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Versöhnung mit meinem Vater? (Achtung: Lang!)

S
Benutzer15054  (43) Benutzer gesperrt
  • #1
Es geht bei diesem Problem um die Frage, wie ich weiter vorgehen soll bezüglich meines leiblichen Vaters, den ich seit nunmehr 15 Jahren nicht mehr gesehen habe, den ich eigentlich schon abgeschrieben habe, dem ich aber nun noch eine Chance geben will, mit dem ich auch schon ein ersten Telefongespräch hatte – der aber nun nach diesem Telefongespräch beleidigt und eingeschnappt reagiert und mich nicht mehr anruft.

Aber alles der Reihe nach. Ich erzähle hier natürlich alles nur aus meiner Perspektive, und wie ich das alles erfahren habe. Dazu muss ich ein wenig in der Vergangenheit ausholen. Ich mache es so kurz wie es geht.

Meine Mutter trennte sich von meinem leiblichen Vater kurz nach meiner Geburt. Ich wuchs seitdem bei meiner Mutter auf, zusammen mit meinem Halbbruder, von dessen leiblichen Vater sich meine Mutter ebenfalls trennte, als ich 4 oder 5 Jahre alt war. Mein Halbbruder T. und ich wuchsen also zusammen bei meiner Mutter auf. Meine Mutter heiratete dann einen dritten Mann, als ich etwa 6 Jahre alt war. Dieser blieb bei uns bis etwa zu meinem 16. Lebensjahr. Mittlerweile ist meine Mutter seit 3 Jahren mit dem 4. Mann verheiratet und – so hoffe ich – das endgültig.

Über die Gründe, warum sich meine Mutter und mein leiblicher Vater haben scheiden lassen, konnte ich mir nie so richtig ein Urteil bilden, genauso wenig wie mein Halbbruder T. bezüglich der Scheidung unserer Mutter und seines leiblichen Vaters. Ich erfuhr immer nur die Version meiner Mutter, denn Kontakt zu meinem leiblichen Vater hatte ich so gut wie nie. Laut Version meiner Mutter war mein Vater untreu gewesen. (Mittlerweile kenne ich auch die Antwort meines leiblichen Vaters darauf, der meint, er sei in der Ehe mit meiner Mutter nie fremdgegangen. Also habe ich nun zwei Versionen dieser Geschichte.)
Ich hörte von meiner Mutter die Jahre über immer nur, was für ein hinterlistiges Schwein mein Vater sei. Ich kann nicht sagen, was in meiner frühesten Kindheit vorgefallen ist zwischen meiner Mutter und meinem Vater, erinnern kann ich mich jedoch gut an die Jahre seit der Schulzeit und vor Allem in der Jugend. Mein Vater zahlte irgendwann keine Alimente mehr. Meine Mutter meinte immer, er drücke sich davor und versuche sich wie ein Aal rauszuwinden. Meine Mutter wollte später auch immer wieder, dass ich diese rückstehenden Unterhaltszahlungen bei ihm einklage, was ich nach meinem Abitur mit 20 auch tat – aber nix bekam, da bei meinem Vater nix zu holen war.
Ebenso erinnere ich mich, dass mein Vater sich zumindest in den Jahren meiner Schul-Kindheit und Jugend nie um mich kümmerte. Er schickte mir nie etwas zum Geburtstag. Er rief mich nie an. Er schickte mir auch – bis auf eine Ausnahme – nie etwas zu Weihnachten. Nur einmal, zu Weihnachten, als ich 14 oder 15 Jahre alt war, schickte er mir eine Postkarte mit einem 100-Mark-Schein abgedruckt zu. Für mich war das reiner Sarkasmus.

Bei mir hatte mein Vater, seit ich denken kann, immer einen schlechten Stand. Ich sah ihn zuletzt nur einmal, als ich 13 oder 14 Jahre alt war. Da besuchte ich ihn einmal. Er brachte mir ein wenig Gitarren-Spielen bei. Sonst bekam ich aber nix von ihm. Zu Heiligabend, als ich 15 oder 16 Jahre alt war, rief ich ihn auf Bitten meiner Mutter an, um ihn mal zu fragen, ob er denn überhaupt noch wisse, dass es mich gibt. Denn meine Mutter meinte immer zu mir, mein Vater hätte mich schon längst vergessen. Am Telefon machte ich ihm dann lautstark Vorwürfe, ging aber nicht unter die Gürtellinie. Er hingegen war besoffen und beleidigte mich als 'Arschloch' am Telefon. Dies kann auch mein Halbbruder bezeugen, der damals neben mir am Telefon stand. Mit dieser Beleidigung endete mein letzter Kontakt zu ihm damals. Und er verbesserte mein Verhältnis zu meinem Vater nicht gerade. Im Gegenteil: Mein Vater kannte die Nummer meiner Mutter, und er rief sie auch ab und zu mal an. Ich hingegen weigerte mich, mit ihm zu sprechen, wenn er mal mit mir reden wollte. Ich verachtete ihn nur noch.

Ich hatte seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm. Bis mein Onkel U. aus Bayern Geburtstag feierte bei meinen Verwandten in Sachsen-Anhalt. Zu dieser Geburtstagsfeier war auch mein Vater eingeladen, denn Onkel U. und mein Vater sind seit der Kindheit beste Freunde. Meine Mutter war auch zur Geburtstagsfeier eingeladen. Ich selbst war auch eingeladen, aber ich weigerte mich, zur Feier zu gehen, weil ich keinen Bock hatte, meinem Vater zu begegnen. Seit dieser Feier hat sich jedoch alles geändert.

Meine Mutter sprach nach dieser Feier mit mir und erzählte mir, dass sie auf dem Fest ein langes Gespräch mit meinem Vater geführt habe. Dabei habe sie wohl gemerkt, dass mein Vater sich auch heute noch Gedanken um mich mache und ihm der Kontaktabbruch zwischen ihm und mir an die Nieren gehe.
Als mir meine Mutter das erzählte, grübelte ich erst einmal lange nach. Ich fragte mich, ob ich wirklich bis zum Lebensende sauer auf meinen Vater sein soll, und ob ich ihn bis zu seinem Lebensende abblitzen lassen will. Das Leben erschien mir auf einmal viel zu kurz, um im Streit und Trennung zu enden. Mein Vater ist nun auch schon über 50 Jahre alt, und wenn er tatsächlich noch an mich dachte, wollte ich ihn da tatsächlich in Kontaktabbruch und Streit sterben lassen? Ich habe noch drei weitere Halbgeschwister, nach deren Kontakt ich schon seit Jahren suchte, aber die ich bislang nicht erreichte.
Und ein paar Monate vor dieser Geburtstagsfeier hatte bereits der leibliche Vater meines Halbbruders T. versucht, zu seinem Sohn telefonisch und über die Halbschwester meines Halbbruders Kontakt aufzunehmen. Mein Halbbruder T. ist in solchen Sachen jedoch wesentlich sturer als ich. Den Wunsch seines Vaters nach Versöhnung und einem Wiedersehen schlug mein Halbbruder T. hart aus und er weigert sich bis heute, zu seinem leiblichen Vater Kontakt aufzunehmen. Er will mit ihm definitiv nichts mehr zu tun haben.

