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Aus der Großstadt zum studieren in die Kleinstadt

  • Themenstarter Gelöschtes Mitglied 178953
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Benutzer Gast
  • #1
Ich komme eigentlich aus Berlin und bin zum Studieren an den Bodensee gezogen. Diese Lösung war recht sinnvoll, da ich einen Wahnsinns-Job in der Schweiz habe, den ich so behalten kann, und da meine Freundin in Nürnberg auch noch irgendwie erreichbar ist (wenn auch mit viel Fahrerei).

Nachdem ich bereits die Studienrichtung und die Hochschule gewechselt habe, gefällts mir hier schon etwas besser. Trotzdem bin ich nach wie vor unsicher, ob es das wirklich ist. Dieses Nachdenken hängt auch sehr damit zusammen, dass meine Beschäftigung in der Schweiz durch Corona leider nicht die besten Zukunftsaussichten hat. Momentan tendiere ich dazu, bei Kündigung sofort die Kurve zu kratzen.
Eigentlich hat mich das vermeintlich idyllische Leben in Nähe der Natur und auch die Kleinstadt-Erfahrung sehr gereizt und mich zu dieser damaligen Entscheidung gebracht. Nur merke ich nach fast zwei Jahren hier, dass viel Wasser nicht gleich zu viel Konfrontation damit führt und dass man die Berge zwar sieht, ohne Auto aber auch nicht wirklich in Kontakt kommt.
Was mich jedoch brutal stört, ist dieser extreme Provinz-Charakter, der Menschen hier. Obwohl 100.000 EW auch wirklich kein Kaff ist, sind die Gehwege ab 8 Uhr oben. Alles ist teuerer als in den meisten anderen Städten (WGs, Restaurants, sogar Preise in Baumärkten), die Gegend besteht fast nur aus ü60-Touristen und meine Kommilitonen kommen ALLE aus Stuttgart und Speckgürtel. Das ganze gibt der Uni leider einen total dörflichen Charakter, da alle aus der gleichen Gegend kommen, viele gleich reden und der gefühlte Anspruch der meisten darin besteht, mit 30 Haus, Kinder und Benz zu haben. Dieses Mindset variiert natürlich stark, je nach Studiengang aber ist trotzdem irgendwie allgegenwärtig. Zusätzlich ist man hier Bahntechnisch völlig isoliert. Dass die Entfernung nach Hause oder zumindest in andere Landesteile groß sein würde, wusste ich, aber dass Angebot von Bahn und Bus so dermaßen ausgedünnt ist, macht das Rauskommen zusätzlich schwer.
Ich habe schon in anderen Städten gewohnt und gelernt, dass viel Angebot nicht immer gleich zu Nutzung dessen führt. Trotzdem fühle ich mich irgendwie besser damit, auch nach 20 Uhr einkaufen zu können, nicht alles bestellen zu müssen, weil es von allem genug Auswahl vor Ort gibt und nicht ständig die gleichen Gesichter überall zu sehen.

Was mich bisher abhält, sind folgende Gründe:
-Ich bin in den letzten Jahren wirklich oft umgezogen und würde gerne mal ankommen.
-Ich bin nun in meinem neuen Studienfach erst im zweiten Semester müsste an einer anderen Uni wohl wieder im ersten anfangen, da es den Studiengang nicht 1zu1 an anderen Orten gibt.
-Dazu kommt, dass ich nach mehreren Jahren Berufsleben nun schon fast 26 bin und das Studium wirklich nur als Mittel zum Zweck sehe. Das Ende also nicht noch in die Länge ziehen möchte.

Ich weiß, dass ich mit etwas mehr Offenheit vielleicht eine bessere Zeit hätte. Nur leider fühle ich mich durch das Aufwachsen und Leben in verschiedenen Großstädten irgendwie gespoilert. Letztlich bin ich auch nicht der Intensivstudent, der die geringe Ablenkung genießt, um sich voll der Lehre zu widmen.
Die Erzählungen von Freunden und Verwandten, die in die kleinsten Bauernkäffer mussten, weil sie eben nur dort studieren konnten/durften, stimmen mich noch etwas zuversichtlich, da bei vielen ab irgendeinem Zeitpunkt der Knoten platzte und es doch irgendwie ok war.
Ein paar Freunde habe ich hier gefunden, wenn ich auch das Gefühl habe, dass diese Freundschaften ohne Kontakt sofort eingehen würden. Ich bin nicht der übermäßig soziale Mensch, der ständig viele Freunde um sich herum benötigt und bin meist schon damit überfordert, den Kontakt in die Heimat aufrechtzuerhalten.

