• Es sind wieder ein paar schöne Fotobeiträge eingetrudelt. Schau sie dir doch einmal hier an und stimme für deinen Favoriten.

Social Anxiety(?)

weiberheld
Benutzer133390  (31) Verbringt hier viel Zeit
  • #1
Hallo,

ich war mir zuerst nicht sicher ob ich das Thema in dem Bereich aufmachen soll, weil ich grundsätzlich eigentlich nicht unzufrieden bin mit meiner Situation, aber ich würde trotzdem gerne ein paar Dinge verbessern. Naja egal, ich versuche mein Problem einfach mal zusammenzufassen:

Ich tu mich sehr schwer im Umgang mit anderen Menschen im echten Leben, alles was soziale Interaktionen beinhaltet macht mich nervös und ich vermeide es so gut es nur geht.

Ich bin schon mein Leben lang sehr introvertiert gewesen, eher der Einzelgängertyp, trotzdem hatte ich früher grade zur Schulzeit immer ein paar Freunde gehabt, immer Leute um mich rum. Ich bin nie großartig auf fremde Menschen zugegangen, dennoch würde ich sagen, dass ich einigermaßen gute social skills hatte, innerhalb von kleineren Gruppen war ich immer einer von denen, der die anderen unterhalten hat.

Nach dem Abi hat sich das alles etwas verlaufen, ich bin umgezogen, der Kontakt zu den alten Freunden ist nach und nach eingeschlafen und gleichzeitig hab ich sonst nirgendwo Anschluss gefunden. Während ich das anfangs noch versucht hab, hab ich schnell gemerkt, wie sehr mich soziale Situationen mit fremden Menschen überfordern, ich war jedes mal extrem nervös und wusste nicht, was ich reden sollte, sodass ich dann meistens gar nichts gesagt hab. Ehrlich gesagt glaube ich, das wäre mir schon früher so gegangen, nur war es zu Schulzeiten eben nicht nötig neue Kontakte zu knüpfen. Ich hatte damals 0 Selbstbewusstsein.

Daraufhin hab ich angefangen, mich zurückzuziehen, ich hab die Wohnung nur noch verlassen wenn es nötig war, das heißt für die Uni und zum Einkaufen. Den Rest der Zeit hab ich Serien geschaut oder gezockt. Irgendwann ist mir die Decke so sehr auf den Kopf gefallen, dass ich die - für mich damals völlig verrückte :grin: - Idee hatte, mich aufs Studium zu konzentrieren. Wenn ich es schon nicht schaffe, das zu tun was ich eigentlich will, könnte ich die verschwendete Zeit immerhin in etwas sinnvolles investieren. Und das hab ich dann tatsächlich gemacht. Ich hab mehr und mehr gelernt und die Noten sind stetig besser geworden, was mich wiederum motiviert hat noch mehr zu arbeiten. Nach und nach hat mir das richtig Spaß gemacht und ich konnte mein Selbstbewusstsein langsam wieder etwas aufbauen. Mit der Zeit hat sich eine Art Hoffnung eingestellt, ich könnte, wenn schon nicht auf direktem Weg, mir wieder ein Sozialleben erarbeiten, indem ich in allen anderen Bereichen erfolgreich bin.

So hat sich mein Fokus immer weiter auf die Uni und jetzt in den 3-4 letzten Jahren auf den Job verschoben. Und ich muss sagen, ich fühle mich inzwischen eigentlich wirklich gut. Ich würde noch nicht sagen, dass ich an dem Punkt angekommen bin, wo ich gerne wäre, aber ich denke ich bin auf einem guten Weg. Der Wunsch nach zwischenmenschlichen Kontakten ist im Laufe der Zeit eher in den Hintergrund gerückt, ich schätze ich hab einfach gelernt, mich alleine zurechtzufinden.

Trotzdem, oder gerade deswegen, denke ich aktuell immer häufiger, dass jetzt vielleicht der Zeitpunkt ist, etwas zu ändern. Ich hab das Gefühl, ich bin langsam endlich ausreichend mir selber im Reinen um das Problem anzugehen und hab zum ersten Mal seit Jahren auch Motivation dazu. Dennoch wird das wohl nicht allzu leicht, an meinen social skills hat sich absolut gar nichts verbessert. Ein paar konkrete Beispiele: Vor Corona hatten wir im Betrieb öfter mal Geschäftsessen. Für mich hat das bedeutet, ich sitze 2 Stunden am Tisch, sage "Hallo" und "Auf Wiedersehen" und dazwischen kein Wort. In meinem Kopf nichts als die Frage wie ich hier schnellstmöglich wegkomme, keine Ahnung wie man da ein Gespräch führen könnte. Oder in Bezug auf Frauen: Ich hab seit Beginn meines Studiums keinen echten Kontakt mehr zu Frauen und es ist mir ein Rätsel, wie der Kontakt früher je zustande gekommen ist. Das letzte Mal, dass eine Frau annähernd Interesse an mir gezeigt hat, war ebenfalls kurz vor Corona. Meine Nachbarin hat wohl gemerkt, wie ich sie einmal etwas zu lang von der Seite angeschaut hab und daraufhin in den folgenden Wochen öfter mal versucht mit mir ins Gespräch zu kommen, wenn wir uns gesehen haben. Ich wusste nie was ich sagen soll und, surprise surprise, nach dem dritten Mal ebenso belang- wie hilflosen Smalltalk hat sie aufgegeben.

