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"schwieriger" Teenager - Tipps?

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Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • #1
Hallo zusammen,

Es wird wohl etwas länger, aber ich bin aktuell mit meinem Latein am Ende :ups:

Ich habe ja vor fast 8 Monaten Zuwachs in Form eines 18-jährigen erhalten. Das das kein Spaziergang wird, war mir so weit klar. War auch eher eine "Nacht-und-Nebel-Aktion".

Dass er noch eine ziemlich lange Weile bei uns sein wird war mir auch schnell klar und das auch akzeptiert.

Das Problem ist: Er hat wirklich Null Struktur. Auch nicht vorgelebt bekommen, auch heute mütterlicherseits kein Stück. Sie schreibt ihm, sie hole ihn um 12 Uhr ab und kommt dann ohne weitere Meldung um 19:30 Uhr. Da rollen sich mir persönlich siebeneinhalb Stunden lang alle Fußnägel hoch :cry: die letzten zwei Jahre dort hat er völlig unbehelligt in seinem (selbst abgeschlossenen) Kinderzimmer verbracht und hat sich nachts aus der Küche was zu essen hoch geholt.

Dass das an mir hängen bleibt war mir auch klar und ebenfalls akzeptiert (die aktuelle Arbeitssituation erschwert das ganze natürlich). Wir machen also winzige Fortschritte und seit geraumer Zeit einen Schritt vor und zwei wieder zurück...

Von der Junge schleicht sich unsichtbar durchs Haus und kann ein guten Morgen nicht erwidern, waren wir schonmal bei er wohnt jedem Abendessen bei, meldet sich wenn er was braucht per whats app und erscheint an 4 von sieben Tagen zum Frühstück. Wir konnten das ausbauen auf einen Gruß, wenn man sich begegnet, eine persönliche Ansprache statt whats app und Stundenlange Gespräche (bei denen ich hauptsächlich zuhöre und Schwanke aus meiner Jugend erzähle und erkläre, was ich daraus mitgenommen habe). Er hat hier, vom Papa (zum ersten Mal im Leben) eine Aufgabe im Haushalt bekommen. Plastik- und Biomüll rausbringen und die Tonne am entsprechenden Tag an die Straße stellen. Auch hat er ihm einen Minijob verschafft.

Das Ding dabei ist: Trotz aller Fortschritte die wir - unerwarteter Weise verzeichnen konnten (da er auch unter der Voraussetzung "der Mann hat im Haus das Sagen! Die Frau kocht halt und ist ansonsten bitte unauffällig" aufgewachsen ist), findet nach 8 Monaten kein "Lernprozess" statt.
Ein "Behinderungsfaktor" ist definitiv der Mann. Der ihm immer wieder und ohne ein Wort dazu, Teile seiner wirklich wirklich wenigen Aufgaben abnimmt. Ihn also nicht erfahren lässt, dass er etwas nicht erledigt hat. Von 10 Mal Minijob schafft er auch nur 3 Mal selbständig aufzustehen. Die anderen 7 Mal weckt Papa ihn nur und das ohne jedes Feuerwerk. Teilweise fährt er ihn auch. Danach regt er sich dann bei mir auf :rolleyes: Wir reiben uns also immer wieder daran. (Ich weiß, dass er es aus der Angst heraus macht, dass der Junge wieder weg wollen könnte und dann "Hopfen und Malz verloren" wären - es ist trotzdem nicht hilfreich).

Ich habe auch so manche Schwierigkeiten damit, dass sein Bildungsgrad einfach sehr gering ist. Das habe ich gewusst (nicht in dem Maße, wie ich es dann über das Zwiegespräch mitbekommen habe), aber der Glaube an "böse Geister" oder "Bill Gates will alle chippen, auf instagram findet man alles" überfordert mich durchaus. Ich versuche, ihn ernst zu nehmen und zu fragen, was er glaubt, wem das nützen solle, aus welchem Grund und wie das seiner Meinung nach umzusetzen wäre. Aber er kennt dieses Konzept schlichtweg nicht. Es steht im Internet und damit ist es Fakt :ratlos: weil "Die Medien ja nur Blödsinn erzählen".

Nach meiner wochenweisen Abwesenheit und der erhöhten Aufmerksamkeit meinem Kleinen gegenüber stehen wir nun praktisch wieder auf Anfang. Er lässt sich nicht blicken, obwohl der Kleine (die beiden verstehen sich sehr gut) ihn seit Corona morgens um 09:00 (!) Uhr weckt. Der 10-jährige hat auch keine Lust mehr, den Großen zu wecken weil "Mama, er sagt zwar "ja", aber er kommt ja eh nicht zum Frühstück. Ich verstehe das nicht. Das ist doch kein Verschlafen mehr."

Meinem Eindruck nach hat der Große null Selbstvertrauen, will sich nicht lächerlich machen (und versucht daher auch nichts) und hat dazu eine "mir-doch-egal-Einstellung". Nun bin ich der Meinung, dass zwei jahre "mir-egal-fröhnen" ausreichen müsste, um ein "erfolgreiches Teenieleben" haben zu dürfen und wir langsam bei Null anfangen müssen, aber nicht dort stehen bleiben dürfen.

Nach den Gesprächen habe ich es jeweils auf unterschiedliche Weise versucht. Ihn bei der "Ehre" zu packen, ihn am "Erwachsensein" zu packen und auch am "du-würdest-doch-auch-nicht-wollen-dass-oder?". Fakt ist: Mit meinem 10-jährigen geht all das wesentlich einfacher.

