
Benutzer138543 (29)
Sehr bekannt hier
- #1
Hallo ihr Lieben 
ich habe mich in letzter Zeit viel mit der Frage beschäftigt, was für mich eigentlich Geborgenheit bedeutet.
Ich habe dieses Jahr ein paar Dinge durchmachen müssen, die mir mal wieder den Boden unter den Füßen weggerissen haben und episodenhaft die Depressionen wieder hochkommen lassen haben (die Trennung von meinem Exfreund, mein Pferd/mein Pflegehund/mein Hamster sind gestorben, großer Streit mit meiner besten Freundin, Kontaktabbruch zu einem guten Kumpel/F+) . Ebenso kam das Craving wieder hoch, aber da bleibe ich nun schon seit 3 Jahren standhaft. Vor allem seit ich in meinem Beruf als Sozialarbeiterin arbeite, steht es für mich außer Frage noch einmal aus den „falschen“ Gründen zu trinken. Das könnte ich mit mir niemals vereinbaren, somit gibt mir das ganz viel Kraft. So kommen wir aber auch langsam schon zu meiner Frage. Der Alk war ~ 3 Jahre ein wichtiger Faktor, der mir „Geborgenheit“ vorgetäuscht hat, wenn ich mein Leben nicht mehr ausgehalten habe. Nur für Sekunden natürlich, was darauf jedes Mal folgte (Suizidgedanken, Dissoziation ect) kann man sich denken.. nichts Gutes.
Nun gibt es ein paar Faktoren in meinem Leben, die mir Stabilität geben. Diese Dinge habe ich mir die letzten (5) Jahre aufgebaut. Mein eigenes Leben, in dem meine Familie und meine Vergangenheit keinen Platz mehr haben. Das wäre meine Beziehung, meine Tiere, mein Freundeskreis, meine Wohnung, mein Auto und mein Job. Dieses Leben, welches ich mittlerweile führe, das hätte ich mir früher nie erträumen können. Dass man (zu jemandem) nach Hause kommen kann und sich dort sicher fühlen kann, dass man man selbst sein kann und all die Dinge, Menschen und Tiere um sich herum haben kann, die einem wichtig sind. Eine Wohnung, in der ich mich sicher fühlen kann, Menschen um mich herum, dir mir in der Regel nicht wehtun und ein Job, der mir Spaß macht, in dem ich gut bin und der mich erfüllt. Eine Zukunft auf die ich mich freue – früher undenkbar. Nun ist das Leben aber trotz allem nicht immer rosarot und Schicksalsschläge gehören dazu. Leider komme ich mit diesen nach wie vor gar nicht klar und die Einsamkeit holt mich stärker als normal ein...
Stärker als normal, weil ich mich immer einsam fühle. Schon mein ganzes Leben lang. Ich kann mir nicht vorstellen wie es anders sein kann. Das ist so ein permanentes Gefühl, dass mich durch jeden Tag und viele viele Nächte begleitet und das nur mal kurz verschwindet, wenn ich mein Pferd umarme oder in den Armen einer Person liege, die ich liebe.
Jetzt kann man sich fragen sind Einsamkeit und Geborgenheit Gegensätze? Vermutlich kann man das so nicht sagen, fragt man 100 Leute werden sie auch 100 Antworten geben, was für sie sowohl Einsamkeit als auch Geborgenheit bedeutet.
Bloß glaube ich Geborgenheit „falsch“ zu fühlen (ja ich weiß, jedes Gefühl hat seine Berechtigung). Ich verbinde Geborgenheit ganz stark mit Männern. Tatsächlich habe ich glaube ich noch nie im Zusammensein mit einer Frau Geborgenheit empfunden. Na ja vielleicht ganz im Ansatz bei meiner Oma mütterlicherseits, aber auch das nie „ausreichend“ - begrenzt durch seelische Verletzungen. Eine Umarmung von meinen Eltern hat bei mir noch nie ein Gefühl von Geborgenheit ausgelöst. Bei meiner Mutter war es immer ein Gefühl von „ich beschütze sie/ich bin für sie da“, bei meinem Vater war es immer eine kurze oberflächliche Umarmung, von wegen „ist ja meine Tochter, das macht man halt so“. Noch so eine Verknüpfung bei mir zwischen Geborgenheit und „sich beschützt fühlen“. Hat das noch jemand so?
