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Benutzer97853
Planet-Liebe Berühmtheit
- #1
Hallo ihr Lieben,
Ich melde mich mit einem etwas persönlicheren Thema zu Wort: In den letzten Monaten habe ich mir immer mehr Gedanken über das Verhältnis zu meinen Eltern, speziell meiner Mutter gemacht und inwiefern mir der Kontakt heute gut tut.
Meine Eltern und ich hatten schon immer ein schwieriger Verhältnis. Das fing schon mit meiner Geburt an, bei der es grosse Komplikationen gab und die für meine Mutter ziemlich traumatisch war. Als Folge wurde ihr dann nach einigen Jahren auch die Gebärmutter entfernt und ich wuchs als Einzelkind auf. Ich fühle mich heute noch irgendwie “schuldig”.
Meine Kindheit war geprägt von unzaehligen schönen Momenten mit Freunden, aber auch schwierigen mit meinen Eltern. Wenn ich mich zurück erinnere, gab es viel Streit und ich wurde viel bestraft (Hausarrest, Fernsehverbot oder Süssigkeitenverbot). Vielleicht war ich ein schwieriges Kind. Ich kann das aus heutiger Sicht nicht mehr beurteilen.
Mit 11 Jahren ist meine Mutter dann mit mir ins Ausland gezogen. Mein Vater blieb in der Heimat. Und da bekam unser Verhältnis einen ziemlichen Knacks. Ich kam in der neuen Schule nie so wirklich an, wurde viel gemobbt (was ich ihr aber nie erzählte) und entwickelte eine Essstörung. Von letzteren wussten meine Eltern. Meine Mutter durchsuchte meine Sachen und faxte Tagebucheinträge an meinen Vater. Teilweise machten sie sich sogar über mich lustig. Vermutlich waren sie überfordert.
Heute sage ich, dass mich meine Mutter emotional damals als Teenager wirklich im Stich gelassen hat. Ich hatte das Gefühl, dass sie das Nötigste tat (Einkaufen, Kochen, Putzen) – aber mehr eben auch nicht. Ich zog mich immer mehr zurück, fand Freunde und Hilfe im Internet und wurde ein sehr stiller, sehr trauriger Jugendlicher, dessen einziger Lichtblick das Zählen der Tage bis zum Abitur war.
Meine Mutter verbrachte auch immer mehr Zeit alleine in einem schon früher gekauften Appartment, das sich 30 Minuten von unserer Wohnung befand – anfangs verbrachte ich nur Wochenenden alleine, zum Schluss war sie nur ein paar Tage unter der Woche bei mir. Damals stellte ich dieses Verhalten nicht in Frage – im Gegenteil. Ich war froh meine Ruhe zu haben. Heute frage ich mich, was sie da eigentlich alleine getrieben hat.
Unser Verhältnis besserte sich, als ich dann anfing zu studieren und wurde teilweise sogar wieder ganz gut. Herzlich ist es aber nach wie vor nicht. Heute verbringt sie Herbst und Winter alleine im Ausland – im Sommer ist sie in Deutschland bei meinem Vater. Sie arbeitet nach wie vor nicht. Den letzten Job hatte sie 2002.
In diesem Jahr habe ich aber wieder angefangen viel zu reflektieren. Teilweise liegt es auch daran, dass ich immer weniger Verständnis für ihre Situation habe. Sie neigt nämlich dazu sich über viele Dinge ziemlich stark aufzuregen. Alles stresst sie. Wenn sie mehr als drei Termine die Woche hat, fallen von ihr Sätze wie “Ich habe so viel zu tun! Mir wird das wieder zu viel”. Auch das Kochen für meinen Vater ist ihr zu viel. Und dann muss sie ja auch noch putzen! Ich kann sie kaum mehr Ernst nehmen. Hinzu kommt noch mein “inneres Kind”, das ihr vorwirft sich damals der Verantwortung für mich entzogen zu haben.