Was wäre euer Rat? Augen zu und durch oder aufhören, Zeit zu vergeuden? Auch wenn sich mein Bericht sehr negativ anhört, bin ich trotzdem der Meinung, nicht die aller schlechteste Entscheidung getroffen zu haben, da es einen mit dem Studienort bestimmt noch deutlich schwerer treffen kann...
 
cr4nberry
Benutzer68557  (33) Sehr bekannt hier
Redakteur
  • #2
In deinem Ort wohnen 100.000? Ist das nicht per Definition eine Großstadt?
 
Mark11
Benutzer106548  Team-Alumni
  • #3
In deinem Ort wohnen 100.000? Ist das nicht per Definition eine Großstadt?
Nicht, wenn man aus Berlin kommt.
Ich bin damals aus Köln mit rund 1 Million EW nach Aachen gezogen, eine 250.000-EW-Stadt und bin hier anfangs vor Kleinstädtigkeit und Begrenztheit fast geplatzt. Und das war noch Rheinland, also die gleiche Lebensart. Wenn man von Berlin ins Schwabenland zieht, ist das schon nicht nur wegen der Größe eine riesige Umstellung.
Da kann ich den TS wirklich gut verstehen.

welovo8 : müsstest Du das Studium komplett dort studieren, oder gibt es wenigstens zum Master eine sinnvolle Wechselmöglichkeit?
 
H
Benutzer67523  Sehr bekannt hier
  • #4
Um Berliner Flair zu finden, brauchst nicht in die Schweiz zu ziehen.
Das mit der Unerreichbarkeit der Berge ohne Auto stimmt nur im Winter, für lange eintägige Skitouren.
Ich habe zahlreiche grosse Hochtouren und längere Klettertouren mit öV gemacht, und mache ich nach wie vor meistens, einfach weil das Autofahren nach 12h-15h Tour nicht mehr seriös zu machen ist.
Touristenziele sowieso, hat ja überall eine Bahn.
 
N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • #5
Trotzdem fühle ich mich irgendwie besser damit, auch nach 20 Uhr einkaufen zu können,
Wohnst du im bayerischen Teil vom Bodensee? In Bayern ist die Welt halt noch in Ordnung. :tongue:

Wie viele Semester studierst du denn noch? Meiner Meinung nach bringt es nicht viel, an einem Ort zu bleiben, an dem es dir nicht gefällt, gerade wenn du schon viel versucht hast, um dich zu integrieren. Allerdings frage ich mich, was langfristig deine Alternative sein könnte. Zwischen Nürnberg und Berlin gibt's zum Beispiel nicht viele Städte, in denen deine Freundin und du leben könntet, und in denen der Gehsteig nicht um 20 Uhr hochklappt.

Das Studium würde ich nicht abbrechen, sondern abschließen und mir danach überlegen, wo ich wohnen möchte. Ich würde mich genau über Städte informieren, wie viele Zugezogene da so wohnen, wie das kulturelle Angebot ist, wie die Infrastruktur ist und danach dann auswählen. Würde ich am Bodensee wohnen, würde ich mir ein Auto kaufen und wäre ständig in den Bergen. :zwinker:
 
cr4nberry
Benutzer68557  (33) Sehr bekannt hier
Redakteur
  • #6
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Benutzer Gast
  • Themenstarter
  • #7
welovo8 : müsstest Du das Studium komplett dort studieren, oder gibt es wenigstens zum Master eine sinnvolle Wechselmöglichkeit?[/QUOTE]

Das Fach ist prinzipiell Politikwissenschaften mit einer Erweiterung (also recht verbreitet). Ehrlich gesagt habe ich mich noch nicht wirklich mit möglichen Master-Aussichten beschäftigt, denke aber, dass das auch woanders klappen sollte.
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In deinem Ort wohnen 100.000? Ist das nicht per Definition eine Großstadt?

