• Es sind wieder ein paar schöne Fotobeiträge eingetrudelt. Schau sie dir doch einmal hier an und stimme für deinen Favoriten.

Wie kann man diesem Jungen helfen?

HoldenC
Benutzer138875  Beiträge füllen Bücher
  • #1
Ich brauche mal einen pädagogischen Rat.

Ich betreue und trainiere schon längere Zeit eine Fußballmannschaft von Kindern.
Die Kinder sind zwischen 11 und 12 Jahren alt. Das macht oft viel Spaß und kann sehr erfüllend sein:
Manchmal ist es aber auch sehr anstrengend. Ein wenig, wenn man Zeit einteilen und opfern muss, die man eigentlich kaum zur Verfügung hat, vor allem aber, wenn die Bande ihren verrückten Tag hat und es
mitunter drunter und drüber geht. Ich bin da einiges gewohnt und würde sagen, ich habe ein dickes Fell.

Momentan aber, habe ich massive Sorgen mit einem Schäfchen aus der Herde.

F. ist ein 12 Jahre alter, (vorpubertierender) Junge, der mich und seine Mitspieler einfach nur noch auf
die Palme bringt. Seine Art ist grob und verletzend, verbal und körperlich (im Training) geht er andere
Kinder, sowie mich und meinen Trainerkollegen an.

Auf wiederholte Ermahnungen, reagierte er immer ähnlich, zunächst scheinbar einsichtig, zeigte er nach
kurzer Zeit wieder das zermürbende, unsoziale Verhalten.

Seine Art ist dermaßen destruktiv, dass, nach einem Vorfall, bei dem er ein anderes Kind verbal quälte,
mein Kollege ihn nach Hause schickte und ihm die weitere Teilnahme untersagte. Ich war an diesem Tag
nicht vor Ort.

Nun erhielt ich einen Anruf seiner verzweifelten Mutter. F.'s Vater, so verriet sie mir, habe diesen im Kindesalter körperlich misshandelt und verschwand dann, vor ca. 3 Jahren über Nacht ohne Abschied.
Sie beobachtete offenbar hilflos, wie F. sich zu einem verbitterten, pessimistischen Jungen entwickelte.
"Er weiß einfach nicht wohin, mit seiner Wut.", so ihre Aussage.

Da ich weiß, dass ihm sein Team und die Fußballspielerei sehr viel bedeutet und eine der wenigen Sachen
(vielleicht die Einzige) sind, die ihn aufhellen und (zeitweise) auf ein erfreulich gutes Niveau im sozialen Verhalten bringen können, stellen sich mir die Fragen:

Sollte man F. den Stuhl vor die Tür stellen und ihn ausschließen, nachdem schon einige Maßnahmen keine
Besserung erbracht haben?

Wenn seine Mutter und offenbar seine Lehrer es nicht schaffen, ihm Hilfe zukommen zu lassen, welche
Kunstgriffe würden Euch einfallen, um das verzweifelte Kind wieder in die Spur zu begleiten?

Ich danke Euch für Eure Meinungen und Ratschläge.
 
oOmuffinOo
Benutzer113048  Sehr bekannt hier
  • #2
Ganz spontan würde ich sagen, dass das Fußballspielen wichtig für ihn ist und er es weitermachen dürfen sollte. Mit dem Wie kann ich leider nicht weiter helfen. Vielleicht kann man sich mit Mutter und Sohn zusammen setzen und gemeinsam überlegen, was ihm helfen würde, damit er euch und die anderen Kinder nicht angeht bzw. welche "Strafe" er in Ordnung fände bzw. ihm helfen würde, dass er sich zusammenreißt?

Allerdings denke ich, dass es ganz sinnvoll wäre, ihn mit einem Psychologen sprechen zu lassen. Misshandlung und dann den Vater ganz verlieren, ist sicher nichts, dass ein kind in dem Alter einfach so wegsteckt ohne professionelle Hilfe.
 
Zuletzt bearbeitet:
N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • #3
Ich denke, dass es ganz wichtig ist, dem Jungen den Fußball nicht zu nehmen. Eine Schnelllösung des Problems habe ich nicht. Dennoch denke ich, dass es langfristig, neben dem Psychologen, wichtig ist, dem Jungen positive Erlebnisse mit (erwachsenen) Männern zu ermöglichen. Falls du in einer großen Stadt wohnst, kannst du mal schauen, ob es ein 1:1-Mentoring gibt. In vielen großen deutschen Städten gibt es z.B. Big Brothers Big Sisters. In diesem Mentoring-Programm bekommt ein Kind einen erwachsenen Mentor. Das können Studenten sein, oder aber auch ältere Menschen, die sich gern ehrenamtlich mit Kindern beschäftigen wollen. Als Mentor muss man auch seinen Strafregisterauszug einreichen, sodass sich dort keine Menschen mit unlauteren Absichten im Programm tummeln. Letzten Ende wäre es eine Möglichkeit für den Jungen, einen erwachsenen, männlichen Mentor zu bekommen, der sich in der Freizeit mit dem Jungen beschäftigt. Nicht als Vaterersatz, sondern als Freund und großer Bruder, sodass der Junge die Möglichkeit hat, positive Erfahrungen mit Männern zu sammeln.
 
SchafForPeace
Benutzer12529  Echt Schaf
  • #4
Weiterspielen lassen würde ich ihn auch, aber eindeutig mit der Ansage, dass das Training für ihn mit jedem (zu) krassem Fehlverhalten sofort unterbrochen ist oder auch für den heutigen Tag beendet.
War seine Mutter schon beim Haus-/Kinderarzt? Was sagen die, auch bezüglich einer Therapie? Mit drei Jahren hat er sicherlich einiges mitbekommen, kann gut sein, dass das für das heutige Verhalten ein Auslöser oder zumindest mit-auslösender Faktor ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lissy_20
Benutzer4030  Meistens hier zu finden
  • #5
Weiterspielen lassen würde ich ihn auch, aber eindeutig mit der Ansage, dass das Training für ihn mit jedem (zu) krassem Fehlverhalten sofort unterbrochen ist oder auch für den heutigen Tag.