Ich war erschrocken von der harten Zurückweisung meines Halbbruders gegenüber seinem leiblichen Vater. Ich versuchte, auf ihn einzureden, ob er einer Versöhnung keine Chance geben wolle und er in Trennung von seinem Vater weiterleben wolle? Ist das Leben nicht viel zu kurz, um es in Trennung, Schmerz und Kontaktabbruch enden zu lassen? Wenn es eine Möglichkeit auf Versöhnung und Wiedersehen gibt, sollte man die Chance dann nicht nutzen? Mein Halbbruder T. weigert sich bis heute. Ich hingegen hatte meine Meinung geändert: Ich wollte der Versöhnung eine Chance geben und meinen Vater wiedersehen.

Jedoch konnte und wollte ich das nicht einfach so aus dem Stegreif machen. Ich war verbittert über ihn und verachtete ihn, weil er sich in den Jahren, in denen ich mich erinnern kann, nie um mich gekümmert hat, und ich verachtete ihn wegen dem, was, laut Aussagen meiner Mutter, er ihr angetan hat.
Ich konnte und wollte nicht einfach so tun, als wäre nichts gewesen. Ich machte ein Telefongespräch von drei Bedingungen abhängig: Erstens sollte er aus eigener Initiative anrufen, damit ich weiss, dass er Interesse hat, mich wieder zu kontaktieren. Zweitens sollte er nüchtern sein. Und drittens verlangte ich von ihm eine Entschuldigung und eine Verantwortungsübernahme dafür, dass er sich nie um mich gekümmert hat – ohne Wenn und Aber.

Es kam dann vor einem Monat tatsächlich zu einem Telefongespräch zwischen ihm und mir. Leider verlief es nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Er rief zwar aus eigener Initiative an, und er war auch nüchtern. Aber er weigerte sich beharrlich und aus meiner Sicht in völlig kindischer Weise, sich bei mir einfach zu entschuldigen. Ständig wich er auch, machte auch meine Mutter dafür verantwortlich, dass er sich nicht gekümmert hat um mich. Er habe einfach die „Flinte ins Korn geworfen“, nachdem ihm, als ich 3 Jahre alt war, von meiner Mutter und ihrem zweiten Ehemann immer wieder erzählt wurde, ich wollte nichts mehr von ihm wissen. Ich fragte ihn, warum er mich denn nie persönlich gefragt hat, ob ich denn noch etwas von ihm wissen wolle? Er meinte, ja, das sei ein Fehler gewesen. Und er entschuldigte sich auch für die Jahre meiner Jugend, dass er sich nicht um mich gekümmert habe. Diese Sätze sprach er aber nie so aus, sondern immer nur mit einem 'ABER'. „Aber die anderen haben auch...“, „Aber ich bin nunmal stur und irgendwann hatte ich keinen Bock mehr...“, „Aber du musst das verstehen, ...“ usw.. Ich sagte ihm auch am Telefon, dass ich es kindisch von ihm finde, seine Verantwortung zu relativieren und sich die ganze Zeit so rauszureden und vom Thema abzulenken. Ich sprach ihn auf versäumte Geburtstage und Weihnachten an, und auf seine Beleidigungen bei unserem letzten Telefongespräch vor 12 Jahren. Er meinte, er könne sich an dieses Gespräch nicht mehr erinnern. Und er könne sich auch nicht vorstellen, mich beleidigt zu haben. Wenn dem aber so gewesen sei, dann entschuldige er sich auch dafür. Aber auch hier immer wieder das ständige 'ABER'.

Er kam mir jedoch unglaublich pubertär vor, wie er versuchte, seine Verantwortung und seine, wie ich es nannte, 'Schuld' mir gegenüber zu relativieren. Nach einer Stunde beendete mein Vater das Gespräch mit den Worten, er müsse das alles jetzt erst einmal verdauen. Er habe nicht damit gerechnet, dass ich ihm jetzt hier gleich beim ersten Telefongespräch solche Vorwürfe mache. Er wollte mit mir ein paar Tage später noch einmal telefonieren. Ihm sei das Ganze jetzt erst einmal zu viel geworden.
Und so beendeten wir das Gespräch. Ich blieb während des Gesprächs die ganze Zeit über sachlich und ruhig. Ich hatte mir, ehrlich gesagt, mehr Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit von meinem Vater erhofft. Nur so hätten wir beide nochmal neu beginnen können. Zwar bat mich meine Mutter vor dem Telefongespräch, nicht gleich sofort auf die Vergangenheit zu sprechen zu kommen und ihn gleich zu „überfallen“, nun war es aber doch passiert. Ich hätte auch nicht gewusst, wo ich denn sonst hätte anfangen sollen beim Gespräch. Denn ein unbeschwerter Umgang mit meinem Vater ist mir bislang nicht möglich. Und ich bin der Ansicht, dass, bevor ich überhaupt wieder einen Neuanfang mit meinem Vater machen kann, die Vergangenheit soweit erst einmal geklärt werden muss.

Jedoch hat sich mein Vater seit diesem Gespräch nicht mehr bei mir gemeldet. Eine Woche nach unserem Telefongespräch versuchte ich ihn anzurufen, aber sein Handy war ausgeschaltet. Ich hinterließ ihm eine SMS. Er rief jedoch nicht zurück Zwei Tage später versuchte ich es erneut, wieder ohne Erfolg. Auch diesmal rief er nicht zurück, trotz SMS-Benachrichtigung. Zwei Wochen später schrieb ich ihm dann eine SMS, in der ich ihm sagte, dass ich es sehr traurig finde, dass er sich nicht mehr melden würde. Ich schrieb ihm jedoch auch, dass es mich freuen würde, wenn er sich meldet.

