Eine Ehe mit Polyamorie und Monogam

R
Benutzer228371  (34) Ist noch neu hier
  • #1
Hallo zusammen,
ich (m, 34) bin seit 8 Jahren mit meiner Frau zusammen, davon 4 Jahre verheiratet. Wir haben ein gemeinsames Kind (5 Jahre alt), außerdem habe ich einen Sohn (15) aus einer früheren Beziehung – also eine kleine Patchwork-Familie.


Seit einigen Monaten beschäftigt uns ein Thema, das ich hier gern zur Diskussion stellen möchte:
Kann eine Ehe funktionieren, wenn eine Person monogam lebt und fühlt – und die andere polyamor empfindet?
Gibt es Wege dazwischen, oder ist der Spagat irgendwann zu groß?


Der Hintergrund:
Meine Frau hat mir Anfang des Jahres zum ersten Mal anvertraut, dass sie schon lange – sogar vor unserer Beziehung – polyamor empfindet. Sie kann also für mehr als einen Menschen romantische Gefühle empfinden. Auslöser für dieses Gespräch war ein Kollege, für den sie Gefühle entwickelt hatte, obwohl er nicht wirklich gut zu ihr war und sie selbst meinte, dass da niemals etwas laufen würde. Ich war trotz des Schocks dankbar für ihre Ehrlichkeit.


Rückblickend lief unsere Beziehung die letzten Jahre – gerade nach der Geburt unseres Kindes – eher durchwachsen: Wenig Zweisamkeit, viele kleine Streitereien, manchmal Trennungs-Gedanken. Aber auch Nähe, regelmäßiger und schöner Sex, und immer wieder das Gefühl: Wir gehören zusammen.
In den letzten Wochen hat sich das gebessert. Wir sprechen mehr, sind wieder mehr "Wir". Doch dann kam ein Moment, der alles erschüttert hat.


Meine Frau ist viel auf Social Media unterwegs, teilweise so intensiv, dass sie im Alltag – auch gegenüber unserem Kind – oft abwesend wirkte. Irgendwann fiel mir auf, dass sie ihr Handy immer sofort weglegt, sobald ich den Raum betrete. Ich fragte sie irgendwann vorsichtig, ob da jemand Besonderes ist. Sie verneinte das. Doch der Kontakt zu einem Mann namens „Florian", den sie schon lange kennt, wurde immer intensiver – tägliches Schreiben, Telefonieren morgens, und insgesamt mehr Austausch als ich mit ihr hatte.


Eines Abends war sie eingeschlafen, ihr Handy vibrierte mehrfach – wieder von Florian. Ich hatte ein extrem schlechtes Gefühl, starke körperliche Reaktionen, und gegen mein eigenes Prinzip habe ich ins Handy geschaut. Ich sah eine Nachricht, in der stand:
„Jetzt legst du dich ins Bett und befriedigst dich mit dem Dildo 30 Minuten lang."
Mir wurde schlecht. Ich bekam eine Panikattacke.


Ich stellte sie zur Rede. Zuerst kam Schweigen, dann nur der Vorwurf, warum ich ins Handy geschaut hätte. Im späteren Gespräch sagte sie, dass sie sich selbst nicht wiedererkannte. Dass sie sich oft nicht mehr als Frau, sondern nur noch als Mutter und Ehefrau fühlt. Und dass sie in dem Kontakt zu Florian einfach das Gefühl bekam, wieder begehrenswert zu sein. Sie wusste, dass es falsch war, und es sei nie physisch etwas passiert.


Sie hat vor einigen Monaten die Diagnose ADHS bekommen und ist seitdem in Behandlung. Seitdem verändert sie sich spürbar – wird offener, klarer, mutiger im Ausdruck. Auch in Bezug auf ihre Gefühle und ihre Bedürfnisse. Wir reden seitdem viel, ehrlich, manchmal schmerzhaft – aber konstruktiv.


