Bindungsangst trotz stabiler Bindung und regelmäßigem Kontakt

K
Benutzer196691  (26) Öfter im Forum
  • #1
Ich treffe mich aktuell mit einer Person sehr regelmäßig und fühle mich in unserer zwischenmenschlichen Beziehung echt wohl.
Wir haben viele geteilte Werte, gute Gespräche, sehr schönes Kuscheln und sehr Grenzen wertschätzenden Sex.
Wir labeln es nicht Beziehung (person lebt beziehungsanarchistisch), aber wir machen beziehungstypische Sachen und haben regelmäßigen Kontakt und eine Art Verbindlichkeit, aber keine Exklusivität.
Zum Beispiel schreiben wir einander auch regelmäßig oder telefonieren mal, wenn wir uns nicht sehen.

Und trotzdem bin ich bindungsängstlich (anxious attachment)!
Ich habe Angst, dass person mich ablehnt/mich nicht mehr mag/unsere Sache kündigt/geht.

Ich versuche oft Anzeichen der Ablehnung hineinzuinterpretieren oder zu antizipieren, wo keine sind. Oder wo welche sind, diese aber nur Ablehnungen "im Kleinen" sind und nicht meiner ganzen Person.

Zum Beispiel hatten wir gestern eine tolle gemeinsam verbrachte Nacht. Und heute sah ich die Person wieder und bin gleich so "was wenn person nicht mehr wie gestern ist?". Zum Beispiel haben wir uns heute zur Begrüßung nicht umarmt und das hat mich ängstlich gemacht.
Total absurd, denn wir haben 12 Stunden vorher erst intensiv gekuschelt und Sex gehabt.

Ich habe mehr als genug Zeichen, dass person mich sehr gern hat und dass person eine stabile Bindung präsentiert. Und dennoch bin ich bindungsängstlich.

Meine Bindungshistorie: Ich habe körperliche & emotionale Gewalt in der Kindheit erfahren. Und meine letzte (und damalige erste) Beziehung war eine reine Katastrophe. Die ging 11 Monate lang und die Trennung ist nun knapp 1,5 Jahre her. In dieser Beziehung habe ich schlichtweg Missbrauch und Gewalt vieler Formen (auch sexualisierte und körperliche Gewalt) von meiner Expartnerin erlebt.

In Freundschaften habe ich allerdings keine Bindungsangst. Die kommt nur, wenn meinerseits romantisches oder sexuelles Interesse besteht.

Was kann ich tun?
 
Mirella
Benutzer136760  Beiträge füllen Bücher
  • #3
Was heißt beziehungsanarchistisch?
Und wo ist das Problem, wenn doch die andere Seite auch keine Beziehung will?
 
U
Benutzer177622  Sehr bekannt hier
  • #4
unsere Sache kündigt/geht.
Das ist doch auch berechtigt.
Dieser Mensch macht doch, was er will und wann er es will - er kann tun und lassen was er will in seiner "Anarchie" :grin:
Sorry, ich finde das völlig albern - ist doch nur ein anderes Wort für "Ich mache, was ich will und muss mich nicht rechtfertigen".
So ein Mensch ist sicherlich nicht der richtige Sexpartner für dich.

Such dir einen guten Therapeuten und arbeite dein Erlebtes auf, eine andere Möglichkeit gibt es da nicht.
Und lass die Finger von Menschen, die selbst gestörtes Bindungsverhalten haben.
 
K
Benutzer196691  (26) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #5
Was heißt beziehungsanarchistisch?
Das heißt, dass wir gemeinsame Aktivitäten konsensuell besprechen und leben, ohne irgendeinem Rollenbild (wie z. B. klassischer Paarbeziehung) zu entsprechen.
Tendenziell geht das mit Nichtexklusivität einher, wie zum Beispiel bei uns.

Und wo ist das Problem, wenn doch die andere Seite auch keine Beziehung will?
Also für mich muss es aktuell auch keine Beziehung sein. Beziehungsweise wüsste ich nicht, was das Label "Beziehung" mir mehr geben würde. Wir machen bereits alles, was wir uns beide aktuell wünschen. Ob mit oder ohne Label ist da ja zweitrangig. Und auch in der Beziehung könnte ich dann ja Angst haben, dass person mich ablehnt oder sich formal trennt.

Das Problem liegt in meiner Angst vor Ablehnung und Verlassenwerden. Fear of abandonment im Englischen.
 
U
Benutzer177622  Sehr bekannt hier
  • #6
Ihr seid scheinbar beide nicht in der Lage, euch auf eine tragfähige Beziehung einzulassen.
Deswegen laboriert ihr mit einem halbgar-künstlichen Hilfskonstrukt herum, das aber keinen weiterbringt.