Ich erfuhr später über meinen Onkel U., der vor einer Woche meine Mutter besuchte, den Grund, warum mein Vater sich nicht mehr bei mir meldete. Laut seiner Aussage sei mein Vater schlichtweg beleidigt und eingeschnappt. Mein Vater fände es unerhört, dass ich ihm solche Vorwürfe gemacht hätte. Ich unterhielt mich dann auch mit meinem Onkel U.. Ebenso unterhielt ich mich mit meinem jetzigen Stiefvater und meiner Mutter, sowie meinen Halbbruder T. Und alle beurteilen das Telefongespräch, was ich führte mit meinem Vater, unterschiedlich. Mein Onkel U., der meinen Vater von Kindesbeinen an kennt und mit ihm befreundet ist, meint zu mir, ich hätte einen Fehler gemacht und meinem Vater völlig zu Unrecht Vorwürfe gemacht. Mein Vater, so mein Onkel U., sei mir nichts schuldig und habe auch keine Verantwortung mir gegenüber. Außerdem wisse ich gar nicht, was damals alles zwischen meinem Vater und meiner Mutter vorgefallen ist. Mein Onkel U. riet mir, 4 Wochen zu warten, bis mein Vater fertig sei mit Schmollen, und dann solle ich es nochmal versuchen.

Meine Mutter meint seit meinem Telefonat mit meinem Vater ebenfalls, ich hätte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen sollen. Ich hätte mich erst einmal mit ihm treffen sollen, und dann hätte ich ihm immer noch Vorwürfe machen können. Meine Mutter kam nun auf die Schnapsidee, ein Treffen zu arrangieren zwischen ihr, meinem Vater und mir. Ich habe ihr erst einmal davon abgeraten.

Mein Stiefvater, der sich noch kurz nach meinem Telefongespräch auf meine Seite stellte, dass ich durchaus richtig gehandelt habe und ich mir nichts vorwerfen brauche, hat mittlerweile wohl seine Meinung geändert und findet nun ebenfalls, dass ich beim Telefongespräch einen Fehler gemacht hätte. Darüber war ich erst einmal sehr schockiert, denn ich hatte gehofft, dass wenigstens mein Stiefvater, den ich sehr nüchtern einschätze, mir Mut macht.

Mein Halbbruder T. dagegen stellte sich ganz auf meine Seite. Er meinte zu mir, ich solle mir nicht einreden lassen, ich hätte jetzt hier etwas verbockt. Es sei seiner Ansicht nach völlig berechtigt, dass ich nach 15 bis 20 Jahren, wo sich mein Vater nicht um mich gekümmert habe, ihm erst einmal Fragen stelle und Vorwürfe mache, dass er sich nicht um mich gekümmert hat. Mein Vater sei in der 'Bringschuld', nicht ich. Nicht ich habe mir etwas vorzuwerfen, dass ich verantwortungslos gegenüber meinem Sohn gehandelt habe, sondern er, so mein Halbbruder T.. Es sei, so mein Halbbruder, einfach grotesk, dass mein Vater nach berechtigten Vorwürfen nun die beleidigte Leberwurst spiele und mich nicht mehr anrufe.

Ich hingegen sah es bislang so wie mein Halbbruder. Mittlerweile kommen mir aber auch Zweifel. Einerseits will ich es meinem Vater nicht unnötig schwer machen. Ich weiß in der Tat nicht, was wirklich vorgefallen ist zwischen meiner Mutter und ihm. Ich kannte bislang immer nur die Version meiner Mutter. Meine Mutter selbst ist mittlerweile von einigen Geschichten über ihn abgerückt und hat mir gegenüber zugegeben, dass mein Vater auch nach meiner Geburt eine Zeit lang noch um mich gekämpft habe. Ich kenne die Version meines Vaters bislang nicht, und ich bin mir auch sicher, dass meine Mutter damals nicht ganz unschuldig war an der Scheidung. Denn sie ist mittlerweile mit dem 4. Mann verheiratet und ich kenne nun schon ihre Macken. Und ich habe ihn auch während meiner Jugend immer wieder abblitzen lassen, wenn er am Telefon mit meiner Mutter sprach und mit mir reden wollte; weil ich eben sauer auf ihn war, dass er nie an mich dachte.

Andererseits kann ich auch nicht so tun, als sei nichts gewesen. Dass er sich zumindest seit ich Denken kann, nie um mich gekümmert hat, daran kann ich mich erinnern, und ich möchte auch eine Entschuldigung von ihm dafür. Erst dann, so habe ich das Gefühl, kann ich nochmal von vorne mit ihm anfangen. Zudem finde ich es äußert krass von ihm, dass er auf meine Vorwürfe mit Kontaktabbruch reagiert. Ich habe ihn weder als Schwerverbrecher bezeichnet, noch von ihm einen Kniefall verlangt. Er sollte sich einfach nur entschuldigen – ohne Wenn und Aber. Aber selbst wenn diese Forderung ein Fehler gewesen sein soll: Ist das ein Grund, dass er aus Beleidigung sich nicht mehr meldet? Und Hinterherlaufen will ich ihm auch nicht.

Ich frage mich mittlerweile, wie wichtig ich meinem Vater wirklich bin? Was von dem, was meine Mutter mir immer erzählt hat, ist wahr? Habe ich ihm Unrecht getan, dass ich ihm vorgeworfen habe, er habe sich nie um mich gekümmert? Hätte ich 'sanfter' mit ihm umgehen sollen? Habe ich ihn verschreckt?

Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, wie ich weiter vorgehen soll. Ich verlangte von meiner Mutter, ihm auf keinen Fall hinterher zu telefonieren. Sie bat mich, ihm doch nochmal eine vorwurfsfreie SMS zu schicken, in der ich mich entschuldige für meine Vorwürfe gegen ihn.

Mein Stiefvater meinte, ich solle ihm eine neutrale, vorwurfsfreie SMS schicken. Wenn er sich dann nicht melde, wisse ich ja, was ich von ihm zu erwarten hätte.

Mein Halbbruder T. dagegen riet mir, ihn gar nicht mehr zu kontaktieren und die Sache ganz zu knicken. Das Verhalten meines Vaters sei schon Beispiel genug dafür, wie wenig ihm der Kontakt zu mir bedeute und dass er eher um sein Ego besorgt sei als um einen Neuanfang.

Welcher Meinung würdet ihr euch anschließen? Oder hättet ihr noch weitere Tipps?
 