Ich bin dieses Wochenende in Deutschland und wir hatten gestern einen Streit. Es fing damit an, dass meine Eltern meine Kisten durchwühlt und neu sortiert haben, in denen sich Sachen befanden (teilweise Sexpsielzeug), die ich nicht mit nach England genommen habe. Für mich eine klare Grenzüberschreitung. Und dann kam wieder das Thema hoch, dass meine Mutter seit 17 Jahren nicht mehr arbeiten muss, aber sich trotzem gerne über ihr stressiges Leben beschwert. Es wurde recht emotional und sie fühlte sich angegriffen (teilweise durchaus verstaendlich, da ich recht direkt wurde). Von ihrer Seite kamen dann als Antwort Sätze wie “Kein Wunder, dass bei dir kein Mann anbeisst, wenn du so mit ihm redest!” und “Such dir doch erst mal selbst einen gut bezahlten Job!”. Aua.
Dieses Weihnachten wollte ich eigentlich eine Woche mit meinen Eltern im Ausland verbringen, da wir die letzten Jahren immer getrennt gefeiert haben. Der Flug ist schon gebucht. Heute stelle ich diesen Plan wieder in Frage. Ein gemeinsames Weihnachten hat in der Vergangenheit zwar schon funktioniert, aber nach unserem gestrigen Streit habe ich Sorge, dass das ganze im Disaster enden könnte.
Falls sich jemand fragt, welche Rolle mein Vater spielt: Er redet nicht. Gestern fiel der leise Satz “Ja, wo sie (also ich) Recht hat, hat sie Recht!”, aber so wirklich hat er sich nicht eingebracht. Er arbeitet noch immer mind. 40 Stunden die Woche, überweist meiner Mutter jeden Monat Geld und sagt einfach gar nichts zu der Thematik. Was er wirklich denkt? Keine Ahnung.
Und nun sitze ich eben hier, fühle mich wieder wie der 14-jährige Teenager und bin froh in ein paar Stunden wieder nach England fliegen zu können. Meine Mutter und ich reden immer noch nicht miteinander. Von den drei Tagen, die wir eigentlich gemeinsam verbringen wollten, reden wir zwei nicht miteinander, was mich auch traurig macht. Relikte aus meiner Jugend – versoehnt haben wir uns damals nach Streits eigentlich nie. Mein Vater und ich hatten gestern nicht mal Streit, aber er stellt sich, wie schon damals, auf ihre Seite.
Mein Problem ist, dass ich nicht weiss, wie das Verhaeltnis insb. zu meiner Mutter nun aussehen soll und in wie weit mir der Kontakt zu ihr auch gut tut. Ich habe das Gefuehl, dass alles gut ist, solange ich gewisse Themen eben nicht anspreche. Und irgendwo kann mir ihr Lebensstil ja egal sein? Soll ich sie einfach bitten sich an jemand anderen zu wenden, wenn sie sich ueber ihr stressiges Leben beschweren moechte? Ausserdem frage ich mich auch, ob ich uebertreibe? Es gibt ja unzaehlige Menschen, die als Kinder zu ihren Eltern ein schwieriges Verhaeltnis hatten. Vielleicht sollte ich mich einfach mal abregen, mich in ein paar Tagen bei ihr melden und dann ist alles wieder gut. Ich muss naemlich zugeben, dass mich v.a. das "Kisten durchwuehlen" emotional so aufgewuehlt hat. Vielleicht haette es den Streit ohne diesen Vorfall nie gegeben. Es schwingt naemlich durchaus die Sorge mit, dass ich aus einer Muecke einen Elefanten mache.
Ich bin heute ein gluecklicher Mensch. Ich habe meine Baustellen, aber blicke durchaus positiv auf das Leben und auch in die Zukunft. Durch meine Jugend weiss ich mein heutiges Leben auch viel mehr zu schaetzen.
Falls ihr Ideen und Gedanken dazu habt: Immer gerne her damit. Vielleicht denke ich in ein paar Tagen auch ganz anders darueber und vergesse die Sache wieder. Manchmal tut das Aufschreiben aber auch schon gut.