Zu der Beziehung zu meinen Eltern muss ich vielleicht erklären, dass meine Eltern mich nie beschützt haben, nie für mich da waren. Ich habe 20 Jahre geprägt von extremen psychischen Missbrauch und psychischer Misshandlung durch meine Eltern und meinen Stiefvater durchgemacht. Meine Oma und meine Stiefmutter waren zwar nicht „Täterinnen“, haben aber eben auch nicht wirklich was dagegen getan. Meine Großeltern väterlicherseits waren wenn es drauf an kam auch „auf der Seite“ meines Vaters. Mein Opa mütterlicherseits war toll, der ist aber leider gestorben als ich 5 war. Ich hab damals gesagt, dass ich zu ihm in den Himmel will...
Mein Opa väterlicherseits ist kurz darauf auch gestorben. Er war oft aggressiv. Als ich älter wurde erfuhr ich, dass das wohl so war, weil er alkoholabhängig war. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meiner Mutter als ich ein Kind war, als ich sie fragte, was das für eine Hautveränderung auf meinem Oberschenkel sei. Sie sagte da hätte mein Opa seine Zigarre ausgedrückt. Als ich sie viel später noch einmal danach fragte stritt sie alles ab. Keine Ahnung vielleicht habe ich mir das auch eingebildet, ich weiß es nicht..
Aber ich werde nie vergessen als mein Vater mir nach dem Tod von meinem Opa an den Kopf knallte, dass ich mal mit in den Urlaub (der kurz zuvor stattfand) hätte fahren sollen, dann hätte ich nochmal eine schöne Zeit mit meinem Opa haben können. Ich war nicht mitgefahren, weil mein 6 jähriges Ich in Stress pur ausartete bei dem Gedanken zwei Wochen mit meinem Vater am Stück verbringen zu müssen. Mein Vater war immer sehr arrogant, immer sehr darauf bedacht, wie er (und sein Kind) nach außen wirkt (ich wohlerzogen, gute Noten ect). Gleichzeitig hat er mir nie das Gefühl gegeben sich für mich und das was mich beschäftigt zu interessieren. Daher habe ich ihm eigentlich nie etwas persönliches erzählt. Wusste er aber doch etwas, hat er das für sich genutzt, um mich damit zu verletzen. Auch vor anderen hat er mich regelmäßig bloßgestellt. Beispielsweise, wenn mir ein Missgeschick passiert ist, hat er alle Leute drumherum darauf hingewiesen und mich ausgelacht und allen klargemacht wie dumm seine Tochter doch sei. Ernst genommen hat er mich auch nie, wenn ich mal angedeutet habe, dass ich wegen irgendetwas verunsichert bin, hat er das ins Lächerliche gezogen, ich solle mich nicht so anstellen, wie kann man vor so etwas Angst haben. Ich war dementsprechend immer extrem auf der Hut bloß nichts „falsches“ zu sagen und habe allgemein sehr wenig geredet. Meist habe ich mich mit einem Buch zurückgezogen, wenn ich bei ihm war.
Als ich 12 war wurde meine Halbschwester geboren. Zu ihr habe ich eine sehr gute Beziehung. Zu meinem Vater habe ich jetzt seit 7 Jahren keinen Kontakt mehr. Um studieren und meinen Traumjob als Sozialarbeiterin machen zu können, musste ich ihn auf Unterhalt verklagen, weil er meinte er hätte genug für mich gezahlt. Meine Mutter hatte kein Geld.
Meine Mutter war schon immer eine sehr unselbstständige, regelmäßig depressive und von ihren Männern abhängige Person. Sie hat mich alleine großgezogen und ständig irgendwelche Kerle angeschleppt. Sie hat immer behauptet, ich würde vorgehen und wenn es mir mit einer ihrer Beziehungen nicht gut ginge, würde sie Schluss machen. Später hat sich gezeigt, dass das eine Lüge war. Auf jeden Fall war ich von Klein auf Beziehungsratgeberin und Seelenmülleimer (Freunde hatte sie nie), habe Dinge in der Wohnung repariert (wenn sie gerade keinen Mann dafür verfügbar hatte), ihr was von meinem gesparten Taschengeld geliehen, wenn sie mal wieder am Ende des Monats kein Geld für uns hatte, weil sie sich lieber eine neue Handtasche gekauft hat und habe ihr eine Ansage gemacht, wenn sie einen Job gekündigt hat, ohne eine neue Stelle zu haben. Man bedenke das ging im frühen Grundschulalter los.