J
Benutzer87768  (34) Verbringt hier viel Zeit
  • #2
jop wirklich lang der text... :grin:
ich versteh dass du wütend auf ihn bist und ihm gleich vorwürfe usw machst, mit den du sicherlich teilweise richtig liegen wirst. aber du must deinen vater auch verstehen. er hat sich vermutlich die selben vorwürfe selber lange nachgedacht haben. und man tendiert dabei das ganze abzumildern und andere schuldige zu finden. damit kann man das ganze leichter ertragen. jetzt kommst du daher und konfrontierst in mit der vollen schuld und das bei eurem ersten gespräch. ein kontakt mit dir bedeutet für ihn nichts anderes als sich mit den ganzen fehlern, die er begangen hat erneut auseinanderzusetzen. und das ist sicher richtig schwer für ihn. jetzt sofort ne umfassende entschuldigung ohne einschränkungen zu hören ist zu viel verlangt. wenn man dazu bedenkt dass er evtl manchmal berechtigt diese einschränkungen gemacht.
du weißt ja nicht wie das in deiner frühen kindheit wirklich gelaufen ist. du kennst nur die geschichte von deiner mutter. und die hat die geschichte zu ihren gunsten abgewandelt. und das macht man meistens an den punkte wo einen das gewissen am meisten plagt. vllt hat sie dir grobe fehler ihrer seite nicht erzählt.
natürlich verhält sich dein vater absolut kindisch wenn er jetzt eingeschnappt ist. aber ich würde nicht umbedingt darauf schließen wie wichtig ihm der kontakt zu dir ist. immerhin hat er dich schon mal angerufen ganz unwichtig kann es ihm nicht sein.
ich würde sagen rede mit ihm in ruhe und nimm ein bisschen rücksicht auf seine gefühle. vollkommen klar dass du ihm jetzt alles vorwerfen willst und dass du wütend auf ihn bist. aber wirklich bringen tut das nichts. hör dir seine version an. und reagier dich gut dosiert an ihm ab. ich schließe mich der meinung von deinem stiefvater an. schreib ihm ne sms dass du gern nochmal mit ihm reden würdest. wenn er sich dann nicht meldet kannst du ihn echt vergessen
 
S
Benutzer35050  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #3
Hallo spätzünder,

das ist eine ziemlich komplizierte Situation. Ich kann sehr gut verstehen, dass du bitter enttäuscht bist, weil dein Vater dich so viele Jahre links liegen gelassen hat und jetzt auch nicht bereit ist, sich für alles zu entschuldigen. Auf der anderen Seite vertrete ich die Ansicht, dass man sich nicht bis zum Lebensende zerstreiten sollte, weil man sich dadurch viele schöne gemeinsame Momente verbaut und am Ende frustriert und mit "hätte ich doch damals..." Gedanken dasteht. Wenn dein Vater ein wirklicher Idiot wäre, dem nichts an dir liegt und der nur an sich denkt, dann könnte ich ja verstehen, dass du den Kontakt für immer abbrichst, aber so hört sich dein Beitrag nicht an. Fassen wir alles mal chronologisch zusammen:

Deine Mutter und dein Vater haben sich kurz nach deiner Geburt getrennt. Deine Mutter behauptet er sei fremdgegangen, er behauptet das Gegenteil. Dann hat dein Vater sich eine zeitlang um dich bemüht als du klein warst. Deine Mutter hat ihm deutlich gemacht, dass er nicht erwünscht ist und du nichts mit ihm zu tun haben willst. Daraufhin hat er die Mühe eingestellt. Deine Mutter hat dir immer wieder erzählt was für ein "Schwein" dein Vater ist und was er alles falsch gemacht hat. Daraufhin wolltest du wirklich nichts mehr mit ihm zu tun haben. Deinen 13. oder 14. Geburtstag hast du mit deinem Vater verbracht und dann kam dieses Telefonat in dem er dich beschimpft hat. Dann hat deine Mutter dir eingeredet, dass du deinen Unterhalt bei ihm einklagen sollst, was du mit 20 getan hast. Nach dem Geburtstag deines Onkels erfährst du, dass dein Vater immer noch an dich denkt und ihm die Sache nahe geht. Plötzlich versucht deine Mutter dich dazu zu bringen wieder Kontakt aufzunehmen und relativiert ihre Aussagen von früher. Du beschließt also ihm noch eine letzte Chance zu geben, wenn er sich bei dir für alles entschuldigt. Das tut er nicht wie erwartet...

Ganz ehrlich? Du erwartest von ihm einen Kniefall. Du bist gekränkt und verlangst, dass er sich ohne wenn und aber für sein Verhalten entschuldigt. Das ist meiner Meinung nach aber kein Gespräch auf Augenhöhe, wie es bei einer Versöhnung sein sollte. Du drängst deinen Vater damit in die Rolle eines Bittstellers, der bei dir nur eine Chance hat, wenn er das tut, was du willst. Das ist meiner Meinung nach aber der falsche Ansatz.

Laß mich mal ein wenig interpretieren: Zunächst einmal weißt du wirklich nicht, was damals zwischen deinen Eltern vorgefallen ist. Was wenn deine Mutter damals deinem Vater den Kontakt zu dir verboten hat? Versetz dich mal in die Lage eines Vaters, der sein Kind sehen will, aber nicht darf. Dann bekommt er noch gesagt, dass das gemeinsame Kind kein Interesse an seinem Vater hat. Das ist ein ziemlicher Faustschlag ins Herz. Klar könnte er sich noch intensiver bemühen, aber wieviel von dieser Mühe wurde von der Mutter abgeblockt? Und parallel wurde dem Kind eingeredet wie schlecht doch der Vater sei. Dann finden Kontaktversuche statt, aber das Kind blockt ab und will den Vater nicht sehen. Die Beziehung ist eigentlich schon vergiftet. Dann kommt ein Kontakt zustande und beide sind so verletzt dass sie sich gegenseitig beleidigen und beschimpfen, weil sie ihrer Enttäuschung Luft machen wollen. Irgendwann flattert dann noch eine Unterhaltsklage vom eigenen Kind ins Haus. Ein weiterer Schlag ins Gesicht. Und plötzlich versucht die Mutter zu vermitteln und relativiert ihre Aussagen über den bösen Vater. Warum auf einmal? Ich will deine Mutter keinesfalls verurteilen, aber die Tatsache dass sie zum 4. mal verheiratet ist, würde mir ziemlich zu denken geben. Für eine Trennung sind immer zwei Personen verantwortlich. Ist deine Mutter dreimal an böse, untreue Egoisten geraten oder könnte sie evtl auch einiges falsch gemacht haben?