Der Meinung bin ich auch. Sonst steigen irgendwann dir/euch die anderen Eltern aufs Dach, wenn einer immer "grundlos" gewalt anwendet und die anderen Kinder drunter zu leiden haben.

Es ist schwierig, zum einen tun einen "solche" Kinder leid, zum anderen wird das Training immer gestört. Mich würde auch interessieren, ob psychologisch da schon etwas gemacht worden ist.
 
SpacemanSpiff
Benutzer155192  Verbringt hier viel Zeit
  • #6
Ich würde ihm klar und deutlich Grenzen setzen / auf Einhaltung der Fairnessregeln bestehen. Freundlich aber konsequent , so dass er nicht das Gefühl bekommt, du seist "böse" und er "schlecht". Dann kannst du nur hoffen, dass er es schafft sich daran zu halten. Und wenn, kannst du ihn ja dafür loben, dass er so fair war / gut gespielt hat etc. ich glaube er braucht diesen Schub fürs Selbstbewusstsein. Wenn er weiter andere attackiert musst du ihn ausschließen oder auf die Bank setzen, aber mach klar, dass das wegen des Regelverstoßes ist und nicht weil du ihn nicht dabeihaben willst.
 
Damian
Benutzer6428  Doctor How
  • #7
Ich bin da etwas zwiegespalten. Meine Gedanken dazu:

1. Du hast eine Verpflichtung nicht nur ihm gegenüber, sondern auch den anderen Kindern gegenüber.
2. Du kannst seine Probleme nicht lösen.

Das einzige was du versuchen kannst ist, wenn du ihn quasi alleine beiseite nimmst (dazu braucht es min mal 15 Minuten Zeit) und das ohne, dass seine Mutter noch dabei ist (sonst fühlt er sich auch nur in die Zange genommen). Ihm dann erklären, dass du ihn ein bisschen verstehen kannst, es aber nicht funktionieren wird wenn er so weiter macht. Aktuell hat er die gelbe Karte. Wenn er nochmal anfängt Probleme zu machen oder auch nur Grenzen auszutesten um zu gucken wie weit er gehen kann, gibt's die rote Karte und dann ist Sense.
Vielleicht öffnet er sich ein wenig. Vielleicht kannst du ihm anbieten vor dem Training nochmal ne richtig heftige Runde zu rennen oder ein paar Mal kräftig aufs Tor zu bolzen, damit da mal die Energie raus kann.

Am Ende muss er es aber selbst wollen. Spielt er nicht mit, dann kannst du ihn leider nur ausschließen und der Mutter raten, sich vielleicht doch noch Hilfe zu suchen oder ihn erstmal Ausdauersport machen zu lassen um Dampf abzulassen. Dann müssen die anderen vor gehen.

Ein Gedanke vielleicht noch: Du weißt nicht, was noch alles schief gelaufen ist und ob die Mutter nicht vielleicht auch einen guten Knacks weg hat und nicht für ihren Sohn da sein kann. Du kannst in dem Fall ohnehin nicht viel ausrichten. So traurig das auch ist.
 
Demetra
Benutzer155480  (41) Sehr bekannt hier
  • #8
Ich denke auch, dass Du neben dem Wohl dieses einen Kindes auch nicht das Wohl der Mannschaft aus den Augen verlieren solltest. Wenn er Mist baut, wird er gehen müssen.

Sprich dennoch mit der Mutter und versuch mal, sie von einer Therapie für den Jungen und sich selbst zu überzeugen.

Dem Kind selbst gegenüber musst Du in Deinen Ansagen und Handlungen konsequent sein. Er wird nicht lernen, sich in ein normales Sozialgefüge einzupassen, wenn er das gar nicht will. Führ ihm die Konsequenzen drastisch vor Augen.
 
HoldenC
Benutzer138875  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #9
Vielen Dank für die bisherigen Antworten!

In vielen großen deutschen Städten gibt es z.B. Big Brothers Big Sisters. In diesem Mentoring-Programm bekommt ein Kind einen erwachsenen Mentor.
Ein sehr hilfreicher Gedanke! Ich wußte bisher nichts von einem solchem Programm.
Ein großes Problem stellt ja dar, dass der Junge offenbar durch den Verrat seines Vaters, große Probleme mit der Vertrauensbildung zu Erwachsenen dürfte, da er den väterlichen Verrat nicht von anderen Männern in dessen Alter
trennen kann. Wenn nun also ein solcher Mentor ein junger Student sein könnte, würde es ihm möglicherweise
leichter fallen, Vertrauen zu bekommen.


Du hast eine Verpflichtung nicht nur ihm gegenüber, sondern auch den anderen Kindern gegenüber.
Völlig richtig und das ist auch der grenzwertige Punkt, bezüglich seiner weiteren Teilnahme. Gerade im Falle des Jungen, der von ihm regelrecht systematisch diskriminiert wurde. Auch ihm gegenüber sehe ich mich nämlich als Schutzbefohlener.

Aktuell hat er die gelbe Karte. Wenn er nochmal anfängt Probleme zu machen oder auch nur Grenzen auszutesten um zu gucken wie weit er gehen kann, gibt's die rote Karte und dann ist Sense.
Er hat wirklich schon ein paar dieser "gelben Karten" eingesammelt. Ich habe in dieser Beziehung nicht weggeschaut.
Von daher bin ich überzeugt, dass er Konsequenzen zu spüren bekommen sollte.

Solche zu finden, die ihn auch dauerhaft einsichtiger machen, indes, scheint nicht ganz einfach ...

Freundlich aber konsequent , so dass er nicht das Gefühl bekommt, du seist "böse" und er "schlecht". Dann kannst du nur hoffen, dass er es schafft sich daran zu halten.

