Forum
  • #15
Hallo C Christian D.
Deine Frau hat ein Riesenpaket zu tragen. Das aufzuarbeiten und kleiner zu machen, wird nicht schnell gehen. Da gibt es auch keine Tipps und Tricks, wie man das beschleunigen kann.

auch weil sie deutlich spürbar dissoziierte
Gerade Dissoziationen sind ein echtes Problem in der Therapie. Denn sobald Deine Frau dissoziiert, kann sie nichts mehr aufnehmen. In dem Moment ist sie für den Therapeuten nicht mehr erreichbar. Damit Therapie wirksam ist, muss der Klient "bei Bewusstsein" sein.

Ich kann Dir aus Erfahrung sagen, dass die Therapiestunde "gelaufen" ist, wenn der Klient in der Stunde dissoziiert. Dann ist der Therapeut den Rest der Stunde damit beschäftigt, den Klienten "zurückzuholen" und wieder so weit zu stabilisieren, dass er ihn gefahrlos allein auf den Heimweg schicken kann. In der nächsten Stunde wird dann besprochen, was der Auslöser für die Dissoziation war und Strategien erarbeitet, um sie künftig zu vermeiden.

Oberstes Ziel der Therapie ist Stabilisierung. Das allein kann schon Jahre dauern. Für manche kommt es gar nicht zu einer Aufarbeitung von Traumata, weil sie dafür nicht stabil genug werden.

Und selbst wenn es zur Bearbeitung eines Traumas kommt, werden immer wieder Phasen der Stabilisierung nötig sein, bevor es wieder einen Mini-Schritt vorwärts gehen kann. Das Ziel ist immer, den Klienten stabil zu halten und nicht zu retraumatisieren.

Traumatherapie funktioniert nicht mit der Dampframme, sondern nur mit Zeit und Geduld.

wir suchen seit mindestens 9 Jahren nach ihren Erinnerungen

Wer ist "wir"?

Unser Problem ist, dass sie unter der Last der wieder auftauchenden Erinnerungen mental zusammengebrochen ist.
Die Psyche denkt sich was dabei, wenn sie Erinnerungen so tief verbirgt, dass sie nicht mehr abrufbar sind. Meist sollte man diese Erinnerungen aus gutem Grund genau da lassen, wo sie sind. Wenn man sie trotzdem an die Oberfläche holt, kann genau das passieren.

Inzwischen weiß man, dass man nicht jedes Trauma "ausgraben" muss, um es zu verarbeiten. Es geht auch anders.
Und nichts war gefakt! Ich war dabei, wenn sie wieder einen "Mann" in ihrer Vergangenheit entdeckte.
Wie ist das zu verstehen? Bist Du bei ihren Therapiesitzungen dabei?
Auf welche Art versucht ihr, die Erinnerungen hochzuholen? Das hört sich für mich ganz ehrlich überhaupt nicht gut an.
Ist sie bei einem ausgebildeten und erfahrenen Traumatherapeuten?

Die Psychotherapie, die helfen könnte, dauert mir mittlerweile einfach zu lang.

Alle 14 Tage eine Stunde Gespräch und bei dem Tempo kann es noch Jahre dauern, bis sie sich ihrer Vergangenheit öffnet.
Wichtig ist, dass Deine Frau nicht überfordert wird. Wenn das Tempo für sie o.k. ist, dann ist das so. Sie braucht zwischen den Sitzungen Zeit, um alles zu verarbeiten und sich zu erholen. Traumatherapie ist verdammt anstrengend. Es kann auch immer mal wieder vorkommen, dass eine längere Therapie-Pause nötig ist. Und in der Zeit sollte sie auch wirklich Pause haben und nicht zu Hause weiter an den Themen arbeiten.
ich will unbedingt miterleben, wie sie aus ihrem Schatten tritt.
Ich glaube, Du hast eine falsche Vorstellung davon, wie eine Traumatherapie funktioniert und was sie bewirkt. Das ist nicht "Wenn sie endlich alles aus ihrer Vergangenheit weiß, kann sie es hinter sich lassen und blüht auf."