Sowas ist doch gar nicht auf Dauer und Beständigkeit angelegt.
Warum lässt du dich auf ein Konstrukt ein, dass deine Angst bedient wie kaum ein zweites es besser könnte.
 
O
Benutzer207972  (34) Öfter im Forum
  • #7
Das heißt, dass wir gemeinsame Aktivitäten konsensuell besprechen und leben, ohne irgendeinem Rollenbild (wie z. B. klassischer Paarbeziehung) zu entsprechen.
Tendenziell geht das mit Nichtexklusivität einher, wie zum Beispiel bei uns.
Das heißt, die Nichtexklusivität ist nicht Teil deines Problems? Dein Problem ist - kurz gesagt - nicht: "Die andere Person wird jemand anderes finden, den*die er*sie lieber mag als mich" sondern eine Angst, die sich nur darauf bezieht, dass die Person von einem Tag auf die andere ihre Einstellung dir gegenüber ändern wird?

Also für mich muss es aktuell auch keine Beziehung sein. Beziehungsweise wüsste ich nicht, was das Label "Beziehung" mir mehr geben würde.
Wer kam denn auf die Idee, die Beziehung als Nicht-Beziehung zu Labeln? Ist das ein Wunsch, der auch aus dir entspringt? Oder hast du dem zugestimmt?

Ob mit oder ohne Label ist da ja zweitrangig. Und auch in der Beziehung könnte ich dann ja Angst haben, dass person mich ablehnt oder sich formal trennt.
Das stimmt auf der einen Seite natürlich. Auf der anderen Seite wäre so ein Konstrukt für mich - als ebenfalls eher ängstlich mit Hang zu Verlassensangst - nichts. Meine Angst ist in einer "klassischen", festen, monogamen Beziehung schon getriggered gewesen und ich habe sie deswegen mit einer Therapie aufgearbeitet. In einem anarchistischen Beziehungskonzept wäre es mir persönlich noch viel schlechter gegangen. Das muss auf dich nicht zutreffen - eine Therapie kann ich dir bei diesen Themen und vor allem nach deinen Erfahrungen in deiner letzten Beziehung trotzdem wirklich ans Herz legen.

Ich bin übrigens keine Verfechterin klassisch-monogamer, heteronormativer Beziehungskonzepte - möchte aber zumindest nochmal erwähnt haben, dass zu meinen Online-Dating-Zeiten es hauptsächlich unangenehme Männer waren, die sich als Beziehungsanarchisten bezeichnet haben und die nicht in der Lage waren, sich sicher und wertschätzend zu binden. Die sich anderen Menschen gegenüber egoistisch und selbstbezogen verhalten haben. Die ihr sexistisches Mindset hinter neuen, eigentlich schönen Begriffen versteckt haben - aber immer noch dieselben Ärsche waren, die vorher halt einfach ihre Freundinnen beschissen haben, weil sie unfähig waren zur Bindung.

Es ist schön, dass du in deinem Konstrukt happy bist - trotzdem möchte ich anmerken, dass es zumindest naheliegend sein könnte, dass nicht nur du an Beziehungsangst leidest, sondern dein Gegenpart auch. Kombinationen, wo unsichere Bindung auf unsichere Bindung trifft sind relativ häufig. Und manchmal lassen sich solche Muster und Dynamiken im Nachhinein auch besser erkennen und analysieren, als wenn man mittendrin im Gefühlschaos steckt.
 
K
Benutzer196691  (26) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #8
Das heißt, die Nichtexklusivität ist nicht Teil deines Problems? Dein Problem ist - kurz gesagt - nicht: "Die andere Person wird jemand anderes finden, den*die er*sie lieber mag als mich" sondern eine Angst, die sich nur darauf bezieht, dass die Person von einem Tag auf die andere ihre Einstellung dir gegenüber ändern wird?
Genau.
Ich habe keine Eifersucht, sondern "lediglich" Verlustangst. In der Theorie weiß ich, dass wenn die Person mit anderen was hat, dass das unserer Relation keine Abkehr tut. In der Praxis, wenn ich das mitbekomme, z. B. person mit wem anders sehe (wenn auch nur reden), triggert das schon Verlustangst.

Wer kam denn auf die Idee, die Beziehung als Nicht-Beziehung zu Labeln? Ist das ein Wunsch, der auch aus dir entspringt? Oder hast du dem zugestimmt?
Nach Labeln und Commitment zu fragen entsprang meiner Initiative. Auf meinen Vorschlag haben wir auch mal sehr explizit über gemeinsame Aktivitäten/Trefffrequenzen/gegenseitige Bezeichnungen/etc. ("relationship anarchism smorgasboard") geredet. Das war damals sehr anstrengend und triggernd für mich, weil person sich unter Druck gesetzt gefühlt hat und dann sehr apathisch und bindungslos wurde. Allerdings nur einen Tag - am nächsten Tag war person dann sehr gesprächsbereit (vielleicht lag das an einem sehr direkten Text über meine Bedürfnisse, den ich person gesendet hatte).