Zuletzt habe ich den großen um 11:30 Mittags herunterzitiert und ihm gesagt, dass er seine Aufgabe zu erledigen hat. Nachdem ich mit Verständnis, Erklärungen und appellieren ans Erwachsen sein seit 3 Wochen keinen Stich für auch nur ein einziges Frühstück um 09:15 Uhr landen konnte.

Das Ende vom Lied ist, dass er seither kein Wort mehr mit mir wechselt (außer beim Abendessen mit Papa), der ihn heute wieder zur Arbeit geweckt und ihm seine "Müllaufgabe" abgenommen hat...

Der Junge ist an und für sich ein lieber Kerl, füe das, was ihm fehlt, kann er selbst nichts und ich habe ihn auch ins Herz geschlossen. Ich möchte ihm gern eine Perspektive bieten. Aber ich scheitere gerade daran und weiß nicht mehr, wo ansetzen. Klar, ist es schwieriger, ein fremdes Kind zu handeln. Aber hier weiß ich tatsächlich einfach nicht, wo der Knackpunkt ist. Es geht wie gesagt oft viel vor, aber eben noch mehr zurück.

Für jegliche Tipps oder Ratschläge wäre ich sehr dankbar :rose:
 
N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • #2
Er macht einen Mini-Job und sonst? Keine Schule oder Ausbildung? Ich würde erstmal an der Tagesstruktur arbeiten. Wenn er täglich früh raus muss, dann ändert sich vielleicht was. Also entweder Arbeit suchen, berufsvorbereitende Maßnahme, FSJ, Praktikum, whatever, aber nicht den ganzen Tag Zuhause sitzen und Verschwörungstheorien konsumieren.
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #3
Er macht einen Mini-Job und sonst? Keine Schule oder Ausbildung? Ich würde erstmal an der Tagesstruktur arbeiten. Wenn er täglich früh raus muss, dann ändert sich vielleicht was. Also entweder Arbeit suchen, berufsvorbereitende Maßnahme, FSJ, Praktikum, whatever, aber nicht den ganzen Tag Zuhause sitzen und Verschwörungstheorien konsumieren.

Das habe ich bislang (bevor außer Haus arbeiten musste) relativ erfolgreich versucht und geschafft. Bei Null anfangen bedeutet eben überhaupt erstmal eine Tagesstruktur zu schaffen. Wo soll er den arbeiten, wenn er nicht selbständig aufstehen kann :geknickt: das ist dieser Tage aber wieder völlig dahin.

Eine Berufsvorbereitende Maßnahme hat er vehement abgelehnt. Er hat mit Ach und Krach einen Hauptschulabschluss erlangt, ist aber der Meinung, er könne sich seinen Job groß aussuchen. Körperliche Arbeit sei nichts für ihn, er habe ja auch linke Hände.

Der 10-jährige (Gesamtschule mit bestreben zum Gymnasium - und ich, als zu faule Gymnasiastin und demnach Realschülerin mit gutem Berufsschulzeugnis) und ich haben da tatsächlich große Verständnisschwierigkeiten. Ich möchte dem großen nicht das Gefühl geben, er sei "zu doof", aber ich bin auch nicht unehrlich. Ich versuche "aufzuklären", was aktuell aber im Augenblick nach hinten los geht.
 
sanguina
Benutzer149155  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #4
Ich finde, da muss vorrangig ein Gespräch mit deinem Mann her. Also zuerst musst du dich mal mit deinem Mann zu zweit zusammensetzen und ihr heckt gemeinsam einen Plan aus. Keine Maßnahme zeigt Wirkung, wenn sie von einem Erziehungsteil torpediert wird. Kinder kommen irgendwann dahinter, dass man nur "den Richtigen" fragen muss, damit man seinen Willen bekommt.

Wenn ihr ihm also eine Aufgabe gebt, er diese aber nicht wirklich ausführen muss, es keine Konsequenzen gibt, wenn sie liegen bleibt, dann ist es ihm egal. Und noch besser, wenn sie dann jemand anderes erledigt - dann hat er sogar weniger zu tun und kann länger auf Instagram und Co abhängen.

Ich glaube, ich würde ihn vor die Wahl stellen - er hat genau zwei Möglichkeiten:
  • Entweder, er bekommt einen Vollzeitjob innerhalb des Haushalts, wofür es kein Gehalt gibt, aber eine Menge Aufgaben - und das tritt sofort in Kraft, und zwar bis auf Weiteres, sofern nicht die zweite Option eintritt:
  • Er tritt irgendetwas in Vollzeit an - mittlere Reife nachholen (dafür kenne ich mich in DE zu wenig aus, aber da gibt's sicher etwas. Ich nehme an, er hat einen Hauptschulabschluss?), ein FSJ oder ein freiwilliges Umweltjahr wie von N Noir Désir vorgeschlagen.
Sobald er Option wieder hinschmeißt, landet er wieder in Option 1.

Und wenn er sich an seine Jobs nicht hält, dann fallen diverse Annehmlichkeiten weg. Er wird um 8 Uhr geweckt, Internet ist aus, Handy ist weg.

Da muss allerdings jeder mitziehen. Jeder. Auch die Mutter vom Teenager, falls er problemlos jederzeit wieder zu ihr ziehen könnte.

Und noch etwas, das wichtig ist: Man muss ihm bestimmt bei diversen Dingen helfen: Rechtschreibung in Bewerbungen, Bewerbungen generell entwerfen, Umgangsformen usw. Da darf man nicht mit Unterstützung sparen.

Ich würde ihm auch knallhart folgendes um die Ohren hauen: Wir sind finanziell nur noch bis 25 (korrigiert mich, wenn ich hier aufgrund von AT/DE-Unterschieden falsch liege) für dich zuständig. Danach bist du nicht mehr unser Problem. Wir müssen dich dann auch nicht mehr bei uns wohnen lassen oder durchfüttern, deine Mutter genauso wenig. Willst du wirklich als Penner auf der Straße landen? Denn genau dahin führt der Weg, den du gerade einschlägst. Ich will nicht, dass es so kommt, aber du steuerst genau daraufhin zu.