Wenn es wirklich an die Traumarbeit geht, dann ist es normal, dass sich der Zustand erst mal verschlechtert. Ein seriöser Traumatherapeut weist auch ausdrücklich darauf hin. Ein seriöser Traumatherapeut achtet darauf, den Klienten nicht zu überfordern. Deswegen gibt der Klient das Tempo vor, nicht der Therapeut.

Und wenn die Therapie funktionieren soll, dann sollte auch nur das gemacht werden, was mit dem Therapeuten abgesprochen ist und keine "Vergangenheitsforschung" in Eigeninitiative.
 
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Duracellhäschen
Benutzer211462  (44) Verbringt hier viel Zeit
  • #23
Sie meint, dass es eigentlich nur noch ein Katzensprung sein müsse.
Ich möchte euch wirklich nicht demotivieren, aber ich fürchte da täuscht sie sich.
Da würde ich ihr zustimmen, auch wenn ich weiß, dass sie die Phase der Zeit in der Prostitution nicht zulassen kann. [...] Diesen Punkt bearbeitete sie nicht und unterdrückt auch gelegentlich ihre eigenen Zweifel. Ich will ihr einfach helfen, über diesen kleinen Schatten zu springen.
Nochmal, den unterdrückt sie im Moment aus einem guten Grund. Wenn sie stark genug ist, sich dem zu stellen, wird das automatisch alles zurück kommen.
Und der kollidiert halt mit allen ihren Wertvorstellungen. Diesen Widerspruch wird sie dauerhaft aushalten müssen, wenn sie sich der Phase stellt. Siehe auch mein vorheriger Beitrag.
Denn sie sagt ja selbst, dass der Super-Gau in ihrer Kindheit passiert ist, auch wenn sie sich nur schemenhaft erinnert (zur Zeit).
Zwei Sachen sind übrigens typisch: die allermeisten Prostituierten haben sexuelle Gewalt in ihrer Kindheit erlebt. Das ist leider extrem häufig unter Prostituierten. Was genau da der Mechanismus ist weiß ich nicht, aber vielleicht hilft ihr das Wissen, dass sie nicht alleine damit ist.
Ich finde es super, dass sie es da raus geschafft hat!

Und dass man keine gute/ detaillierte Erinnerung an die Kindheit hat, wenn die von Traumata geprägt war, ist auch normal. Ich hab da auch nicht viele Erinnerungen.
 
C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #28
Wie ist das zu verstehen? Bist Du bei ihren Therapiesitzungen dabei?
Auf welche Art versucht ihr, die Erinnerungen hochzuholen? Das hört sich für mich ganz ehrlich überhaupt nicht gut an.
Ist sie bei einem ausgebildeten und erfahrenen Traumatherapeuten?
Ja, wir machen alles zusammen und sie ist die treibende Kraft hinter allem. Therapie machen wir bis zu dem Moment gemeinsam, in dem sie hinter der Tür zu ihrer Therapeutin verschwindet. Und auch wenn alle Therapeuten und Therapeutinnen dieser Welt vorverurteilend handeln und im Ehemann die treibende Kraft sehen, so ist das bei uns umgekehrt! Sie sucht, sie findet, sie kollabiert wenn etwas auftaucht. Sie ist stark und will alles rausholen und ich begleite sie nur. Als Ehemann, Freund, ihr zugewandter Mensch und völlig ohne Druck. Ich bin nicht der TÄTER! Sie ist ein Sonderfall in ihrer eifrigen Suche nach sich selbst. Sie hält viel aus, viel mehr als ich es je könnte. Ich lasse sie machen und unterstütze sie wo sie es möchte. Teamwork sozusagen. Aber wie bereits geschrieben: Ich wollte keine Therapievorschläge sondern nur den Rat einer erfahrenen Person, die vielleicht auch mal in einer ähnlichen Lage steckte. Ich würde ihr den aufgebauten Druck - der vollkommen unnötig ist, weil ihr Werdegang ihr und mir geläufig ist - mit der Sache der vorübergehenden Prostitution gerne nehmen und bin mit aller Liebe und Aufmerksamkeit bisher nicht weitergekommen. Vielleicht klappt es ja demnächst?
 