Und vom aktuellen Verhalten her präsentiert person gerade viel Verlässlichkeit.
Wenn du mich jetzt fragen würdest, ob ich es mir als Beziehung wünschen würde... Keine Ahnung. Also aus meiner Sicht gibt es da keinen Gewinn. Wonach ich ein starkes Bedürfnis habe sind Verlässlichkeit/Commitment/stabiler Kontakt.
Sicherlich würde ich mir leichter tun, person anderen vorzustellen, wenn ich sagen dürfte, dass es meine Partner:in ist.

eine Therapie kann ich dir bei diesen Themen und vor allem nach deinen Erfahrungen in deiner letzten Beziehung trotzdem wirklich ans Herz legen.
Ja schon, gute Idee :smile:

Ich bin übrigens keine Verfechterin klassisch-monogamer, heteronormativer Beziehungskonzepte - möchte aber zumindest nochmal erwähnt haben, dass zu meinen Online-Dating-Zeiten es hauptsächlich unangenehme Männer waren, die sich als Beziehungsanarchisten bezeichnet haben und die nicht in der Lage waren, sich sicher und wertschätzend zu binden. Die sich anderen Menschen gegenüber egoistisch und selbstbezogen verhalten haben. Die ihr sexistisches Mindset hinter neuen, eigentlich schönen Begriffen versteckt haben - aber immer noch dieselben Ärsche waren, die vorher halt einfach ihre Freundinnen beschissen haben, weil sie unfähig waren zur Bindung.
Ich weiß absolut, was du meinst. Und ich habe auch schon beziehungsanarchistisch-getarnte bindungsvermeidende Frauen getroffen.
trotzdem möchte ich anmerken, dass es zumindest naheliegend sein könnte, dass nicht nur du an Beziehungsangst leidest, sondern dein Gegenpart auch.
Danke für die Anmerkung. Ja, die Person hat auch gewisse Tendenzen. Zum Beispiel tut sich person schwer, die Zuneigung zu mir in Worten auszudrücken ("ich hab dich gern / ich mag dich / du bist mir wichtig"). Das hat person auch mal so wörtlich bestätigt, dass sich person da schwertut. Oder person hat ein ungewöhnliches Verhältnis zu persons romantischer Gefühlswelt und behauptet, keine romantischen Gefühle zu haben. Das kann aber auch an persons Definition von romantischen Gefühlen liegen... denn im Verhalten würde ich das schon so labeln. Das ist bisschen komplizierter, siehe Handlungen erwidert, aber Gefühle nicht?.

Ich denke, gerade bin ich mit dem Ist-Zustand der Relation echt happy. Nur halt nicht mit meiner Angst vor Verlassenwerden.

Meine Angst ist übrigens schon besser geworden, auch wenn sie immer noch schlimm ist. Ich kann - im Gegensetz zu meiner letzten Beziehung - mittlerweile gute körperliche und emotionale Grenzen setzen. Eben weil die Person mir auch vermittelt, dass das absolut nicht bindungsgefährdend ist, wenn ich mal eine Grenze setze.
 
M
Benutzer203725  (29) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #9
Das heißt, dass wir gemeinsame Aktivitäten konsensuell besprechen und leben, ohne irgendeinem Rollenbild (wie z. B. klassischer Paarbeziehung) zu entsprechen.
Tendenziell geht das mit Nichtexklusivität einher, wie zum Beispiel bei uns.


Also für mich muss es aktuell auch keine Beziehung sein. Beziehungsweise wüsste ich nicht, was das Label "Beziehung" mir mehr geben würde. Wir machen bereits alles, was wir uns beide aktuell wünschen. Ob mit oder ohne Label ist da ja zweitrangig. Und auch in der Beziehung könnte ich dann ja Angst haben, dass person mich ablehnt oder sich formal trennt.

Das Problem liegt in meiner Angst vor Ablehnung und Verlassenwerden. Fear of abandonment im Englischen.
Klingt furchtbar und hört sich mal so gar nicht anti-mainstream an.
 