Wenn anders das Wachrütteln nicht funktioniert, muss es wohl so sein...
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #5
sanguina sanguina ich bin da völlig Deiner Meinung. Ich habe ihm auch erklärt, dass Kinder ab Beginn der Grundschule per Gesetz "Verpflichtungen" haben. In dem Fall die Schulpflicht.

Ich habe jetzt den Fall "Papa hat Angst" und "Mama kümmert es nicht". Die hat ihren Lebtag nicht mehr als geringfügig gearbeitet, die Kinder waren trotzdem in Gabztagsbetreuung. Dazu kommt, dass die Familie mütterlicherseits jeden Kampf auf dem Rücken der Kinder ausgetragen hat und bis heute behauptet, der Vater habe "nicht genug gezahlt". Fakt ist aber: Vater (weshalb der Mann für mich überhaupt infragekam), hat zusätzlich zu zwei Full-time-Jobs (Verantwortung für zwei Projekte einer Firma - 100 Kilometer auseinanderliegend) eine 400-Euro-Job für Wochenende und Feiertage angenommen, um den Kindern den maximal möglichen Betrag zahlen zu können. (Es gab seinerzeit mehrere Gerichtsverfahren, die die Kindsmutter wegen "Minderzahlung" eröffnete. Keines davon ging für ihn schlecht aus. Den Anwalt hat er trotzdem zahlen müssen. Bis heute belastet es ihn, dass die Zeit für die Kinder fehlte [er hat mir auch bereitwillig Einsicht in alle Unterlagen zu dem Thema gegeben])

So resolut ich einerseits mit dem eigenen Kind und aus eigener Erfahrung bin, möchte ich einerseits gern alle Bedürfnisse berücksichtigen und merke eben andererseits, dass eine 1:1-Übertragung kein bisschen funktioniert.
 
wild_rose
Benutzer164330  Beiträge füllen Bücher
  • #6
Ich würde in dem Fall tatsächlich zu einem Jugendpsychologen oder ähnlichen Anlaufstellen gehen, bei eurem Jungen wird da in den Jahren viel falsch gelaufen sein.
Man bekommt so ein Kind ja für gewöhnlich nicht einfach vor die Tür gestellt, habt ihr da eventuell schon einen Ansprechpartner?
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #7
Ich würde in dem Fall tatsächlich zu einem Jugendpsychologen oder ähnlichen Anlaufstellen gehen, bei eurem Jungen wird da in den Jahren viel falsch gelaufen sein.
Man bekommt so ein Kind ja für gewöhnlich nicht einfach vor die Tür gestellt, habt ihr da eventuell schon einen Ansprechpartner?

"Vor die Tür stellen" möchte ich ihn ja gar nicht. Ich möchte versuchen, ihm in einem "gesunden" Rahmen die Möglichkeit zur Entwicklung zu bieten.

Seine Mutter hat ihm "Bescheinigt", er "sei nicht ganz dicht im Kopf", sein Stiefvater ebenfalls. Er wurde in eine Klinik "abgeschoben", um Kindergeld zu kassieren, welches ins Haus "investiert" wurde. Was er aktiv mitbekommen und sich deshalb hilfesuchend an den sonst so "bösen" Vater gewendet hat. (Ich habe Nachrichten seines Stiefvaters gelesen und konnte nicht anders, als einfach nur zu heulen).

Weitere "Abschiebeerlebnisse" würde ich ihm also gern ersparen.

Ich habe als Referenz eben nur mich selbst als Teenager und konnte in diesem Fall nicht "mitwachsen", so wie es beim eigenen Kind der Fall ist. Ich war aber grundsätzlich selbstbewusst und habe laut gegen Regeln protestiert, die mir unsinnig schienen und nicht im Zimmer gehockt und gehofft, dass mich niemand behelligt. Er gibt auch nie Widerrede, obwohl ich ihm ansehe, dass er nicht einverstanden ist und ihm das auch mitteile, mit der Bitte, sich zu erklären, da nur sprechenden Menschen geholfen werden kann. Ich sage also (wie zu [m]einem 3-jährigen "ich sehe, dass Dir das nicht gefällt. Was genau stört Dich denn daran?". Mit dem Unterschied, dass der 3-jährige mir Antwort gab und der 18-jährige sagt "nichts. Alles cool." :cautious:
 
wild_rose
Benutzer164330  Beiträge füllen Bücher
  • #8
"Vor die Tür stellen" möchte ich ihn ja gar nicht.
Hab ich auch gar nicht behauptet, ich habe nur gesagt, dass er sicher nicht von jetzt auf gleich ohne Absprache vor eurer Tür stand :zwinker:
[doublepost=1589659098,1589658897][/doublepost]Wie sieht denn seine Betreuung aktuell aus, hat er professionelle Ansprechpartner um das erlebte zu verarbeiten?
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #9
Hab ich auch gar nicht behauptet, ich habe nur gesagt, dass er sicher nicht von jetzt auf gleich ohne Absprache vor eurer Tür stand :zwinker:

Doch, das kann man so sagen. Er schickte dem Papa eine ziemlich verzweifelte Sprachnachericht, leitete diverse WhatsApp-Nachrichten des Stiefvaters weiter, woraufhin wir uns innerhalb von zwei Tagen einig waren, dass wir ihn hier holen würden und auch direkt Nägel mit Köpfen gemacht haben...