Das Schlimmste für mich war damals die Trennung von einem Mann, mit dem sie tatsächlich 6 Jahre zusammen war. Der Mann war der einzige, der jemals irgendwie ein Papa Gefühl bei mir ausgelöst hat. Ich würde sagen er ist der einzige Mensch der mir jemals ohne sexuellen Kontext (dazu später) Geborgenheit gegeben hat. Diese Zeit war verdammt hart, ich konnte mich weder von ihm noch von meinen „Stiefgeschwistern“ verabschieden. Meine Mutter hat sich getrennt, konnte die Trennung dann aber nicht alleine durchziehen. Ich war damals 11, mir gings scheiße, weil ich die einzige Familie, die ich jemals hatte, verloren hatte und ich rannte täglich abwechselnd zum Telefon, um dem Mann klarzumachen, dass die Trennung endgültig ist (weil meine Mutter nicht drangehen konnte) und ins Bad, auf dessen Boden meine Mutter heulend saß. Dass es mir damals selbst nicht gut ging, wusste ich zu dem Zeitpunkt gar nicht. Ich hatte einfach keine Möglichkeit irgendetwas zu fühlen. Ich schätze kurz danach fingen dann die Depressionen an.
Mit 14 (Mobbing in der Schule, Haustiere gestorben, Reitbeteiligung verloren) hatte ich zum ersten Mal Suizidgedanken.
Als ich 17 war zogen wir mit meinem aktuellen Stiefvater zusammen. Ab dem Zeitpunkt lief ich regelmäßig weg und übernachtete bei Freunden, manchmal auch bei meiner Oma. Ich musste die 12. wiederholen, weil ich meist morgens vor der Schule schon weinte und nicht zur Schule gehen konnte. Nach der Schule bin ich direkt eingeschlafen und konnte nicht lernen oder Hausaufgaben machen, weil ich nachts nie schlafen konnte. Ich war schwer depressiv, hatte konkrete Suizidgedanken und trank fast jeden Tag. Alkohol hatten wir immer im Haus, meine Mutter und mein Stiefvater tranken gerne mal (mein Vater im übrigen auch). Tagsüber war ich meist im Stall (wenn ich die Kraft dazu hatte) oder schloss mich in mein Zimmer ein. Weihnachten 2013 verbrachte ich saufend alleine in meinem Zimmer eingeschlossen.
Ich konnte mich in meinem „Zuhause“ nicht frei bewegen, weil ich Angst vor meinem Stiefvater hatte. Er war genauso unberechenbar wie meine Eltern, nur dabei auch aggressiv. Er ist regelmäßig ausgeflippt und hat mich wegen Kleinigkeiten bedroht (beispielsweise habe ich vergessen das Fenster zuzumachen). Er hat mir täglich zu verstehen gegeben, dass ich dort nicht erwünscht bin. Als er mich (betrunken) geschubst und gedroht hat mich zu schlagen bin ich gegangen und nie wiedergekommen. Ich habe in der Nacht noch die wichtigsten Sachen gepackt. Meine Mutter kam erst noch hinterher. Als ich ihr mitteilte, dass ich nun nach 3 Jahren mit diesem Mann in einem Haus an einem Punkt angekommen war, an dem ich nicht mehr konnte und ich den Kontakt abbrechen würde, wenn sie sich nicht von ihm trennt, hat sie mich damit erpresst, dass sie sich umbringt, wenn ich sie vor die Wahl stelle. Ich bin ihr hinterher gerannt und habe den Kontakt nicht abgebrochen. Als mein Stiefvater arbeiten war habe ich noch den Rest meiner Sachen geholt und bin 250km weit weg zu meinem Freund gezogen. Zu meiner Mutter habe ich seitdem aber nur noch sehr reduzierten Kontakt.