Und so läuft das immer, es ist für mich zum Automatismus geworden, Gespräche abzublocken und auf Annäherungsversuche nicht einzugehen. Ich wüsste gar nicht was ich sagen soll, vor allem wenn es persönlicher wird. Ich mag es nicht, Dinge von mir selber zu erzählen und kann da oft nicht einschätzen, was angebracht ist und was nicht, sodass ich es gar nicht erst versuche. Alle paar Jubeljahre, wenn ich irgendwo eingeladen bin, lehne ich direkt ab in der festen Annahme, den anderen damit einen Gefallen zu tun, die Einladung kam schließlich sowieso nur aus Mitleid. Und rational betrachtet sehe ich ein, dass das Blödsinn ist, ich denke objektiv müsste ich mich vor niemandem verstecken, aber mach das mal meinem Unterbewusstsein klar :grin: Ich habe das Gefühl ich habe eine Form von Social Anxiety. Natürlich ist mir klar, dass man da ohne offizielle Diagnose vorsichtig sein muss, aber nach allem was ich darüber trifft das 1 zu 1 auf mich zu, auch wenn ich wohl gelernt hab, damit umzugehen. Oder etwas, was sich avoidant personality disorder nennt, eben weil ich diese ganzen Situationen fast komplett vermeide. Da könnte ich im Wiki-Artikel hinter jedem Kriterium einen Haken machen.


Aber wie gesagt, ich hab mir vorgenommen, etwas zu ändern. Ziele hab ich in der Richtung mehr oder weniger zwei: Einmal würde ich gerne einfach ungezwungen und angstfrei reden können wenn es drauf ankommt. Vor allem beruflich. Ich hab mir vermutlich in der Vergangenheit schon viele Sachen verkompliziert, weil ich nicht in der Lage war auf Leute zuzugehen. Durch meine zurückhaltende und unscheinbare Art, scheinen mir Leute, die ich nicht kenne, oft auch sehr wenig zuzutrauen, was mich jedes Mal ärgert, weil ich grundsätzlich weiß, was ich kann. Und je weiter ich vorankomme, desto mehr merke ich, wie Networking immer wichtiger wird. Ich hab etwas Angst davor, mir irgendwann große Chancen zu verbauen nur weil ich das nicht ordentlich auf die Reihe kriege. Die zweite Sache ist, dass ich lernen will auf Frauen zuzugehen. Ich hätte gern wieder ein aktives Sexleben, das läuft bei mir gar nicht und das gefällt mir nicht. Es freut mich jedes Mal unverhältnismäßig, wenn ich ein bisschen Aufmerksamkeit von einer Frau kriege, was, wenn man das Haus so oft verlässt wie ich, alle paar Jahre der Fall ist. Und nutzen kann ich das auch nicht, weil mir erst 2 Stunden später einfällt, was ich hätte sagen können.

Was ich mir von dem Thread erhoffe weiß ich gar nicht so genau. Ich schätze, es war schon mal gut, meine Gedanken zu ordnen. Input von außen wäre sicher hilfreich, ein paar Meinungen die nicht meinen sich im Kreis drehenden Gedanken entspringen oder Erfahrungen von Leuten in ähnlichen Situationen. Ich würde mich außerdem über Tipps freuen, wie man die Probleme, gerade in Zeiten in denen die Auswahl an sozialen Aktivitäten sehr eingeschränkt sind, aktiv angehen könnte. Mir ist bewusst, dass Threads wie dieser in der Regel nicht die besten Chancen auf Erfolg haben, aber ich hoffe trotzdem mit meinen Problemen ein bisschen voranzukommen. Von dem her schon mal großen Dank an alle, die sich das hier durchgelesen haben und irgendetwas dazu sagen können.