Professionelle Ansprechpartner lehnt er aufgrund des erlebten "Abschiebens" ab. In den an ihn gesendeten Nachrichten war erkennbar, dass er in diese Klinik geschickt wurde, damit er "Geld einbringt", da er ohne Arbeit "ja keinen Nutzen erbringe". Er hat absolut kein Vertrauen in Psychologen. Und ich kann es verstehen. Er hat von vornherein nicht gelernt, dass er (auch nur igendet)was tun muss, aber mit Erreichen der Volljährigkeit wurden bei "Null Prozent Erziehung" 100 Prozent Einsatz erwartet.
 
Zuletzt bearbeitet:
wild_rose
Benutzer164330  Beiträge füllen Bücher
  • #10
Puh, dann ging das ja wirklich sehr schnell.
Umso wichtiger, auch für euch als Familie die plötzlich eine neue Person aufgenommen hat, das ordentlich zu verarbeiten.
Ich wiederhole mich, aber in diesem Fall ist ziemlich sicher ein Gespräch mit geschulten Personen notwendig, ihn alleine aus diesem Loch zu holen wird euch kaum gelingen.
Habt ihr mal über eine Familientherapie nachgedacht? Würde er euch zu so einer Sitzung begleiten?
[doublepost=1589659921,1589659777][/doublepost]Ah, okay, da kam nicht ein neuer Teil dazu.
Hm, schwierig.
Wobei eine Klinik ja erkennbar anders ist als eine "einfache" Therapiesitzung, vielleicht überzeugt es ihn, dass ihr da alle gemeinsam hingeht und auch wieder gemeinsam nach Hause kommt?
Oder eine anderweitig geschulte Person die sich nicht unbedingt "Therapeut" nennt?
 
nepomuk
Benutzer108566  Sehr bekannt hier
  • #11
Erstmal würde ich gucken, dass das Machtgefälle Erwachsene vs. Kind nicht so stilisiert wird durch Mechanismen wie: Ich gebe Dir Aufgabe X, ich besorge Dir einen Mini-Job, ich sage Dir dies, ich erwarte das... und so weiter. Er ist volljährig und kein Kind mehr - egal wieviel erwachsene "Leistungen" er in der Lage ist zu erbringen. Er gehört auch zu keinem Kinderpsychologen und ihr braucht auch kein Elterngespräch. Ihr nehmt ihm aus meiner Sicht mit all dem die Chance Verantwortung für sein Leben zu übernehmen, weil ihr glaubt, er schafft das eh nicht. Wenn ihr nicht an ihn glaubt, wie soll er das dann schaffen? Es ist egal welche Verschwörungstheorien er glaubt, was er für Vorstellungen hat, wie er beruflich Fuß fasse kann.
Er braucht, dass er ernst genommen wird, dass er Entscheidungen treffen kann, dass er an den Tisch geholt und geschaut wird, was er will. Egal, wie "dumm" das sein mag. Keine Abarbeitung von Knigge-Erziehung und wie man sich doch bitte zu benehmen hat. Was will er? Wovon träumt er? Wie wäre sein Leben, wenn er morgens aufwacht und alles wäre schon so? Was hätte ER dafür getan? Was braucht ER, um das tun zu können? Nehmt ihm die Verantwortung nicht weg, seht, dass er kein Kind mehr ist, bietet ihm Augenhöhe an. Akzeptiert, dass er einem Lebensentwurf pflegt, der nicht Eurer Norm entspricht. Er ist wertvoll, egal welchen Abschluss er hat, egal ob er mit Euch frühstückt und egal ob er es zu seinem Minijob schafft. Akzeptanz mit Haut und Haar, ohne Bedingungen. Damit er sich akzeptieren kann, damit er einen Selbstwert entwickeln kann, der ihn antreibt. Was kann er richtig gut? Wann kann er das? Warum kann er an manchen Tagen aufstehen und an anderen nicht? Was ist hilfreich FÜR IHN?

Ihr müsst keine Verantwortung für sein Leben übernehmen. Das kann sowieso nur er. Er muss aus seiner erlernten Hilflosigkeit aussteigen. Selbst. Ohne, dass ihr für ihn versucht rauszufinden, wie das geht und ihm Wege vorwegnehmt und ihm suggeriert, dass er es nicht alleine kann.
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #12
Damit brauche ich wirklich nicht um die Ecke kommen :geknickt: das wäre für ihn glatter "Verrat". So weit steige ich noch durch.

Je mehr Ratschläge ich lese, desto mehr wird mir klar, dass "ich" da wahrscheinlich nur ein absolutes Minimum erreichen kann. Das, was ich bislang gemacht habe, bräuchte er wahrscheinlich vom Papa. Und der kriegt es aus verschiedenen Gründen nicht auf die Reihe :depri: einmal fehlt die Zeit und zum anderen sitzt ihm die Angst im Nacken.
[doublepost=1589661052,1589660286][/doublepost] nepomuk nepomuk das habe ich monatelang getan. Versucht, ihn aufzupäppeln, ihm erklärt, dass ihm nichts peinlich sein muss, er sehe mich doch auch morgens als Vogelscheuche am Tisch sitzen, nach Wünschen befragt und nach Möglichkeiten. Einzige Antwort "Polizist". Auf die Frage, ob er sich da informiert habe und wie da die Bedingungen sind "Ja, geht halt nicht mit Hauptschule". Damit endet sein Prozess, sich mit seiner Zukunft zu befassen. Ich habe Vorschläge gemacht, aufgrund dessen, was er - meinem Erleben nach - gut kann. Seiner Meinung (und eingeredeten 18 Jahren) kann er "gar nichts".
Jeden Fortschritt den wir hatten, habe ich dem entgegengesetzt. Habe gesagt "Du hast gesagt, Du könntest das nicht. Und Du kannst es doch. Und das auch gut. Also sag doch nicht, Du könntest nichts. Du wolltest es, Du hast es geschafft. Und so funktioniert das mit den allermeisten Dingen. Das habe ich selbst erlebt".