Dies nun so kurz es ging zu meiner Geschichte. Nachdem mein Ex Stiefpapa „weg“ war, hat mir zum ersten Mal Aquarium so richtig Geborgenheit gegeben. Bei meinem ersten Freund habe ich noch den Fehler gemacht, mich vollständig anzupassen und ihm permanent gefallen zu wollen, weil ich das halt so kannte, dass man das bei Männern so machen muss. In der Beziehung war auch kein Vertrauen da. Glücklicherweise ist mir das nur einmal passiert und ich habe direkt daraus gelernt. In dieser Intensität wie bei Aquarium habe ich Geborgenheit sonst auch noch nie empfunden. Ich denke das kommt einfach daher, dass es dafür ein Maß an Vertrauen braucht, dass ich in vielen Jahren Beziehung zu ihm aufbaut habe. Ich vertraue keinem Menschen auf der Welt so sehr wie ihm.
In der Gegenwart von Freuden fühle ich mich natürlich auch wohl und bei guten Freunden kann ich auch so sein, wie ich wirklich bin. Trotzdem empfinde ich da keine Geborgenheit. Die gibt es halt bei mir tatsächlich nur bei Männern.
Jetzt kommt das verstörende dabei. Ich empfinde schon ein gewisses Maß an Geborgenheit, wenn ich merke, der Kerl steht auf mich, der findet mich heiß/nett/geil. Dafür muss ICH ihn nichtmal attraktiv finden. Ich denke das ist auch der Grund dafür, warum ich vielleicht manchmal leider Männern Hoffnungen mache, obwohl ich gar nichts von ihnen will. Aber dieses Gefühl, das will ich nicht „aufgeben“. Wenn ich ebenfalls auf ihn stehe ist das Gefühl von Geborgenheit natürlich noch viel stärker, kommt man sich näher noch stärker und je mehr Vertrauen da ist umso stärker. Aber es hat immer irgendwo was mit „attraktiv finden“ zu tun. Entweder eben beidseitig oder nur von der Seite des Mannes aus. Das ist das was ich meine, dass ich glaube da ist in meinem Kopf eine falsche Verknüpfung.
Klar, dass was meine Eltern mir nie gegeben haben, dass suche ich bei irgendwelchen Kerlen. Und das wird mir natürlich kein Mann der Welt geben können und auch keine 10 Männer. Das was in meiner Kindheit falsch gelaufen ist, das ist einfach vorbei. Das ist mir klar. Aber es NERVT mich einfach so unglaublich. Ich will mich nicht zu Männern „hingezogen“ fühlen, Geborgenheit empfinden, wenn ich eigentlich gar nichts von denen will. Und vor allem bin ich dann fürchte ich auch egoistisch, obwohl ich das sonst nie bin. Ich bin in allen anderen Lebensbereichen immer die letzte an die ich denke (ja ich weiß, auch nicht gut, übe ich aber in der Therapie). Aber wenn ich auf jemanden stehe und er auf mich, dann bin ich so süchtig nach diesem Gefühl, danach was mir das gibt, dass ich mir selbst nicht vertraue wie weit ich da gehen würde.
In dem Moment ist vielleicht nicht alles vergessen, aber es fällt mir extrem schwer daran zu denken, ob ich damit vielleicht gerade meinen Freund (polyamore Beziehung) verletze oder ob der andere Typ eigentlich in einer monogamen Beziehung ist. In dem Moment zählt nur dieses Gefühl und ich hasse mich dafür.
Normal bin ich was diese Persönlichkeitsentwicklung angeht sehr weit gekommen. Mittlerweile finde ich mich in der Regel okay, ab und zu mag ich mich sogar mal und ich glaube mittlerweile an mich und daran, dass es Bereiche gibt in denen ich wirklich gut bin. Das war früher undenkbar, früher habe ich mich gehasst. Früher habe ich mich als krank und anders als alle anderen bezeichnet. Jup ich bin sicher anders als manche andere, aber das hat seine Gründe und das ist auch völlig okay so
Ich bin selbstbewusster geworden und habe sehr viel weniger soziale Ängste. Aber dieser Punkt, dieser Teil Egoismus von mir, der macht mich ziemlich fertig und ich weiß einfach nicht, wie ich daran arbeiten kann.