Ich selbst habe mich dadurch ebenfalls mehr geöffnet. Ich bin eigentlich eher monogam eingestellt, aber unsere Gespräche und ihr Bedürfnis nach emotionaler und eventuell auch sexueller Offenheit haben mich nachdenklich gemacht.
Wir haben uns gemeinsam dazu entschieden, zumindest erste Schritte in Richtung einer offeneren Ehe zu machen – und sind inzwischen mit anderen Paaren (über Joyclub) in Kontakt gewesen. Das war für uns beide überraschend positiv, und tatsächlich fühlen wir uns seither verbundener.


Trotz allem:
Ich liebe meine Frau sehr. Ich will das nicht einfach wegwerfen. Aber ich frage mich: Kann es langfristig funktionieren, wenn zwei Menschen so unterschiedlich lieben – einer monogam, einer polyamor?
Was braucht es dafür?
Wo sind Grenzen?
Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht?


Ich freue mich über ehrliche Gedanken, Erfahrungen und vielleicht auch Denkanstöße von euch.


Danke fürs Lesen.
 
U
Benutzer225465  (44) Ist noch neu hier
  • #2
Hallo. Danke für die wirklich ausführliche Schliderung. Also ich kann nur sagen die erste Hälfte davon kommt mir sehr bekannt vor. Wobei der einschneidende Moment bei uns ein Burnout war, der auch das sexuelle Verhalten vollkommen auf den Kopf gestellt hat. Interessanter weise haben wir auch an diesem wieder mehr "Wir" gearbeitet und im Alltag funktioniert das auch gut, im Bett teils teils. Hier gab es teils heftige Diskussionen, was einmal zu angry sex geführt hat, der wirklich gut war und letztlich das Thema öffnen der Beziehung in Richtung anderer Kontakte zu Tage brachte. Wobei polyamor nicht zur Debatte steht, wobei man sich ja nicht sicher sein kann.
Was ich damit sagen will, ihr/du bist mit dem Thema nicht allein und meine Wahrnehmung ist aber es muss für beide passen. Also einer monogam und einer polyamor, könnte auf Dauer zu unausgeglichen sein und neue Spannungen erzeugen.
 
Anna1309
Benutzer166007  Sehr bekannt hier
  • #3
Ich bekam eine Panikattacke.
Fühlt sich so eine sichere Beziehung an ? Vergiss mal das Konstrukt - das ist zweitrangig.




Meine Frau ist viel auf Social Media unterwegs, teilweise so intensiv, dass sie im Alltag – auch gegenüber unserem Kind – oft abwesend wirkte
Und wie gehst du damit um? Was macht das mit dem kleinen Wesen, wenn es mit Männern um ihre Aufmerksamkeit konkurrieren muss? Kennst du das zufällig selbst vielleicht aus früheren Beziehungen ?

Beziehungsprobleme sind das Eine - aber wenn mein Partner anfängt unserem Kind zu schaden, wäre für mich eine Grenze erreicht.

Wo liegen deine Grenzen ? Also was müsste passieren, damit du für dich sagen kannst: bis hierhin und keinen Schritt weiter?

Bevor du über deine Beziehung nachdenkst, musst du erstmal mit dir selbst klar werden.
 
M
Benutzer228861  (20) Ist noch neu hier
  • #4
Es gibt ja viele Möglichkeiten zwischen stteng monogam und polyamorös. Wenn es nur um gelegentlich Sex mit anderen Menschen ohne tiefere Gefühle geht, würde ich es auch nicht als polyamorös bezeichnen. Passt ja schon vom Wort her nicht. Ich lebe auch in einer offenen Beziehung mit ziemlich strengen Regeln und das klappt bisher ganz gut. Jedenfalls ohne ganz große Probleme. An Polyamorie im eigentlichen Wortsinn glaube ich nicht wirklich, zumindest nicht daran, dass das in vielen Fällen über viele Jahre gut gehen kann. Irgendwer wird sich irgendwann dann immer zurückgestzt fühlen denke ich.
 