M
Benutzer200985  Öfter im Forum
  • #10
Also ich muss hier manchen Usern widersprechen. Die beiden sind -so verstehe ich es zumindest- ehrlich zueinander und gehen respektvoll miteinander um und sie haben eine schöne Zeit zusammen - das ist mehr als viele "richtige" Beziehungen bieten. Klar kann man jetzt spekulieren, dass Bindungsangst und das Bedürfnis, zu machen, was man will, dahintersteckt. Aber selbst wenn: Es gibt ja nicht die eine richtige Beziehungsform. Und wenn's für die beiden passt -und das scheint es ja grundsätzlich trotz der Beziehungsangst- ist das doch erstmal völlig ok. Ich selber habe auch schon eine ähnliche Art von "Beziehung" geführt, heißt: Wir haben das einfach nicht genau definiert. Langfristig wäre es nichts (mehr) für mich, aber ich weiß, dass so was durchaus funktionieren kann.
Sowas ist doch gar nicht auf Dauer und Beständigkeit angelegt.
Würde ich so nicht unterschreiben. Meine Schwester hat fast 4 Jahre so eine Beziehung geführt. Ob die immer so glücklich war..? Vermutlich nicht, aber das sind ja viele richtige Beziehungen auch nicht.

Dennoch würde ich raten, die Beziehungsangst therapeutisch aufzuarbeiten, denn das wird dich ja immer belasten, egal welche Art von romantischer Beziehung du führst.
 
U
Benutzer177622  Sehr bekannt hier
  • #11
Meine Schwester hat fast 4 Jahre so eine Beziehung geführt.
Naja, eigentlich bestätigt das meine Einschätzung - lang ist das ja nicht.

Der Punkt ist ja genau wie du sagst: die Beziehungsform passt für sie nicht.
 
M
Benutzer200985  Öfter im Forum
  • #12
lang ist das ja nicht.
Ich würde sagen, das ist relativ und kommt auch auf das Alter und die gemachten Erfahrungen an. Für mich wäre vierjährige Beziehung sehr lange und auch für sie. Wir hatten beide (bis dahin) noch keine Beziehung, die länger als 2 Jahre ging. Klar, wenn man seit 20 Jahren verheiratet ist, sind 4 Jahre natürlich kurz.
Der Punkt ist ja genau wie du sagst: die Beziehungsform passt für sie nicht.
Mag sein. Für mich ja letztendlich auch nicht. Aber das muss ja nicht für jeden gelten.
 
U
Benutzer177622  Sehr bekannt hier
  • #13
Es ist aus! Trennung ist da! Neu
K
Benutzer196691  (26) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #14
Liebe Nutzer:innen von oben (die, die unten zitiert sind),

6 Monate später - ihr hattet recht. Die andere Person wollte sich nie so richtig auf Verbindlichkeit einlassen. Das Wort Beziehungsanarchie war für die Person nur ein Behelfsmittel, um Bindungsangst zu kaschieren.
Ich denke schon, dass Beziehungsanarchie für manche Menschen funktionieren kann; dazu gehört dann aber auch, offen und transparent und ruhig über Erwartungshaltungen reden zu können. Etwas, was meine Person nie so richtig konnte.

Circa 3 Monate, nachdem wir "zueinander gefunden" haben, hat es angefangen, mir wegen der "Beziehung" richtig schlecht zu gehen. Die ständige Bindungsunsicherheit hat zu starken psychosomatischen Beschwerden geführt (Übelkeit, Angstzustände mit dieser Person, sofortige Nackenverspannungen beim Berühren dieser Person). Und was habe ich gemacht? Na klar, der Person das offengelegt und versucht zu überreden es anders zu tun. Was ich hätte tun sollen? Frühzeitig gehen, als klar wurde, dass diese Person nicht meine Bedürfnisse hinreichend decken kann. Dann wären wir vielleicht auch im Guten auseinander gegangen.

Aktuell sind wir mega zerstritten, dabei teilen wir uns ein sehr großes und zeitintensives Hobby gemeinsam.
Ich empfinde immer noch sehr starken Stress, wenn die Person mir schreibt (z. B. wann sie wo sein wird wegen dem Hobby). Und irgendwann werde ich diese Person auch wieder sehen wegen dem Hobby. Bis dahin muss ich mehr Resilienz aufbauen.
Irgendwelche Tipps dafür?
Ich habe dafür mal ein eigenes Thema aufgemacht: Wie Resilienz nach Trennung aufbauen, um Person bei gem. Hobby wiederzusehen?

Und lass die Finger von Menschen, die selbst gestörtes Bindungsverhalten haben.

Sowas ist doch gar nicht auf Dauer und Beständigkeit angelegt.
Warum lässt du dich auf ein Konstrukt ein, dass deine Angst bedient wie kaum ein zweites es besser könnte.

Klingt furchtbar und hört sich mal so gar nicht anti-mainstream an.
 
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