Also was ist für euch Geborgenheit? Gibt es da bei euch einen Zusammenhang mit Einsamkeit oder einen mit „sich beschützt fühlen“? Und wie kann man in diesem Zusammenhang mit Egoismus umgehen?
Danke fürs Lesen!

ich habe mich in letzter Zeit viel mit der Frage beschäftigt, was für mich eigentlich Geborgenheit bedeutet.
Ich habe dieses Jahr ein paar Dinge durchmachen müssen, die mir mal wieder den Boden unter den Füßen weggerissen haben und episodenhaft die Depressionen wieder hochkommen lassen haben (die Trennung von meinem Exfreund, mein Pferd/mein Pflegehund/mein Hamster sind gestorben, großer Streit mit meiner besten Freundin, Kontaktabbruch zu einem guten Kumpel/F+) . Ebenso kam das Craving wieder hoch, aber da bleibe ich nun schon seit 3 Jahren standhaft. Vor allem seit ich in meinem Beruf als Sozialarbeiterin arbeite, steht es für mich außer Frage noch einmal aus den „falschen“ Gründen zu trinken. Das könnte ich mit mir niemals vereinbaren, somit gibt mir das ganz viel Kraft. So kommen wir aber auch langsam schon zu meiner Frage. Der Alk war ~ 3 Jahre ein wichtiger Faktor, der mir „Geborgenheit“ vorgetäuscht hat, wenn ich mein Leben nicht mehr ausgehalten habe. Nur für Sekunden natürlich, was darauf jedes Mal folgte (Suizidgedanken, Dissoziation ect) kann man sich denken.. nichts Gutes.
Nun gibt es ein paar Faktoren in meinem Leben, die mir Stabilität geben. Diese Dinge habe ich mir die letzten (5) Jahre aufgebaut. Mein eigenes Leben, in dem meine Familie und meine Vergangenheit keinen Platz mehr haben. Das wäre meine Beziehung, meine Tiere, mein Freundeskreis, meine Wohnung, mein Auto und mein Job. Dieses Leben, welches ich mittlerweile führe, das hätte ich mir früher nie erträumen können. Dass man (zu jemandem) nach Hause kommen kann und sich dort sicher fühlen kann, dass man man selbst sein kann und all die Dinge, Menschen und Tiere um sich herum haben kann, die einem wichtig sind. Eine Wohnung, in der ich mich sicher fühlen kann, Menschen um mich herum, dir mir in der Regel nicht wehtun und ein Job, der mir Spaß macht, in dem ich gut bin und der mich erfüllt. Eine Zukunft auf die ich mich freue – früher undenkbar. Nun ist das Leben aber trotz allem nicht immer rosarot und Schicksalsschläge gehören dazu. Leider komme ich mit diesen nach wie vor gar nicht klar und die Einsamkeit holt mich stärker als normal ein...
Stärker als normal, weil ich mich immer einsam fühle. Schon mein ganzes Leben lang. Ich kann mir nicht vorstellen wie es anders sein kann. Das ist so ein permanentes Gefühl, dass mich durch jeden Tag und viele viele Nächte begleitet und das nur mal kurz verschwindet, wenn ich mein Pferd umarme oder in den Armen einer Person liege, die ich liebe.
Jetzt kann man sich fragen sind Einsamkeit und Geborgenheit Gegensätze? Vermutlich kann man das so nicht sagen, fragt man 100 Leute werden sie auch 100 Antworten geben, was für sie sowohl Einsamkeit als auch Geborgenheit bedeutet.
Bloß glaube ich Geborgenheit „falsch“ zu fühlen (ja ich weiß, jedes Gefühl hat seine Berechtigung). Ich verbinde Geborgenheit ganz stark mit Männern. Tatsächlich habe ich glaube ich noch nie im Zusammensein mit einer Frau Geborgenheit empfunden. Na ja vielleicht ganz im Ansatz bei meiner Oma mütterlicherseits, aber auch das nie „ausreichend“ - begrenzt durch seelische Verletzungen. Eine Umarmung von meinen Eltern hat bei mir noch nie ein Gefühl von Geborgenheit ausgelöst. Bei meiner Mutter war es immer ein Gefühl von „ich beschütze sie/ich bin für sie da“, bei meinem Vater war es immer eine kurze oberflächliche Umarmung, von wegen „ist ja meine Tochter, das macht man halt so“. Noch so eine Verknüpfung bei mir zwischen Geborgenheit und „sich beschützt fühlen“. Hat das noch jemand so?