S
Benutzer190912  (50) Verbringt hier viel Zeit
  • #29
Was ist denn eigentlich ihre Zielsetzung, was will sie realisitisch erreichen, wie soll ihr/Euer Leben ausschauen wenn sie einen gewissen Punkt erreicht hat?
 
Sorceress Apprentice
Benutzer89539  Team-Alumni
  • #36
Natürlich inklusive! Wir machen die Dinge zusammen und es wird anonym bleiben! Sollte es da ein Risiko geben, bitte ich um Mittelung! Dann sofort wieder raus! Klingt übrigens ein bisschen oberlehrerhaft, so als ob andere nicht wissen würden, was sie tun? Freiheit ist immer die der anderen!
Die Frage erschien mir sehr berechtigt, da du nicht davon gesprochen hast dass ihr oder sie das tun, sondern von ihr selbst. Und durch nichts für mich hervor ging, dass sie selbst dabei beteiligt ist.

Wenn ihr diesen Thread gemeinsam macht und alles mit ihr abgestimmt ist, gibt es keinen Grund angefasst zu sein.
 
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Zauberschnitte
Benutzer189381  Sehr bekannt hier
  • #37
Jeder Mensch ist individuell.

Ich habe (immer noch) sehr große Lücken in meiner Biographie und das ist gut so.

Es geht um einen Schutzschalter des Gehirns

Ich habe Jahre damit verbracht die Lücken aufdecken zu wollen und es war der größte Fehler meines Lebens.

Denn das was hoch kam, war verdammt schmerzhaft und hat mich richtig instabil gemacht.

Was hat es mir gebracht? Absolut nix positives

Ich lebe im jetzt und es reicht mir zu wissen wer ich heute bin. Mit der Vergangenheit habe ich abgeschlossen.

Der Mensch der ich heute bin, mag ich. Mehr muss ich nicht wissen
 
C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #38
Was hat es mir gebracht? Absolut nix positives
Dann hattest Du vielleicht nicht den richtigen Partner oder eine Partnerin an deiner Seite? Der Mensch kann in der Regel viel mehr, als er in systemischen Überbauten, in denen alles normiert und kategorisiert wird, tatsächlich leistet! Die erste Therapeutin meiner Frau (spritiuell arbeitende Heilpraktikerin) sagte zu ihr, dass man sie Sachen besser drin lässt und gab ihr das Beispiel einer Tänzerin! Wortlaut? "Stell dir vor, du hättest nur noch ein Bein und tanzt mit deinem Mann. Das ist doch dann besser, als gar keine Beine zu haben, oder?" Weißt du was meine Frau - spontan - geantwortet hat? "Ja, es gibt doch aber auch die Möglichkeit, eine Prothese zu entwickeln und mir anzuziehen, dann könnte ich viel besser mit meinem Mann tanzen, als wenn ich nur ein Bein hätte!". Ich fand das großartig, werde es mir bis zum allerletzten Stündlein durch den Kopf gehen lassen. Alles hat imer zwei Seiten!
 
C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #39
gibt es keinen Grund angefasst zu sein.
Das bin ich nicht! Höchstens noch ein wenig angeschlagen von meinem Versuch in einem Forum, in dem Menschen mit dissoziativen Störungen miteinander Austausch hatten, in dieser Sache Hilfe zu erhalten! Ich wurde quasi virtuell geteert und gefedert und wieder aus dem Forum gedrängt. Das hallt ein wenig nach, weil ich annahm, dass es hier ganz viele Otto-Normalverbraucher/-innen gibt. Mach dir keine Gedanken, solche Sachen berühren mich nicht. Aber trotzdem gut, dass du Meldung gemacht hast. Weil es übergriffig gewesen wäre. Ich stütze mich da wirklich auf die hier versprochene Anonymität!
 