Das ist jetzt irgendwie deutlich länger geworden, als ich geplant hatte. Auch so eine Sache, ich hab mir jetzt 3 Abende genommen um den Beitrag zu schreiben und hab am Ende immer noch das Gefühl, nicht den Kern davon getroffen zu haben, was ich eigentlich sagen will. So gehts mir oft wenn ich versuche was zu sagen, erst überleg ich zu lange und im Nachhinein klingt es für mich falsch.



tl;dr: Ich kann schlecht mit Leuten reden weil zu nervös und wenig social skills, sodass ich seit Jahren eigentlich kein Sozialleben mehr hab. Davon abgesehen gehts mir soweit gut, was mir Motivation gibt, die Sache in Angriff zu nehmen. Ich würde gern lernen, normal mit Menschen zu reden und insbesondere Frauen kennenlernen. Alles einmal zum Mitnehmen bitte, danke! :grin:
 
G
Benutzer Gast
  • #2
hey, du, weiberheld!

(bytheway - lässiger nick in dem kontext ; - ) )

ihr könnt hier wohl langsam eine art selbsthilfegruppe aufmachen - gibt einige mit sehr ähnlicher problemlage ...
und selbsthilfegruppen sind sehr erfolgreich, sollen sogar erfolgreicher sein als einzeltherapie ...

also wünsch ich dir in dem sinne viele hilfreiche reaktionen - und darüber hinaus:
 
weiberheld
Benutzer133390  (31) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #3
hey, du, weiberheld!

(bytheway - lässiger nick in dem kontext ; - ) )

ihr könnt hier wohl langsam eine art selbsthilfegruppe aufmachen - gibt einige mit sehr ähnlicher problemlage ...
und selbsthilfegruppen sind sehr erfolgreich, sollen sogar erfolgreicher sein als einzeltherapie ...

also wünsch ich dir in dem sinne viele hilfreiche reaktionen - und darüber hinaus:

Hallo Samsara,

danke für deine Antwort, das ist vielleicht eine gute Idee, ich seh mich mal um :smile:

Off-Topic:
Mein Nickname ist übrigens in einem völlig anderen Kontext entstanden, ich hatte mir schon beim Thread erstellen überlegt zu erwähnen den bitte nicht mit meinem Post in Verbindung zu bringen :grin:
 
mozillafox
Benutzer69465  Verbringt hier viel Zeit
  • #4
Hey weiberheld weiberheld , interessanter Thread, den ich sicherlich fleißig verfolgen werde. Ein bisschen kann ich mich in dem, was du schreibst wieder erkennen, also du bist nicht alleine :zwinker: Ich kann dir jetzt auch keinen schlauen Ratschlag geben ausser, dass ich glaube, dass man sich manchmal aus der "Comfort-Zone" rauszwingen und ins kalte Wasser springen muss, um soziale Kontakte zu knüpfen. Bzw. um das Ganze einfach zu üben und lockerer zu werden. Habe ich vor ein paar Jahren ab und zu gemacht und mich einfach Samstag-Abends über "Neu in ...Stadt" Gruppen mit Fremden Leuten getroffen. Komplett unvorstellbar nach einem Jahr Corona. Ich glaube wirklich, mittlerweile hab ich dank Corona vieles wieder verlernt, aber hoffe, dass ich da schnell wieder hin komme und nicht komplett bei 0 anfangen muss, wenn das Leben sich mal wieder halbwegs normalisiert. Sieh es mal so, immerhin zeigen Frauen Interesse an dir, das kann längst nicht jeder von sich behaupten.
 
weiberheld
Benutzer133390  (31) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #5
Hey weiberheld weiberheld , interessanter Thread, den ich sicherlich fleißig verfolgen werde. Ein bisschen kann ich mich in dem, was du schreibst wieder erkennen, also du bist nicht alleine :zwinker: Ich kann dir jetzt auch keinen schlauen Ratschlag geben ausser, dass ich glaube, dass man sich manchmal aus der "Comfort-Zone" rauszwingen und ins kalte Wasser springen muss, um soziale Kontakte zu knüpfen. Bzw. um das Ganze einfach zu üben und lockerer zu werden. Habe ich vor ein paar Jahren ab und zu gemacht und mich einfach Samstag-Abends über "Neu in ...Stadt" Gruppen mit Fremden Leuten getroffen. Komplett unvorstellbar nach einem Jahr Corona. Ich glaube wirklich, mittlerweile hab ich dank Corona vieles wieder verlernt, aber hoffe, dass ich da schnell wieder hin komme und nicht komplett bei 0 anfangen muss, wenn das Leben sich mal wieder halbwegs normalisiert. Sieh es mal so, immerhin zeigen Frauen Interesse an dir, das kann längst nicht jeder von sich behaupten.