Zu der Beziehung zu meinen Eltern muss ich vielleicht erklären, dass meine Eltern mich nie beschützt haben, nie für mich da waren. Ich habe 20 Jahre geprägt von extremen psychischen Missbrauch und psychischer Misshandlung durch meine Eltern und meinen Stiefvater durchgemacht. Meine Oma und meine Stiefmutter waren zwar nicht „Täterinnen“, haben aber eben auch nicht wirklich was dagegen getan. Meine Großeltern väterlicherseits waren wenn es drauf an kam auch „auf der Seite“ meines Vaters. Mein Opa mütterlicherseits war toll, der ist aber leider gestorben als ich 5 war. Ich hab damals gesagt, dass ich zu ihm in den Himmel will...
Mein Opa väterlicherseits ist kurz darauf auch gestorben. Er war oft aggressiv. Als ich älter wurde erfuhr ich, dass das wohl so war, weil er alkoholabhängig war. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meiner Mutter als ich ein Kind war, als ich sie fragte, was das für eine Hautveränderung auf meinem Oberschenkel sei. Sie sagte da hätte mein Opa seine Zigarre ausgedrückt. Als ich sie viel später noch einmal danach fragte stritt sie alles ab. Keine Ahnung vielleicht habe ich mir das auch eingebildet, ich weiß es nicht..
Aber ich werde nie vergessen als mein Vater mir nach dem Tod von meinem Opa an den Kopf knallte, dass ich mal mit in den Urlaub (der kurz zuvor stattfand) hätte fahren sollen, dann hätte ich nochmal eine schöne Zeit mit meinem Opa haben können. Ich war nicht mitgefahren, weil mein 6 jähriges Ich in Stress pur ausartete bei dem Gedanken zwei Wochen mit meinem Vater am Stück verbringen zu müssen. Mein Vater war immer sehr arrogant, immer sehr darauf bedacht, wie er (und sein Kind) nach außen wirkt (ich wohlerzogen, gute Noten ect). Gleichzeitig hat er mir nie das Gefühl gegeben sich für mich und das was mich beschäftigt zu interessieren. Daher habe ich ihm eigentlich nie etwas persönliches erzählt. Wusste er aber doch etwas, hat er das für sich genutzt, um mich damit zu verletzen. Auch vor anderen hat er mich regelmäßig bloßgestellt. Beispielsweise, wenn mir ein Missgeschick passiert ist, hat er alle Leute drumherum darauf hingewiesen und mich ausgelacht und allen klargemacht wie dumm seine Tochter doch sei. Ernst genommen hat er mich auch nie, wenn ich mal angedeutet habe, dass ich wegen irgendetwas verunsichert bin, hat er das ins Lächerliche gezogen, ich solle mich nicht so anstellen, wie kann man vor so etwas Angst haben. Ich war dementsprechend immer extrem auf der Hut bloß nichts „falsches“ zu sagen und habe allgemein sehr wenig geredet. Meist habe ich mich mit einem Buch zurückgezogen, wenn ich bei ihm war.
Als ich 12 war wurde meine Halbschwester geboren. Zu ihr habe ich eine sehr gute Beziehung. Zu meinem Vater habe ich jetzt seit 7 Jahren keinen Kontakt mehr. Um studieren und meinen Traumjob als Sozialarbeiterin machen zu können, musste ich ihn auf Unterhalt verklagen, weil er meinte er hätte genug für mich gezahlt. Meine Mutter hatte kein Geld.
Meine Mutter war schon immer eine sehr unselbstständige, regelmäßig depressive und von ihren Männern abhängige Person. Sie hat mich alleine großgezogen und ständig irgendwelche Kerle angeschleppt. Sie hat immer behauptet, ich würde vorgehen und wenn es mir mit einer ihrer Beziehungen nicht gut ginge, würde sie Schluss machen. Später hat sich gezeigt, dass das eine Lüge war. Auf jeden Fall war ich von Klein auf Beziehungsratgeberin und Seelenmülleimer (Freunde hatte sie nie), habe Dinge in der Wohnung repariert (wenn sie gerade keinen Mann dafür verfügbar hatte), ihr was von meinem gesparten Taschengeld geliehen, wenn sie mal wieder am Ende des Monats kein Geld für uns hatte, weil sie sich lieber eine neue Handtasche gekauft hat und habe ihr eine Ansage gemacht, wenn sie einen Job gekündigt hat, ohne eine neue Stelle zu haben. Man bedenke das ging im frühen Grundschulalter los.