Sorceress Apprentice
Benutzer89539  Team-Alumni
  • #40
Wir machen die Dinge zusammen und es wird anonym bleiben! Sollte es da ein Risiko geben, bitte ich um Mittelung!
Ich stütze mich da wirklich auf die hier versprochene Anonymität!
Off-Topic:
Es wird nur so anonym bleiben, wie du es anonym machst. Mit anderen Worten: je mehr Informationen du im Internet preis gibst, die von anderen Menschen verknüpft werden könnten, desto größer das Risiko. Unabhängig davon, wie sicher der Seitenbetreiber ist.

Wobei ich da bislang relativ wenig Risiko sehe. Bisher halten sich die persönlichen Infos, anhand derer jemand dich/sie/euch identifizieren kann in Grenzen. Aber man sollte es immer im Blick behalten.

Davon abgesehen, dass es natürlich auch Menschen unangenehm sein kann, wenn Menschen selbst komplett anonym so etwas höchst intimes von einem selbst lesen. Deswegen auch u.a. meine Nachfrage, und deswegen auch vermutlich deine Bitte, das nicht zu kommentieren.
 
C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #41
deswegen auch vermutlich deine Bitte, das nicht zu kommentieren.
Exakt und dass intime Dinge betroffene Menschen extrem verstören können, habe ich in dem Dis-Störung Forum handfest erlebt. Vielleicht kann man ja auch anonym mal jemanden zum Nachdenken bringen? Es müssen ja nicht immer nur Allgemeinplätze oder Plattitüden sein, die gepostet werden. Daran krankt unsere Welt ja zusehends....
 
Buenosaurus
Benutzer186761  (52) Öfter im Forum
  • #42
Ein paar Jahre könnten bleiben, Diagnose eher weniger! Genug Info Buenosaurus?
Ja, vielen Dank. So hat es sich in deinem ersten Beitrag auch angehört, aber ich wollte noch einmal nachfragen, um sicher zu gehen. Schließlich ist das eine wichtige Information, um dich und dein Handeln und Denken besser zu verstehen.

Die andere wichtige Information, die du heute geliefert hast, ist dass deine Frau hier alles mitliest, was ich sehr schön finde.

Ich wünsche euch beiden alles Gute. Ich finde es bewundernswert, dass ihr gemeinsam hier seid.
 
C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #43
Ich finde es bewundernswert, dass ihr gemeinsam hier seid.
Ja, unsere Art der Beziehung ist im Prinzip das, was wir ein Leben lang - beide, aus unterschiedlichen Gründen - gesucht haben: Eine Verschmelzgng.
 
SchafForPeace
Benutzer12529  Echt Schaf
  • #44
Ist es denn Fakt, dass sie sich prostituiert hat, oder ist das "nur" deine Interpretation? Es liest sich hier an den beiden Stellen für mich so, als wäre es vielleicht nur Interpretation.
Wenn man ihre Gedichte, die sehr deutlich aussagen, dass es eine Phase der Prostitution in ihrem Leben gegeben hat, durchliest, dann könnte man ja sagen: "Na siehst Du, es ist doch jetzt bewiesen!
Aber es kamen andere Erinnerungen hoch und zusammen mit den Gedichten, die sie zu der Zeit geschrieben hat, wird klar, dass sie aus Gründen der Perspektivlosigkeit irgendwann mit etwa 22 Jahren einen Bruch mit ihrer Erziehung hingenommen hat und sich prostituierte


Sie schreibt ja auch Tagebücher - handschriftlich - die ich dann für sie eintippe und deshalb bin ich über ihren Ist-Zustand gut informiert.
Es ist beeindruckend, dass sie dir so sehr vertrauen kann und vertraut :smile:

Aber wie offen kann sie sich selbst gegenüber beim Tagebuch schreiben wirklich sein, wenn sie weiß, dass du es lesen wirst? Ich könnte mir vorstellen, dass es unbeabsichtigt und unwissentlich dazu führt, dass man anders und weniger offen schreibt, wenn jemand mitliest, selbst wenn man der Person zu 100000% vertraut. So gesehen würdest du nicht den vollständigen Ist-Zustand kennen, sondern "nur" den, den sie bereit ist, mit dir zu teilen.