Ich bemühe mich immer um Freundlichkeit, brülle nicht herum und maßregele Kinder grundsätzlich nicht vor Anderen, sondern nehme sie zur Seite. Ich habe bestimmt drei 10-minütige Gespräche mit ihm unter vier Augen geführt.
Rational weiß er sicher, dass ich ihm nicht übel gesonnen bin, ich denke auch hier macht ihm seine kindheitliche Erfahrung einen Strich durch die guten Vorsätze.
Ich gebe Dir Recht in dem Punkt, dass Lob und Zuspruch, vieles bewirken kann. Vielleicht hat er tatsächlich wenig Anerkennung aus der Gruppe und von uns Betreuern für die durchaus guten Dinge erfahren, bei all dem Mist, den er so verzapft. Könnte ein Hebel sein.

welche "Strafe" er in Ordnung fände bzw. ihm helfen würde, dass er sich zusammenreißt?
Auch ein interessanter Gedanke. Zu fragen: "Was hältst Du eigentlich für gerecht?" oder "Wie/würdest Du Dich eigentlich bestrafen?" Vielleicht kann er sein Verhalten dadurch reflektieren.

War seine Mutter schon beim Haus-/Kinderarzt? Was sagen die, auch bezüglich einer Therapie?
Ich halte die Mutter für ratlos und auch überfordert, leider. Sie scheint überdies ebenfalls sehr misstrauisch zu sein.
Ich kann natürlich diesen Punkt ansprechen, ob dann eine Handlung erfolgt, liegt außerhalb meiner Reichweite.

Der Vorteil den das von N Noir Désir vorgeschlagene Mentoring hätte, ist auch der, dass ein solcher Einstieg vermutlich eine niedrigere Schwelle für Junge und Mutter hätten, als eine Prozedur, die über Ärzte führt.
 
Damian
Benutzer6428  Doctor How
  • #10
Wenn du schon mehrfach mit ihm geredet hast und das durchaus im Guten mit entsprechenden Strafen, dann finde ich bist du an dieser Stelle schon raus...
Du kannst ihn nicht alleine auffangen, das muss seine Mutter tun. Das ist schon ziemlich traurig...
 
Triton
Benutzer146142  (45) Benutzer gesperrt
  • #11
Ich gebe Dir Recht in dem Punkt, dass Lob und Zuspruch, vieles bewirken kann. Vielleicht hat er tatsächlich wenig Anerkennung aus der Gruppe und von uns Betreuern für die durchaus guten Dinge erfahren, bei all dem Mist, den er so verzapft. Könnte ein Hebel sein.
Ich habe zwar eher Erfahrung mit etwas älteren Jungen, ab 15. Bin aber dennoch der Meinung, dass ein von dir moderiertes Gespräch mit (dir geeignet erscheinenden Mitgliedern) der Mannschaft durchaus dazu beitragen könnte, den 'Ausreißer' wieder in die Gruppe zu integrieren. Erster Schritt dabei wäre, ihm klarzumachen, dass er gar nicht außerhalb steht. Setzt natürlich eine gewisse Reife (und Großzügigkeit) der Teilnehmer voraus. Ich denke allerdings nicht, dass ihr als Betreuer im Alleingang viel ausrichten könnt: der Junge sucht Anerkennung und Beachtung im gesamten sozialen Umfeld, nicht nur durch euch.
 
Syleena
Benutzer27629  (40) Meistens hier zu finden
  • #12
Man könnte die Mutter aufmerksam machen auf die Elternkurse beim Kinderschutzbund, da sie sehr überfordert scheint im Umgang mit dem Jungen und sie ja auch den Hauptanteil der Erziehung trägt.
Beim Fußballtraining ist es natürlich eine grundsätzliche Frage wie man mit antisozialem Verhalten umgeht, also ob derjenige auf die Bank muss, ein paar Extrarunden rennen oder was da so üblich ist.
Der Junge sollte natürlich keine zu große Aufmerksamkeit für solch antisoziales Verhalten bekommen, sondern sich erstmal abreagieren oder beruhigen. Wenn es wirklich jedesmal zu extremen Auffälligkeiten kommt, ist das natürlich für die ganze Gruppe echt schwierig. Für manches Verhalten muss es meiner Meinung nach auch keine Ermahnungen vorab geben, sondern direkte Konsequenzen. Das betrifft vor allem Angriffe gegen andere Kinder.
Es muss ja nicht der komplette Ausschluss sein, vielleicht hilft ja auch eine kurzzeitige Maßnahme.
Evtl. kann es auch helfen, vor dem eigentlichen Training bestimmte grundlegende Verhaltensregeln festzulegen (nicht jedes mal, aber einmal grundsätzlich und ggf. eine Auffrischung, wenn es mal wieder zu oft eskaliert).
Diese Regeln können auch zusammen mit den Kids entwickelt und dann in einem Gruppenbeschluss festgehalten werden. Auch die Konsequenzen können in so einem Zusammenhang besprochen oder aufgezeigt werden.
Vielleicht besteht auch mal die Möglichkeit teamstärkende Maßnahmen durchzuführen, also Vertrauensübungen etc. mit einer anschließenden kurzen Reflexion.
Es kann ja auch mal darum, den Teamgedanken zu vermitteln, der bei so einem Gruppensport wichtig ist, als kleinen Impuls vor jedem Spiel oder so.
Wenn es zwischen zwei Kids zu schwerwiegenden Verhaltensweisen kam, kann ein moderiertes Gespräch helfen, aber ich schätze, manches dieser Vorschläge überschreiten vielleicht auch die Möglichkeiten als ehrenamtlicher Fußballtrainer.
Sind nur so spontane Ideen. Da solltet ihr auch als Trainer untereinander euch abstimmen, was machbar ist.
 
HoldenC
Benutzer138875  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #13
Triton Triton
Ja, ich bin mir sicher, dass es ihm vornehmlich um Anerkennung un Bestätigung geht. Den Kredit auf Nachsicht hat er in der Gruppe von Gleichaltrigen bereits verspielt, wie ich befürchte. Kinder in diesem Alter sind, meiner Erfahrung nach, nicht zuallererst auf Diplomatie bedacht, von daher würden seine Mitspieler vermutlich einen ersten Schritt von F. erwarten, verständlich. Ich möchte auch kein Tribunal veranstalten, bei dem der Junge sich für etwas rechtfertigen muss, dessen Ursache er selber nicht ergründen kann. Einen Versuch wäre es trotzdem möglicherweise wert. Vielen Dank, für Deine Einschätzung!

