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Versagt aufgrund unprofessionellem Verhalten und menschlicher Unreife :-(

Stormy
Benutzer120069  (43) Benutzer gesperrt
  • #1
Hallo,

ich habe mich mit unreifem und naiven Verhalten wieder in Schwierigkeiten gebracht!

Seit letzter Woche mache ich ein Praktikum in einem Altenheim.
Bei Zufriedenheit von Seiten des Arbeitgebers hätte mich ab August ein Jahresvertrag erwartet.
Ich arbeite in der Tagespflege. Das heißt, ich bereite das Frühstück zu, serviere das Mittagessen, erledige die anfallenden Arbeiten in der Küche und helfe bei der Betreuung der alten Menschen.
In dem Bereich, wo ich eingesetzt bin, sind überwiegend Demzenkranke. Das bedeutet, man kann sich mit fast keinem mehr unterhalten, weil sie bis auf drei Personen schon sehr verwirrt sind.
Wir machen dann Gymnastik, lesen aus der Zeitung vor, gehen spazieren, etc.

Es war so, dass ich gleich am ersten Tag eine innigere Beziehung zu einem 85-jährigen Herrn aufbaute.
Mir gefiel seine aufgeschlossene und nette Art. Damit hat er mich als schüchternen Menschen gleich aus der Reserve gelockt.

Ich habe mich viel mit ihm unterhalten und fand heraus, dass er trotz beginnender Demenz immer noch ein ganz toller und gebildeter Mensch ist.
Ja, ich gebe es zu, ich habe ihn in mein Herz geschlossen.
Vielleicht klingt das jetzt für euch schon ungewöhnlich?
Ich muss dazu sagen, dass er mir auch von Anfang an so leid tat.
Er hat nur noch ein Bein und ich hatte gleich ein unglaubliches Mitgefühl!

Seit vorletzten Freitag hatte ich eine noch engere Bindung zu ihm.
Ich ging mit einer Gruppe von Leuten und einer Pflegerin spazieren. Sie stellte den Rollstuhl dieses Mannes ab, um einer Frau behilflich zu sein. Vergaß die Bremse anzuziehen, so dass der Rollstuhl schon gefährlich auf die Straße zurollte.
Ich konnte ihn gerade noch erwischen bevor er über die Bordsteinkante kippte. Es war der totale Schreck für mich, während er sich nichts anmerken ließ.
Ich habe mich den Tag über zusammengerissen, aber abends zu Hause habe ich nur noch geweint. Ich hatte immer wieder das Bild vor Augen, dass er fast auf die Straße gestürzt wäre und wie es hätte ausgehen können...
Es war schrecklich für mich, weil ich ihn eben so mochte und voller Mitgefühl war.
Ich war auch traurig, als ich hörte, dass seine Familie auf einen Platz im Altenheim wartet. Ich weiß, dass so ein Mensch sehr anstrengend sein kann, aber es tat mir leid für ihn!
Ich wurde schon seitens der Pflegerinnen ermahnt, mich weniger mit ihm zu beschäftigen. Ich habe es versucht, aber es zog mich immer wieder zu ihm.
Ich bemerkte, dass die anderen schon anfingen zu murren, aber ich sah darin nichts böses.
Ehrlich gesagt, habe ich mir NICHTS im Umgang mit diesem lieben Kerl gedacht. Als eine Pflegerin ihm sagte, er solle nicht mit mir flirten, war er empört und wies auf sein Alter hin.
Für mich war das ein Zeichen, dass es für ihn auch nichts bedeutete und er sich nur ein wenig an meiner Aufmerksamkeit erfreute.
Dachte mir auch nichts dabei, dass er charmant war und mich "mein Schatz" nannte, denn so sprach er auch die Pflegerinnen an und war auch zu den Frauen aus der Gruppe immer zuvorkommend.
Fand auch nett, dass er so oft von seiner Frau sprach.
Ich lernte auch seinen Sohn kenneng, der ihn nachmittags immer abholte.
Für mich war also alles ein netter Umgang.

Zu Beginn dieser Woche hat man mir dann sehr deutlich gemacht, dass mein Umgang mit ihm auf keinen Fall harmlos und angemessen war!
Sein Sohn hat sich beschwert, dass sein Vater sich in der kurzen Zeit verändert habe. Er sei nicht mehr so nett zu seiner Frau, weil er jetzt mich als seine Favoritin ansehen würde.
Ab nächster Woche wird er nur noch einmal wöchentlich zur Tagespflege kommen.
Auch ein noch halbwegs geistig fitter Mann aus der Gruppe beschwerte sich heute. Nach dem Motto: bisher sei man ja mit dem Personal zufrieden gewesen, aber so etwas ginge gar nicht.
Die Pflegerin verteidigte mich noch ein bisschen. Dass eben mein "Verehrer" froh gewesen sei, eine Vertraute und Freundin in der Gruppe zu haben.
Klar, denn die anderen haben ja trotz Demenz sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er höchst unerwünscht war!

Am Donnerstag hatte ich ein Gepräch mit einer Pflegerin. Sie fragte mich, was mich eigentlich bewogen hat, diesen Menschen derart zu bevorzugen.
Ich antwortete, dass es meine übergroße Empathie war und weil er gleich so kontaktfreudig auf mich introvertierte Person zugegangen war.
Sie meinte, dass ihr aufgefallen sei, dass wir einander vom ersten Tag an angezogen hätten wie Magneten. Was mir natürlich peinlich war angesichts der Tatsache, dass er ein Greis ist!