Ich wünsche euch, vor allem deiner Frau, dass sie die therapeutische Hilfe findet, die sie braucht :smile:
 
Zuletzt bearbeitet:
C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #45
Aber wie offen kann sie sich selbst gegenüber beim Tagebuch schreiben wirklich sein
Das grundsätzliche Problem der Menschheit ist doch, dass wir bei geschätzten acht Milliarden Menschen auch über acht Milliarden unterschiedliche Gehirne, Sichtweisen und Empfindungen verfügen. Und dann sehen wir auch noch alles aus unserer eigenen Perspektive. Eine Perspektive, die sich zwar erweitern kann, aber bevor das geschieht, müssen wir es wollen, denn das liegt immer vor dem Können! Daran krankt Vieles. Ich bin mittlerweile ein Mann im vorgerückten Alter, habe einige längere Lebensbeziehungen gehabt und Bauchgefühl für die Zwischentöne entwickelt. Ab einem gewissen Zeitpunkt oder Reifegrad, kannst du deine tieferen Empfindungen gut verstehen und lernst, ihnen zu vertrauen. Meine Frau wurde in ihrem gesamten Leben nie gesehen oder als das wahrgenommen, was sie wirklich war. Wir haben nicht nur ihre Vita, sondern auch ihre alten Dokumente gemeinsam akribisch durchforstet. Sie ist unendlich dankbar, jetzt, über die Mitte ihres biologischen Lebens hinaus, endlich angenommen worden zu sein. Und dafür – so findet sie – ist es mehr als lohnenswert, sich selbst und seine Geschichte zu kennen. Jede Bindungs-Dynamik ist anders. Viel weiter gefasst, als das in den Regelwerken des „so hat es zu sein" Schubladen-Denkens aufgezeigt wird. Sie will spürbar genesen, ihre Mitte treffen um ihr eigenes Leben zu erkennen. Das kann man als Partner spüren, wenn man sich wirklich auf eine Beziehung einlässt.
 
C
Benutzer229089  (63) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #46
Ist es denn Fakt, dass sie sich prostituiert hat
Ja, ist ein Fakt. Es gibt auch eine Zeitzeugin, die es nicht wagt, ihr die Wahrheit zu sagen. Aber mir als Ehemann hat sie sich anvertraut. Da braucht es manchmal etwas investigativen Spürsinn, um 1 und 1 zu verknüpfen. Aber die Sache bleibt kompliziert. Wir arbeiten weiter daran....
 
G
Benutzer226102  (39) Ist noch neu hier
  • #47
Ja, unsere Art der Beziehung ist im Prinzip das, was wir ein Leben lang - beide, aus unterschiedlichen Gründen - gesucht haben: Eine Verschmelzgng.

Ich denke der TE hat eine großartige Leistung vollbracht in der Begleitung und Unterstützung seiner Frau

Wir arbeiten weiter daran....

Fast alles erzählte in diesem Thread liest sich für mich sehr falsch und beklemmend.

Ich denke, der TE hat sich in völliger Selbstüberschätzung in eine Laientherapeutenrolle - vermischt mit einer Retterpartnerrolle - begeben.

(Und die Partnerin hat dies ebenfalls in Fehleinschätzung zugelassen und vielleicht darüberhinaus auch befeuert.)

Meine dringende Empfehlung ist, sich rasch in eine sehr gute, d.h. kompetente, Angehörigenberatung/-begleitung zu begeben. Um spät aber doch verstehen zu können, was man in einer solchen Beziehungssituation im Idealfall zu tun und vor allem dringend zu lassen hat.