Wahrscheinlich schon. Allerdings sind diese fast 100k über viele kleine "Stadtteile" (=Dörfer) verstreut, weshalb im eigentlichen Kern nicht so viel los ist. Aber die Stadt lebt halt für den Tourismus und Schweizer Einkaufstouristen. Nach Ladenschluss oder in der Nebensaison ist entsprechend wenig los
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Wohnst du im bayerischen Teil vom Bodensee? In Bayern ist die Welt halt noch in Ordnung. :tongue:
Tatsächlich nicht, sondern im kleinen Badener Teil :smile:
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Wie viele Semester studierst du denn noch? Meiner Meinung nach bringt es nicht viel, an einem Ort zu bleiben, an dem es dir nicht gefällt, gerade wenn du schon viel versucht hast, um dich zu integrieren. Allerdings frage ich mich, was langfristig deine Alternative sein könnte. Zwischen Nürnberg und Berlin gibt's zum Beispiel nicht viele Städte, in denen deine Freundin und du leben könntet, und in denen der Gehsteig nicht um 20 Uhr hochklappt.
Langfristig würden wir uns wohl ganz anders orientieren. Sie ist im Sommer fertig, mir fehlen noch 5,5 Semester (Regelstudienzeit...). Sie hält nichts in Bayern und möchte auch (wieder) in eine Metropole. Ausland ist auch durchaus eine Option
 
C
Benutzer136306  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #8
Wenn dir der Studiengang wichtig ist, dann zieh es durch. Zwei Jahre in dörflicher Umgebung kann man noch durchstehen, zumal momentan das Berliner Nachtleben auch nicht pulsiert - du könntest gerade weder ins Berghain noch ins Sisyphos oder auch nur in die Kneipe um die Ecke.

Ich würde eher schauen, das Beste aus der Situation zu machen. Besorg dir ein Auto, geh Schwimmen, Wandern, die Umgebung erkunden (soweit das coronabedingt geht).
 
Mark11
Benutzer106548  Team-Alumni
  • #9
Off-Topic:
Dann sind's ja sogar noch weniger als 100k Einwohner :tongue::knuddel:


Dann würde ich in den sauren Apfel beissen und dort bleiben. Versuche, aus den ganzen Leuts dort Dir die raus zu picken, die zumindest einigermaßen zu Dir passen und dann überstehst Du die Zeit schon ein wenig besser.

Für Deine Freundin sind 2,5 Jahre eine optimale Zeit, um den Berufseintiegs-Job zu machen und dann, ohne dass es blöd aussieht im Lebenslauf, weiter zu ziehen. Dann evtl. mit Dir.
Vielleicht kann und will sie sich jetzt ja Richtung Frankfurt oder Köln/D'dorf/Ruhrpott oder London orientieren. Da kannst Du nämlich von Friedrichshafen aus hinfliegen und sparst Dir den Bahn-Frust.
 
F
Benutzer170729  (33) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #10
Hört sich für mich an, als ob du kurz davor bist, dich auf deinen jetzigen Wohnort voll einzulassen, und das letzte 'ok' dafür brauchst
 
rowan
Benutzer39498  Planet-Liebe ist Startseite
  • #11
Also ich bin damals zum Studium von Frankfurt an den Bodensee (Friedrichshafen) gezogen - 2007, damals gab‘s in der Stadt 300 Studenten, so gut wie keine WGs, kein Studentenwohnheim, und so weiter.
Es war letztendlich eine der besten und prägendsten Zeiten meines Lebens, auch wenn so ein November am See echt grau und lahm ist :zwinker: Am See zu wohnen hat sooooo viele Vorteile die du eines Tages wieder vermissen wirst, zieh da bloß nicht voreilig weg!

Off-Topic:
Ich bin in Lindau aufgewachsen und erst mit 16 von dort weg, lebe heute aber wieder in Frankfurt. Wenn es eine berufliche Perspektive für meinen Mann dort gäbe würden wir jederzeit wieder runter ziehen, und eines Tages tun wir das vermutlich auch...
 
R
Benutzer42417  Verbringt hier viel Zeit
  • #12
Ich habe ja selbst in KN studiert und bin sehr viel in die Schweiz gependelt für meinen Freund und für mich hatte die Stadt genau die richtige Grösse, allerdings komme ich auch so richtig vom Land in Oberschwaben :grin:. Mir hat die Atmosphäre immer sehr gefallen. Mit lieben Menschen habe ich ganz viel Zeit am See verbracht beim Picknicken, war auf WG Parties, habe das Sportprogramm der Uni genutzt und war viel in der Schweiz. Falls meine Vermutung richtig ist, gibt es ja deinen Studiengang nicht so häufig in genau dieser Kombi in D? Ich würde vermutlichen den BA durchziehen, schön den Sommer am See verbringen, im Winter in die Schweiz zum Skifahren gehen, ordentlich Geld scheffeln bei einem Job in der Schweiz und damit Reiselüste befriedigen und mir ein paar nette Leute suchen, mit denen der Provinzlifestyle erträglich wird :zwinker:.
 
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