Gestern war unser letzter gemeinsamer Tag und es war ganz schrecklich für mich! Die ganze Zeit war mir bewusst, dass der Abschied für immer näher rückte.
Wir haben heute während der Mittagsruhe über eine Stunde in Ruhe reden können.
Es war so schlimm, als er mir mehrere Male sagte, dass er mich liebe. Sollte ich antworten, dass ich ihn nicht liebe, ihn aber sehr gern habe?
Ich sagte darauf nur, er solle an seine Frau denken. Seine Antwort war, dass es ihm schwer fallen würde es seiner Frau zu sagen, aber vielleicht sei es ihr auch egal.
Er dachte schon über die Zukunft nach. Wir er mit mir umgehen würde, wenn wir mal streiten. Was er tun würde, wenn er mich mit einem anderen Mann sehen würde.
Mir blieb nichts anderes übrig ihm gut zuzureden, dass er doch sicher glücklich mit seiner Frau sei.

Als wir später im Garten mit der ganzen Gruppe zusammensaßen, war er wieder nur auf mich fixiert und hörte den anderen nicht zu. Ich konnte ihn nicht zurechtweisen, denn es waren doch unsere letzten gemeinsamen Momente.
Ich musste die ganze Zeit krampfhaft die Tränen unterdrücken, vor allem, als er noch wehmütig begann vom Krieg und Verlust seines Beins zu reden.
Als er von seiner Frau abgeholt wurde, habe ich mich in die hinterste Ecke des Raums verzogen. Ich winkte von weitem und rief nur "tschüss". Er winkte mich noch mal zu sich ran, während seine Frau mir giftige Blicke zuwarf. Dann forderte er mich auf mich noch mal rumzudrehen. Er wollte sehen, ob mein T-Shirt von hinten glatt gezogen sei. Ich drückte kurz seine Hand und ging schnell weg.
Zum Glück konnte ich das Heulen unterdrücken bis ich zu Hause war.

Mein Praktikum endet im Laufe der kommenden Woche. Den Job kann ich wohl vergessen.
Ich bin mir im nachhinein bewusst, dass ich mich absolut unangemessen und unprofessionell verhalten habe. Mir war aber zu keiner Zeit vorher bewusst, dass ich zu dem Mann eine Art Ersatzbindung aufbaute. Ich dachte in keinem Moment über seine Angehörigen nach.

Meine Geschichte mag ungewöhnlich klingen, ist aber auf jeden Fall wahr.
Es ist einfach so, dass man selten so einem tollen und charismatischen Menschen begegnet.
Ich werde ihn nicht vergessen, wobei mir schmerzlich bewusst ist, dass er mich schon längst vergessen hat.
Ich hoffe, er wird noch eine Weile leben und dass es ihm gut gehen wird.

LG
Stormy
 
Zuletzt bearbeitet:
BlackMirror
Benutzer111070  Team-Alumni
  • #2
Ich hab zunächst mal eine Verständnisfrage: Steht bereits fest, dass dein Arbeitsvertrag nicht verlängert wird, oder vermutest du das lediglich?
 
Stormy
Benutzer120069  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #3
Ich hab zunächst mal eine Verständnisfrage: Steht bereits fest, dass dein Arbeitsvertrag nicht verlängert wird, oder vermutest du das lediglich?

Bisher ist es nur meine Vermutung, dass es nicht zu einem Arbeitsvertrag kommen wird.
Vielleicht ist es auch besser so, denn ich habe in den letzten Tagen bemerkt, dass ich es mir aufgrund meines Verhaltens mit zwei der Pflegerinnen etwas verscherzt habe. Sie waren nicht mehr so freundlich wie zu Beginn meines Praktikums.
Ich frage mich auch, ob das ein geeigneter Job für mich ist, da ich anscheinend nicht in der Lage bin eine angemessene Distanz zu wahren.
 
Mark11
Benutzer106548  Team-Alumni
  • #4
Hi, äh, Stormy,

das war doch Deine erste Erfahrung mit so einem Job, oder?
Wenn ja, dann hast Du Dich einfach nur wie ein Mensch verhalten: unprofessionell, klar, aber völlig nachvollziehbar. Ich selbst bin in keinem sozialen Beruf, kenne aber mehrere Menschen. Und niemand, der ehrlich ist, hat gesagt, dass ihm/ihr so etwas nicht auch schon passiert wäre und immer noch passiert. Trotz jahrelanger Berufserfahrung und trotz der routinierten Distanz, die sich mit der Zeit entwickelt.
Was Du da erlebt hast, ist (mal wieder :zwinker:) einen Hauch extremer als bei Anderen, aber nimm das bitte nicht zu persönlich. Der alte Herr ist eben alt und hat anscheinend keine liebevollen Menschen (mehr) um sich. Ich denke, Du kannst das auf sein Alter aka Geisteszustand schieben, dass er so extrem auf Dich reagiert. Ohne Dir zu nahe treten zu wollen (und ohne in Frage zu stellen, dass Du sympathisch 'rübergekommen bist), denke ich, dass er bei jeder Pflegerin, die sich so mit ihm beschäftigt, diese "Gefühle" entwickelt hätte. Im Übrigen denke ich, dass Du dem Herrn gegenüber Alles richtig gemacht hast. Dass er die Distanz nicht mehr gewahrt und in Deine Empathie zu viel hineininterpretiert hat, ist nicht Dein Fehler. Dass seine Familie so reagiert, ist aber auch verständlich, das solltest Du nicht außer Acht lassen, die kennen ja nur seine Version.
Und was Deine Kolleginnen angeht: das ist reiner Positionierungskampf. Neue werden erstmal kleingemacht, Neue werden benutzt, um sich selbst besser darzustellen. Du bist Konkurrenz, also u.U. gefährlich, bis Du das Gegenteil bewiesen hast. Lass Dich davon nicht entmutigen.