Liebe Gruesse
vry
Ich melde mich mit einem etwas persönlicheren Thema zu Wort: In den letzten Monaten habe ich mir immer mehr Gedanken über das Verhältnis zu meinen Eltern, speziell meiner Mutter gemacht und inwiefern mir der Kontakt heute gut tut.
Meine Eltern und ich hatten schon immer ein schwieriger Verhältnis. Das fing schon mit meiner Geburt an, bei der es grosse Komplikationen gab und die für meine Mutter ziemlich traumatisch war. Als Folge wurde ihr dann nach einigen Jahren auch die Gebärmutter entfernt und ich wuchs als Einzelkind auf. Ich fühle mich heute noch irgendwie “schuldig”.
Meine Kindheit war geprägt von unzaehligen schönen Momenten mit Freunden, aber auch schwierigen mit meinen Eltern. Wenn ich mich zurück erinnere, gab es viel Streit und ich wurde viel bestraft (Hausarrest, Fernsehverbot oder Süssigkeitenverbot). Vielleicht war ich ein schwieriges Kind. Ich kann das aus heutiger Sicht nicht mehr beurteilen.
Mit 11 Jahren ist meine Mutter dann mit mir ins Ausland gezogen. Mein Vater blieb in der Heimat. Und da bekam unser Verhältnis einen ziemlichen Knacks. Ich kam in der neuen Schule nie so wirklich an, wurde viel gemobbt (was ich ihr aber nie erzählte) und entwickelte eine Essstörung. Von letzteren wussten meine Eltern. Meine Mutter durchsuchte meine Sachen und faxte Tagebucheinträge an meinen Vater. Teilweise machten sie sich sogar über mich lustig. Vermutlich waren sie überfordert.
Heute sage ich, dass mich meine Mutter emotional damals als Teenager wirklich im Stich gelassen hat. Ich hatte das Gefühl, dass sie das Nötigste tat (Einkaufen, Kochen, Putzen) – aber mehr eben auch nicht. Ich zog mich immer mehr zurück, fand Freunde und Hilfe im Internet und wurde ein sehr stiller, sehr trauriger Jugendlicher, dessen einziger Lichtblick das Zählen der Tage bis zum Abitur war.
Meine Mutter verbrachte auch immer mehr Zeit alleine in einem schon früher gekauften Appartment, das sich 30 Minuten von unserer Wohnung befand – anfangs verbrachte ich nur Wochenenden alleine, zum Schluss war sie nur ein paar Tage unter der Woche bei mir. Damals stellte ich dieses Verhalten nicht in Frage – im Gegenteil. Ich war froh meine Ruhe zu haben. Heute frage ich mich, was sie da eigentlich alleine getrieben hat.
Unser Verhältnis besserte sich, als ich dann anfing zu studieren und wurde teilweise sogar wieder ganz gut. Herzlich ist es aber nach wie vor nicht. Heute verbringt sie Herbst und Winter alleine im Ausland – im Sommer ist sie in Deutschland bei meinem Vater. Sie arbeitet nach wie vor nicht. Den letzten Job hatte sie 2002.
In diesem Jahr habe ich aber wieder angefangen viel zu reflektieren. Teilweise liegt es auch daran, dass ich immer weniger Verständnis für ihre Situation habe. Sie neigt nämlich dazu sich über viele Dinge ziemlich stark aufzuregen. Alles stresst sie. Wenn sie mehr als drei Termine die Woche hat, fallen von ihr Sätze wie “Ich habe so viel zu tun! Mir wird das wieder zu viel”. Auch das Kochen für meinen Vater ist ihr zu viel. Und dann muss sie ja auch noch putzen! Ich kann sie kaum mehr Ernst nehmen. Hinzu kommt noch mein “inneres Kind”, das ihr vorwirft sich damals der Verantwortung für mich entzogen zu haben.