(Und die Partnerin hat oder findet hoffentlich ebenfalls eine sehr gute, d.h. kompetente, Traumabewältigungsunterstützung.)

Woran ihr, u. a., die Kompetenz der jeweiligen Fachleute erkennen werdet?
Ich vermute stark - in dieser euren sehr speziellen Beziehungsdynamik:
An eurem deutlichen Erstwiederstand gegenüber dem, was diese euch zu sagen haben.

Just my two cents.
Nehmen oder lassen.
 
Zauberschnitte
Benutzer189381  Sehr bekannt hier
  • #48
Dann hattest Du vielleicht nicht den richtigen Partner oder eine Partnerin an deiner Seite?
Was hat ein Partner mit meiner Vergangenheit und deren Aufarbeitung zu tun? Gar nix 😉

Es mag sein das deine Partnerin das braucht. Ich nicht. Soviel zum Thema Menschen sind unterschiedlich

Ich würde es als Zusatzbelastung empfinden wenn sich mein Partner in mein Thema so involviert.

Denn bei einer Therapie kommt viel hoch was man selbst erst sortieren muss. Ein Partner der sich da voll engagiert würde mich da behindern.

Wenn es euch mit eurem Weg gut geht.... Wunderbar.

Ich sehe es trotzdem kritisch
 
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
Redakteur
  • #49
Ich glaube auch, dass du dir deiner Rolle bewusst werden musst und definieren musst.
Partnerschaft auf Augenhöhe?
Oder eher nicht?
Bist du ihr Helfer? Pfleger? Therapeut? Dann kannst du nicht Partner und Freund sein.
Es ist immer eine Gradwanderung für Partner einer psychisch schwerkranken Menschen. Aber das was auf keinen Fall funktioniert ist, dass du ihre Probleme löst. Und ich glaube, das versuchst du aktuell noch viel zu sehr.
 
A
Benutzer218895  (43) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #50
Fast alles erzählte in diesem Thread liest sich für mich sehr falsch und beklemmend.

Ich denke, der TE hat sich in völliger Selbstüberschätzung in eine Laientherapeutenrolle - vermischt mit einer Retterpartnerrolle - begeben.

(Und die Partnerin hat dies ebenfalls in Fehleinschätzung zugelassen und vielleicht darüberhinaus auch befeuert.)
Danke für diesen Beitrag. Ich hatte genau dasselbe unangenehme Gefühl. Alleine, wenn ich schon das Wort „symbiotisch“ höre/ lese in Bezug auf Beziehungen, dreht sich mir der Magen um.
Was hat ein Partner mit meiner Vergangenheit und deren Aufarbeitung zu tun? Gar nix 😉
👍
Es mag sein das deine Partnerin das braucht. Ich nicht. Soviel zum Thema Menschen sind unterschiedlich.
Ja, genau, braucht. Ob das auch gut für ihre aktuelle Thematik ist, steht auf nen anderen Blatt.
Ich würde es als Zusatzbelastung empfinden wenn sich mein Partner in mein Thema so involviert.
Ist bei mir genauso.
Denn bei einer Therapie kommt viel hoch was man selbst erst sortieren muss. Ein Partner der sich da voll engagiert würde mich da behindern.
Vor allem auch richtig nerven. Es klingt einfach nach zuviel von allem, richtig einschnürend und im schlimmsten Fall auch abhängig machend.
Ich sehe es trotzdem kritisch
Ich auch. Ich finde, der TE sollte sich da irgendwie auch ein bisschen zurückhalten und die Frau mal machen lassen, statt mit ihr zusammen (von mir aus auch auf ihren Wunsch hin) in irgendwelchen Dingen stochern, von denen bestenfalls nur laienhafte Erkenntnisse existieren, die man sich mal angelesen hat.

Den Rest kann man getrost Fachleuten überlassen und das scheint ja auch zu passieren.
Wenn die Patientin/ Klientin zu ungeduldig wird und es ihr selbst eventuell nicht schnell genug geht, sollte sie das dort ansprechen, wo es hingehört und nicht selbst an sich herumdoktern.