Alles Gute!
Mark11
 
BlackMirror
Benutzer111070  Team-Alumni
  • #5
Nun, die Frage ist, was du jetzt möchtest.

Bist du bereit, die Erfahrung mit dem Demenzerkrankten abzuhaken und deine Arbeit zukünftig mit aller nötigen Professionalität anzugehen, schon allein, um Familienangehörige und Arbeitskollegen nicht mehr vor den Kopf zu stoßen? Wenn du wirklich davon überzeugt bist, dass du das kannst und willst, würde ich an deiner Stelle das Gespräch mit dem/den Vorgesetzten suchen und diesen Vorsatz möglichst überzeugend vorbringen. Du wirst wohl am besten wissen, ob das etwas nützen kann und ob dein(e) Chef(in) sich von solcher Offensivität beeindrucken lässt oder einen "Anfängerfehler" verzeiht. Schaden kann es zumindest nicht, Engagement und Einsicht zu zeigen und dich nochmal dafür einzusetzen, unter Beweis zu stellen, dass du für diesen Job geeignet bist.
Wenn du dir allerdings selbst nicht sicher bist, ob du beruflich die richtige Richtung eingeschlagen hast, stellt sich natürlich die Frage, ob es nicht vielleicht besser wäre, dir etwas anderes zu suchen.

Traust du dir selbst denn zu, dass so ein Vorfall nochmal "einfach so" passiert? Oder stellt dieser Beruf insgesamt eine zu große emotionale Belastung für dich dar?
Was war denn deine Motivation, dir diesen Praktikumsplatz zu suchen, und was gefällt dir an dem Job?
 
Stormy
Benutzer120069  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #6
Hallo Mark und BlackMirror,

danke für eure Antworten und das Verständnis für mein Verhalten.
Es ist halt schwierig, wenn man noch nicht im sozialen Bereich tätig war und die Regeln noch nicht kennt, die eine solche Tätigkeit mit sich bringt.
Ärgerlich ist für mich nur, dass ich ja von einer Pflegerin angemahnt wurde mich zurückzunehmen, ich es aber trotzdem nicht geschafft habe.
Ich kann somit die Kolleginnen verstehen, dass sie mein Verhalten nicht dulden konnten.

Ich denke auch, dass die Gefühle dieses liebenswerten Menschen auf seinen Geisteszustand zurückzuführen sind.
Auch, dass er bei einer Pflegerin im Falle einer solchen Fürsorglichkeit so auf sie reagiert hätte.
Wie gesagt, er sagte ja auch zu ihnen, dass sie ein Schatz seien und wollte, dass sie sich auf seinen Schoß setzen.
Nur bin ich halt als einzige so auf ihn eingegangen, weil ich ihn so mochte.
Es ist für mich etwas schwierig die Seite der Angehörigen zu verstehen, da ich ihnen doch nichts wegnehme und sie nicht ernsthaft annehmen konnten, dass er sich in mich verliebt hat!

Ich würde es gern in diesem Job versuchen, auch wenn ich mir bewusst bin, dass es für mich schwierig wird aufgrund meiner Empathie und vielleicht auch aufgrund meiner Sehnsucht nach Zuneigung und Anerkennung.
Daher weiß ich nicht, ob ich mich wirklich dafür eigne.
Die Motivation für mich mir so einen Job zu suchen, war, dass ich gern mit alten Menschen zusammen bin und ihnen den tristen Alltag verschönern wollte.
Vielleicht bin ich da zu naiv rangegangen.
 
Mark11
Benutzer106548  Team-Alumni
  • #7
Ich denke nicht, dass Du zu naiv da 'rangegangen bist, sondern Du bist schlicht einfach nur Berufsanfängerin. Überleg doch 'mal: was ist die Folge aus der Erfahrung, die Du jetzt mit dem Herrn gemacht hast? Genau. Beim nächsten Mal wirst Du schon anders an die Sache herangehen, vorsichtiger, distanzierter, weniger Hoffnungen bei dem Kranken weckend.
Das, was Du gerade gelernt hast, macht jeder in solch einem Beruf mal durch, da bin ich mir sicher.
Was Deine Empathie und Deine Sehnsucht nach Anerkennung und Zuneigung angeht: auch das ist menschlich. Jeder Mensch, der ehrlich zu sich selber ist, möchte das. Solange Du die Grenzen einhältst und die Kranken/Alten nicht für Deine Sehnsüchte manipulierst (was ich Dir NICHT unterstelle, so wie ich Dich bisher hier kennengelernt habe), so lange ist das völlig normal. Die Menschen dort geben Dir etwas zurück und das macht diese Jobs doch auch schön. Es muss ja nicht gleich so ins Extreme laufen, wie jetzt, aber ein positives Feedbackm zu erhalten von Menschen, denen man helfen möchte, ist nichts Verwerfliches.
Wo die Grenzen sind und wie Dein Weg in diesem Berufsfeld aussieht, diese einzuhalten, das wirst Du noch herausfinden. Man nennt dies "Berufserfahrung".

Zu Deinen Kolleginnen: vll ergibt sich ja demnächst eine Situation, in der Du zumindest mit einer mal paar Worte quatschen kann. Lass durchklingen (aber nicht zu klein machen dabei), dass Dir klar ist, dass Du Dich nicht so perfekt professionell verhalten hast und frage sie nach Tipps, wie Du es besser machen könntest. Das hilft Dir und es zeigt ihr, dass Du sie und ihre Erfahrung nicht in Frage stellst (s.o., Positions-Spielchen). Erwähne auch ruhig Deine berufliche Unerfahrenheit und dass Du es besser machen möchtest. Das ist völlig OK, da es der Wahrheit entspricht und es auch jeder wissen sollte (und sich dabei vll mal an seine eigenen ersten Schritte erinnern darf :zwinker:).