Ich hab das jetzt sehr einseitig und zu Gunsten deines Vaters geschildert um dich darüber zum Nachdenken
zu bringen. Denn eins ist fast sicher: dein Vater ist genauso verletzt, enttäuscht und wütend wie du. Ich glaube nicht dass er so abgebrüht ist, dass du ihm egal bist. Ja, er hätte sich melden müssen und niemals aufgeben dürfen. Aber du weißt wirklich nicht was die Jahre über gelaufen ist und WARUM er sich nicht gemeldet hat. Genau das könnte man in einem ruhigen Gespräch irgendwann klären. Vielleicht erfährst du ja noch interessante Dinge? Kein Mensch läßt sich mit Absicht jahrelang demütigen. Genauso wie du ihm vorhalten kannst, dass er sich zu wenig um dich gekümmert hat, kann er dir vorhalten, dass du lange Zeit nichts von ihm hören wolltest. Die Sache mit der Klage wird er auch nicht mal eben so weggesteckt haben.

Ich finde es ist auf beiden Seiten nicht alles richtig gelaufen. Und irgendwie klingt das für mich auch ein bißchen so, dass deine Mutter den Streit damals ziemlich angeheizt hat und jetzt vielleicht etwas wieder gut machen will und sich deshalb so darum bemüht, dass ihr wieder Kontakt habt.

Wenn du dir den Kontakt zu deinem Vater wirklich wünschst, dann mußt du auch bereit sein dir Vorwürfe von seiner Seite aus anzuhören und dich mit ihm kritisch aber ehrlich auszusprechen. Und das am besten persönlich und unter vier Augen. Verlang von ihm keine Pauschal-Entschuldigung für alles, denn das ist nicht fair und die wirst du von ihm auch nie bekommen. Er hat sich bereits für viele Dinge entschuldigt. Auch wenn dem ein "ABER" folgte mit Anschuldigungen in Richtung der "anderen". Wichtig ist, dass er sich entschuldigt hat und vieles eingesehen hat. Geh nicht mit der Erwartung in das Gespräch, dass dein Vater eine komplette Beichte ablegt und dir in allem Recht gibt. Er wird sich selbst schon genug Vorwürfe machen, dass er damals nicht anders gehandelt hat. Wenn du ihn jetzt noch mit der Nase drauf stößt, ist es kein Wunder, dass er patzig reagiert. Ja, die Dinge müssen angesprochen und geklärt werden, aber vorsichtig und ohne Vorwurf. Und vergiß nicht, genauso wie du jahrelang auf deinen Vater verzichten mußtest, mußte er jahrelang auf seinen Sohn verzichten. Ihr sitzt also gewissermaßen im selben Boot. Da wäre es doch schade, wenn man sich aus falschem Stolz weiterhin anschweigt, oder? Es wäre doch viel schöner, wenn ihr euch mal zusammensetzen und über alles in Ruhe reden könnt. Oder trefft euch erstmal unverbindlich, auch wenn es schwer ist. Und wenn dann das Verhältnis etwas gefestigter ist, könnt ihr die Vergangenheit nochmal hervorholen. Es bringt nichts jetzt auf stur zu schalten und zu warten bis dein Vater auf dich zukommt. Du merkst ja wie er ist. Spring über deinen Schatten und schreib ihm, dass du ihn gern wiedersehen würdest und gerne mal in Ruhe und ohne Vorwürfe mit ihm reden möchtest. Euer letztes Telefonat hat dein Vater mit den Worten beendet, dass er das alles erstmal verarbeiten muß. Du merkst also, dass ihm das ganz schön nahegeht und du ihm nicht egal bist. Wenn das mal kein gutes Zeichen für einen Neuanfang ist...
 
S
Benutzer15054  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #4
Du hast schon irgendwo recht, Silverbell. Meine Mutter meinte zu mir, ich sähe meinem Vater ähnlich, denn ich sei auch so stur wie er. Und das will ich auf keinen Fall sein. Etwas muss ich jedoch noch kommentieren: Ich habe ihn damals, als ich mit ihm telefonisch gesprochen habe mit 15 Jahren, nicht beleidigt. ER hat mich beleidigt. Aber du hast Recht, und ich sollte nochmal versuchen, ihn zu kontaktieren. Ohne Vorwürfe und ohne sture Forderungen. Denn dann wäre ich wirklich nicht besser als mein Vater.
 
S
Benutzer15054  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #5
So, ich habe jetzt letzten Montag nochmal versucht, ihn anzurufen. Er ging wieder nicht ans Telefon. Habe ihm dann nochmal eine SMS geschickt, in der ich mich für mein Auftreten bei unserem ersten Telefonat entschuldigt habe. Trotzdem kam bislang keine Antwort von ihm. Ich bin sehr enttäuscht von ihm.
 
Syleena
Benutzer27629  (40) Meistens hier zu finden
  • #6
Hallo spätzünder,

deine Familiengeschichte kommt mir ziemlich bekannt vor. Ich glaube, wir haben die gleiche Mutter :uberrascht:
Aber ernsthaft: Ich finde es absolut verständlich, dass in dem ersten ausführlichen Telefonat mit deinem Vater die Emotionen übergekocht sind. Bestimmt hat sich bei euch beiden da sehr viel angestaut über die Jahre und möglicherweise hast du mit deinen Vorwürfen einfach auch seine wunden Punkte getroffen.. Themen, mit denen er sich vielleicht noch nicht auseinandersetzen kann. Trotzdem denke ich, dass ihm das alles, genau wie dir viel bedeutet, sonst hätte er sich das alles nicht so zu Herzen genommen. Und natürlich ist es auch legitim, dass du enttäuscht und auch sauer auf ihn bist, weil du dich vielleicht in der Kindheit von ihm im Stich gelassen fühltest.

Allerdings denke ich auch, dass ihr es mit der Aufarbeitung der Vergangenheit langsam angehen solltet (und am besten nicht telefonisch). Du schriebst ja auch, du wüsstest gar nicht, wie damals aus der Sicht deines Papas das alles abelaufen ist. Vielleicht lässt du dir das einfach mal erzählen, ohne im Hinterkopf den Abgleich mit der Geschichte deiner Mutter zu versuchen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Erinnerungen da etwas auseinander gehen und jeder hat sich das womöglich im Lauf der Zeit so "umgedeutet", wie es in das eigene Lebensverständnis passt. Vielleicht geht es gar nicht darum, heraus zu finden, wie es ganz genau gewesen ist (das kann man sowieso nicht mehr), sondern wie es die einzelnen Beteiligten empfunden haben und wie das mit ihren jeweiligen Verhaltensweisen in der Vergangenheit und heute zusammen hängt.