Ich bin dieses Wochenende in Deutschland und wir hatten gestern einen Streit. Es fing damit an, dass meine Eltern meine Kisten durchwühlt und neu sortiert haben, in denen sich Sachen befanden (teilweise Sexpsielzeug), die ich nicht mit nach England genommen habe. Für mich eine klare Grenzüberschreitung. Und dann kam wieder das Thema hoch, dass meine Mutter seit 17 Jahren nicht mehr arbeiten muss, aber sich trotzem gerne über ihr stressiges Leben beschwert. Es wurde recht emotional und sie fühlte sich angegriffen (teilweise durchaus verstaendlich, da ich recht direkt wurde). Von ihrer Seite kamen dann als Antwort Sätze wie “Kein Wunder, dass bei dir kein Mann anbeisst, wenn du so mit ihm redest!” und “Such dir doch erst mal selbst einen gut bezahlten Job!”. Aua.
Dieses Weihnachten wollte ich eigentlich eine Woche mit meinen Eltern im Ausland verbringen, da wir die letzten Jahren immer getrennt gefeiert haben. Der Flug ist schon gebucht. Heute stelle ich diesen Plan wieder in Frage. Ein gemeinsames Weihnachten hat in der Vergangenheit zwar schon funktioniert, aber nach unserem gestrigen Streit habe ich Sorge, dass das ganze im Disaster enden könnte.
Falls sich jemand fragt, welche Rolle mein Vater spielt: Er redet nicht. Gestern fiel der leise Satz “Ja, wo sie (also ich) Recht hat, hat sie Recht!”, aber so wirklich hat er sich nicht eingebracht. Er arbeitet noch immer mind. 40 Stunden die Woche, überweist meiner Mutter jeden Monat Geld und sagt einfach gar nichts zu der Thematik. Was er wirklich denkt? Keine Ahnung.
Und nun sitze ich eben hier, fühle mich wieder wie der 14-jährige Teenager und bin froh in ein paar Stunden wieder nach England fliegen zu können. Meine Mutter und ich reden immer noch nicht miteinander. Von den drei Tagen, die wir eigentlich gemeinsam verbringen wollten, reden wir zwei nicht miteinander, was mich auch traurig macht. Relikte aus meiner Jugend – versoehnt haben wir uns damals nach Streits eigentlich nie. Mein Vater und ich hatten gestern nicht mal Streit, aber er stellt sich, wie schon damals, auf ihre Seite.
Mein Problem ist, dass ich nicht weiss, wie das Verhaeltnis insb. zu meiner Mutter nun aussehen soll und in wie weit mir der Kontakt zu ihr auch gut tut. Ich habe das Gefuehl, dass alles gut ist, solange ich gewisse Themen eben nicht anspreche. Und irgendwo kann mir ihr Lebensstil ja egal sein? Soll ich sie einfach bitten sich an jemand anderen zu wenden, wenn sie sich ueber ihr stressiges Leben beschweren moechte? Ausserdem frage ich mich auch, ob ich uebertreibe? Es gibt ja unzaehlige Menschen, die als Kinder zu ihren Eltern ein schwieriges Verhaeltnis hatten. Vielleicht sollte ich mich einfach mal abregen, mich in ein paar Tagen bei ihr melden und dann ist alles wieder gut. Ich muss naemlich zugeben, dass mich v.a. das "Kisten durchwuehlen" emotional so aufgewuehlt hat. Vielleicht haette es den Streit ohne diesen Vorfall nie gegeben. Es schwingt naemlich durchaus die Sorge mit, dass ich aus einer Muecke einen Elefanten mache.
Ich bin heute ein gluecklicher Mensch. Ich habe meine Baustellen, aber blicke durchaus positiv auf das Leben und auch in die Zukunft. Durch meine Jugend weiss ich mein heutiges Leben auch viel mehr zu schaetzen.
Falls ihr Ideen und Gedanken dazu habt: Immer gerne her damit. Vielleicht denke ich in ein paar Tagen auch ganz anders darueber und vergesse die Sache wieder. Manchmal tut das Aufschreiben aber auch schon gut.
Liebe Gruesse
vry