Ich drück Dir die Daumen!
Mark11
 
In Love And War
Benutzer4590  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #8
Es ist für mich etwas schwierig die Seite der Angehörigen zu verstehen, da ich ihnen doch nichts wegnehme und sie nicht ernsthaft annehmen konnten, dass er sich in mich verliebt hat!

Ich glaube auch nicht, dass die Angehörigen da aus irgendeiner Art von "Eifersucht" reagiert haben, sondern dass dein unprofessionelles Benehmen schlicht und einfach dazu geführt hat, dass sie daheim mit dem alten Herrn dann zusätzliche Schwierigkeiten hatten. Es ist an sich schon nicht leicht für Angehörige, einen Demenzkranken zu pflegen, zur geistigen Verwirrung kommen oft auch Stimmungsschwankungen und Persönlichkeitsveränderungen, die einem den Umgang ziemlich erschweren können (eine meiner Großmütter hatte Alzheimer, und auch ein Opa war zum Schluss mehr und mehr dement, daher kenne ich das).

Dadurch, dass du dich in die Sache so reingesteigert hast und weit über das normale Verhältnis Klient-Pflegepersonal hinausgegangen bist, hast du den alten Herrn ziemlich durcheinander gebracht und entsprechend scheint daheim das Verhältnis zur Familie schwierig geworden zu sein (nach dem zu schließen, was der Sohn geäußert hat). Sowas kann man als pflegender Angehöriger halt einfach nicht brauchen.

Um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht sicher, ob das bei dir jetzt wirklich nur ein Anfängerfehler war, weil du halt neu in dem Job bist, oder ob der Bereich insgesamt einfach nichts für dich ist. Was ich hier lese, ist: Du baust sofort am ersten Tag schon eine Beziehung zu Klienten auf, die über das professionelle Verhältnis hinaus geht; du steigerst dich emotional so rein, dass du keinen realistischen Blick für Aspekte deines Jobs mehr hast (z. B. im Hinblick darauf, was Pflege eines Demenzkranken bedeutet, was für Angehörige wichtig ist, dass ein Platz im Altenheim nichts mit Herzlosigkeit zu tun hat etc.); du schaffst es auch nicht, dich zu kontrollieren und wieder auf die professionelle Ebene zurückzugehen, nachdem du wiederholt deswegen ermahnt worden bist; und du sagst selbst von dir, dass du sehr empathisch und auf der Suche nach Anerkennung und Zuneigung bist.

Ich bin halt etwas skeptisch, ob sich das wirklich mit der Zeit legen würde, denn ich glaube, dass du einfach von Haus aus ein sehr mitfühlender Mensch bist, der emotional viel in andere investiert. Das ist an sich eine tolle Charaktereigenschaft, aber wenn du im sozialen Bereich tätig bist, kann es schnell hinderlich werden, denn da ist es (für dich und für deine Klienten) wichtig, dass du die Distanz wahren kannst.
 
S
Benutzer Gast
  • #9
Ich schließe mich In Love and War an. Was mich auch bedenklich stimmt: Diese ganze Sache hat sich über einen Zeitraum von lediglich 2 (!) Wochen entwickelt. Du scheinst emotional regelrecht ausgehungert zu sein, wenn Du Dich innerhalb kürzester Zeit so in diese "Beziehung" hineinsteigerst. Wie sieht es denn mit Deinem Privatleben aus, wäre es nicht ratsam, hier nach Anerkennung und Freundschaft zu suchen?
 
Stormy
Benutzer120069  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #10
Ich schließe mich In Love and War an. Was mich auch bedenklich stimmt: Diese ganze Sache hat sich über einen Zeitraum von lediglich 2 (!) Wochen entwickelt. Du scheinst emotional regelrecht ausgehungert zu sein, wenn Du Dich innerhalb kürzester Zeit so in diese "Beziehung" hineinsteigerst. Wie sieht es denn mit Deinem Privatleben aus, wäre es nicht ratsam, hier nach Anerkennung und Freundschaft zu suchen?

Hallo Starla,

ja, ich gebe es zu, ich habe diesen Herrn nicht nur mit Fürsorge überschüttet, weil er mir leid tat. Das war in den ersten Tagen mehr der Beweggrund. Als ich dann bemerkte, dass er mir Zuneigung entgegenbrachte - auch wenn es gar nicht um mich persönlich ging - wollte ich mehr davon. Gleichzeitig zog es mich unwahrscheinlich zu ihm hin, weil er trotz Demenzerkrankung noch immer ein sehr sensibler Mensch ist und auch überwiegend noch so viele klare Momente hatte.
Ich war z.B. fasziniert davon, wie tiefgründig er ein Bild interpretierte, dass im Gang hängt. Er beachtete Details, die mir teilweise nicht aufgefallen waren!
Auch wie er mich einschätzte, fand ich beachtlich. Er hatte mit Sicherheit erkannt, dass ich eine Person mit wenig Selbstbewusstsein und viel Unsicherheit bin. Einmal kam auch ein Spruch von ihm, der weniger nett war, der aber zutreffend war, weil ich diese Wirkung auf viele Menschen habe. Er sagte:"Vielleicht solltest Du bei so viel Bravheit ins Kloster gehen." :rolleyes:
Seine Gegenwart hat mir einfach gutgetan, aber ich wollte ihn nicht für meine Zwecke benutzen.
Wobei ich zugeben muss: ich bin emotional ausgehungert.
Ich habe in den letzten Jahren immer wieder versucht Kontakte zu knüpfen und Freundschaften aufzubauen, aber leider ohne Erfolg. Die meisten akzeptieren mich nach kurzer Zeit nicht mehr. Den meisten bin ich zu langweilig, passiv, unreif und naiv.
Meistens kann ich eine gewisse Zeit eine Rolle spielen, aber meine Fassade bricht regelmäßig nach einer bestimmten Weile zusammen. Dahinter kommt dann der Mensch zum Vorschein, der ich wirklich bin. Ein Mensch ohne Selbstwertgefühl und voller Selbstzweifel und das wird dann ausgenutzt. Entweder werde ich abgewertet oder beleidigt bis ich den Rückzug antrete oder die anderen brechen schnell den Kontakt ab.
Ich weiß nicht, wie ich da rauskommen soll, denn inzwischen bin ich gar nicht mehr offen für neue Kontakte.
 