Das Schlimmste für mich war damals die Trennung von einem Mann, mit dem sie tatsächlich 6 Jahre zusammen war. Der Mann war der einzige, der jemals irgendwie ein Papa Gefühl bei mir ausgelöst hat. Ich würde sagen er ist der einzige Mensch der mir jemals ohne sexuellen Kontext (dazu später) Geborgenheit gegeben hat. Diese Zeit war verdammt hart, ich konnte mich weder von ihm noch von meinen „Stiefgeschwistern“ verabschieden. Meine Mutter hat sich getrennt, konnte die Trennung dann aber nicht alleine durchziehen. Ich war damals 11, mir gings scheiße, weil ich die einzige Familie, die ich jemals hatte, verloren hatte und ich rannte täglich abwechselnd zum Telefon, um dem Mann klarzumachen, dass die Trennung endgültig ist (weil meine Mutter nicht drangehen konnte) und ins Bad, auf dessen Boden meine Mutter heulend saß. Dass es mir damals selbst nicht gut ging, wusste ich zu dem Zeitpunkt gar nicht. Ich hatte einfach keine Möglichkeit irgendetwas zu fühlen. Ich schätze kurz danach fingen dann die Depressionen an.
Mit 14 (Mobbing in der Schule, Haustiere gestorben, Reitbeteiligung verloren) hatte ich zum ersten Mal Suizidgedanken.
Als ich 17 war zogen wir mit meinem aktuellen Stiefvater zusammen. Ab dem Zeitpunkt lief ich regelmäßig weg und übernachtete bei Freunden, manchmal auch bei meiner Oma. Ich musste die 12. wiederholen, weil ich meist morgens vor der Schule schon weinte und nicht zur Schule gehen konnte. Nach der Schule bin ich direkt eingeschlafen und konnte nicht lernen oder Hausaufgaben machen, weil ich nachts nie schlafen konnte. Ich war schwer depressiv, hatte konkrete Suizidgedanken und trank fast jeden Tag. Alkohol hatten wir immer im Haus, meine Mutter und mein Stiefvater tranken gerne mal (mein Vater im übrigen auch). Tagsüber war ich meist im Stall (wenn ich die Kraft dazu hatte) oder schloss mich in mein Zimmer ein. Weihnachten 2013 verbrachte ich saufend alleine in meinem Zimmer eingeschlossen.
Ich konnte mich in meinem „Zuhause“ nicht frei bewegen, weil ich Angst vor meinem Stiefvater hatte. Er war genauso unberechenbar wie meine Eltern, nur dabei auch aggressiv. Er ist regelmäßig ausgeflippt und hat mich wegen Kleinigkeiten bedroht (beispielsweise habe ich vergessen das Fenster zuzumachen). Er hat mir täglich zu verstehen gegeben, dass ich dort nicht erwünscht bin. Als er mich (betrunken) geschubst und gedroht hat mich zu schlagen bin ich gegangen und nie wiedergekommen. Ich habe in der Nacht noch die wichtigsten Sachen gepackt. Meine Mutter kam erst noch hinterher. Als ich ihr mitteilte, dass ich nun nach 3 Jahren mit diesem Mann in einem Haus an einem Punkt angekommen war, an dem ich nicht mehr konnte und ich den Kontakt abbrechen würde, wenn sie sich nicht von ihm trennt, hat sie mich damit erpresst, dass sie sich umbringt, wenn ich sie vor die Wahl stelle. Ich bin ihr hinterher gerannt und habe den Kontakt nicht abgebrochen. Als mein Stiefvater arbeiten war habe ich noch den Rest meiner Sachen geholt und bin 250km weit weg zu meinem Freund gezogen. Zu meiner Mutter habe ich seitdem aber nur noch sehr reduzierten Kontakt.