Syleena Syleena Den Punkt mit den teamstärkenden Maßnahmen finde ich inspirierend. Eventuell hilft es,
wenn man ihn in diesem Zuge, Verantwortung für andere überträgt und er selbst mal in die Rolle des Schützenden und Ordnenden schlüpfen muss. Wie etwa beim Klettern, oder Ähnlichem. Ich denke mal darüber nach. Danke, auch an Dich!
 
Triton
Benutzer146142  (45) Benutzer gesperrt
  • #14
Den Kredit auf Nachsicht hat er in der Gruppe von Gleichaltrigen bereits verspielt,(...)
Unterschätze nicht die Integrationskraft einer (gutwilligen) Gruppe. Ich meinte auch sicher kein Tribunal vor versammelter Mannschaft, nur einen kleinen Kreis von höchstens 3 - 4 verständigen Mitspielern. Im Übrigen finde ich gut, dass du als Betreuer dir solche Gedanken machst; manch eine/r hätte ihn heimgeschickt und fertig. Positiv finde ich, dass sich sein Verhalten deiner Beschreibung nach öffentlich abspielt, also nicht im Verborgenen hinter eurem Rücken stattfindet. Solange das so ist, könnt ihr immerhin direkt Einfluß nehmen und braucht nicht nach hörensagen zu urteilen. Videobeweis gips ja noch nicht bei euch :smile:
 
cocos
Benutzer102673  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #15
Also neben dem, was schon gesagt wurde, fällt mir noch weiter ein:

- Dreh- und Angelpunkt ist das Elternhaus. Es könnte sein, dass er deswegen in Schule und Sportverein Stunk macht, weil zu Hause nicht reagiet wird. Er forciert die Reaktionen durch sein Fehlverhalten. Dein Handlungsspielraum scheint mir begrenzt, und teamstärkende Maßnahmen wären eben dann sinnvoll, wenn er - wie auch alle anderen - sich an die Regeln hält. Ansonsten ist es an der Mutter, hier die Hebel in Bewegung zu setzen bzw. der Schule, bei entsprechenden Verdachtsmomenten das Jugendamt zu kontaktieren.

- Ihn bei Fehlverhalten aus dem Training zu nehmen und eben auch komplett zu suspendieren finde ich persönlich sinnvoll. Positive Bestärkung wäre ein Stichwort, was mir einfiele. Ihm keine Bühne für sein Fehlverhalten geben. Und regelkonformes Verhalten belohnen - bei allen, die sich an die Regeln halten.

- Verlässliche Aufmerksamkeit bekommt er bislang v.a. bei Fehlverhalten. Er wird dann von Euch Trainern wahrgenommen und bekommt eine Einzelbehandlung in Form von Gespräch. Und weiß, dass er in der nächsten Zeit beobachtet wird. In dem Moment, wo Ihr es dann wagt, ihm evtl. zu vertrauen, baut er wieder Mist. Natürlich so, dass Ihr es mitbekommt. Es ist vielleicht auch ein Machtspielchen.

- 11-13 scheint mir generell bei Jungen ein sehr intensives, emotionales ...und für Erwachsene ein anstrengendes Alter zu sein .
 
Paulebaer1979
Benutzer152594  (44) Verbringt hier viel Zeit
  • #16
- Ihn bei Fehlverhalten aus dem Training zu nehmen und eben auch komplett zu suspendieren finde ich persönlich sinnvoll. Positive Bestärkung wäre ein Stichwort, was mir einfiele. Ihm keine Bühne für sein Fehlverhalten geben. Und regelkonformes Verhalten belohnen - bei allen, die sich an die Regeln halten.

Da würde ich auch ansetzen. Bei Regelverletzungen ein paar Runden drehen lassen, Liegestütz oder ähnliches aber keine weitere Beachtung. Er sucht Beachtung und findet sie (leider) nur durch negatives Verhalten. Also richtiges Verhalten loben und falsches Verhalten bis auf Aussprechen einer Strafe ignorieren.
 
cocos
Benutzer102673  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #17
Off-Topic:
Ich meinte "positive Verstärkung", sorry!
 
A
Benutzer Gast
  • #18
Ich würde ihn mal ins Gebet nehmen und es ihm einfach direkt sagen wie es ist, statt hinter seinem Rücken mit der Mutter und den anderen Kindern irgendeinen "Deal" zu machen, bei dem er sich übergangen fühlen könnte.
"Ich hab gehört, was mit deinem Vater war. Ich will mir nicht anmaßen, zu verstehen, die du dich genau fühlst, doch es tut mir leid. Wenn du das rauslassen musst, und normaler Fußball nicht genug ist, schaff dir einen Sandsack an oder schlag gegen einen Baum, aber lass es nicht an den anderen Kindern aus. DU bist nicht der einzige Mensch mit Problemen und durch dein wütendes Verhalten den anderen gegenüber machst du dich nur zum Affen. Wenn du dich weiterhin so verhälst, hast du hier nichts mehr zu suchen."
 
schuichi
Benutzer135918  Sehr bekannt hier
  • #19
Ständige neue Chancen sind auch nicht gut so lernt der Jung nie Konsequenzen zu tragen.

Man muss da einen mittelweg finde. doch muss er deutlich merken wenn was falsch läuft.

Ich finde die Idee mit dem sofortigen Heimschicken ganz gut. Würde auch als Strafe eine Ausschluss von Spielen beführworten. Aber wie schon gsagt keine kompletten Ausschluss.

Frag doch mal mit der Mutter beim Jugendamt an was es da für Hilfestellungen gibt die sind da die Anlaufstelle um auch Theraphien bezahlt zu bekommen .
 