Hey, auch dir danke für deine Meinung :smile: Ich habe tatsächlich in den letzten Tagen angefangen, einfach mal Leute anzuquatschen, zum Beispiel bei ein paar Themen bei denen ich normal direkt eine Email an die Hausverwaltung geschickt hätte, erst mal ein paar Nachbarn nach ihrer Meinung gefragt als ich sie auf der Straße getroffen hab. Ich musste mich zunächst überwinden, aber es ging dann ganz gut. Lustigerweise hatte ich bei so einer Aktion direkt am Samstag, nachdem ich den Thread eröffnet hab, das große Glück einen Nachbarn zu treffen, der erst seit Kurzem hier wohnt und wohl dementsprechend daran interessiert ist Leute kennenzulernen. Er hat dann von sich aus viel erzählt, ich musste eigentlich kaum was sagen, und wir haben am Ende noch Nummern ausgetauscht. Natürlich sehr blöd, dass sich jetzt im Lockdown kaum Unternehmungen anbieten, aber mal schauen.

Übrigens großen Respekt dafür, dass du dich zu solchen Gruppentreffen überwinden konntest, ich glaube das wäre momentan noch eine Nummer zu hoch für mich, ich glaube Gespräche mit Einzelpersonen sind berechenbarer und deshalb leichter für mich. Aber das ist definitiv eine gute Idee, behalte ich im Hinterkopf.

Und bezüglich den Frauen, ich weiß ja im Grunde nicht, ob sie wirklich Interesse hatten oder einfach nett waren, weil ich eben nicht darauf eingegangen bin, deshalb verbuche ich das mal noch nicht als Erfolg. Aber gut, ein allzu schlechtes Zeichen ist es schätze ich auch nicht :grin:
 
mozillafox
Benutzer69465  Verbringt hier viel Zeit
  • #6
Übrigens großen Respekt dafür, dass du dich zu solchen Gruppentreffen überwinden konntest, ich glaube das wäre momentan noch eine Nummer zu hoch für mich, ich glaube Gespräche mit Einzelpersonen sind berechenbarer und deshalb leichter für mich. Aber das ist definitiv eine gute Idee, behalte ich im Hinterkopf.
Hierzu kann ich vielleicht noch sagen, dass ich diese wirklichen Gruppentreffen bzw. Stammtische, wo dann direkt 15 fremde Leute irgendwo sitzen und man sich dazu setzt, auch ziemlich schwierig finde. Habe mich auch mal mit einer Frau aus dieser Gruppe, die ich interessant fand, zu sowas verabredet, um da den sozial integrierten Typen zu mimen. Habe mit ihr also den Eingang der Lokalität als Treffpunkt ausgemacht, um mit ihr zusammen rein zu den anderen zu gehen und war war dann für ein paar Minuten etwas überfordert von der Situation 😅 (Hallo Social Anxiety). Hab dann auch ein bisschen geschwitzt, weswegen ich mich kurz um die Ecke verdrücken, den Schweiß wegwischen und runterkommen musste, um wieder zurück zum Tisch zu gehen und mit einem sympathisch aussehenden Typen zu quatschen. Die (durchaus gutaussehende) Frau wurde sofort von zwei anderen Dudes umringt, weswegen ich nicht mehr groß mit ihr geredet hab. Am nächsten Tag schrieb sie mir in Facebook "Mensch, jetzt haben wir uns garnicht mehr weiter unterhalten...". Hab mich dann durch dumme Zufälle nie mehr mit ihr treffen können, war wie verhext die ganze Nummer und mittlerweile ist sie glücklich vergeben. Was ich damit sagen will: Diese Gruppentreffen sind aus meiner Sicht was "Social Anxiety" angeht die Kür.

Besser ist es, einfach mal im Auge zu behalten, ob an einem Samstagabend in diesen Gruppen jemand fragt, ob wer Lust hat, mit zum Poetry Slam, ein Bier trinken oder Bouldern zu gehen. Und da dann einfach mitgehen. Mit 2-3 Leuten ist das ganze viel lockerer und weniger stressig und da waren selbst in meiner Männerüberschuss-Stadt ab und zu sogar nette Frauen dabei :zwinker: Wobei ich das Gefühl hab, dass diese Gruppen aufgrund der schwindenden Popularität von Facebook leider zunehmend weniger aktiv sind (natürlich schon vor Corona).
 
Fantasy.
Benutzer172046  Beiträge füllen Bücher
  • #7
Toller Thread, und vor allem tolle Einstellung deinerseits.