Du schriebst ja, du würdest dir vor allem von deinem Papa wünschen, dass er sich bei dir entschuldigt. Wofür genau möchtest du denn, dass er sich entschuldigt? Also welche Erkenntnis soll auf seiner Seite dahinter stehen? Und wie wünschst du dir deine zukünftige Beziehung zu ihm?

Ich finde es auch stark von dir, dass du mit der SMS nun nochmals einen Schritt auf ihn zugegangen bist. Vielleicht braucht er, wie dir sein Kumpel sagte, wirklich noch etwas Zeit und wird sich wieder bei dir melden. Ich wünsche es dir. Ich weiss wie wichtig es ist, das "innere Kind" zu beruhigen. Von heute auf morgen geht so etwas nicht. Die Erwartungen aneinander sind ja auch noch völlig unklar. Daher: Lasst euch Zeit.
 
S
Benutzer15054  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #7
Also ich möchte einfach von ihm, dass er sich ohne Wenn und Aber bei mir für die Jahre entschuldigt, seit ich mich erinnern kann, dass er mir nie zum Geburtstag gratuliert hat oder zu Weihnachten. Und das kann er auch nicht abstreiten. Aber selbst wenn meine Forderung aus der Luft gegriffen ist, dann kann er mir das doch sagen und mir seine Version der Geschichte erzählen. Was er aber macht, ist einfach den Kontakt abbrechen. Ihm ist wohl nicht klar, was hier auf dem Spiel steht. Ich finde, er macht es sich ganz schön einfach. Dabei hat er mir gegenüber ja durchaus eingeräumt, dass er sich jahrelang nie um mich gekümmert hat.

Jetzt haben wir endlich nach so langer Zeit mal wieder miteinander gesprochen, ich mache ihm gleich Vorwürfe, ok, man kann sagen, vielleicht nicht der elegante Weg, das erste Gespräch nach Jahren so zu beginnen - aber er meldet sich danach einfach nicht mehr. Ich habe jetzt 5 mal versucht, ihn anzurufen, und ihm 2 SMS geschickt. Keine Reaktion von ihm. Er nimmt nie ab, und er antwortet auch nie auf meine SMS.
Mehr kann ich da jetzt auch nicht mehr machen. Ich habe bei meiner letzten SMS schon quasi die Hosen runtergelassen. Mein Bruder und eine gute Freundin von mir haben mir bereits gesagt, dass ich dies eigentlich nicht hätte machen brauchen.
Aber ich wollte mir hinterher, falls es nicht mehr zu einem Wiedersehen kommt, keine Vorwürfe machen, ich hätte einer Versöhnung keine Chance gegeben. Wenn das Ganze schon scheitert, und danach sieht es im Moment für mich aus, dann soll es nicht an mir gelegen haben. Ich möchte ganz gerne eine Versöhnung mit ihm, das wäre mir auch sehr wichtig. Andererseits war mir auch von vorneherein bewusst, dass ich offene Fragen hatte und ich ein negatives Bild von ihm habe. Und ich konnte und wollte nicht einfach das Wiedersehen beginnen, ohne die Vergangenheit geklärt zu haben.

Er macht jetzt aber gewissermaßen dasselbe wieder, was er jahrelang machte - sich nicht mehr bei mir melden. Bei aller Kritik an meinem Vorgehen beim ersten Telefonat: Wenn ihm das Wiedersehen genauso wichtig ist wie mir, ist dann sein plötzlicher Kontaktabbruch verständlich und nachvollziehbar?
Wenn meine Vorwürfe falsch waren, dann soll er mir das doch sagen und mir seine Version der Geschichte erzählen. Und wenn ihn meine Vorwürfe aufgeregt haben und er das erst einmal verdauen musste, dann kann er doch sagen, dass er erst einmal ein paar Tage bis Wochen Zeit braucht und dann wieder bereit ist, mit mir zu telefonieren.
Aber er hat sich nach diesem Telefonat einfach nicht mehr gemeldet. Er nimmt nicht ab, wenn ich ihn anrufe, und er antwortet nicht auf meine SMS. Hätte mein Onkel nicht zufällig meine Mutter besucht und ihr vom Gespräch zwischen ihm und meinem Vater erzählt, dann ich wüsste bis heute nicht, warum er sich nicht mehr meldet.

Verhält sich so jemand, der an einem Wiedersehen nach jahrelanger Trennung interessiert ist? Einmal telefonieren und dann, nur weil es gleich beim ersten Mal zu Missverständnissen kam, sich nicht mehr melden, obwohl der andere ständig versucht, ihn zu erreichen?
 
Syleena
Benutzer27629  (40) Meistens hier zu finden
  • #8
Also ich möchte einfach von ihm, dass er sich ohne Wenn und Aber bei mir für die Jahre entschuldigt, seit ich mich erinnern kann, dass er mir nie zum Geburtstag gratuliert hat oder zu Weihnachten. Und das kann er auch nicht abstreiten. Aber selbst wenn meine Forderung aus der Luft gegriffen ist, dann kann er mir das doch sagen und mir seine Version der Geschichte erzählen.

Ich kann absolut verstehen, dass dir das wichtig wäre. Auf der anderen Seite ist eine Entschuldigung, die sich aus einer Forderung ergibt, in meiner Vorstellung wenig befriedigend. Wenn mir jemand die Pistole auf die Brust setzen würde und sagen: "Entschuldige dich jetzt für das und das bei mir!", dann würde ich glaub auch erst einmal kein Wort mehr rausbringen. Und ich würde mich auch gerne von mir aus entschuldigen, wenn ich einsehe, einen Fehler gemacht zu haben, nicht auf Verlangen. Der Sinn einer Entschuldigung wäre sonst für mich nicht mehr vorhanden. Anders wenn die Person mir sagen würde: "Als du dann und dann dies oder jenes (nicht) getan hast, da habe ich mich sehr verletzt / enttäuscht (...) gefühlt, weil...", dann wäre ich eher geneigt, meinen Anteil an der Enttäuschung meines gegenübers zu erkennen, egal ob ich seine Einschätzung teilen würde oder nicht. Und dann könnte ich auch aus innerer Überzeugung sagen: "Es tut mir leid." Das ist jetzt nur mein persönliches Empfinden, aber ich kann mir vorstellen, dass es auch anderen Menschen so geht.