Ich tue einen Teufel in dieselbe Kerbe zu schlagen wie Mutter und Stiefvater. Und ich gebe mir große Mühe keinen der beiden zu diskreditieren. Im Gegenteil.ich versuche diplomatisch zu erklären, dass seine Mutter sicher das beste wollte, aber dass eben Eltern auch keine Wundermenschen sind und schonmal Fehler machen.

Trotzdem kann ich ihn nicht einfach weitere zwei Jahre im Kinderzimmer "versumpfen" lassen und hoffen, dass er eines Tages aufwacht und ihm 18 Jahre fehlende Struktur/Erziehung/Selbstbewusstsein plötzlich im Traum erschienen sind und sein Leben verändern.
 
nepomuk
Benutzer108566  Sehr bekannt hier
  • #13
Oft braucht es auch nach vielen Fortschritten noch mal ein sich zurückfallen lassen, um zu sehen, ob diese sichere und gleichzeitig schmerzhafte Basis noch existiert. Ich würde das gar nicht zwingend so sehen, dass alles Neue "weg" ist. Sondern er braucht eine Verschnaufpause. Veränderung ist unfassbar anstrengend und vollzieht niemand einfach freiwillig. Vielleicht auch noch mal ein Prüfen, ob ihr auch WIRKLICH da bleibt, wenn er sich nicht wie gewünscht verhält. Wenn er so lange, so klein gehalten, isoliert und vernachlässigt wurde, sind acht Monate ein Wimpernschlag. Er hat dann mit 7-Meilenstiefeln viele Dinge gleichzeitig verändert - manches für sich, manches für Euch, damit ihr ihn lieb habt. Das braucht Zeit. Nach einem Rückfall geht es oft erst richtig los Richtung Veränderung.
 
Ishtar
Benutzer158340  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #14
Mal eine verrückte Idee von mir, nachdem ich nun gelesen habe, wie der Kerl bislang von seinem erwachsenen Umfeld und den Mitmenschen so behandelt wurde: Mögt ihr und insbesondere er prinzipiell Hunde und habt ihr ein Tierheim in der Nähe?

Bei soviel Mist, den der Junge erlebt habt, wär ich ja fast für eine begleitende Tiertherapie. Aber da das bei ihm falsch ankommen könnte, wäre ich eher für den Vorschlag: Ihr besorgt ihm eine ehrenamtliche Stelle als Gassigänger beim Tierheim.
Es fällt empathischen Menschen meistens sehr viel leichter, sich mit einem Hund auseinanderzusetzen als einem Menschen. Der Hund stellt keine doofen Fragen und hat keine allzu großen Erwartungen an einen. Das ist für viele Menschen Balsam für die Seele. Gleichzeitig kriegt er eine wichtige Aufgabe, für die er aktiv werden muss (die Hunde müssen schließlich raus und pinkeln :grin: )

Erst hab ich gedacht, der faule Teenie braucht einfach nur wie die meisten einen Arschtritt. Aber wenn du das so erzählst, was der mit seiner Mutter und dem Stiefvater mitmachen musste, wie er kleingehalten wurde etc., da braucht er denke ich erst mal wieder Grundvertrauen in das Leben an sich. Und da die Menschen da verkackt haben, würd ich jetzt mal versuchen, ob ein Tier da die Chance hat.
 
nepomuk
Benutzer108566  Sehr bekannt hier
  • #15
Trotzdem kann ich ihn nicht einfach weitere zwei Jahre im Kinderzimmer "versumpfen" lassen und hoffen, dass er eines Tages aufwacht und ihm 18 Jahre fehlende Struktur/Erziehung/Selbstbewusstsein plötzlich im Traum erschienen sind und sein Leben verändern.

Das meinte ich auch nicht. Mit hypothetischen Fragen lassen sich aber Sehnsüchte wecken. Und Hoffnung. Steter Tropfen höhlt den Stein. Je besser er ihn Verbindung kommt mit dem was sein könnte, entwickelt er auch Mut es wirklich zu versuchen. So meine ich das. Im Moment glaubt er, er kann gar nichts. Da ist keine Hoffnung, kein Vertrauen. Die muss er für sich erst erfinden. Dass es WIRKLICH möglich ist!
 
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R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #16
Das meinte ich auch nicht. Mit hypothetischen Fragen lassen sich aber Sehnsüchte wecken. Und Hoffnung. Steter Tropfen höhlt den Stein. Je besser er ihn Verbindung kommt mit dem was sein könnte, entwickelt er auch Mut es wirklich zu versuchen. So meine ich das. Im Moment glaubt er, er kann gar nichts. Da ist keine Hoffnung, kein Vertrauen. Die muss er für sich erst erfinden. Dass es WIRKLICH möglich ist!

Ja, das habe ich soweit mitbekommen. Die Frage ist, wie kann ich ihn zu irgendetwas animieren und ihn bei was auch immer unterstützen, wenn er sich (wieder neu) vollständig entzieht? :unsure:

Ich war echt so froh, dass er scheinbar freiwillig an Frühstück und Abendessen teilgenommen hat. Neulich auch ohne Papa nur mit dem kleinen und mir draußen über Stunden am Abend. Und jetzt ist es seit ein paar Wochen weg. Ohne, dass ich einen Anhaltspunkt dafür finde (davon ab, dass ich eben wochenweise außer Haus arbeiten oder Hausaudgabenbetreuung leisten muss). Ansonsten hat sich bei uns nichts geändert.
 