Ich würde gern lernen, normal mit Menschen zu reden
Mein Weg zurück in die Menschlichkeit waren bei mir damals Bücher, Serien und Filme, aus denen ich mir bestimmte Verhaltensmuster abgeschaut habe. Inzwischen bin ich auch oft genug unter Menschen, um von echten Menschen abzukupfern. Ich habe mir (sehr, sehr unbewusst damals) ein Problem genommen (z.B. wie eröffnet man ein Gespräch) und geschaut, wie andere das machen. Oder einfach beim Anschauen gemerkt "oh, cool, so machen die das also, muss ich mir merken".

Und dann kommt das probieren, das bekanntlich über studieren geht...das sind bei mir Online-Foren und, als das noch "in" war, Forenchats. Auslandsaufenthalte waren bei mir da auch sehr super, aber die sind momentan ja eher nicht so drin. Alles, wo man mit Leuten reden muss, um weiterzukommen, ist jedenfalls auch eine gute Übung.

Was bei mir zur Überwindung geholfen hat war online natürlich die Anonymität, und im echten Leben vor allem Verzweiflung und eine "ist mir doch egal wenn es nicht klappt" - Einstellung (die ich seitdem leider nie wieder bei irgendetwas hatte).
Die Verzweiflung kann ich nicht empfehlen, aber Druck rausnehmen ist immer eine gute Idee.

Ich habe mir viele Situationen auch immer wieder im Gedächtnis abgerufen und überlegt, wie ich stattdessen hätte reagieren können, und das nächste Mal, das etwas ähnliches passierte, habe ich quasi einfach meine Fantasie aktiviert und die abgespult und geschaut, wo es mich hinbringt.

Also quasi erst andere studieren, das dann für mich in meine eigenen Verhaltensweisen und Charakterzüge "übersetzen", und dann danach handeln.

Ich weiß nicht, was davon dir helfen könnte, aber vielleicht ist was dabei.

Als konkreteren Vorschlag, der mir gerade einfällt: Leute zum spazierengehen suchen. Den Nachbarn auf einen Spaziergang einladen (Glühwein in den Thermobecher füllen und es gemeinsam Glühwein trinken nennen, wenn man cool sein will, geht auch, und wärmt etwas) oder sich online über irgendwelche Apps Leute zum spazierengehen suchen.
Oder du könntest mal auf Discord schauen, ob es da irgendwelche Server gibt, denen du gerne beitreten würdest, da hast du mehr als genug Leute zum Üben.
 
M
Benutzer82687  Meistens hier zu finden
  • #8
Hallo,

Ich kenne diese Gedanken und Verhaltensweisen und kann nur sagen üben, üben, üben. Und damit meine ich, sich Situationen aussetzen, die einem gegen den Strich gehen und die man eigentlich am liebsten vermeiden möchte. Wichtig ist auch, es gibt Rückschläge, aber davon darf man sich nicht unter kriegen lassen.

Nur um einordnen zu können, dass das keine leeren Worte sind ein wenig von mir. Einfach machen sagt sich ja immer leicht :zwinker:
Ich war in der Schule soweit, dass ich keinen Ton mehr gesprochen habe. Bei privaten Treffen mit mehr als 1 Person nur das Allerwenigste, wenn zu viele unbekannte Personen dabei waren, war meine Satzanzahl nahezu null über Stunden. Vielleicht ging ein Hallo und Tschüss. Das Problem waren hauptsächlich Jungs/Männer, aber auch bei Frauen war es schwierig. Freunde hatte ich wenige.

Mit Beginn des Studiums und neuen Leuten an der Uni ging dann zumindest der Teil in der Uni, aber privat fand ich weiter wenig Anschluss. Hauptsächlich die Freunde meines damaligen Freundes, den ich online kennen lernte (online fiel mir alles etwas leichter so lange ich schreiben konnte. Sprechen über Teamsport in einer Gruppe - kaum eine Chance). Ich war schüchtern, sprach leise oder gar nicht und Gruppen waren mir zu viel. Ich fühlte mich darin einfach nicht wohl.

Irgendwann kam der Punkt, dass ich mir mein Leben davon nicht mehr bestimmen lassen wollte. Ich hatte Angst vor Vorträgen? Ich habe mich freiwillig dafür gemeldet (ich hasse sie immer noch, habe aber immerhin keine Black-Outs mehr oder kippe halb um dabei). Ich hatte Angst vor Gruppenarbeiten? Ich habe mich für Seminare mit Pflicht zur Gruppenarbeit angemeldet. Ich hatte Angst in Gruppen mit Männern zu sprechen? Ich bin in eine Gruppe für eine Freizeitaktivität eingestiegen, in der nur Männer waren. Anfangs hatte ich vor jedem Termin richtig bammel, mittlerweile bin ich seit knapp 8 Jahren Teil der Truppe und es macht furchtbar viel Spass.