Rosoideae Fragaria
Benutzer147358  (30) Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #20
In meiner ehamaligen Jugendgruppe gibt es einen Jungen mit ähnlicher Vergangenheit. Eine Lösung wurde nicht gefunden, was aber auch an einem Zerwürfnis unter den Betreuern liegt.
Meiner Meinung nach hält man keinen Jugendlichen durch 1-2 h die Woche, wenn das Leben einfach problematisch ist. Schau dir mal ein paar Theorien zur Elebnispädagogik an, es gibt z.B. Projekte auf Segelschiffen die mehrere Wochen dauern. Oft ist es danach für eine Zeit besser, aber umso mehr doe Kinder woeder in ihren gewohnten Alltag kommen, desto mehr wendet sich ihr Verhalten auch wieder zum Problematischeren.
Wir haben es bei uns mit erlebnispädagogischen Elementen versucht, was auch ganz gut gegriffen hat. Man darf sich nur nicht vormachen ein Kind so "retten" zu können, dazu ist deine Wirkzeit einfach zu begrenzt. Es kann aber zumindest den zusammenhalt im Team wieder einigermaßen hinbiegen.
Meiner Erfahrung nach müsst ihr da aber konsequent dran bleiben. Nachdem wir das ein bisschen habem schleifen lassen, wurde es wieder schwieriger. Und man darf sich nicht davon abhalten lassen das kurzzeitg ein ganz klein bisschen Verdruss vei den Teilnehmern herschen kann, Scheitern (und vor allem der Umgang mit diesem Gefühl) ist ein Teil der Aufgaben.

Bei uns endete es damit das wir Beteeuer uns über die Frage des Richtigen Umgangs mit diesem Kind verworfen haben, ein anderes Kind die Gruppe verließ weil es die Agression nicht ertrug und ein weoteres Kind kurz vorm Ausstieg ist.
Die kurzzeitige Besserung durch die erlebnispädagogischen Elemente ist schnell woeder verflogen, weil wir als Betreuer nicht einheitlich dahinter standen. Dadurch wurde es 1. nach ersten Erfolgen schleifen gelassen und 2. nicht in den Alltag übertragen. Wenn man sich als Betreuerstab einig ist, bietet Elebnispädagogik aber viele gute Möglichkeiten.
 
Streuselchen
Benutzer34605  (38) Sehr bekannt hier
  • #21
Ich hatte mal einen Patienten, der ebenfalls als kleines Kind misshandelt wurde. Da es unter seinem 6. Lebensjahr geschah, hatte er gute Chancen, das relativ schnell aufarbeiten zu können. Die Verwandtschaft war bemüht, er ging zum Psychologen und bei mir bekam er Sprachtherapie. Er war sehr verhaltensauffällig, schwierig, ja manchmal aggressiv, aber dennoch ein, meiner Meinung nach, lieber kleiner Junge (Hatte schon ganz andere Kinder, die nicht so behandelt wurden). Ich kam insgesamt gut mit ihm klar.

Da ich für solche Fälle nicht vom Fach war, habe ich mich natürlich auf seine Sprache konzentiert (die für sein Alter sehr zurück war aufgrund des Traumas). Was aber die ersten Monate viel wichtiger war als die Sprach- und Sprechübungen: Liebe geben. Ich habe die ersten Stunden nur gespielt mit dem Kind. Ich habe Spaß gemacht, sein Vertrauen gewonnen (das hat gedauert!). Die erste Zeit musste seine Betreuungsperson immer mit im Raum sein. Er war so verstört, dass er bei jeder Kleinigkeit ihren Blickkontakt suchte, ob das jetzt okay ist, was ich mit ihm mache. Aber es wurde besser, langsam, aber es wurde.

Es ist wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Hat das die Mutter schon getan? Misshandlung in jeder Form ist so mit das schlimmste, was man solchen jungen Wesen antun kann. Um sie aufzufangen, muss mit Zuneigung, Liebe, Vertrauen, aber auch mit Konsequenz, was er eben selbst nicht tun darf, nur so um sich geschüttet werden. Und es wird Zeit in Anspuch nehmen, sehr viel Zeit.

Dein Schützling ist schon sehr groß, das macht es umso schwieriger und umso wichtiger, jetzt richtig und schnell zu handeln.

Was die Mutter tun kann: Einen Psychologen einschalten.
Was du selbst tun kannst: Ihn natürlich weiterhin Fußball spielen lassen, aber ein besonderes Auge auf ihn werfen, sein Vertrauen behalten, konsequent sein Fehlverhalten aufzeigen, aber selbst nicht mit der gleichen Art zurückschlagen. Das ist es, was er kennt: Misshandlung, Bestrafung, Gewalt.
er braucht Liebe, Freundschaft, und einen konsequenten Weg, ihm das Richtige zu zeigen und zu lehren.

Viel Erfolg und alles Gute!
 
Rosoideae Fragaria
Benutzer147358  (30) Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #22
Ihn natürlich weiterhin Fußball spielen lassen, aber ein besonderes Auge auf ihn werfen, sein Vertrauen behalten, konsequent sein Fehlverhalten aufzeigen,
Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Das wäre durchaus hilfreich, ist aber leider in den meisten Jugendgruppen über einen längeren Zeitraum kaum zu leisten. So traurig es ist.
Ich kenne das Betreuerverhältnis bei HoldenC HoldenC nicht, wurde aber mal vermuten ~12:2, an manchen Tagen vielleicht auch nur ~12:1. Auch die anderen Kinder brauchen Aufmerksamkeit. Oft gibt es auch nicht nur einen etwas schwierigeren Fall.
Die Aufmerksamkeit die manche Kinder brauchen, kann in Gruppen leider nicht immer gegeben werden.
 
Streuselchen
Benutzer34605  (38) Sehr bekannt hier
  • #23
Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Das wäre durchaus hilfreich, ist aber leider in den meisten Jugendgruppen über einen längeren Zeitraum kaum zu leisten. So traurig es ist.
Ich kenne das Betreuerverhältnis bei HoldenC HoldenC nicht, wurde aber mal vermuten ~12:2, an manchen Tagen vielleicht auch nur ~12:1. Auch die anderen Kinder brauchen Aufmerksamkeit. Oft gibt es auch nicht nur einen etwas schwierigeren Fall.
Die Aufmerksamkeit die manche Kinder brauchen, kann in Gruppen leider nicht immer gegeben werden.