Mercur
Benutzer92501  (43) Meistens hier zu finden
  • #17
Hey,
hast Du mal überlegt Dir bzw. Deinem Partner professionelle Hilfe zu holen? Ich weiß nicht, ob ich das gerade überlesen habe, als mögliche Hilfe?

So könntet Ihr Euch stärken lassen, ohne, das er involviert wird. Das könnte Dir auch den Druck nehmen, alles alleine machen zu müssen und Deinem Partner die Angst nehmen, dass er der Buhmann ist, und Sohn wieder weg will.

Hatte er als Teenager vor seinem 18. schon Kontakte zum Jugendamt? Vielleicht kann man sich hier noch Hilfe holen. Unter Umständen ist das noch möglich. Oder vielleicht über eine Erziehungsberatungsstelle.
Ich kann den Sohn verstehen, dass er keinen Bock auf Hilfe von außerhalb hat. Wenn man so kacke behandelt wird, hätte ich da vermutlich auch keine Lust mehr drauf.
Aber ihr könntet Euch vielleicht tatsächlich so Hilfe holen und ihn dann unterstützen, sodass er zumindest einen Drive kriegt und etwas für seine Zukunft macht.

Ich drücke die Daumen.
 
Eswareinmal
Benutzer123446  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #18
Hey,

ich kann leider nicht so lange schreiben, aber mir ist eine Sache durch den Kopf gegangen, die ich in der Arbeit immer wieder erlebt habe.
Wenn Jugendliche oder Kinder aus prekären Situationen in ein neues Heim kommen, versuchen sie oft, gut mitzuarbeiten (im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten, kognitiv wie emotional-sozial), sich an Regeln zu halten usw.
Und irgendwann macht es "knack", und die erreichten Erfolge brechen zusammen...

Meiner Erfahrung nach suchen Jugendliche aus solchen Elternhäusern sehr, sehr stark nach starken Bindungspersonen. Jedes grenzüberschreitende Verhalten, jedes Nicht-an-Regeln-Halten, jedes Zu-Faul-Sein stellt die Frage: "Und jetzt? Bist du noch da? Immer noch? Wann wirst du gehen? Wann wirst du mich genauso scheiße finden, wann werde ich dir egal sein?"
Die Jugendlichen haben oft nicht gelernt, dass Erwachsene es ernst meinen. Einerseits mit Regeln, andererseits aber besonders auch mit Zuneigung und Fürsorge. Und sie fragen über ihr Verhalten, weil sie es anders nicht wahrnehmen können und manchmal auch nur wollen.
Und die HA-Betreuung kann schon so ein kleiner Punkt sein, an dem gefragt wird "Bin ich dir jetzt doch egal? Hast du mich aufgegeben?"

Ich würde mir als Eltern eine gute (!) Erziehungsberatung suchen, vielleicht mal bei familylab gucken oder bei systemischen Therapeuten. Da muss der Junge gar nicht mit hin. Du und dein Mann, ihr müsst IMHO einen Weg finden und im Gespräch mit dem Jungen bleiben. Wichtig ist die Haltung. Die spüren Kinder, Jugendliche, und zwar grade die, die vernachlässigt wurden. Die haben oft unfassbar feine Antennen und spüren, ob man es erst mit ihnen meint.
Aber: Es dauert wahrscheinlich. Lange. Und vielleicht ist es zu spät und es wird nie wieder ganz gut werden. Aber es gibt Hilfestellungen. Tiergestützte Therapien find ich eigentlich immer großartig (und die meisten Jugendlichen die ich kenne auch), vielleicht lernt er irgendwann wieder zu vertrauen... Gebt ihm Zeit. Und ja, ich weiß, dass es beschissen schwer ist. Vielleicht kannst du dich, obwohl du in einer anderen rechtlichen Lage bist, an einen Pflegeelterndienst im JA wenden, vielleicht können die dir auch kompetente Beratung vermitteln, denn das, was der Junge erlebt, ist nicht unähnlich den Geschichten von Pflegekindern.
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #19
Sobald ich Zeit habe, möchte ich mich auf jeden Fall noch an eine kompetente Stelle wenden.

Hier hat es sich die letzten Tage (wieder ohne Kenntnis meinerseits darüber wieso, weshalb, warum) wieder komplett gewandelt. Letztes Wochenende saß er bis 4 Uhr in der früh mit mir draußen und wollte reden und Musik zeigen, heute haben nur wir beide zusammen zu abend gegessen.

Ich kenne dieses unstete einfach nicht. Genauer betrachtet ist es tatsächlich überhaupt nicht abwegig, dass er, so wir er es sein bisheriges Leben lang erlebt hat, nicht "konsequent" reagiert. Trotzdem fällt es mir dann schwer, weil ich das auch hinterfrage, zuerst bei mir und dann eben auch bei ihm. Z.b. Warum er nicht mehr zum Frühstück runterkommt. Die Antwort ist dann ein Schulterzucken. Ich denke darauf "da muss es ja einen Grund für geben". Vielleicht weiß er es aber tatsächlich nicht, weil es mehr ein "diffuses Gefühl" ist?

Ich bin auf jeden Fall klar. Ich sage klar, was ich gut finde, was ich nicht möchte (wie z.B. im Kinderzimmer rauchen). Auch nicht als "Oberlehrer" sondern als "Haushaltsmitglied", das Geld und Schweiß investiert hat, um die obere Etage herzurichten und deshalb nicht möchte, dass dort Wände oder Möbel durch Rauch vergilben. UND die Verantwortung für ein jüngeres Kind hat, welches nicht dem Rauch ausgesetzt sein müssen sollte. Ich halte mich in der Hinsicht für relativ diplomatisch.