Das heißt nicht, dass ich keine Rückschläge hatte. Ich arbeite da mittlerweile seit ca. 15 Jahren dran. Vor nicht einmal zwei Jahren bin ich in einem Seminar in einer einfachen Vorstellungsrunde in Stottern ausgebrochen und habe wie früher kaum eine geraden Satz zuwege gebracht. Habe völlig aus dem nichts angefangen zu zittern. Ich dachte wirklich, das hätte ich längst hinter mir, da ich davor schon viele solcher Seminare besucht habe und sowas immer am Anfang statt findet. Vor 1,5 Jahren bei einem Vorstellungsgespräch ähnliches bis hin zum Blackout. Und das obwohl man mir mittlerweile wirklich nicht mehr nachsagen kann, dass ich leise oder schüchtern wäre.

Ich bin mittlerweile zufrieden mit mir, kann auf neue Leute zugehen, mich unterhalten (was nicht heißt, dass ich es jedes Mal unbedingt muss) und habe einen stabilen Freundeskreis. Aber es war auch viel Arbeit bis hierher zu kommen. Diese scheiß-egal Einstellung von der Fantasy. Fantasy. gesprochen hat habe ich auch lange gehabt und sie hat geholfen. Schlimmer konnte es einfach nicht werden.

Von deinem Beitrag her schätze ich dich so ein, dass du daran arbeiten willst und nicht nur jammern möchtest. Das kannst du in kleinen Schritten und ich kann aus meiner Erfahrung nur sagen, es lohnt sich. Aber es dauert seine Zeit und kostet häufig Überwindung.
Setze dich den Situationen bewusst aus. Immer wieder, es wird von Mal zu Mal leichter. Bisher hat mir jedenfalls niemand den Kopf abgerissen und ich habe mich mit Sicherheit häufig nicht sonderlich gut angestellt. Aber alle Dinge von denen ich immer Angst hatte und die mich zurück gehalten haben waren eigentlich immer nur genau da, in meinem Kopf. Eingetreten sind sie bis auf ein oder zwei Ausnahmen nie.
 
weiberheld
Benutzer133390  (31) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #9
Hey, vielen Dank erst mal für die rege Beteiligung am Thread

Hierzu kann ich vielleicht noch sagen, dass ich diese wirklichen Gruppentreffen bzw. Stammtische, wo dann direkt 15 fremde Leute irgendwo sitzen und man sich dazu setzt, auch ziemlich schwierig finde. Habe mich auch mal mit einer Frau aus dieser Gruppe, die ich interessant fand, zu sowas verabredet, um da den sozial integrierten Typen zu mimen. Habe mit ihr also den Eingang der Lokalität als Treffpunkt ausgemacht, um mit ihr zusammen rein zu den anderen zu gehen und war war dann für ein paar Minuten etwas überfordert von der Situation 😅 (Hallo Social Anxiety). Hab dann auch ein bisschen geschwitzt, weswegen ich mich kurz um die Ecke verdrücken, den Schweiß wegwischen und runterkommen musste, um wieder zurück zum Tisch zu gehen und mit einem sympathisch aussehenden Typen zu quatschen. Die (durchaus gutaussehende) Frau wurde sofort von zwei anderen Dudes umringt, weswegen ich nicht mehr groß mit ihr geredet hab. Am nächsten Tag schrieb sie mir in Facebook "Mensch, jetzt haben wir uns garnicht mehr weiter unterhalten...". Hab mich dann durch dumme Zufälle nie mehr mit ihr treffen können, war wie verhext die ganze Nummer und mittlerweile ist sie glücklich vergeben. Was ich damit sagen will: Diese Gruppentreffen sind aus meiner Sicht was "Social Anxiety" angeht die Kür.

Das klingt doch super! Gerade, dass die Frau sich von sich aus wieder gemeldet hat ist doch ein gutes Zeichen, schade dass sich da nichts mehr ergeben hat. Aber das motiviert mich jetzt doch auch, sowas mal auszuprobieren. Vielleicht kann ich die verbleibende Corona-Zeit nutzen um mich langsam ranzutasten und wenn das hoffentlich bald besser wird und solche Treffen wieder möglich sind ins bis dahin vielleicht nicht mehr ganz so kalte Wasser springen.


Toller Thread, und vor allem tolle Einstellung deinerseits.


Mein Weg zurück in die Menschlichkeit waren bei mir damals Bücher, Serien und Filme, aus denen ich mir bestimmte Verhaltensmuster abgeschaut habe. Inzwischen bin ich auch oft genug unter Menschen, um von echten Menschen abzukupfern. Ich habe mir (sehr, sehr unbewusst damals) ein Problem genommen (z.B. wie eröffnet man ein Gespräch) und geschaut, wie andere das machen. Oder einfach beim Anschauen gemerkt "oh, cool, so machen die das also, muss ich mir merken".