Darum ja auch die professionelle Hilfe suchen von Seiten der Mutter. "Besonderes Auge auf ihn werfen" heißt ja nicht, ihn nonstop mit Adleraugen zu verfolgen und auch nicht automatisch, dass die anderen weniger beachtet werden sollen, sondern dass man halt weiß, womit man es zu tun hat und dementsprechend handelt.
 
Rosoideae Fragaria
Benutzer147358  (30) Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #24
und auch nicht automatisch, dass die anderen weniger beachtet werden sollen,
In einer Gruppe mit sehr gutem Beteuungsverhältnis ist das auch eine wirklich gute Möglichkeit.
Wenn das Betreuungsverhältnis aber so aussieht das du 100% deiner Aufmerksamkeit auf alle Kinder gleichzeitig verteilen musst, bleibt nichts über um bei einem Kind noch ein kleines Schüppchen drauf zu legen. Klar kann man die Aufmerksamkeit mal kurzzeitig umverteilen, wenn notwendig. Die geht aber automatisch bei den anderen ab.

sondern dass man halt weiß, womit man es zu tun hat und dementsprechend handelt
Dann habe ich leider nicht ganz verstanden was du mit "ein Auge auf ihn werfen" meinst. :unsure:
Ich hatte Holdens Problem so verstanden das die "standart" Aufmerksamkeit für dieses Kind nicht reicht.
 
Serenity
Benutzer505  Team-Alumni
  • #25
Vorsicht Laie.

Ich würde nicht versuchen besondere Regelungen für ihn zu treffen, sondern Regeln für alle festzulegen und die Teambildung zu fördern. Beleidigung? 20 Liegestütze. Unnötige Härte im Spiel? 2 Runden auf dem Platz. 3x daneben benommen? Sperre fürs nächste Spiel / Rauswurf für diesen Tag / wasauchimmer. Sowas kann man auch zusammen ausarbeiten (wie hier ja schon mal vorgeschlagen) und wie einen Vertrag von allen unterschreiben lassen. So bekommt es was "Erwachsenes". Du könntest auch das Kartensystem gelb / gelb-rot / rot verwenden, das kennen die Kids ja schon und können so abschätzen, wie schwerwiegend der Verstoß dann war. Oder alternative Farben nur intern, wenn das zu Verwirrungen mit den "offiziellen" Karten führt (ich hab keine Ahnung von Fußball :zwinker: )

Wenn jemand gegen die Regeln verstößt, nicht diskutieren oder groß Aufmerksamkeit schenken, sondern kurz begründen und klare Ansagen machen "Max, du hast dem anderen weh getan, gelb-rote Karte, 2 Runden um den Platz!"

Ich würde mir außerdem überlegen, wie man gutes Verhalten belohnen kann (wobei gut schon heißt, dass man sich nicht daneben benommen hat :zwinker: ). Bei einer Jugendgruppe hier hängen Plakate an den Wänden, wo neben dem Kindernamen grüne, rote und gelbe Punkte aufgeklebt sind - je nachdem wie das Kind sich an dem Tag benommen hat. Scheint zu funktionieren, auch wenn ich da eine gewisse Bloßstellungsgefahr sehe und natürlich das Sammeln von roten Punkten auch ein Ansporn sein kann. Auch hier würde ich eher auf die Mannschaft gehen: Bei zusammengezählt 100 grünen Punkten gibt der Trainer ein Eis aus, gelbe Punkte sind neutral, jeder rote zieht einen grünen Punkt ab. Da musst du aber sehr drauf achten, dass aus "oh, ich bin Teil des Teams und möchte uns nicht das Eis versauen" nicht ein "der Depp versaut uns die Punkte" wird.

Ansonsten sind natürlich gemeinsame Aktivitäten wie Feste, Ausflüge und Co. sehr gut für den Zusammenhalt, da ist nur die Frage, was ein solcher Verein da leisten kann..

Also zusammengefasst wäre mein Ansatz: Klare Regeln, dafür sorgen, dass der Junge sich als Teil des Teams fühlt und ihm vermitteln, dass er sich nicht um Aufmerksamkeit schlagen muss (im wahrsten Sinne des Wortes). So fällt auch kein anderes Kind hinten runter. Und auch ich würde das Gespräch mit der Mutter suchen und zusehen, dass der Junge einen Platz beim Kinderpsychologen bekommt.
 
Streuselchen
Benutzer34605  (38) Sehr bekannt hier
  • #26
Dann habe ich leider nicht ganz verstanden was du mit "ein Auge auf ihn werfen" meinst. :unsure:
Ich hatte Holdens Problem so verstanden das die "standart" Aufmerksamkeit für dieses Kind nicht reicht.

Achso.
Also, er soll keine Sonderstellung in der Gruppe erhalten, aber wenn man weiß, mit welchem Hintergrund er sich in der Truppe bewegt, hat man ja automatisch eben "ein Auge auf ihn". Normales Beobachten reicht aus. Aber eben mit speziellem Hintergrundwissen jetzt durch die Infos der Mutter. Ein Handeln der Mutter sehe ich auch als notweniger ein. Wenn nicht sowieso schon längst geschehen, verstehe ich auch nicht, warum das bisher nicht passiert ist.
 
cocos
Benutzer102673  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #27
Wenn nicht sowieso schon längst geschehen, verstehe ich auch nicht, warum das bisher nicht passiert ist.
Nun ja, also allein die Tatsache, dass sie dem Fußballtrainier ihres Sohnes ihr Leid klagt, könnte Hinweis darauf sein, dass sie nicht mal in der Lage ist, sich selbst zu helfen. Sie wird auch einen Anteil am Sein und Werden ihres Sohnes haben - und müsste demtensprechend mit auf die Psychocouch.

Oft ist es so: Kinder werden auffällig - und es hat allermeistens etwas mit der Sozialisation im Elternhaus zu tun. Aber das Kind, was nicht funktioniert, soll dann gefälligst vom Therapeuten wieder heilegemacht werden. Machen Eltern dann überraschender- und sinnvollerweise doch mal eine Therapie mit, wird sie sehr oft abgebrochen, in dem Moment, wo es auch für die Eltern ans Aufarbeiten und ans Eingemachte geht.