So oder so möchte ich nichts verbieten sondern ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man eben nicht alles so tun kann wie man vielleicht gern wollte, weil man eben nicht allein auf der Welt und auch nicht allein im Haus lebt.

Das mit dem "Austesten", was jetzt mehrfach angesprochen wurde, erscheint mir recht schlüssig. Es gibt immer wieder Phasen, da hängt er stundenlang bei mir herum und andere, in denen er tut, als wäre er unsichtbar. Oft ist den "unsichtbar-Phasen" irgendetwas blödes vorausgegangen, was er dann nicht anspricht. Wie z.b. eine Kuchenplatte auf dem Herd geschmolzen, doch oben geraucht, im Bad Papas Aftershave fallen lassen, was er wohl einer Verabredung wegen nutzen wollte o.ä.
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #20
Nachtrag: Eine längere Unterhaltung mit dem Mann hat auch Früchte getragen. Er würde ja seltenst sagen "da hast Du recht". Es muss erst "einwirken", dann kommt der Zeitpunkt, an dem er mich mit Handlung wissen lässt, dass er mir zustimmt. Ich weiß ja (und kann das emotional absolut nachvollziehen), dass ihm die Angst im Nacken sitzt. Mir persönlich ist klar, dass der Junge es jederzeit als "zu anstrengend" empfinden könnte und dann den "leichteren Weg" genauso Nacht-und-Nebel wie den Weg zu uns zurücknehmen könnte. In die "regellose" Einsamkeit des abschließbaren Kinderzimmers.

Trotzdem bestehe ich auf die Einhaltung der "Grundregeln". Wir haben keine Regeln nur damit es Regeln gibt oder um jemanden zu gängeln. Die Regeln, die wir bzw. Ich hier festlegen stützen sich grundsätzlich auf "Miteinander", "Vertrauen/Verlässlichkeit" und "Rücksichtnahme". Und ich schätze es sehr, dass mein viel jüngerer Sohn das früh verstanden hat. Er kennt mich natürlich auch seit Geburt an. Fing aber schon sehr früh an, aus Eigeninitiative etwas "geben zu wollen". Außerdem hat er sowohl Vertrauen als auch Verständnis, wenn es um gewisse Regeln und Regelmäßigkeiten geht.

Das möchte ich dem großen zeigen und auch beweisen. Das beinhaltet aber auch, dass ich nach X freundlichen Gesprächen über Rauchen im Zimmer zeige, dass ich mich darüber ärgere. Darüber, dass er sein Versprechen nicht einhält, darüber, dass wir gemeinsam die Vereinbarung getroffen hatten im Keller oder draußen zu rauchen und dass das Vertrauen "missbraucht" wird. Weil er sich schließlich auch auf mich verlassen kann (hat er auch schon sehr positiv herausgefunden und spricht es immer wieder an). Ich bin der Meinung, dass "falsche" Samthandschuhe aus Angst die Authentizität untergraben.

Ich weiß nicht, ob ich das schon geschrieben hatte, aber ich habe echt stundenlang am Fenster gesessen und geheult. Weil er eines Wochenendes freudig verkündete, die Mutter wolle ihn am Mittag (für mich also 12 Uhr) abholen. Um 19:30 Uhr ist sie dann - ohne weitere Meldung - eingetroffen.

Meine Haltung sollte für die "Antennen" ständig verfügbar sein, auch, wenn mir daran gelegen ist, seine Mutter nicht schlechtzureden (was mir teilweise wirklich nicht leicht fällt, da ich von allen Seiten Kenntnis darüber erlange, wie da was abgelaufen ist. Auch dass sie den Kindern jahrelang eingetrichtert hat, der Vater sei ein Arschloch, das nicht zahlt - was schlicht und ergreifend gelogen ist).

Ich persönlich (der kleine auch und der Papa sowieso) zähle/n ihn wirklich selbstverständlich zur Familie. Was für mich gleichbedeutend damit ist, dass ich alles in meiner "Macht" stehende dafür tun möchte, einen lebensfähigen, glücklichen Erwachsenen "heranzuziehen".

Ich merke eben einfach, dass es besondere Schwierigkeiten beinhaltet, ein "fertiges" Kind in gesunde Bahnen zu lenken.

Den Schlüssel für seine Zimmertür (und die des kleinen) habe ich mit Absicht vorher entfernt. Ich betrete keines der Zimmer ohne zu klopfen und auf "Einlass" zu warten. Das hat mich in meiner Kindheit schon gestört. Und mir war eben klar, dass ich mir bei dem Großen "Vertrauen" erst hart erarbeiten muss. Ich war schließlich eine ziemlich fremde Person.

Edit: Mir selbst war sehr schnell klar, dass da mit Monaten nichts zu machen ist. Aber auch ihm habe ich schon gesagt, dass wir ihn nicht mit dem Hintergrund hergeholt haben, ihm einen Job zu verschaffen, um ihn dann schnellstmöglich wieder loszuwerden. Sondern dass das Ziel ist, möglichst etwas zu finden, was ihn anspricht, um einen glücklichen Erwachsenen Menschen in die Welt zu entlassen wenn er das möchte. Aber auch, dass ich ihn bitte, zu diesem Zweck die ihm gegebenen Aufgaben zu erledigen. Einfach, um selbst Dinge herauszufinden und sich an den Alltag heranzutasten. Viele viele Dinge sind ihm unglaublich peinlich (wie dass er beispielsweise in 18 Jahren noch nie eine Kaffeemaschine bedient hat, obwohl er gern Kaffee trinkt). Ich sitze also teilweise extra "Vogelscheuchig" am Frühstückstisch, singe laut und schief bei "gemeinsamem Musiknenner", um deutlich zu machen, dass "Zuhause" wirklich nichts peinlich sein muss. In anderen Dingen widerum ist er sehr grenzenlos, was mir Schwierigkeiten bereitet. Er meint, ich könne ihn doch einfach wecken, wenn er nicht zum Frühstück erscheint. Während ich eben nicht einfach in das "persönliche Reich" des "ausgewachsenen" Jungen "eindringen" möchte, den ich jetzt seit 8 Monaten "kenne". Es fühlt sich für mich auch einfach "merkwürdig" an.