Dies nun so kurz es ging zu meiner Geschichte. Nachdem mein Ex Stiefpapa „weg“ war, hat mir zum ersten Mal Aquarium so richtig Geborgenheit gegeben. Bei meinem ersten Freund habe ich noch den Fehler gemacht, mich vollständig anzupassen und ihm permanent gefallen zu wollen, weil ich das halt so kannte, dass man das bei Männern so machen muss. In der Beziehung war auch kein Vertrauen da. Glücklicherweise ist mir das nur einmal passiert und ich habe direkt daraus gelernt. In dieser Intensität wie bei Aquarium habe ich Geborgenheit sonst auch noch nie empfunden. Ich denke das kommt einfach daher, dass es dafür ein Maß an Vertrauen braucht, dass ich in vielen Jahren Beziehung zu ihm aufbaut habe. Ich vertraue keinem Menschen auf der Welt so sehr wie ihm.
In der Gegenwart von Freuden fühle ich mich natürlich auch wohl und bei guten Freunden kann ich auch so sein, wie ich wirklich bin. Trotzdem empfinde ich da keine Geborgenheit. Die gibt es halt bei mir tatsächlich nur bei Männern.
Jetzt kommt das verstörende dabei. Ich empfinde schon ein gewisses Maß an Geborgenheit, wenn ich merke, der Kerl steht auf mich, der findet mich heiß/nett/geil. Dafür muss ICH ihn nichtmal attraktiv finden. Ich denke das ist auch der Grund dafür, warum ich vielleicht manchmal leider Männern Hoffnungen mache, obwohl ich gar nichts von ihnen will. Aber dieses Gefühl, das will ich nicht „aufgeben“. Wenn ich ebenfalls auf ihn stehe ist das Gefühl von Geborgenheit natürlich noch viel stärker, kommt man sich näher noch stärker und je mehr Vertrauen da ist umso stärker. Aber es hat immer irgendwo was mit „attraktiv finden“ zu tun. Entweder eben beidseitig oder nur von der Seite des Mannes aus. Das ist das was ich meine, dass ich glaube da ist in meinem Kopf eine falsche Verknüpfung.
Klar, dass was meine Eltern mir nie gegeben haben, dass suche ich bei irgendwelchen Kerlen. Und das wird mir natürlich kein Mann der Welt geben können und auch keine 10 Männer. Das was in meiner Kindheit falsch gelaufen ist, das ist einfach vorbei. Das ist mir klar. Aber es NERVT mich einfach so unglaublich. Ich will mich nicht zu Männern „hingezogen“ fühlen, Geborgenheit empfinden, wenn ich eigentlich gar nichts von denen will. Und vor allem bin ich dann fürchte ich auch egoistisch, obwohl ich das sonst nie bin. Ich bin in allen anderen Lebensbereichen immer die letzte an die ich denke (ja ich weiß, auch nicht gut, übe ich aber in der Therapie). Aber wenn ich auf jemanden stehe und er auf mich, dann bin ich so süchtig nach diesem Gefühl, danach was mir das gibt, dass ich mir selbst nicht vertraue wie weit ich da gehen würde.
In dem Moment ist vielleicht nicht alles vergessen, aber es fällt mir extrem schwer daran zu denken, ob ich damit vielleicht gerade meinen Freund (polyamore Beziehung) verletze oder ob der andere Typ eigentlich in einer monogamen Beziehung ist. In dem Moment zählt nur dieses Gefühl und ich hasse mich dafür.
Normal bin ich was diese Persönlichkeitsentwicklung angeht sehr weit gekommen. Mittlerweile finde ich mich in der Regel okay, ab und zu mag ich mich sogar mal und ich glaube mittlerweile an mich und daran, dass es Bereiche gibt in denen ich wirklich gut bin. Das war früher undenkbar, früher habe ich mich gehasst. Früher habe ich mich als krank und anders als alle anderen bezeichnet. Jup ich bin sicher anders als manche andere, aber das hat seine Gründe und das ist auch völlig okay so
Also was ist für euch Geborgenheit? Gibt es da bei euch einen Zusammenhang mit Einsamkeit oder einen mit „sich beschützt fühlen“? Und wie kann man in diesem Zusammenhang mit Egoismus umgehen?
Danke fürs Lesen!