Ich wäre schon gespannt und würde gerne auf dem Laufenden gehalten werden, aber, um mal meine hellseherischen Fähigkeiten zum Besten zu geben:
Letztendlich halte ich für realistisch - da Du die Welt nicht wirst retten können, HoldenC HoldenC und auch nur denjenigen helfen kannst, die dies annehmen - dass der Junge auf kurz oder lang das Team entweder kaputtmacht, oder gehen müssen wird.


PS: Seinen Vater würde ich ihm gegenüber übrigens nicht ansprechen, es sei denn, er sucht das Gespräch selbstständig. Und auch wenn die Mutter dies betont - das Trauma des verlorengegangen Vaters war EIN Faktor. Und dann wäre SIE dran gewesen, zu handeln. Er weiß wahrscheinlich selbst nicht, warum er so handelt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Streuselchen
Benutzer34605  (38) Sehr bekannt hier
  • #28
Oft ist es so: Kinder werden auffällig - und es hat allermeistens etwas mit der Sozialisation im Elternhaus zu tun. Aber das Kind, was nicht funktioniert, soll dann gefälligst vom Therapeuten wieder heilegemacht werden. Machen Eltern dann überraschender- und sinnvollerweise doch mal eine Therapie mit, wird sie sehr oft abgebrochen, in dem Moment, wo es auch für die Eltern ans Aufarbeiten und ans Eingemachte geht.

Ja, das musste ich auch schon auf Therapeutenseite durchmachen. Elternarbeit ist ein großes Stück weit schwieriger als die Arbeit mit dem Kind selbst. Und darum gerade bei solchen Fällen umso wichtiger.
 
banane0815
Benutzer44981  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #29
Es ist natürlich eine schöne Sache, wenn man mit dem Sport einem Kind helfen kann, das irgendwelche Probleme hat.
Aber trotzdem sollte man nicht vergessen, dass diese Hilfe zwar ein schöner Nebeneffekt des Sports ist, aber eben auch nicht mehr. Immerhin hast du auch noch den Rest deiner Mannschaft, der einfach nuf Fußball spielen und Spaß haben will.
Wenn dieser eine problematische Junge nun die gesamte Mannschaft terrorisiert und ihr einfach keinen Weg findet, wie ihr ihn irgendwie in den Griff bekommen könnt, bleibt euch kaum etwas anderes übrig, als ihn rauszuwerfen. Das ist natürlich unschön. Aber sonst werden sich die anderen Kinder und deren Eltern eben auch über kurz oder lang überlegen, ob das noch der richtige Verein, bzw. die richtige Mannschaft ist, so dass die Mannschaft im schlimmsten Fall wegen diesem einen Kind auseinanderbricht.

Ich hatte als Trainer und Betreuer bei diversen Sportveranstaltungen auch schon das eine oder andere problematische Kind.
Mit den meisten Kindern hat es irgendwie geklappt, wenn ich mich bemüht habe, konsequent zu sein und alle Kinder gleich zu behandeln (also auch bei den normalerweise unproblematischen Kindern konsequent sein und dafür auch das schwierige Kind genau so loben, wenn es etwas gut macht).
Aber bei einem Kind kam ich auch an meine Grenzen und habe es nicht geschafft, ihn zu einem Verhalten zu bewegen, das es mir ermöglicht hätte, auch nur meiner Aufsichtspflicht gerecht werden zu können. Obwohl er mir wirklich leid tat (weil ich sehen konnte, dass sein Fehlverhalten ein einziger, verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit war, die er von seinen wohlhabenden, aber leider viel zu gestressten Eltern nie bekommen hat), gab es da die klare Ansage, dass ich ihn beim nächsten Fehlverhalten vom Kurs ausschließe und ich hätte es auch getan, wenn er nicht davor schon krank geworden wäre.

Und ansonsten kannst du ja auch nochmal das Gespräch mit der Mutter suchen und ihr sagen, dass du ihn nicht in der Mannschaft lassen kannst, ohne den Fortbestand der Mannschaft zu sichern, ihr gleichzeitig andere Hilfsmöglichkeiten (Psychologe, Mentoring-Programm, o.Ä.) empfehlen und ihr versichern, dass du ihrem Sohn gerne eine weitere Chance gibst, wenn sich sein Verhalten durch andere Maßnahmen verbessert hat.
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Bei einer Jugendgruppe hier hängen Plakate an den Wänden, wo neben dem Kindernamen grüne, rote und gelbe Punkte aufgeklebt sind - je nachdem wie das Kind sich an dem Tag benommen hat. Scheint zu funktionieren, auch wenn ich da eine gewisse Bloßstellungsgefahr sehe und natürlich das Sammeln von roten Punkten auch ein Ansporn sein kann.
Das finde ich gerade aus den von dir genannten Gründen sehr problematisch. Eigentlich sehe ich bei diesem schwierigen Jungen nur zwei Möglichkeiten:
1. Es ist für ihn ein weiterer Rückschlag, zu sehen, dass er mehr rote Punkte sammelt, als der Rest der Mannschaft.
2. Da es für ihn leichter ist, rote, als grüne Punkte zu bekommen und er auch für rote Punkte Aufmerksamkeit bekommt, versucht er, möglichst viele rote Punkte zu sammeln.

Bei einer Wochenend-Veranstaltung meines Sportvereins gab es mal ein solches Punktesystem - und das ist auch ganz ohne besonders schwierige Kinder nicht gut ausgegangen, weil das Kind mit der schlechtesten Bewertung das als schwere Demütigung empfand.
 
HoldenC
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Off-Topic:
Ich danke Euch für die hilfreichen Vorschläge, Einschätzungen und Denkanstöße! :smile:


Grundsätzlich gibt es gewisse Regeln, das Team betreffend und mit wenigen Ausnahmen funktionieren diese gut.
Diese betreffen das Verhalten während des Training und Spiels und auch ein paar Vereinbarungen, die die Organisation erleichtern, wie etwa die Absage oder einen Aufräumdienst in der Umkleidekabine.