P
Benutzer Gast
  • #11
Guten Abend Stormy!
Dein Praktikum ist so gut wie beendet, du schätzt es als, ich sag mal weniger erfolgreich ein. Den Grund hast Du ja schon selbst genannt, Deine Empathie hat Dich für einen Menschen Sympathie entwickeln lassen, die hätte nicht kommen dürfen. Aber okay, Du bist zum ersten Mal in so einem Beruf als Praktikant gewesen und selbst das kriegen manche nicht mal hin. "In Love and War" hat deutlich geschrieben, wie man bei Demenzkranken eigentlich "vorgehen sollte". Und Demenzkranke sind anders als andere ältere Menschen, die geistig noch voll da sind. ( Ich erlebe es jeden Tag live).
Und als Praktikant hätte man Dich vorher besser einweisen sollen, denn im Normalfall wird nicht jeder sofort mit in die Betreuung integriert ohne nicht wenigstens nen Fahrplan von der Stationsschwester gekriegt zu haben.
Aber Du hast ja erkannt, was da schief gelaufen ist, jetzt heißt es, an Dir arbeiten, ich weiß ist schwer.
Mark11 hat auch was dazu geschrieben, dem ich hier auch recht gebe.
Wenn ich so in Dein Profil schaue, dann hat sich mit Freundschaften hier noch nicht viel getan, bzw, Du hast sie vor dem Blick der anderen geschützt. Das kann man machen, würde aber auf der anderen Seite auch wieder vielen zeigen, Du bist auf dem Weg Kontakte zu knüpfen und zu pflegen und somit auch Selbstwertgefühl und Selbstbewußtsein aufzubauen.
Du bist emotional ausgehungert schreibst Du, das kann man aber ändern, wenn man versucht sich mit anderen hier zu unterhalten, es sollte doch erst mal eine Basis von einigen Freundschaften geschaffen werden, damit Du in diesen ich sag mal Brieffreundschaften wieder auf ein nicht von Dir benanntes Niveau, langweilig, passiv, unreif oder naiv eingestuft wirst.
Einige Kontakte hattest Du doch hier, die Dir geschrieben haben, Du kannst doch dann wenn es Dir zu öffentlich ist, jenen Menschen eine private Nachricht schreiben, also beginne eine Unterhaltung, frag sie was sie so machen, wie sieht Dein Tagesablauf aus, wie sieht der der anderen aus....
Aber Du musst den Willen haben da selber auch mitzumachen, von allein kommt keiner, aber wenn du den kleinen Finger reichst, kriegst Du bestimmt einen Finger zurück und vielleicht sogar die ganze Hand ! :zwinker:
 
Guinan
Benutzer34612  Planet-Liebe Berühmtheit
Redakteur
  • #12
Mach mal langsam. Das war ein Praktikum. Du bist Berufseinsteigerin und ich finde es nicht ungewöhnlich. Man kommt auch in jahrelanger Praxis in solchen Berufen nicht drumrum, zuweilen manche Menschen netter zu finden als andere und mit manchen gar nicht zu können.
Das hat JEDER Lehrer, Pfleger, Pädagoge etc. Das ist komplett normal und ich bin der Meinung, dass sich da auch niemand komplett von freisprechen kann.

Was man mit der Zeit eben lernen muss ist der Umgang mit solchen Situationen. Du bist noch kein Profi - wie willst Du dich da absolut professionell verhalten?
Ich würde da jetzt nicht gleich alles schwarz und verloren sehen. Warte es doch erstmal ab.
Immerhin zeigt Dein Verhalten, dass Du zu einem hohen Maß an Empathie fähig bist. Das zu steuern wirst Du schon noch lernen.
 
In Love And War
Benutzer4590  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #13
Das hat JEDER Lehrer, Pfleger, Pädagoge etc. Das ist komplett normal und ich bin der Meinung, dass sich da auch niemand komplett von freisprechen kann.

Was man mit der Zeit eben lernen muss ist der Umgang mit solchen Situationen.

Ich stimme dem zu - die Frage ist aber: Wird jemand, der so "emotional ausgehungert" ist wie die TS, der so sehr nach Zuwendung von anderen sucht, je lernen, in einem sozialen Beruf die Distanz zu wahren? Das fällt hin und wieder schon Leuten schwer, die emotional weitaus stabiler sind als die TS.

Ich glaube, dass man im sozialen Bereich einfach falsch ist, wenn man dort seine persönliche emotionale Erfüllung sucht und das als "Ersatz" für zwischenmenschliche Kontakte im privaten Bereich nimmt. Die TS kompensiert bei der Arbeit, was ihr im Privatleben fehlt, und so kann man nicht professionell arbeiten; außerdem macht es einen irgendwann kaputt, wenn man zum Job keinen Abstand findet und bei jedem Fall mitleidet (ich schätze, das wird wohl jeder, der in solchen Berufen tätig ist, aus eigener Erfahrung bestätigen können).
 