Und dann kommt das probieren, das bekanntlich über studieren geht...das sind bei mir Online-Foren und, als das noch "in" war, Forenchats. Auslandsaufenthalte waren bei mir da auch sehr super, aber die sind momentan ja eher nicht so drin. Alles, wo man mit Leuten reden muss, um weiterzukommen, ist jedenfalls auch eine gute Übung.

Was bei mir zur Überwindung geholfen hat war online natürlich die Anonymität, und im echten Leben vor allem Verzweiflung und eine "ist mir doch egal wenn es nicht klappt" - Einstellung (die ich seitdem leider nie wieder bei irgendetwas hatte).
Die Verzweiflung kann ich nicht empfehlen, aber Druck rausnehmen ist immer eine gute Idee.

Ich habe mir viele Situationen auch immer wieder im Gedächtnis abgerufen und überlegt, wie ich stattdessen hätte reagieren können, und das nächste Mal, das etwas ähnliches passierte, habe ich quasi einfach meine Fantasie aktiviert und die abgespult und geschaut, wo es mich hinbringt.

Also quasi erst andere studieren, das dann für mich in meine eigenen Verhaltensweisen und Charakterzüge "übersetzen", und dann danach handeln.

Ich weiß nicht, was davon dir helfen könnte, aber vielleicht ist was dabei.

Dein Ansatz gefällt mir sehr gut. Ich bin selber jemand, der Dinge gern analysiert und durchdenkt und Situationen im Nachhinein oft nochmal im Kopf durchspielt. Aktiv genutzt hab ich es in Bezug auf dieses Problem aber noch nicht, das muss ich definitiv ändern. Ich stell auch gerne Pläne für alles mögliche auf (am liebsten fünf auf einmal, von denen ich am Ende keinen umsetze :grin:), das könnte mein Weg hier raus sein. Dieses im Voraus überlegen, was ich sagen und wie ich worauf reagieren sollte, könnte mir sehr weiterhelfen. Das hab ich auch in den letzten Tagen gemerkt, ich hab mir schon immer bevor ich Leute angesprochen hab ein oder zwei Themen beziehungsweise Fragen zurechtgelegt. Wenn das Gegenüber dann darauf eingegangen ist, war es direkt viel leichter, weil das Gespräch plötzlich natürlicher gewirkt hat und ich es nicht künstlich am Laufen halten musste.

Auch die Idee mit den Online-Foren ist sicher hilfreich. Habe ich ja genau genommen mit dem Thread nun angefangen, aber da gibt es sicher noch mehr Möglichkeiten, sich aktiv einzubringen! Ich merke definitiv, wie die Anonymität manches vereinfacht, außerhalb des Internets wüsste ich vermutlich nicht, wie ich ein solches Thema ansprechen sollte. Ich bin, außer hier, noch in einem Social Anxiety Forum angemeldet, wo die Stimmung auf mich insgesamt aber leider eher negativ wirkt und die Diskussionen oft nicht lösungsorientiert sind, das ist etwas schade. Aber es gibt ja auch noch andere spannende Themen, ich seh mich mal um.

Nur um einordnen zu können, dass das keine leeren Worte sind ein wenig von mir. Einfach machen sagt sich ja immer leicht :zwinker:
Ich war in der Schule soweit, dass ich keinen Ton mehr gesprochen habe. Bei privaten Treffen mit mehr als 1 Person nur das Allerwenigste, wenn zu viele unbekannte Personen dabei waren, war meine Satzanzahl nahezu null über Stunden. Vielleicht ging ein Hallo und Tschüss. Das Problem waren hauptsächlich Jungs/Männer, aber auch bei Frauen war es schwierig. Freunde hatte ich wenige.

Die Situation, die du aus deiner Schulzeit beschreibst, kann ich sehr gut nachvollziehen, da scheinst du mir wirklich ähnlich gewesen zu sein. Und ich freue mich sehr, dass du dich da rauskämpfen konntest. Dann gibt es ja tatsächlich noch Hoffnung für mich :grin: Und ich finde es toll, wie du mit Rückschlägen umgehst, wenn ich - in Bezug auf soziale Situationen - das Gefühl habe, bei irgendetwas versagt zu haben, brauche ich oft lange, um mich zu neuen Versuchen aufraffen zu können. Ich kann mir gut vorstellen, dass darin der Knackpunkt liegt. Und ich glaube tatsächlich, dass das in letzter Zeit bei mir etwas besser wird, zum Beispiel wenn ich Nachbarn grüße und nicht zurückgegrüßt werde, hätte ich mir früher vielleicht noch 2 Tage später einen Kopf gemacht, im Moment stört mich das gar nicht. Deshalb will ich die Motivation gerade auch unbedingt nutzen.