Ich weiß, dass er sich in diversen Situationen mehr "Körperlichkeit" wünschen würde. Da ich aber nun einerseits selbst kein besonders "körperlicher" Mensch bin - ausgenommen von Personen, die ich bereits jahrelang im Leben habe - und andererseits denke, dass mir dafür die leibliche Mutter (der Papa, mein kurzer) eher geeignet scheinen, versuche ich dennoch jeden Moment zu nutzen, wenn sich mir ein "nimm ihn in den Arm" aufdrängt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Metallfuß
Benutzer177659  (40) Verbringt hier viel Zeit
  • #21
Du weichst den Fragen nach professioneller Unterstützung für Euch Eltern aber schon aus. Hast Du da Vorbehalte gegen?

Edit: oder meinst Du, er würde das auch als verraten Werten, wenn ihr zum Psychiater geht?
 
nepomuk
Benutzer108566  Sehr bekannt hier
  • #22
Ich finde, ihr macht das schon gut. Es gibt kein Patentrezept und DEN Umgangmit "solchen" Jugendlichen. Authentizität ist wichtig, das hast Du richtig erkannt und dass er jetzt nach dem kompletten Einbruch von sich aus wieder aus dem Loch hervorguckt und sich Euch nähert, ist ein Erfolg. Er muss sein Tempo finden können und andererseits muss man eben auch nicht alles pathologisieren. Ich kenne nicht viele 18jährige, für die ein gemeinsames Abendessen mit der Familie viel Reiz hat. :zwinker:

Und das was Eswareinmal Eswareinmal sagt, stimmt auch. Ich arbeite in der stationären Jugendhilfe und da sagen wir auch, dass unsere Kids eigentlich erst nach sechs Monaten wirklich zeigen, wie es ihnen geht. Einerseits, weil die Kraft ausgeht, um sich dauerhaft anzupassen, andererseits, weil sie ihre Integrität zurückerobern, falls sie sich vorher aus den "falschen" Gründen (aus Angst vor Konsequenzen bspw.) angepasst haben und letztendlich oft auch, weil dann das Vertrauen groß genug ist, sich so zu zeigen, wie sie eben sind - mit allen netten und unnetten Seiten. Die Frage "Wie stehst Du zu mir?" muss dann auch früher oder später kommen und je nachdem, wie sie sich selbst sehen oder meinen von außen immer schon gesehen worden zu sein, stellen sie diese Frage sehr deutlich und mitunter sehr hässlich. Dann da zu bleiben, ist schwierig und dass als ihre Themen zu sehen und nicht als persönlichen Misserfolg, ist schwierig.

Da er kein Kind mehr ist, seid ihr alle zusammen verantwortlich für die Art der Beziehung, das ist keine Einbahnstraße, es geht nur miteinander.
 
H
Benutzer67523  Sehr bekannt hier
  • #23
Ich denke, um ihn eine Struktur erleben und erlernen zu lassen, reichen nicht ein paar Monate bei Euch, die noch von Toleranz und Inkonsequenz geprägt sind.
Fünf Jahre Bundeswehr würden es vielleicht richten.
 
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
Redakteur
  • #24
Wir hatten lange das Problem mit unserer Tochter, dass sie sich im Kindergarten völlig "normal und angepasst" verhalten hatte und zuhause regelmäßig "austickte". Geholfen hat mit der Satz einer Kinderpsychologin: Es ist das größte Kompliment eines Kindes, wenn es sich nicht mehr zusammenreißen muss, es sich traut Gefühle zuzulassen und aus sich heraus geht. Es fühlt sich sicher, dass es sich schwach zeigen darf (Hier leider Toben, Schreien, Um sich schlagen). Die Hilfe war ein Mehrstufenplan: Erster Schritt war Akzeptanz daran, dass dieses Verhalten etwas positives ist, denn es war der Beweis das Zuhause ihr sicherer Hafen war. Schritt zwei war uns als Eltern Handwerkzeug mit zugeben, um diese Ausbrüche ertragen und managen zu können. Schritt drei war, dass unsere Tochter lernte, dass es bessere Wege gibt, als zu explodieren. (Reden, sich sammeln, Pausen machen, sich nicht reinsteigern, etc).

Vielleicht hilft euch das ja auch irgendwie.
 
SauerMachtLustig
Benutzer122781  Planet-Liebe ist Startseite
  • #25
Er meint, ich könne ihn doch einfach wecken, wenn er nicht zum Frühstück erscheint. Während ich eben nicht einfach in das "persönliche Reich" des "ausgewachsenen" Jungen "eindringen" möchte, den ich jetzt seit 8 Monaten "kenne". Es fühlt sich für mich auch einfach "merkwürdig" an.
da streckt er dir wirklich die hand aus. ich bin da auch ganz bei eswareinmal und denke, dass er im moment noch unheimlich viel bestätigung von euch braucht, dass er ok ist, wie er ist und es ist ja eigentlich eine sehr einladene geste kurz zu klopfen und zu fragen "hey x, haste nicht lust mit frühstücken zu kommen?". Ich denke er braucht sowas zzt einfach noch und da er das schon so verbalisiert hat, würde ich das dementsprechend auch einfach mal versuchen.
 
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