Dafür ist das Thema einfach auch zu sensibel.

Auch: just my two cents.
 
Enigma.
Benutzer203678  (52) Öfter im Forum
  • #51
Therapie machen wir bis zu dem Moment gemeinsam, in dem sie hinter der Tür zu ihrer Therapeutin verschwindet. Und auch wenn alle Therapeuten und Therapeutinnen dieser Welt vorverurteilend handeln und im Ehemann die treibende Kraft sehen, so ist das bei uns umgekehrt! Sie sucht, sie findet, sie kollabiert wenn etwas auftaucht. Sie ist stark und will alles rausholen und ich begleite sie nur. Als Ehemann, Freund, ihr zugewandter Mensch und völlig ohne Druck. Ich bin nicht der TÄTER!
Vorweg: Jeder Mensch ist anders und vielleicht ist Eure Vorgehensweise genau das, was Deiner Frau hilft.

Aber: Hat sie auch Freiräume ganz für sich allein?

Ich mache selbst eine Traumatherapie und habe einen liebevollen Partner, der mich unterstützt. Die Zeit nach den Therapiestunden brauche ich für mich allein, um meine Gedanken und Gefühle zu sortieren. Mir wäre es zu viel, wenn ich wüsste, dass mein Partner vor der Praxis-Tür sitzt und ich direkt im Anschluss wieder in Interaktion zu ihm gehen müsste - auch wenn es nur seine Anwesenheit wäre und wir nicht mal miteinander reden würden.

Ich könnte nicht ich sein, wenn mein Partner bei mir wäre. Weil er sich sorgen würde, wenn er Tränen sieht oder ich wütend durch die Gegend stapfe. Dann müsste ich mich (auch unbewusst) zusätzlich noch mit seinen Sorgen auseinandersetzen - obwohl ich mit mir selbst genug zu tun habe.

Ich weiß, dass mein Partner hinter mir steht und ich jederzeit Hilfe von ihm bekomme, wenn ich darum bitte. Das reicht mir als Rückhalt. Ständige Präsenz und vollständige Integration in meine Therapie wäre bei mir kontraproduktiv.

Vielleicht könntet ihr versuchen, Deiner Frau mehr Raum für sich zu lassen. Damit sie sich, ihren Körper und ihre Gefühle als eigenständiges Individuum wahrnehmen kann und nicht stets als Teil einer (partnerschaftlichen) Symbiose.

Zum Thema Körperwahrnehmung und Gefühle nach Traumatisierung möchte ich Dir die Webseite von Dami Charf , ihre Videos (findest Du bei YouTube) und auch ihren online-Kurs "Mit Trauma leben" (kostenpflichtig) empfehlen. Sie arbeitet komplett ohne Trauma-Konfrontation und die Kurse kann man auch therapiebegleitend machen.
Die Podcasts von Verena König könnten auch was für Deine Frau sein.

Ist bei hoher Dissoziationsneigung nicht geeignet.
 
Topfrose
Benutzer215713  (41) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #52
Zwei Sachen sind übrigens typisch: die allermeisten Prostituierten haben sexuelle Gewalt in ihrer Kindheit erlebt. Das ist leider extrem häufig unter Prostituierten. Was genau da der Mechanismus ist weiß ich nicht, aber vielleicht hilft ihr das Wissen, dass sie nicht alleine damit ist.
Man wiederholt das, was man kennt (Reinszenierung). Außerdem haben viele schwertraumatisierte Menschen kein Gefühl für Grenzen.
Ich sehe es trotzdem kritisch
Ich auch! Wenn ich Worte wie "Symbiose" und "totale Verschmelzung" lese, kriege ich Gänsehaut. Ich halte Symbiosen für nicht gesund. Zumal wie o.g. traumatisierte Menschen oft große Probleme mit Abgrenzung haben.
 
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