In nächster Zeit werde ich schätze ich einfach so weitermachen wie in den letzten Tagen und mal sehen, was passiert. Und ich werde natürlich versuchen, fürs Wochenende etwas mit meinem Nachbarn zusammen zu organisieren. Wenn es irgendwelche Neuigkeiten zu berichten gibt, werde ich mich hier direkt wieder melden :smile:
 
weiberheld
Benutzer133390  (31) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #10
Hallo alle miteinander, nur ein kurzer Zwischenbericht. Viel neues ist nun nicht mehr passiert, aber ich habe wie geplant meinen Nachbarn gefragt, ob er am Wochenende schon was vorhat. Er hat dann direkt von sich aus vorgeschlagen, wir könnten spazieren gehen und das haben wir auch gemacht. Es war tatsächlich leichter als gedacht, er hat selber viel erzählt, sodass ich nicht zu viel reden musste, aber ich habe es trotzdem geschafft, mich ebenfalls einzubringen. Ich glaube, diesmal hab ich gar keinen allzu unbeholfenen Eindruck hinterlassen. Hat auch wirklich Spaß gemacht, auch wenn es sich später etwas komisch angefühlt hat, ich glaube mein Gehirn hat es irgendwie als falsch empfunden, ein zweistündiges Gespräch mit einem Fremden zu führen, wenn ich sonst mit Leuten, die ich seit Jahren kenne, kein Wort rede. Aber ist wohl Gewöhnungssache. Er hat übrigens erzählt, dass er normalerweise als Tanzlehrer arbeitet, wäre kein Corona hätte ich ihn glaube ich einfach nach einem Kurs gefragt, das wäre natürlich die Chance gewesen Frauen kennenzulernen :grin: Aber naja, Fazit für diese Woche ist: Dranbleiben, es lohnt sich :zwinker:
 
M
Benutzer82687  Meistens hier zu finden
  • #11
Herzlichen Glückwunsch, das hört sich doch nach einem guten Schritt in die richtige Richtung an.

Das mit dem danach komisch anfühlen kenne ich auch. Man macht sich im Nachinein einen Kopf obwohl gar nichts ist. Das wird meiner Erfahrung immer weniger, je öfter man solche Situationen hatte. Und dann ist es doch plötzlich wieder da in der einen oder anderen Situation. Ich mache mir dann klar, dass in den Situationen vorher im Endeffekt auch nie das eingetreten ist, das ich befürchtet habe. Und meistens geht es dann auch ganz schnell wieder.

Bleib weiter dran, du bist der Einzige, der dich da raus holen kann :zwinker:
Der folgende Gedanke hat auch immer sehr geholfen, z.B. wenn ich Angst hatte irgendwo zu einer Gruppenaktivität zu gehen, wo sich Leute aus dem Studium zu irgendwas außerhalb der Uni getroffen haben (Partys, Grillen, Sport) : Will ich weiter aus Angst Dinge saußen lassen/vermeiden und unzufrieden damit sein oder einfach mal machen und vielleicht sogar Spass dabei haben?Seitdem hatte ich deutlich mehr Spass im Leben und war bedeutend glücklicher.
Das hilft sicher nicht jedem und wenn man zu tief drin ist kann man diese Art der Gedanken gar nicht fassen (kenne ich von einem anderen Problem auch nur zu gut, da bekomme ich das leider immer noch nicht hin wie ich möchte), aber vielleicht kannst du davon ja etwas mitnehmen für dich.

Wünsche dir jedenfalls alles Gute!
 
weiberheld
Benutzer133390  (31) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #12
Bleib weiter dran, du bist der Einzige, der dich da raus holen kann :zwinker:

Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Erkenntnis, das kenne ich auch wiederum aus anderen Situationen, aus denen ich gelernt habe, dass ich Dinge nur ändern kann wenn ich selber die Motivation dazu aufbringe. Warten, bis etwas von selbst besser wird bringt wenig. Deshalb freue ich mich auch so über momentane Motivationsphase, weil ich mich endlich in der Lage sehe, die Sache in Angriff zu nehmen. Aber ich glaube ich wiederhole mich, von dem her erst mal wieder zurück an die Arbeit. Danke für deinen Input :smile:
 
Manche Beiträge sind ausgeblendet. Bitte logge Dich ein, um alle Beiträge in diesem Thema anzuzeigen.
Oben
Heartbeat
Neue Beiträge
Anmelden
Registrieren