Diania
Benutzer186405  (53) Beiträge füllen Bücher
  • #5
Wenn es nur um gelegentlich Sex mit anderen Menschen ohne tiefere Gefühle geht, würde ich es auch nicht als polyamorös bezeichnen.

Klingt hier anders:

" ... polyamor empfindet. Sie kann also für mehr als einen Menschen romantische Gefühle empfinden. Auslöser für dieses Gespräch war ein Kollege, für den sie Gefühle entwickelt hatte ..."

" ... aber unsere Gespräche und ihr Bedürfnis nach emotionaler und eventuell auch sexueller Offenheit haben mich nachdenklich gemacht ..."
 
R
Benutzer193222  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #6
Ich kann da aber leider auch keine polyamore Richtung erkennen, sie hat sich vermutlich in den Kollegen "verliebt", weil ihr zu viel gefehlt hat. Genau dasselbe mit dem Florian.
Am Ende ist es schön, wenn ihr endlich offener miteinander kommuniziert, aber muss es gleich eine Öffnung sein? Wollt ihr euch nicht erst mal richtig festigen?
 
C
Benutzer185636  (41) Öfter im Forum
  • #7
Ist Deine Frau wirklich polyamor oder will sie eher eine offene Beziehung (polygam)? Ohne mich da auszukennen, behaupte ich einfach mal, dass zu polyamor mehr gehört, als das was Du von Deiner Frau, bzw. von euerer Ehe beschrieben hast. Mein Eindruck ist daher leider eher, dass Sie nur zusätzliche Sex mit einem anderen Mann möchte. Und es müsste geklärt werden, warum das so ist.

Du hast angedeutet, dass es schwierige Phasen in euerer Beziehung geben hat und auch schon mal Trennungswünsche gab. Daher ist es nahe liegend, dass sie sich eventuell schon innerlich getrennt hat, aber aus irgendwelchen Gründen die Trennung (noch) nicht real vollzogen hat. Eventuell versucht sie dies durch Sex mit anderen zu kompensieren. Oder sie hat die Hoffnung durch das öffnen der Beziehung, bzw. durch eure Sextreffen mit anderen Paaren die Beziehung wieder auffrischen zu können.

Meiner Meinung nach muss man schon unterscheiden, ob man als Paar gemeinsam sexuelle Abenteuer sucht, in dem man z. B. gemeinsam in den Swingerclub geht oder sich mit anderen Paaren für Sex trifft oder ob Deine Frau sich im Rahmen einer offenen Beziehung alleine für Sex mit einem anderen Mann trifft. Aber egal um welche Variante es geht, es kann nur klappen, wenn die Beziehung stabil und gegenseitiges Vertrauen vorhanden ist. Nachdem, was Du über euch geschrieben hast, vermute ich mal, dass eure Beziehung nicht stabil genug für eine offene Ehe ist.

Um also Deine Eingangsfrage zu beantworten
Aber ich frage mich: Kann es langfristig funktionieren, wenn zwei Menschen so unterschiedlich lieben – einer monogam, einer polyamor?
Nein, ich glaube nicht, dass es (bei euch) langfristig funktionieren wird.

Was vielleicht eher klappt, sind die gemeinsamen Sextreffen mit anderen Paaren. Aber ist es wirklich das was ihr wollt? Wenn nicht, wird dies auf Dauer auch nicht funktionieren. Überlege also, ob die Sextreffs nicht nur deshalb durchgeführt werden, weil es eine Art Kompromisslösung für euch ist. Für Dich als Kompromiss, weil Du Angst hast Deine Frau an jemanden anderen zu verlieren oder aus Angst, dass sie ohne Dich Sex mit jemand anderen hat. Für Deine Frau als Kompromiss, weil sie eigentlich lieber eine offene Beziehung wünscht und Sex mit anderen ohne Dich haben will.

Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich nicht unterstellen will, dass Deine Frau Sex mit anderen ohne Dich haben will oder dass sie sich schon innerlich von Dir getrennt hat. Es sind nur Möglichkeiten, die ich beleuchten wollte und meinerseits nur Vermutungen sind.
 
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