Ein, wie von Serenity Serenity angesprochenes, Belohnungssystem, ist tatsächlich in manchen Fällen ein motivierender "Türöffner" für die Kinder, in kleinerem Rahmen machen wir so etwas, allerdings immer in kleinen Gruppen, die gegeneinander antreten. Dokumentieren würde ich das ungern. Einerseits aus den von banane0815 banane0815 genannten Gründen, der Gefahr der Herabwertung einzelner, andererseits erscheint mir der administrative Aufwand groß, so dass ich diese Energie lieber anderweitig verwenden möchte. Was mich zum nächsten Punkt bringt.

Und hierbei sehe ich es ähnlich wie Rosoideae Fragaria Rosoideae Fragaria — manche Kinder brauchen tatsächlich einen Mehraufwand,
der sich aber lohnen kann. Zum Beispiel das angesprochene "Sorgenkind".

Was die Balance und Stimmung im Team angeht. Ja, es gibt diese Kinder, die diese mit ihrem Verhalten strapazieren und es ich weiß auch, dass eine Gruppe nur funktioniert, wenn es Regeln, im Besonderen den sozialen Umgang betreffend, gibt und diese eingehalten werden. Ich finde, es ist aber auch Anspruch und Herausforderung, Ausreißer und "schwarze Schafe" mitzuziehen, ihnen den Halt der Gruppe zu geben und über das sinnstiftende Hobby Erfolge zu vermitteln.
Auf dass Ihnen die Anerkennung darüber zu der Einsicht verhilft, dass sie gebraucht werden. Vielleicht funktioniert das in einem Sportteam sogar auf aussichtsreichere Weise, als etwa in der Schule. So lange ich den Jungen für irgendwie zumutbar und lernfähig halte, würde ich seine Teilnahme verteidigen.

Den Eltern der Kinder gegenüber halte ich mich für wenig rechenschaftspflichtig. Etwa die Hälfte von Ihnen zeigt wenig Aufmerksamkeit für das, was ihre Kinder dort bis zu dreimal die Woche treiben. Die können mich aber jederzeit fragen, wie's läuft, wenn es sie denn interessiert. :zwinker:


Off-Topic:
Update zu F.


Kurz vor den Osterferien (in den Ferien fand kein Training statt), ereignete sich noch ein Zwischenfall im Training, der mich in meiner Einschätzung des Jungen bestätigt, aber auch bestürzt hat.

Wir hatten Training und machten ein Abschlussspiel. F. war zum Training erschienen. Ich hatte ihn mittrainieren lassen, nachdem ich mich mit meinem Co-Trainer darüber verständigt hatte.

Ich hatte bei der einen Mannschaft eine Situation weiterlaufen lassen, die Abseits gewesen sein könnte, und bei der Mannschaft, in der er spielte Abseits gepfiffen. Nichts dramatisches, ich mache das bei knappen Entscheidungen manchmal sogar bewusst, um die Frustrationstoleranz der Kinder zu erhöhen.

Er beschwerte sich gewohnt übellaunig und ausdauernd, bis ich ihm zu verstehen gab, dass ich nicht über jede Entscheidung diskutieren wolle. Seine Reaktion darauf kam für mich überraschend: Er brach in Tränen aus.
In vergleichbaren Situationen hatte er sich bisher eher in ein gereizte Pose geflüchtet.
Für Kinder in dem Alter, ist das ein kleiner Eklat, versucht man sich doch stets bewusst souverän zu geben.
So reagierten dann auch seine Teamkameraden. Verstört und irritiert, vorgeblich belustigt.

Ich habe das Spiel unterbrochen, bin auf ihn zugegangen, habe nach kurzer Pause ruhig seinen Namen genannt und habe den Arm auf seine Schulter gelegt. Er war wie versteinert und ich dachte kurz, er habe das Bedürfnis auf mich einzuschlagen. Dann aber, versteckte er sein weinendes Gesicht in meiner Armbeuge und drückte mich gleichzeitig von sich, so als erhoffte er Schutz und als ob ihn andererseits diese Abhängigkeit umso mehr verzweifeln ließe.

Ich ließ die anderen weiterspielen und nahm ihn beiseite. Nachdem ich das Gefühl hatte, er hatte ein wenig die Fassung wiedererlangt, führten wir ein Gespräch, in dem ich ihn fragte, ob es wirklich um Abseits ginge, oder ob wir beide mal reden müssten und ob er mir etwas sagen wolle. Seine Antworten lassen sich zusammenfassen: Er fühlt sich bei fast allem was er tut, missverstanden, ungeliebt und unzulänglich.

Ich habe selten ein Kind in diesem Alter erlebt, das in einem solchen Maße die depressive Selbstbezichtigung verinnerlicht hat. Er sah die Zweifelhaftigkeit der Abseitsentscheidung offenbar als Indiz dafür, dass sie vor allem seinetwegen gefällt worden war.

Ich muss eingestehen, dass es mir schwerfällt eine kommunikative Brücke zu dem Jungen zu erlangen. Natürlich kommt sein Verhalten einem Hilferuf gleich, parallel dazu ist sein Umgang mit anderen Kindern häufig von aggressiver Art oder zielt darauf ab, diese zu herabzuwerten. Natürlich will ich diesem, von seinem Vater gedemütigtem Jungen helfen, andererseits muss ich ihn fast ständig kontrollieren und letztlich auch über ihn bestimmen.

Wir haben nach dem Gespräch eine Vereinbarung getroffen. Wir geben uns gegenseitig ein regelmäßiges Feedback. Er soll und darf mir sagen, was er gerecht und gelungen fand und was sich "gut "angefühlt hat und was "schlecht". Ich mache das genau so, auf meine Art. Außerdem geben wir uns die Hand, auch wenn alles "normal" war (natürlich so ein bisschen Gangsta-Style :zwinker: es ist sonst hochnotpeinlich einem Erwachsenen als Elfjähriger die Hand zu geben). Das ist jetzt ein kleiner Pakt zwischen uns.
 
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