Guinan
Benutzer34612  Planet-Liebe Berühmtheit
Redakteur
  • #14
Die TS kompensiert bei der Arbeit, was ihr im Privatleben fehlt, und so kann man nicht professionell arbeiten; außerdem macht es einen irgendwann kaputt, wenn man zum Job keinen Abstand findet und bei jedem Fall mitleidet (ich schätze, das wird wohl jeder, der in solchen Berufen tätig ist, aus eigener Erfahrung bestätigen können).

Auch ich arbeite im sozialen Bereich und musste lernen (und habe gelernt) Abstand zu wahren. Das ist kein Hexenwerk und gehört nunmal dazu :zwinker:
Wenn man sich seiner Strukturen bewusst ist - und das ist die TS ja ihrem letzen Beitrag nach zu urteilen - dann bekommt man das in den allermeisten Fällen auch in den Griff.
Sie macht sich ja jetzt gerade Gedanken darum. Dann ist sie schon sensibilisiert und auf einem guten Weg.
Außerdem wird man damit in der Ausbildung auch nicht allein gelassen.
 
A
Benutzer Gast
  • #15
Wie gesagt, er sagte ja auch zu ihnen, dass sie ein Schatz seien und wollte, dass sie sich auf seinen Schoß setzen.
Nur bin ich halt als einzige so auf ihn eingegangen, weil ich ihn so mochte.

Jetzt mal eine ganz blöde Frage nebenbei: Bedeutet das, dass du dich auf seinen Schoß gesetzt hast?
 
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In Love And War
Benutzer4590  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #16
Off-Topic:
Wenn man sich seiner Strukturen bewusst ist - und das ist die TS ja ihrem letzen Beitrag nach zu urteilen - dann bekommt man das in den allermeisten Fällen auch in den Griff.

Wenn das immer so einfach wäre, dann wären wohl sämtliche Therapeuten dieses Landes arbeitslos. :smile: Meine Erfahrung ist: Sich seiner "Strukturen" bewusst sein und das in den Griff kriegen sind zwei verschiedene Dinge.

Und ich weiß nicht näher, wie eine Ausbildung in der Altenpflege aufgebaut ist, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass im Rahmen so einer Ausbildung die emotionalen Probleme der TS gelöst werden.
 
Stormy
Benutzer120069  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #17
Off-Topic:


Wenn das immer so einfach wäre, dann wären wohl sämtliche Therapeuten dieses Landes arbeitslos. :smile: Meine Erfahrung ist: Sich seiner "Strukturen" bewusst sein und das in den Griff kriegen sind zwei verschiedene Dinge.

Und ich weiß nicht näher, wie eine Ausbildung in der Altenpflege aufgebaut ist, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass im Rahmen so einer Ausbildung die emotionalen Probleme der TS gelöst werden.

Ich wünsche mir sehr, dass ich meine emotionalen Probleme in den Griff bekomme und in diesem Job arbeiten kann.
Es wird für mich sicher einfacher, wenn ich diesen alten Herrn nicht wiedersehen werde. Denn ich habe mich wirklich gleich vom ersten Tag an an ihn geklammert. Klar, er als extrovertierter und fröhlicher Mensch hat mich mit seiner Art gleich aus der Reserve gelockt.
Wenn ich mal so richtig nachdenke, frage ich mich, wer in den vergangenen Jahren mal nett zu mir war und mich geschätzt hat. Ich bin doch fast immer nur auf Ablehnung gestoßen. Ich bin ein Mensch, der anderen zu wenig zu bieten hat.
Wenn er nicht dement wäre, wäre ich wahrscheinlich eifersüchtig auf seine Frau, die schon so viele Jahre mit ihm leben darf.[DOUBLEPOST=1343651751,1343651589][/DOUBLEPOST]
Jetzt mal eine ganz blöde Frage nebenbei: Bedeutet das, dass du dich auf seinen Schoß gesetzt hast?

Nein, natürlich habe ich mich nicht auf seinen Schoß gesetzt.
Es hat überhaupt keine körperliche Annäherung gegeben, auch wenn er mal gesagt hat, er würde mich gern mal anfassen. Auch wollte er ständig meinen Namen auf dem Schildchen lesen, dass ich ein paar Zentimeter über der Brust angebracht hatte. Das war schon witzig, wie er mich aufforderte doch näher zu kommen. Er sagte, ich solle doch nicht so schüchtern sein. :grin:
Ich habe ihm nur mal über den Arm gestreichelt, mehr nicht.
 
In Love And War
Benutzer4590  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #18
Ich wünsche mir sehr, dass ich meine emotionalen Probleme in den Griff bekomme und in diesem Job arbeiten kann.
Es wird für mich sicher einfacher, wenn ich diesen alten Herrn nicht wiedersehen werde. Denn ich habe mich wirklich gleich vom ersten Tag an an ihn geklammert. Klar, er als extrovertierter und fröhlicher Mensch hat mich mit seiner Art gleich aus der Reserve gelockt.

Wie würdest du reagieren, wenn dir der nächste "extrovertierte und fröhliche Mensch" bei der Arbeit begegnet, der dir auch wieder Aufmerksamkeit und Freundlichkeit entgegenbringt und mit dem du Mitgefühl hast (und diese Menschen wird es immer wieder geben)? Denkst du, du könntest dabei dann die Distanz wahren? Hast du eine Idee, wie du das schaffen kannst?
 