Ich habe jetzt 5 mal versucht, ihn anzurufen, und ihm 2 SMS geschickt. Keine Reaktion von ihm. Er nimmt nie ab, und er antwortet auch nie auf meine SMS. Mehr kann ich da jetzt auch nicht mehr machen.

Da stimme ich dir zu. Du hast ihm nun wirklich sehr deutlich gezeigt, dass dir der Kontakt wichtig wäre. Ich würde an diesem Punkt auch erst einmal abwarten, bis von ihm wieder etwas zurück kommt.

Er macht jetzt aber gewissermaßen dasselbe wieder, was er jahrelang machte - sich nicht mehr bei mir melden. Bei aller Kritik an meinem Vorgehen beim ersten Telefonat: Wenn ihm das Wiedersehen genauso wichtig ist wie mir, ist dann sein plötzlicher Kontaktabbruch verständlich und nachvollziehbar?
Wenn meine Vorwürfe falsch waren, dann soll er mir das doch sagen und mir seine Version der Geschichte erzählen. Und wenn ihn meine Vorwürfe aufgeregt haben und er das erst einmal verdauen musste, dann kann er doch sagen, dass er erst einmal ein paar Tage bis Wochen Zeit braucht und dann wieder bereit ist, mit mir zu telefonieren.
Aber er hat sich nach diesem Telefonat einfach nicht mehr gemeldet. Er nimmt nicht ab, wenn ich ihn anrufe, und er antwortet nicht auf meine SMS. Hätte mein Onkel nicht zufällig meine Mutter besucht und ihr vom Gespräch zwischen ihm und meinem Vater erzählt, dann ich wüsste bis heute nicht, warum er sich nicht mehr meldet.?

Ich persönlich finde sein Verhalten ja auch nicht angemessen, aber es ist wohl das, was er sein Leben lang durchzieht. Für ihn ist es eben das einfachste, sich erst einmal zurück zu ziehen. Wie das beim Anderen ankommt (nämlich als Desinteresse) scheint ihm nicht so klar zu sein. So etwas kann einen echt fertig machen, das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Verhält sich so jemand, der an einem Wiedersehen nach jahrelanger Trennung interessiert ist? Einmal telefonieren und dann, nur weil es gleich beim ersten Mal zu Missverständnissen kam, sich nicht mehr melden, obwohl der andere ständig versucht, ihn zu erreichen?

Wie gesagt, ich habe auch ein anderes Verständnis davon, wie man sich in solch einer Situation verhalten "sollte", aber ich stecke auch nicht in seiner Haut, genausowenig wie du. Aber ich nehme mal an, dass es auch irgendetwas an ihm als Person gibt, dass dich dazu veranlasst, den Kontakt zu ihm zu suchen? Es wird wohl nicht allein seine Erzeugerrolle sein?
 
E
Benutzer87638  (34) Verbringt hier viel Zeit
  • #9
Jetzt ist schon erstmal dein Vater an der Reihe, sich zu melden; wenn U. aber schon sagt, dass er sehr lange braucht , um davon runterzukommen, stolltest du ihm die Zeit schon auch lassen. Ihr kennt euch ja schließlich kaum, da ist erstmal sporadischer Kontakt wahrscheinlich auch besser, um sich aneinander zu gewöhnen.

Du wünschst dir von deinem Vater Aufrichtigkeit - zu Recht!
Du wünschst dir eine Entschuldigung - auch zu Recht!
Aber beides gleichzeitig wirst du nie in der Form bekommen können. Schließlich hat er nicht IMMER NUR alles falsch gemacht. Und da ist sicher mehr vorgefallen, was du nicht weißt. Wahrscheinlich wird sich dein Vater nie vorbehaltlos entschuldigen können, so sehr du das auch möchtest. Freue dich lieber über die Fehler, die er einsieht: für ihn ist das wahrscheinlich schon so ein riesiges entgegenkommen, dass er sich von dir Absolution erwartet.
Auch wenn es schwer fällt, aber ohne Geduld miteinander, werdet ihr wohl kaum antändigen Kontakt aufbauen können. Deine Entschuldigung war auf jeden Fall schon ein guter Schritt. Ihr werdet beide noch ein dickes Fell brauchen.
 
S
Benutzer15054  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #10
Aber ich nehme mal an, dass es auch irgendetwas an ihm als Person gibt, dass dich dazu veranlasst, den Kontakt zu ihm zu suchen? Es wird wohl nicht allein seine Erzeugerrolle sein?

Nein, ich habe einfach eingesehen, dass das Leben viel zu kurz ist, um mit seinem Vater im Streit und Kontaktabbruch zu enden. Ich weiß nicht, wie lange mein Vater oder ich noch leben werden - ich hoffentlich noch länger als er. Aber wenn er mal unter der Erde liegen sollte, will ich es nicht bereuen, nie den Kontakt zu ihm gesucht zu haben. Denn dann ist es zu spät für eine Versöhnung. Und so, wie ich meine Mutter verstanden habe, nachdem sie mit ihm gesprochen hat, geht ihm der Kontaktabbruch mit mir wohl sehr nahe. Und das ist ein Novum für mich, denn bisher war ich immer der Ansicht, mein Vater hätte mich schlichtweg vergessen. Das hat mir nämlich auch meine Mutter jahrelang erzählt.

Und ich frage mich jetzt, ob mein Vater wirklich das 'hinterlistige, verantwortungslose Schwein' war, für das ich ihn immer gehalten habe. Wenn nein, dann will ich ihm die Tür nicht vor der Nase zuschlagen, sondern ihm die Hand reichen. Und wenn ja, dann will ich mir zumindest nicht vorwerfen, nie auf ihn zugegangen zu sein, sondern ihn immer nur trotzig abgeblockt zu haben.
 
S
Benutzer35050  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #11
Wie wäre es denn, wenn du ihm mal einen längeren Brief oder eine Mail schreibst? Mit einer SMS kann man so wenig sagen. Dabei bewegt dich doch viel mehr. Ich denke mit einem Brief kannst du auch besser zum Ausruck bringen, wie wichtig dir eine Versöhnung mit ihm wäre. Es hat nichts mit "Hosen runterlassen" zu tun, wenn man eigene Fehler einräumt oder sich für etwas entschuldigt. Im Gegenteil. Das ist eher eine starke Geste, mit der man zeigt, dass der andere einem wichtig ist.