Stormy
Benutzer120069  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #19
Wie würdest du reagieren, wenn dir der nächste "extrovertierte und fröhliche Mensch" bei der Arbeit begegnet, der dir auch wieder Aufmerksamkeit und Freundlichkeit entgegenbringt und mit dem du Mitgefühl hast (und diese Menschen wird es immer wieder geben)? Denkst du, du könntest dabei dann die Distanz wahren? Hast du eine Idee, wie du das schaffen kannst?


Ich hoffe, ich werde in Zukunft keine innige Bindung mehr zu jemandem aufbauen.
Irgendwie muss ich es schaffen, das über den Verstand zu regulieren.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das so leicht noch mal passieren kann, denn dieser alte Herr ist ein ganz besonderer Mensch. Vielleicht hört es sich komisch an, aber trotz Demenzerkrankung waren wir auf einer Wellenlänge.
Es war total schön sich mit ihm zu unterhalten, wir hatten den gleichen Humor und auch die gleichen Vorlieben und Wertvorstellungen. So etwas findet man selten, und deswegen tut es mir auch so weh ihn nicht wiederzusehen. :cry:
 
einsamerEngel
Benutzer35148  Beiträge füllen Bücher
  • #20
Die anderen (sowohl Angestellte als auch Patienten) waren wohl neidisch / eifersüchtig dass Du so gut mit dem zurecht gekommen bist.
Aber Du hast ja selber gemerkt was das am Ende mit Dir bewirkt hat. In Deinem Fall ist der Patient nur an einen anderen Ort gebracht worden. Aber wenn der Patient z.B. in Deinen Armen verstorben wäre, egal aus welchem Grund... und das dann auch noch mit anderen passiert...
Da wärst Du nicht fertig mit trauern, vor allem in einem Pflegeheim (ähnliches gilt sicher auch für andere Einrichtungen, z.B. Kinderkrankenhäuser mit Leukämie-Fällen).
Daher die Gefahr, Bindungen bindungen einzugehen, die zu emotional werden.
Leider ist es auch so, durch eine Distanz wirkt man auch kühl, aber das ist mehr Selbstschutz.
 
W
Benutzer91227  (59) Verbringt hier viel Zeit
  • #21
Ich finde es zutiefst positiv beeindruckend, daß Stormy eine solche Beziehung aufbauen konnte.

Dagegen zu halten, daß andere eifersüchtig wurden, halte ich für albern. Wie im gesamten restlichen Leben auch: Aus Sicht der Eifersüchtigen halte ich sowas für einen schäbigen Charakter, nicht aber aus Sicht des Zuneigenden. Wo kämen wir hin, wenn jedem Menschen alles verboten werden würde, wo die Gefahr bestünde, daß irgendein dahergelaufener anderer diesem eifersüchtig werden könnte?! Da könnten wir die gesamte Wirtschaft einmotten und Liebesbeziehungen sowieso. Ab zurück auf die Bäume!

Wenn ich das Element "Eifersucht" aus dem Beiträgen herausschneide, nimmt als nächstes das Element "Professionalität" den Hauptplatz der Argumentation ein. Ja, neee, nicht?! Haltet Ihr hier tatsächlich Abgebrühtheit, Emotionslosigkeit und Kaltherzigkeit für "Professionalität"?! Das glaube ich nicht!

Mann sollte DANKBAR sein, wenn in Pflege- und Altersheimen Angestellte herumlaufen, die es SCHAFFEN, trotz langjähriger Berufspraxis noch eine solche LIEBENSWÜRDIGKEIT in ihr Verhalten zu legen, daß es den alten Leuten eine Freude ist, dorthin zu kommen.

Wenn ich mal diese Scheinargumente rund um Professionalität aus den Beiträgen herauskürze, dann bleibt noch EIN EINZIGES LETZTES Element übrig, was als (in meinen Augen allerdings geringfügiger) Vorwurf bestehen bleiben könnte: Daß sie sich ZU SEHR auf einen einzelnen Patienten konzentriert habe. Als Vorwurf kann man das allerdings auch nicht pauschal stehen lassen, sondern daß muß in Relation betrachtet werden zu möglicherweise aus Neid und Eifersucht erwachsenden Vorwürfen dieser Art...

HAT sie TATSÄCHLICH die anderen Patienten gegenüber ihren vertraglichen Verpflichtungen vernachlässigt?
Oder ist es eventuell so gewesen, daß sie bei den anderen eben "nur" ihre vertraglichen Verpflichtungen (das aber noch ausreichend zur Erfüllung) nachgekommen ist und sie bei dem besonderen Patienten nur freiwillig mehr Zeit investierte?

Das ist alles für mich noch lange nicht aus den Diskussionsbeiträgen ersichtlich. Und ohne entsprechende Erkenntnisse wäre für mich eine Kritik von Stormy undenkbar. Von "Verurteilung" wollen wir gar nicht erst anfangen...

Wenn ICH mal alt werde, werde ich ZUTIEFST DANKBAR sein für eine solcherart NETTE und liebenswerte Betreuung!
Wenn ich einen alten Menschen zu pflegen hätte, würde ich mich, wenn es sich aus der Situation so ergibt, genau so nett und intensiv mit jemandem anfreunden!

DASS in der Mehrzahl die alten Leute von ihren Pflegern nicht dermaßen intensiv beturtelt werden können, ist zwangsläufig der Begrenztheit von Ressourcen geschuldet. Aber ABLEHNENSWERT ist sowas deswegen mitnichten!

Das Gegenteil kenne ich aus Schilderungen von Freunden und Bekannten eher: Daß alte Menschen wie Dreck behandelt werden, im Stich gelassen werden, gar ausgenutzt werden, indem Pfleger ihnen die Wohnung ausräumen und dergleichen Verbrechen.

Ich kenne AUCH die Probleme, die mit Demenz daherkommen. AUCH, daß alte Leute sich TROTZ nachweislich ausreichender Pflege im dementen Zustand des öfteren vernachlässigt FÜHLEN.

Und ich habe den Eindruck, daß im vorliegend beschriebenen Fall eine Reihe von Dingen zusammenkommen, namentlich dieses rein subjektive Vernachlässigtfühlen - egal, ob aus Demenz oder blankem Neid heraus geboren.

Fazit: Solange ihr nicht NACHGEWIESEN werden kann, daß sie andere ihrer Patienten auf Kosten dieser Zuwendung vernachlässigt hatte, ist jedes Schlechtmachen dieser Handlung für mich eine Schweinerei. Nicht das Gegenteil!
 
H
Benutzer98113  (34) Verbringt hier viel Zeit
  • #22
Ich habe 9 Monate als Zivildienstleistender in einer Altenpflegeeinrichtung gearbeitet. Dabei hatte ich jeden Tag mit dementen Menschen zu tun, habe da vor allem Betreuung gemacht und andere Sachen. Ehrlich gesagt finde ich deine Ausführungen ziemlich bedenklich. Empathie in allen Ehren, aber lässt dich emotional zu sehr auf die Leute ein. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man diesen Job jeden Tag machen kann und dabei voller Mitleid jeden ansieht und abends zu Hause über das grausame Schicksal dieser armen Leute weint. Da braucht es wesentlich mehr Abgrenzung. Da muss klar sein, dass man gerne Spaß haben und sich gut unterhalten kann, aber du letztendlich da bei deiner Arbeit bist. Mehr nicht.
 
In Love And War
Benutzer4590  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #23
Wenn ich das Element "Eifersucht" aus dem Beiträgen herausschneide, nimmt als nächstes das Element "Professionalität" den Hauptplatz der Argumentation ein. Ja, neee, nicht?! Haltet Ihr hier tatsächlich Abgebrühtheit, Emotionslosigkeit und Kaltherzigkeit für "Professionalität"?! Das glaube ich nicht!

Mann sollte DANKBAR sein, wenn in Pflege- und Altersheimen Angestellte herumlaufen, die es SCHAFFEN, trotz langjähriger Berufspraxis noch eine solche LIEBENSWÜRDIGKEIT in ihr Verhalten zu legen, daß es den alten Leuten eine Freude ist, dorthin zu kommen.

Ich weiß nicht, woher du diese überdramatische Interpretation nimmst, ich kann hier im Thread nichts Entsprechendes finden. "Professionalität" bedeutet im Übrigen mitnichten "Abgebrühtheit, Emotionslosigkeit und Kaltherzigkeit", zumindest nicht in meinem Sprachgebrauch.

Niemand hat gesagt, dass Pflegepersonal sich gegenüber Klienten nicht nett und liebenswürdig verhalten darf, im Gegenteil, das ist - im vernünftigen Rahmen - ausdrücklich begrüßenswert und notwendig. Das Verhalten der TS und deine Klagen über Kaltherzigkeit sind aber die beiden Extreme, dazwischen gibt es eine ausgewogene Mitte aus Empathie und "fachgerechter Berufsausübung", und die muss man finden.
 
Stormy
Benutzer120069  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #24
Ich werde diesen Job weiter ausüben.
Mir ist auch völlig bewusst geworden, dass mein gut gemeintes Verhalten dem alten Herrn gegenüber unangemessen war.
Ich werde den Menschen im Altenheim auch weiterhin mit Freundlichkeit und Empathie begegnen, werde es aber nicht mehr zulassen, eine so innige Bindung zu jemandem aufzubauen.Denn letztendlich habe ich mich nicht nur bei den Kollegen unbeliebt gemacht, sondern auch mir selbst geschadet.
Ich habe so viel Selbstvertrauen in mich, dass ich weiß, ich werde das schaffen!
 
In Love And War
Benutzer4590  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #25
Dann wünsche ich dir viel Erfolg!
 
SweetYJ
Benutzer97888  Verbringt hier viel Zeit
  • #26
Gibt es in der Ausbildung die du anstrebst auch den Bereich Selbsterfahrung bzw. eine Supervision?
(Eine Freundin von mir wird beispielsweise Kunsttherapeutin und muss beides während ihrer Ausbildung regelmäßig machen und auch meine Mutter hat diese Stationen in ihrer Ausbildung durchlaufen.)
Wenn es so etwas gibt denke ich, das du, durch diese Unterstützng, beste Chancen hast dich in Zukunft erfolgreich gegen zu viel Nähe abzugrenzen indem du z.B entsprechende Strategien entwickelst und auch deine Arbeit nicht jeden Tag emotional mit nach Hause nehemen musst.
 
Barelhaven
Benutzer120224  (49) Verbringt hier viel Zeit
  • #27
Als ehemaliger Altenpfleger kann ich dir sagen, dass dein Verhalten zwar nicht angemessen war- das Verhalten deiner MA aber auch nicht!
Von außen sollte man solch eine Beziehung wie die eure nicht bewerten. Wen kümmert es denn? Was kümmert es die Leitung, wenn ihr euch näher kommt? Was haben sich die Verwandten einzumischen? Der Typ ist doch schon tot!!!

Wie kann man professionelles Verhalten bei einer Praktikantin erwarten? Lächerlich.

Mein Tipp: Lehn dich entspannt zurück, spucke einmal über deine Schulter und schließ das Kapitel ab. Machste eben etwas anderes...
 
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