Dein Vater schmollt jetzt, ganz klar. Er will dich schmoren lassen und vielleicht erhofft er sich, dass du ihm ein bißchen Honig um den Mund schmierst, bis er sich bereiterklärt, mit dir zu reden. Das mußt du natürlich nicht tun, denn es wäre wirklich zu viel verlangt, wenn du ihn jetzt mit SMS und Anrufen bombardieren müßtest. Laß ein wenig Zeit vergehen bis die Emotionen sich abgekühlt haben. Es mag dauern, aber irgendwann wird die Sehnsucht und der Wunsch nach einem besseren Verhältnis wieder so stark, dass man nur allzu gern seine Sturheit und seinen Stolz aufgibt. Wenn deinem Vater eure Funkstille wirklich so nahe geht, wird er sich irgendwann zu einem Gespräch bereiterklären.

Dein Vater hat jahrelang gelernt, sich durch Kontaktabbruch gegen Verletzungen zu schützen. Wundert es dich wirklich, dass er jetzt wieder so reagiert? Es ist nicht richtig, und ich finde es übertrieben, dass er auf deine Kontaktversuche gar nicht reagiert. Aber es ist auch eine ganz normale Reaktion, wenn man sich mal eure Vergangenheit anguckt. Da hilft es jetzt nicht sich gegenseitig Vorwürfe zu machen und Einsicht zu fordern. Es ist besser mal über gewisse Dinge hinwegzusehen und ein wenig nachsichtiger zu sein, bis euer Verhältnis sich wieder gebessert hat. Dann ist immer noch Zeit über diese Dinge zu reden.

Mein Vater hat mich in vielerlei Hinsicht auch sehr gekränkt. Ich habe eine zeitlang überlegt den Kontakt abzubrechen. Zumal seine Aussage immer war: "es liegt an dir, ob wir Kontakt haben oder nicht. Ich werde dir nicht hinterherlaufen." Letztendlich bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass mir der Kontakt sehr wichtig ist und ich deshalb bereit bin zu akzeptieren, dass ich von meinem Vater niemals eine Entschuldigung hören werde. Das ist objektiv gesehen unfair, aber ich fühle mich besser damit für den Kontakt zu meinem Vater gewisse Dinge zu übersehen. Es schadet mir nicht und ich bin froh, dass wir heute wieder halbwegs normal miteinander reden können. Ich bin ihm nicht hinterhergelaufen, habe aber auch nicht auf stur geschaltet, obwohl das in der Situation jeder hätte nachvollziehen können.

Probiers mal mit Nachsicht, viel Zeit und einem Brief.
 
S
Benutzer15054  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #12
Also nochmal werde ich ihm nicht schreiben. Die SMS war schon lang. Und ich habe mit ihr das zum Ausdruck gebracht, was ich sagen wollte. Wenn ich ihm einen Brief schreiben würde, dann nicht noch einmal als Entschuldigung, sondern als Erklärung meiner Sichtweise auf die ganzen Dinge. Ich bin ihm jetzt schon ein Stück weit entgegen gekommen. Er hingegen lässt keinerlei Reaktion von sich hören.
 
S
Benutzer35050  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #13
Deswegen schrieb ich ja, laß ein wenig Zeit vergehen und warte ab. Du hast ja guten Kontakt zu deinem Onkel. Also wirst du bestimmt erfahren wenn er nicht mehr schmollt. Außerdem denke ich, dass dein Onkel deinem Vater auch gut zureden wird, wenn er sieht, dass du dich bemüht hast und dein Vater nicht darauf reagiert. Da werden mit Sicherheit noch einige Gespräche laufen während du denkst, dass nichts passiert. Laß jetzt erstmal ein paar Tage und Wochen ins Land gehen. Vielleicht meldet dein Vater sich ja in der Zwischenzeit von selbst.
Den Brief kannst du ja trotzdem schonmal schreiben. Du mußt ihn ja erstmal nicht abschicken. Aber ich finde die Idee gar nicht so schlecht, wenn du deine Sichtweise mal aufschreibst. So könntest du dann auch, wenn sich die Gelegenheit ergibt, deinem Vater besser klarmachen, wie du die ganze Sache siehst, ohne Gefahr zu laufen, dass ein Gespräch in Schuldzuweisungen und Vorwürfen endet. Du hast genauso das Recht sauer und enttäuscht zu sein, denn dein Vater verhält sich nicht richtig. Und das kannst du ihm auch mitteilen. Aber im Moment geht es doch darum, was in der jetzigen Situation eher zum Erfolg (also zu wieder aufgenommenem Kontakt) führt.
Denk immer dran dass du deinen Vater nicht ändern kannst. Du hast also immer die Wahl seine Macken zu akzeptieren oder eben nicht. Ein guter Kontakt geht natürlich von beiden Seiten aus und beide sollten ein Interesse daran haben, sonst bringt es nichts. Insofern ist das ein ziemlich schmaler Grat auf dem du dich da bewegst. Hinterherlaufen mußt du nicht, aber vielleicht reicht (in ein paar Wochen) noch ein weiterer Schritt in seine Richtung?

Wie gesagt, warte jetzt erstmal ab. Du bist jetzt auf ihn zugegangen. Laß ihm Zeit zu entscheiden wie er darauf reagieren möchte. Und zähl dabei nicht mit, wie lange er gebraucht hat, sich zu der Reaktion durchzuringen. Das einzige was zählt ist, wie er reagiert.
 
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Benutzer15054  (43) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #14
Du hast ja guten Kontakt zu deinem Onkel.

Das ist nicht richtig.

Außerdem denke ich, dass dein Onkel deinem Vater auch gut zureden wird, wenn er sieht, dass du dich bemüht hast und dein Vater nicht darauf reagiert.

Mein Onkel U. ist 100%ig auf seiner Seite. Er wird sich aber da auch nicht einmischen wollen. Und das Verhältnis zwischen meiner Mutter und meinem Onkel U. hat sich seit seinem Besuch bei ihr stark eingetrübt. Ich selbst habe auch keine hohe Meinung von ihm.
 
S
Benutzer35050  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #15
Oh okay, hab deinen Anfangspost nochmal gelesen. Das mit deinem Onkel hatte ich anders im Kopf. Aber du schreibst auch:
Mein Onkel U. riet mir, 4 Wochen zu warten, bis mein Vater fertig sei mit Schmollen, und dann solle ich es nochmal versuchen.
Das ist doch ein guter Hinweis. Dein Onkel kennt deinen Vater von klein auf. Daher wird er ihn auch gut einschätzen können, was das Schmollen betrifft.
Kannst du die Zeit bis dahin nutzen um mit deiner Mutter zu sprechen und ein wenig mehr Wahrheit herauszufinden, was damals wirklich gelaufen ist?
 
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